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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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Erlöschen des Monopoles der ostindischen Compagnie.
Ausschuss mit der Erklärung entgegen, dass er den Handel am
1. August suspendiren werde, falls sie nicht zurückgenommen wür-
den; er ersuchte zugleich den General-Gouverneur von Indien, eine
Vorstellung an den Vice-König von Kuan-tun zu richten und ein
Kriegsschiff nach China zu schicken. Ende Mai 1831 veröffentlich-
ten die englischen Kaufleute und Agenten in Kan-ton eine Reihe
von Resolutionen, durch welche sie das Verfahren des Ausschusses
billigten und als einziges Schutzmittel gegen künftige Uebergriffe
anerkannten.

Am 9. Juni ging dem Handelsvorsteher ein Erlass des Vice-
Königs zu, welcher die in seiner Abwesenheit getroffenen Maass-
regeln des Fu-yuen billigte und die Sanctionirung jener Bestim-
mungen durch den Kaiser mittheilte. Nun war jede Aenderung
derselben durch die Provinzial-Regierung abgeschnitten. Der Aus-
schuss zog deshalb seine Drohung der Handelssperre zurück und
beschloss die Antwort des General-Gouverneurs von Indien abzu-
warten. Einigen Eindruck scheint sein Auftreten aber gemacht zu
haben: die Chinesen trafen keine Anstalt zu Ausführung jener Be-
stimmungen; die Engländer in Kan-ton blieben unbelästigt, und der
Handel nahm ungestörten Fortgang.

1831.Im November 1831 kam das Kriegsschiff Challenger aus
Bengalen mit dem erbetenen Schreiben des General-Gouverneurs,
das nach einigen Umständlichkeiten in angemessener Weise über-
reicht wurde. Des Vice-Königs schriftliche Antwort verneinte
zwar die Absicht, die Fremden zu beschimpfen, war aber im übrigen
so unbefriedigend und in der Form so unziemlich, dass der Aus-
schuss die Annahme verweigerte. -- Dabei hatte es sein Bewen-
den; denn die aus England einlaufenden Instructionen setzten
weiterem Vorgehen ein Ziel. Das Monopol der ostindischen Com-
pagnie für China war seinem Erlöschen nahe; in England beschäf-
tigte man sich lebhaft mit der Frage seiner Erneuerung, welche zu
heftigen Debatten im Parlament führte. Bei Beleuchtung der in
China zu befolgenden Politik hatten die durch eigene Erfahrung
der Verhältnisse Kundigen allerlei Theorieen und die Sonder-
Interessen einflussreicher Männer zu bekämpfen. Das von der Ma-
jorität der Landesvertretung gebilligte Verfahren der Regierung
war wohl kaum das richtige und ist auch von englischen Staats-
männern verurtheilt worden. Dennoch darf man zweifeln, dass
eine gemässigte, allen Verhältnissen Rechnung tragende Politik die

Erlöschen des Monopoles der ostindischen Compagnie.
Ausschuss mit der Erklärung entgegen, dass er den Handel am
1. August suspendiren werde, falls sie nicht zurückgenommen wür-
den; er ersuchte zugleich den General-Gouverneur von Indien, eine
Vorstellung an den Vice-König von Kuaṅ-tuṅ zu richten und ein
Kriegsschiff nach China zu schicken. Ende Mai 1831 veröffentlich-
ten die englischen Kaufleute und Agenten in Kan-ton eine Reihe
von Resolutionen, durch welche sie das Verfahren des Ausschusses
billigten und als einziges Schutzmittel gegen künftige Uebergriffe
anerkannten.

Am 9. Juni ging dem Handelsvorsteher ein Erlass des Vice-
Königs zu, welcher die in seiner Abwesenheit getroffenen Maass-
regeln des Fu-yuen billigte und die Sanctionirung jener Bestim-
mungen durch den Kaiser mittheilte. Nun war jede Aenderung
derselben durch die Provinzial-Regierung abgeschnitten. Der Aus-
schuss zog deshalb seine Drohung der Handelssperre zurück und
beschloss die Antwort des General-Gouverneurs von Indien abzu-
warten. Einigen Eindruck scheint sein Auftreten aber gemacht zu
haben: die Chinesen trafen keine Anstalt zu Ausführung jener Be-
stimmungen; die Engländer in Kan-ton blieben unbelästigt, und der
Handel nahm ungestörten Fortgang.

1831.Im November 1831 kam das Kriegsschiff Challenger aus
Bengalen mit dem erbetenen Schreiben des General-Gouverneurs,
das nach einigen Umständlichkeiten in angemessener Weise über-
reicht wurde. Des Vice-Königs schriftliche Antwort verneinte
zwar die Absicht, die Fremden zu beschimpfen, war aber im übrigen
so unbefriedigend und in der Form so unziemlich, dass der Aus-
schuss die Annahme verweigerte. — Dabei hatte es sein Bewen-
den; denn die aus England einlaufenden Instructionen setzten
weiterem Vorgehen ein Ziel. Das Monopol der ostindischen Com-
pagnie für China war seinem Erlöschen nahe; in England beschäf-
tigte man sich lebhaft mit der Frage seiner Erneuerung, welche zu
heftigen Debatten im Parlament führte. Bei Beleuchtung der in
China zu befolgenden Politik hatten die durch eigene Erfahrung
der Verhältnisse Kundigen allerlei Theorieen und die Sonder-
Interessen einflussreicher Männer zu bekämpfen. Das von der Ma-
jorität der Landesvertretung gebilligte Verfahren der Regierung
war wohl kaum das richtige und ist auch von englischen Staats-
männern verurtheilt worden. Dennoch darf man zweifeln, dass
eine gemässigte, allen Verhältnissen Rechnung tragende Politik die

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[54/0076] Erlöschen des Monopoles der ostindischen Compagnie. Ausschuss mit der Erklärung entgegen, dass er den Handel am 1. August suspendiren werde, falls sie nicht zurückgenommen wür- den; er ersuchte zugleich den General-Gouverneur von Indien, eine Vorstellung an den Vice-König von Kuaṅ-tuṅ zu richten und ein Kriegsschiff nach China zu schicken. Ende Mai 1831 veröffentlich- ten die englischen Kaufleute und Agenten in Kan-ton eine Reihe von Resolutionen, durch welche sie das Verfahren des Ausschusses billigten und als einziges Schutzmittel gegen künftige Uebergriffe anerkannten. Am 9. Juni ging dem Handelsvorsteher ein Erlass des Vice- Königs zu, welcher die in seiner Abwesenheit getroffenen Maass- regeln des Fu-yuen billigte und die Sanctionirung jener Bestim- mungen durch den Kaiser mittheilte. Nun war jede Aenderung derselben durch die Provinzial-Regierung abgeschnitten. Der Aus- schuss zog deshalb seine Drohung der Handelssperre zurück und beschloss die Antwort des General-Gouverneurs von Indien abzu- warten. Einigen Eindruck scheint sein Auftreten aber gemacht zu haben: die Chinesen trafen keine Anstalt zu Ausführung jener Be- stimmungen; die Engländer in Kan-ton blieben unbelästigt, und der Handel nahm ungestörten Fortgang. Im November 1831 kam das Kriegsschiff Challenger aus Bengalen mit dem erbetenen Schreiben des General-Gouverneurs, das nach einigen Umständlichkeiten in angemessener Weise über- reicht wurde. Des Vice-Königs schriftliche Antwort verneinte zwar die Absicht, die Fremden zu beschimpfen, war aber im übrigen so unbefriedigend und in der Form so unziemlich, dass der Aus- schuss die Annahme verweigerte. — Dabei hatte es sein Bewen- den; denn die aus England einlaufenden Instructionen setzten weiterem Vorgehen ein Ziel. Das Monopol der ostindischen Com- pagnie für China war seinem Erlöschen nahe; in England beschäf- tigte man sich lebhaft mit der Frage seiner Erneuerung, welche zu heftigen Debatten im Parlament führte. Bei Beleuchtung der in China zu befolgenden Politik hatten die durch eigene Erfahrung der Verhältnisse Kundigen allerlei Theorieen und die Sonder- Interessen einflussreicher Männer zu bekämpfen. Das von der Ma- jorität der Landesvertretung gebilligte Verfahren der Regierung war wohl kaum das richtige und ist auch von englischen Staats- männern verurtheilt worden. Dennoch darf man zweifeln, dass eine gemässigte, allen Verhältnissen Rechnung tragende Politik die 1831.

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/76>, abgerufen am 24.04.2024.