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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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Earl Macartney.
caner lieferten noch 1821 einen unschuldigen Italiener auf die
Schlachtbank.

Der Handel der Engländer hatte im Laufe des 18. Jahr-
hunderts trotz allen Bedrückungen erhebliche Ausdehnung gewonnen,
und die Regierung musste ernstlich darauf bedacht sein, ihre zahl-
reichen Unterthanen in China nach dem Maasse ihrer Kraft zu
schützen, ihnen die geachtete Stellung zu vindiciren, welche dem
nationalen Bewusstsein eines mächtigen Volkes entspricht. Die Hin-
richtung jenes unglücklichen Feuerwerkers wurde in England in
den weitesten Kreisen erörtert, erweckte lebhafte Entrüstung und
stellte die Rechtlosigkeit der Fremden in China in grelles Licht.
Wie sehr dieses Ereigniss dazu beitrug, die Lage ihrer Unterthanen
zum Bewusstsein der englischen Regierung zu bringen, beweist die
ausdrückliche Erwähnung desselben in der allen Mitgliedern von
Lord Macartney's Gefolge mitgetheilten Instruction. Wie richtig
die Regierung auch ihre eigenen Unterthanen in China schätzte,
zeigt ein Passus dieser Instruction, in welchem allen Betheiligten
anständiges Benehmen eingeschärft wird, damit die Chinesen eine
bessere Meinung von den Engländern erhielten; "denn der Eindruck,
den sie jetzt in Folge der von ihren Landsleuten begangenen Un-
regelmässigkeiten hätten, sei so ungünstig, dass man sie sogar für
die schlechtesten aller Europäer halte."

Schon 1788 wurde von England eine Gesandtschaft nach1788.
China abgeschickt. Der Träger derselben, Colonel Cathcart, starb
aber auf der Reise, und da der Fall nicht vorgesehen war, so
kehrte die Fregatte Vestalin mit dem Gefolge von der Sunda-
Strasse
nach der Heimat zurück. Vier Jahre darauf wurde, nach-1792.
dem man sich vorher der Geneigtheit des Kaisers Kien-lon, einen
Botschafter Seiner Grossbritannischen Majestät zu empfangen, gehörig
versichert hatte, abermals eine Gesandtschaft unter Earl Macartney
ausgerüstet. Das Gefolge war sehr glänzend. Ausser dem Secretär
Sir George Staunton und zahlreichen Attache's begleiteten den Bot-
schafter mehrere Aerzte, Mechaniker, Maler und Zeichner. Die
Ehrenwache bildete ein aus Infanterie, Cavallerie und Artillerie
combinirtes Detachement von 50 Mann, commandirt von einem
Oberst-Lieutenant und zwei Subaltern-Officieren. Unter der
20 Köpfe starken persönlichen Bedienung des Botschafters waren
Bäcker, Tischler, Gärtner, Uhrmacher, Schneider und Musikanten.
Mit diesem Gefolge schiffte Lord Macartney sich Ende September

3*

Earl Macartney.
caner lieferten noch 1821 einen unschuldigen Italiener auf die
Schlachtbank.

Der Handel der Engländer hatte im Laufe des 18. Jahr-
hunderts trotz allen Bedrückungen erhebliche Ausdehnung gewonnen,
und die Regierung musste ernstlich darauf bedacht sein, ihre zahl-
reichen Unterthanen in China nach dem Maasse ihrer Kraft zu
schützen, ihnen die geachtete Stellung zu vindiciren, welche dem
nationalen Bewusstsein eines mächtigen Volkes entspricht. Die Hin-
richtung jenes unglücklichen Feuerwerkers wurde in England in
den weitesten Kreisen erörtert, erweckte lebhafte Entrüstung und
stellte die Rechtlosigkeit der Fremden in China in grelles Licht.
Wie sehr dieses Ereigniss dazu beitrug, die Lage ihrer Unterthanen
zum Bewusstsein der englischen Regierung zu bringen, beweist die
ausdrückliche Erwähnung desselben in der allen Mitgliedern von
Lord Macartney’s Gefolge mitgetheilten Instruction. Wie richtig
die Regierung auch ihre eigenen Unterthanen in China schätzte,
zeigt ein Passus dieser Instruction, in welchem allen Betheiligten
anständiges Benehmen eingeschärft wird, damit die Chinesen eine
bessere Meinung von den Engländern erhielten; »denn der Eindruck,
den sie jetzt in Folge der von ihren Landsleuten begangenen Un-
regelmässigkeiten hätten, sei so ungünstig, dass man sie sogar für
die schlechtesten aller Europäer halte.«

Schon 1788 wurde von England eine Gesandtschaft nach1788.
China abgeschickt. Der Träger derselben, Colonel Cathcart, starb
aber auf der Reise, und da der Fall nicht vorgesehen war, so
kehrte die Fregatte Vestalin mit dem Gefolge von der Sunda-
Strasse
nach der Heimat zurück. Vier Jahre darauf wurde, nach-1792.
dem man sich vorher der Geneigtheit des Kaisers Kien-loṅ, einen
Botschafter Seiner Grossbritannischen Majestät zu empfangen, gehörig
versichert hatte, abermals eine Gesandtschaft unter Earl Macartney
ausgerüstet. Das Gefolge war sehr glänzend. Ausser dem Secretär
Sir George Staunton und zahlreichen Attaché’s begleiteten den Bot-
schafter mehrere Aerzte, Mechaniker, Maler und Zeichner. Die
Ehrenwache bildete ein aus Infanterie, Cavallerie und Artillerie
combinirtes Detachement von 50 Mann, commandirt von einem
Oberst-Lieutenant und zwei Subaltern-Officieren. Unter der
20 Köpfe starken persönlichen Bedienung des Botschafters waren
Bäcker, Tischler, Gärtner, Uhrmacher, Schneider und Musikanten.
Mit diesem Gefolge schiffte Lord Macartney sich Ende September

3*
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[35/0057] Earl Macartney. caner lieferten noch 1821 einen unschuldigen Italiener auf die Schlachtbank. Der Handel der Engländer hatte im Laufe des 18. Jahr- hunderts trotz allen Bedrückungen erhebliche Ausdehnung gewonnen, und die Regierung musste ernstlich darauf bedacht sein, ihre zahl- reichen Unterthanen in China nach dem Maasse ihrer Kraft zu schützen, ihnen die geachtete Stellung zu vindiciren, welche dem nationalen Bewusstsein eines mächtigen Volkes entspricht. Die Hin- richtung jenes unglücklichen Feuerwerkers wurde in England in den weitesten Kreisen erörtert, erweckte lebhafte Entrüstung und stellte die Rechtlosigkeit der Fremden in China in grelles Licht. Wie sehr dieses Ereigniss dazu beitrug, die Lage ihrer Unterthanen zum Bewusstsein der englischen Regierung zu bringen, beweist die ausdrückliche Erwähnung desselben in der allen Mitgliedern von Lord Macartney’s Gefolge mitgetheilten Instruction. Wie richtig die Regierung auch ihre eigenen Unterthanen in China schätzte, zeigt ein Passus dieser Instruction, in welchem allen Betheiligten anständiges Benehmen eingeschärft wird, damit die Chinesen eine bessere Meinung von den Engländern erhielten; »denn der Eindruck, den sie jetzt in Folge der von ihren Landsleuten begangenen Un- regelmässigkeiten hätten, sei so ungünstig, dass man sie sogar für die schlechtesten aller Europäer halte.« Schon 1788 wurde von England eine Gesandtschaft nach China abgeschickt. Der Träger derselben, Colonel Cathcart, starb aber auf der Reise, und da der Fall nicht vorgesehen war, so kehrte die Fregatte Vestalin mit dem Gefolge von der Sunda- Strasse nach der Heimat zurück. Vier Jahre darauf wurde, nach- dem man sich vorher der Geneigtheit des Kaisers Kien-loṅ, einen Botschafter Seiner Grossbritannischen Majestät zu empfangen, gehörig versichert hatte, abermals eine Gesandtschaft unter Earl Macartney ausgerüstet. Das Gefolge war sehr glänzend. Ausser dem Secretär Sir George Staunton und zahlreichen Attaché’s begleiteten den Bot- schafter mehrere Aerzte, Mechaniker, Maler und Zeichner. Die Ehrenwache bildete ein aus Infanterie, Cavallerie und Artillerie combinirtes Detachement von 50 Mann, commandirt von einem Oberst-Lieutenant und zwei Subaltern-Officieren. Unter der 20 Köpfe starken persönlichen Bedienung des Botschafters waren Bäcker, Tischler, Gärtner, Uhrmacher, Schneider und Musikanten. Mit diesem Gefolge schiffte Lord Macartney sich Ende September 1788. 1792. 3*

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/57>, abgerufen am 28.03.2024.