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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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Handel mit den mittelchinesischen Häfen.
näherten, lief die Besatzung davon. Die Briten landeten unge-1637.
hindert, hissten auf den Wällen ihre Flagge, schifften während
der Nacht sämmtliche Geschütze ein und demolirten die Schutz-
wehren. Weddell liess nun mehrere Dschunken anhalten und
sandte durch deren Boote ein Schreiben nach Kan-ton, worin er
die Mandarinen des Treubruches zieh, seinen Angriff als Nothwehr
rechtfertigte und in höflicher Sprache um Handelsfreiheit bat.
Schon am nächsten Tage kam ein chinesisches Boot unter weisser
Flagge mit einem Mandarinen niederen Ranges, dessen Vorgesetzte
sich auf kaiserlichen Dschunken hinter einer Landspitze befanden.
Weddell gab nochmals seine friedfertigen Absichten kund und erhielt
nun die Erlaubniss, Unterhändler nach Kan-ton zu schicken, wo
man die ganze Schuld auf die Portugiesen schob und den Engländern
gegen Herausgabe der Geschütze die gewünschten Ladungen lieferte.

Das war das erste Auftreten der Briten, bedeutsam für die
Zukunft. Das Beispiel von Weddell's Entschlossenheit scheint
durch die ganze Geschichte der englischen Beziehungen zum Reiche
der Mitte fortgewirkt zu haben.

Die politischen Umwälzungen in China und die Seeräuber-
flotten, welche damals die Küsten beunruhigten, mögen die Eng-
länder von der Fortsetzung ihrer Unternehmungen in den nächsten
Jahrzehnten abgeschreckt haben. 1664 kamen einige Schiffe der1664.
ostindischen Compagnie nach Macao; die Handelsagenten durften
landen und in der Stadt wohnen; aber die Mandarinen verlangten
übermässige Hafengelder für jedes Schiff, das nach Kan-ton hinauf-
ginge, und behandelten die Engländer mit wachsendem Argwohn.
Diesen wurde die verschärfte Bewachung unerträglich; sie zogen
sich nach vielen Vexationen auf ihre Schiffe zurück und segelten
wieder nach Bantam. Die Ränke der Portugiesen bewirkten
auch in diesem Falle das Scheitern der englischen Bemühungen. --
In den folgenden Jahren richteten die Agenten der ostindischen
Compagnie in Bantam ihr Augenmerk auf die mittelchinesischen
Häfen; sie knüpften Handelsbeziehungen in A-moi und Nin-po an
und traten 1670 in Verbindung mit dem in Tae-wan herrschenden1670.
Coxinga, welcher die Engländer wahrscheinlich als Rivale der
Holländer stark begünstigte. Mit ihm schlossen sie einen förm-
lichen Vertrag, "dass sie ihre Waaren nach Gefallen an Jeden ver-
kaufen oder vertauschen und ebenso kaufen dürften; dass der
König ihnen gegen jede Beschädigung durch seine Unterthanen

Handel mit den mittelchinesischen Häfen.
näherten, lief die Besatzung davon. Die Briten landeten unge-1637.
hindert, hissten auf den Wällen ihre Flagge, schifften während
der Nacht sämmtliche Geschütze ein und demolirten die Schutz-
wehren. Weddell liess nun mehrere Dschunken anhalten und
sandte durch deren Boote ein Schreiben nach Kan-ton, worin er
die Mandarinen des Treubruches zieh, seinen Angriff als Nothwehr
rechtfertigte und in höflicher Sprache um Handelsfreiheit bat.
Schon am nächsten Tage kam ein chinesisches Boot unter weisser
Flagge mit einem Mandarinen niederen Ranges, dessen Vorgesetzte
sich auf kaiserlichen Dschunken hinter einer Landspitze befanden.
Weddell gab nochmals seine friedfertigen Absichten kund und erhielt
nun die Erlaubniss, Unterhändler nach Kan-ton zu schicken, wo
man die ganze Schuld auf die Portugiesen schob und den Engländern
gegen Herausgabe der Geschütze die gewünschten Ladungen lieferte.

Das war das erste Auftreten der Briten, bedeutsam für die
Zukunft. Das Beispiel von Weddell’s Entschlossenheit scheint
durch die ganze Geschichte der englischen Beziehungen zum Reiche
der Mitte fortgewirkt zu haben.

Die politischen Umwälzungen in China und die Seeräuber-
flotten, welche damals die Küsten beunruhigten, mögen die Eng-
länder von der Fortsetzung ihrer Unternehmungen in den nächsten
Jahrzehnten abgeschreckt haben. 1664 kamen einige Schiffe der1664.
ostindischen Compagnie nach Macao; die Handelsagenten durften
landen und in der Stadt wohnen; aber die Mandarinen verlangten
übermässige Hafengelder für jedes Schiff, das nach Kan-ton hinauf-
ginge, und behandelten die Engländer mit wachsendem Argwohn.
Diesen wurde die verschärfte Bewachung unerträglich; sie zogen
sich nach vielen Vexationen auf ihre Schiffe zurück und segelten
wieder nach Bantam. Die Ränke der Portugiesen bewirkten
auch in diesem Falle das Scheitern der englischen Bemühungen. —
In den folgenden Jahren richteten die Agenten der ostindischen
Compagnie in Bantam ihr Augenmerk auf die mittelchinesischen
Häfen; sie knüpften Handelsbeziehungen in A-moi und Niṅ-po an
und traten 1670 in Verbindung mit dem in Tae-waṅ herrschenden1670.
Coxinga, welcher die Engländer wahrscheinlich als Rivale der
Holländer stark begünstigte. Mit ihm schlossen sie einen förm-
lichen Vertrag, »dass sie ihre Waaren nach Gefallen an Jeden ver-
kaufen oder vertauschen und ebenso kaufen dürften; dass der
König ihnen gegen jede Beschädigung durch seine Unterthanen

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[25/0047] Handel mit den mittelchinesischen Häfen. näherten, lief die Besatzung davon. Die Briten landeten unge- hindert, hissten auf den Wällen ihre Flagge, schifften während der Nacht sämmtliche Geschütze ein und demolirten die Schutz- wehren. Weddell liess nun mehrere Dschunken anhalten und sandte durch deren Boote ein Schreiben nach Kan-ton, worin er die Mandarinen des Treubruches zieh, seinen Angriff als Nothwehr rechtfertigte und in höflicher Sprache um Handelsfreiheit bat. Schon am nächsten Tage kam ein chinesisches Boot unter weisser Flagge mit einem Mandarinen niederen Ranges, dessen Vorgesetzte sich auf kaiserlichen Dschunken hinter einer Landspitze befanden. Weddell gab nochmals seine friedfertigen Absichten kund und erhielt nun die Erlaubniss, Unterhändler nach Kan-ton zu schicken, wo man die ganze Schuld auf die Portugiesen schob und den Engländern gegen Herausgabe der Geschütze die gewünschten Ladungen lieferte. 1637. Das war das erste Auftreten der Briten, bedeutsam für die Zukunft. Das Beispiel von Weddell’s Entschlossenheit scheint durch die ganze Geschichte der englischen Beziehungen zum Reiche der Mitte fortgewirkt zu haben. Die politischen Umwälzungen in China und die Seeräuber- flotten, welche damals die Küsten beunruhigten, mögen die Eng- länder von der Fortsetzung ihrer Unternehmungen in den nächsten Jahrzehnten abgeschreckt haben. 1664 kamen einige Schiffe der ostindischen Compagnie nach Macao; die Handelsagenten durften landen und in der Stadt wohnen; aber die Mandarinen verlangten übermässige Hafengelder für jedes Schiff, das nach Kan-ton hinauf- ginge, und behandelten die Engländer mit wachsendem Argwohn. Diesen wurde die verschärfte Bewachung unerträglich; sie zogen sich nach vielen Vexationen auf ihre Schiffe zurück und segelten wieder nach Bantam. Die Ränke der Portugiesen bewirkten auch in diesem Falle das Scheitern der englischen Bemühungen. — In den folgenden Jahren richteten die Agenten der ostindischen Compagnie in Bantam ihr Augenmerk auf die mittelchinesischen Häfen; sie knüpften Handelsbeziehungen in A-moi und Niṅ-po an und traten 1670 in Verbindung mit dem in Tae-waṅ herrschenden Coxinga, welcher die Engländer wahrscheinlich als Rivale der Holländer stark begünstigte. Mit ihm schlossen sie einen förm- lichen Vertrag, »dass sie ihre Waaren nach Gefallen an Jeden ver- kaufen oder vertauschen und ebenso kaufen dürften; dass der König ihnen gegen jede Beschädigung durch seine Unterthanen 1664. 1670.

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/47>, abgerufen am 28.03.2024.