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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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Die Engländer. -- Weddell.
Colonie, dass die Sendung des Lord Macartney an seinem vorneh-
men Auftreten und seiner Unwillfährigkeit, sich dem chinesischen
Hof-Ceremoniel zu unterwerfen, gescheitert sei, und befahl deshalb
Titsingh, sich jede Demüthigung gefallen zu lassen 11). Die Holländer
erreichten aber eben so wenig ein Zugeständniss, als Lord Macartney,
und hatten, wahrscheinlich wegen ihrer knechtischen Fügsamkeit,
auf der Rückreise die schimpflichste Behandlung zu erdulden.


1596.Von England ging 1596 das erste Unternehmen zu An-
knüpfung des Handels mit China aus. Die drei zu diesem Zwecke
ausgerüsteten Schiffe scheiterten jedoch auf der Reise, und der
Versuch wurde unter Königin Elisabeth nicht erneut. Erst im
Frühjahr 1637 gelangten vier englische Schiffe unter Capitän
Weddell nach Macao, wo die Portugiesen jede Anknüpfung des
Handels hintertrieben. Nach vergeblichem Bemühen, seinen Unter-
händlern Eingang in Kan-ton zu verschaffen, beschloss Weddell,
mit den Schiffen selbst den Fluss hinaufzugehen. Sie erreichten
die Festungswerke an der Bocca Tigris, wo ihnen kaiserliche
Dschunken mit Mandarinen und Dolmetschern entgegen kamen.
Weddell gab seine friedfertigen Absichten kund und bat, gleich
den Portugiesen zum Handelsverkehr zugelassen zu werden. Die
Mandarinen versprachen auch, günstig an ihre Vorgesetzten in
Kan-ton zu berichten und nach sechs Tagen das Gesuch zu beant-
worten; die englischen Schiffe gingen im Flusse unter der weissen
Flagge vor Anker. Die Portugiesen hatten die Briten aber als See-
räuber verschwärzt, und als solche wurden diese nun behandelt.
Zur Nachtzeit armirten die Chinesen ihre Werke an der Bocca
und feuerten am Morgen mehrere Schüsse auf ein Boot der
Engländer, das zum Wasserholen nach dem Ufer ruderte. Sie
trafen nicht. Die Engländer aber hissten ohne Weiteres die Blut-
flagge, legten sich, die einströmende Fluth benutzend, dicht unter
die chinesischen Werke und brachten mit vollen Breitseiten das
schlecht gezielte Feuer derselben in wenig Stunden zum Schwei-
gen. Als ihre Boote mit etwa hundert Mann sich den Werken

11) Das "Ko-to" verrichteten Titsingh und seine wohlbeleibten Begleiter in engen
Kniehosen und seidenen Strümpfen und gaben dem Tartarenhof viel Stoff zur Be-
lustigung. Auch sie erhielten von der kaiserlichen Tafel abgenagte Hammelknochen
auf schmutzigen Tellern und mussten sich davor niederwerfen.

Die Engländer. — Weddell.
Colonie, dass die Sendung des Lord Macartney an seinem vorneh-
men Auftreten und seiner Unwillfährigkeit, sich dem chinesischen
Hof-Ceremoniel zu unterwerfen, gescheitert sei, und befahl deshalb
Titsingh, sich jede Demüthigung gefallen zu lassen 11). Die Holländer
erreichten aber eben so wenig ein Zugeständniss, als Lord Macartney,
und hatten, wahrscheinlich wegen ihrer knechtischen Fügsamkeit,
auf der Rückreise die schimpflichste Behandlung zu erdulden.


1596.Von England ging 1596 das erste Unternehmen zu An-
knüpfung des Handels mit China aus. Die drei zu diesem Zwecke
ausgerüsteten Schiffe scheiterten jedoch auf der Reise, und der
Versuch wurde unter Königin Elisabeth nicht erneut. Erst im
Frühjahr 1637 gelangten vier englische Schiffe unter Capitän
Weddell nach Macao, wo die Portugiesen jede Anknüpfung des
Handels hintertrieben. Nach vergeblichem Bemühen, seinen Unter-
händlern Eingang in Kan-ton zu verschaffen, beschloss Weddell,
mit den Schiffen selbst den Fluss hinaufzugehen. Sie erreichten
die Festungswerke an der Bocca Tigris, wo ihnen kaiserliche
Dschunken mit Mandarinen und Dolmetschern entgegen kamen.
Weddell gab seine friedfertigen Absichten kund und bat, gleich
den Portugiesen zum Handelsverkehr zugelassen zu werden. Die
Mandarinen versprachen auch, günstig an ihre Vorgesetzten in
Kan-ton zu berichten und nach sechs Tagen das Gesuch zu beant-
worten; die englischen Schiffe gingen im Flusse unter der weissen
Flagge vor Anker. Die Portugiesen hatten die Briten aber als See-
räuber verschwärzt, und als solche wurden diese nun behandelt.
Zur Nachtzeit armirten die Chinesen ihre Werke an der Bocca
und feuerten am Morgen mehrere Schüsse auf ein Boot der
Engländer, das zum Wasserholen nach dem Ufer ruderte. Sie
trafen nicht. Die Engländer aber hissten ohne Weiteres die Blut-
flagge, legten sich, die einströmende Fluth benutzend, dicht unter
die chinesischen Werke und brachten mit vollen Breitseiten das
schlecht gezielte Feuer derselben in wenig Stunden zum Schwei-
gen. Als ihre Boote mit etwa hundert Mann sich den Werken

11) Das »Ko-to« verrichteten Titsingh und seine wohlbeleibten Begleiter in engen
Kniehosen und seidenen Strümpfen und gaben dem Tartarenhof viel Stoff zur Be-
lustigung. Auch sie erhielten von der kaiserlichen Tafel abgenagte Hammelknochen
auf schmutzigen Tellern und mussten sich davor niederwerfen.
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[24/0046] Die Engländer. — Weddell. Colonie, dass die Sendung des Lord Macartney an seinem vorneh- men Auftreten und seiner Unwillfährigkeit, sich dem chinesischen Hof-Ceremoniel zu unterwerfen, gescheitert sei, und befahl deshalb Titsingh, sich jede Demüthigung gefallen zu lassen 11). Die Holländer erreichten aber eben so wenig ein Zugeständniss, als Lord Macartney, und hatten, wahrscheinlich wegen ihrer knechtischen Fügsamkeit, auf der Rückreise die schimpflichste Behandlung zu erdulden. Von England ging 1596 das erste Unternehmen zu An- knüpfung des Handels mit China aus. Die drei zu diesem Zwecke ausgerüsteten Schiffe scheiterten jedoch auf der Reise, und der Versuch wurde unter Königin Elisabeth nicht erneut. Erst im Frühjahr 1637 gelangten vier englische Schiffe unter Capitän Weddell nach Macao, wo die Portugiesen jede Anknüpfung des Handels hintertrieben. Nach vergeblichem Bemühen, seinen Unter- händlern Eingang in Kan-ton zu verschaffen, beschloss Weddell, mit den Schiffen selbst den Fluss hinaufzugehen. Sie erreichten die Festungswerke an der Bocca Tigris, wo ihnen kaiserliche Dschunken mit Mandarinen und Dolmetschern entgegen kamen. Weddell gab seine friedfertigen Absichten kund und bat, gleich den Portugiesen zum Handelsverkehr zugelassen zu werden. Die Mandarinen versprachen auch, günstig an ihre Vorgesetzten in Kan-ton zu berichten und nach sechs Tagen das Gesuch zu beant- worten; die englischen Schiffe gingen im Flusse unter der weissen Flagge vor Anker. Die Portugiesen hatten die Briten aber als See- räuber verschwärzt, und als solche wurden diese nun behandelt. Zur Nachtzeit armirten die Chinesen ihre Werke an der Bocca und feuerten am Morgen mehrere Schüsse auf ein Boot der Engländer, das zum Wasserholen nach dem Ufer ruderte. Sie trafen nicht. Die Engländer aber hissten ohne Weiteres die Blut- flagge, legten sich, die einströmende Fluth benutzend, dicht unter die chinesischen Werke und brachten mit vollen Breitseiten das schlecht gezielte Feuer derselben in wenig Stunden zum Schwei- gen. Als ihre Boote mit etwa hundert Mann sich den Werken 1596. 11) Das »Ko-to« verrichteten Titsingh und seine wohlbeleibten Begleiter in engen Kniehosen und seidenen Strümpfen und gaben dem Tartarenhof viel Stoff zur Be- lustigung. Auch sie erhielten von der kaiserlichen Tafel abgenagte Hammelknochen auf schmutzigen Tellern und mussten sich davor niederwerfen.

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/46>, abgerufen am 16.04.2024.