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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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Operationen im Perl-Fluss.
Zurücksendung der ganzen Mannschaft an Bord der Lorcha zu
verlangen. Sollten Einige davon an die chinesischen Behörden aus-
zuliefern sein, so müsse das durch Vermittelung des Consuls ge-
schehen. Yi bestand auf seinen Aeusserungen, versprach, sich
niemals an fremden Lorcha's zu vergreifen, und ersuchte die Eng-
länder, das Recht auf ihre Flagge nicht an chinesische Schiffseigner
zu verkaufen. Unterdessen hatte Sir John Bowring den Vice-König
schon mit Feindseligkeiten bedroht und eine Handelsdschunke weg-
nehmen lassen, die man für eine kaiserliche hielt. -- Am 15. October
unterrichtete Consul Parkes den Vice-König von dieser Beschlag-
nahme und von der Anwesenheit englischer Kriegsschiffe bei den
Werken der Bocca Tigris. Am 21. October stellte er, dazu an-
gewiesen, eine Frist von vierundzwanzig Stunden für Erfüllung der
bezeichneten Forderungen und drohte wieder mit Gewalt. Eine
Stunde vor Ablauf dieser Frist wurden die zwölf verhafteten Chi-
nesen nach dem englischen Consulat geschickt, aber ohne Begleitung
eines höheren Beamten und ohne schriftliche Entschuldigung. Consul
Parkes bestand auf Erfüllung dieser Förmlichkeiten. Unterdessen
hatte Yi noch am 21. October ein Schreiben an denselben gerichtet,
in welchem er alle seine Argumente wiederholte und sich gegen die
Wegnahme jener Dschunke verwahrte. Am 22. antwortete Consul
Parkes und forderte nochmals die feierliche Auslieferung der Ver-
hafteten durch einen hohen Beamten und schriftliche Entschuldigung.
Zugleich meldete er durch Circular den Fremden in Kan-ton das
drohende Beginnen der Feindseligkeiten. Die Engländer beschlossen,
sich der die Stadt beherrschenden Werke zu versichern. Am
23. October nahm Admiral Seymour die vier Festungen an der
Bocca ohne Verlust und fast ohne Widerstand, und verkündete Yi
seine Absicht, die Feindseligkeiten gegen die öffentlichen Gebäude
und kaiserlichen Schiffe so lange fortzusetzen, bis ziemende Genug-
thuung erfolgt sei. "Die Antwort Seiner Excellenz" -- berichtete
der Adminal -- "war sehr unbefriedigend." Am folgenden Tag
wurden zwei Werke weiter stromaufwärts, Birdsnest und Sa-mien,
genommen und eine Garnison in die Factoreien gelegt, welche man
in Vertheidigungszustand setzte. -- Eine Abtheilung americanischer
Seeleute übernahm den Schutz der americanischen Gemeinde.

Am 25. October besetzten die Engländer das vor Kan-ton
gelegene befestigte Inselchen "Dutch Folly" und beschlossen damit
eine Reihe von Operationen, von denen sie mit Unrecht grosse

Operationen im Perl-Fluss.
Zurücksendung der ganzen Mannschaft an Bord der Lorcha zu
verlangen. Sollten Einige davon an die chinesischen Behörden aus-
zuliefern sein, so müsse das durch Vermittelung des Consuls ge-
schehen. Yi bestand auf seinen Aeusserungen, versprach, sich
niemals an fremden Lorcha’s zu vergreifen, und ersuchte die Eng-
länder, das Recht auf ihre Flagge nicht an chinesische Schiffseigner
zu verkaufen. Unterdessen hatte Sir John Bowring den Vice-König
schon mit Feindseligkeiten bedroht und eine Handelsdschunke weg-
nehmen lassen, die man für eine kaiserliche hielt. — Am 15. October
unterrichtete Consul Parkes den Vice-König von dieser Beschlag-
nahme und von der Anwesenheit englischer Kriegsschiffe bei den
Werken der Bocca Tigris. Am 21. October stellte er, dazu an-
gewiesen, eine Frist von vierundzwanzig Stunden für Erfüllung der
bezeichneten Forderungen und drohte wieder mit Gewalt. Eine
Stunde vor Ablauf dieser Frist wurden die zwölf verhafteten Chi-
nesen nach dem englischen Consulat geschickt, aber ohne Begleitung
eines höheren Beamten und ohne schriftliche Entschuldigung. Consul
Parkes bestand auf Erfüllung dieser Förmlichkeiten. Unterdessen
hatte Yi noch am 21. October ein Schreiben an denselben gerichtet,
in welchem er alle seine Argumente wiederholte und sich gegen die
Wegnahme jener Dschunke verwahrte. Am 22. antwortete Consul
Parkes und forderte nochmals die feierliche Auslieferung der Ver-
hafteten durch einen hohen Beamten und schriftliche Entschuldigung.
Zugleich meldete er durch Circular den Fremden in Kan-ton das
drohende Beginnen der Feindseligkeiten. Die Engländer beschlossen,
sich der die Stadt beherrschenden Werke zu versichern. Am
23. October nahm Admiral Seymour die vier Festungen an der
Bocca ohne Verlust und fast ohne Widerstand, und verkündete Yi
seine Absicht, die Feindseligkeiten gegen die öffentlichen Gebäude
und kaiserlichen Schiffe so lange fortzusetzen, bis ziemende Genug-
thuung erfolgt sei. »Die Antwort Seiner Excellenz« — berichtete
der Adminal — »war sehr unbefriedigend.« Am folgenden Tag
wurden zwei Werke weiter stromaufwärts, Birdsnest und Ša-mien,
genommen und eine Garnison in die Factoreien gelegt, welche man
in Vertheidigungszustand setzte. — Eine Abtheilung americanischer
Seeleute übernahm den Schutz der americanischen Gemeinde.

Am 25. October besetzten die Engländer das vor Kan-ton
gelegene befestigte Inselchen »Dutch Folly« und beschlossen damit
eine Reihe von Operationen, von denen sie mit Unrecht grosse

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[221/0243] Operationen im Perl-Fluss. Zurücksendung der ganzen Mannschaft an Bord der Lorcha zu verlangen. Sollten Einige davon an die chinesischen Behörden aus- zuliefern sein, so müsse das durch Vermittelung des Consuls ge- schehen. Yi bestand auf seinen Aeusserungen, versprach, sich niemals an fremden Lorcha’s zu vergreifen, und ersuchte die Eng- länder, das Recht auf ihre Flagge nicht an chinesische Schiffseigner zu verkaufen. Unterdessen hatte Sir John Bowring den Vice-König schon mit Feindseligkeiten bedroht und eine Handelsdschunke weg- nehmen lassen, die man für eine kaiserliche hielt. — Am 15. October unterrichtete Consul Parkes den Vice-König von dieser Beschlag- nahme und von der Anwesenheit englischer Kriegsschiffe bei den Werken der Bocca Tigris. Am 21. October stellte er, dazu an- gewiesen, eine Frist von vierundzwanzig Stunden für Erfüllung der bezeichneten Forderungen und drohte wieder mit Gewalt. Eine Stunde vor Ablauf dieser Frist wurden die zwölf verhafteten Chi- nesen nach dem englischen Consulat geschickt, aber ohne Begleitung eines höheren Beamten und ohne schriftliche Entschuldigung. Consul Parkes bestand auf Erfüllung dieser Förmlichkeiten. Unterdessen hatte Yi noch am 21. October ein Schreiben an denselben gerichtet, in welchem er alle seine Argumente wiederholte und sich gegen die Wegnahme jener Dschunke verwahrte. Am 22. antwortete Consul Parkes und forderte nochmals die feierliche Auslieferung der Ver- hafteten durch einen hohen Beamten und schriftliche Entschuldigung. Zugleich meldete er durch Circular den Fremden in Kan-ton das drohende Beginnen der Feindseligkeiten. Die Engländer beschlossen, sich der die Stadt beherrschenden Werke zu versichern. Am 23. October nahm Admiral Seymour die vier Festungen an der Bocca ohne Verlust und fast ohne Widerstand, und verkündete Yi seine Absicht, die Feindseligkeiten gegen die öffentlichen Gebäude und kaiserlichen Schiffe so lange fortzusetzen, bis ziemende Genug- thuung erfolgt sei. »Die Antwort Seiner Excellenz« — berichtete der Adminal — »war sehr unbefriedigend.« Am folgenden Tag wurden zwei Werke weiter stromaufwärts, Birdsnest und Ša-mien, genommen und eine Garnison in die Factoreien gelegt, welche man in Vertheidigungszustand setzte. — Eine Abtheilung americanischer Seeleute übernahm den Schutz der americanischen Gemeinde. Am 25. October besetzten die Engländer das vor Kan-ton gelegene befestigte Inselchen »Dutch Folly« und beschlossen damit eine Reihe von Operationen, von denen sie mit Unrecht grosse

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/243>, abgerufen am 23.04.2024.