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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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Dr. Bowring und Mr. Maclane an der Pei-ho-Mündung.
nun ein hoher Würdenträger zu Erörterung der Fragen nach
Tien-tsin kommen solle, so würde Frieden zwischen uns sein;
und, -- so sehr freute sie das, -- wenn sie auch sterben müssten,
so schmerze es sie nicht. Sie schienen sehr beschämt und führten
die ehrerbietigste Sprache."

Bald darauf erschienen Tau, General-Gouverneur von Tsi-li,
und Tsun-luen, Director der kaiserlichen Getreidespeicher, an der
Pei-ho-Mündung und empfingen Bowring und Maclane auf deren
Ersuchen in einem am Ufer aufgeschlagenen Zelt. -- Sie berichten
an den Kaiser, dass sie sich peremtorisch weigerten auf die For-
derungen der Barbaren zu hören, und bezeichnen die Mittel, durch
welche dieselben zum Rückzug zu bewegen wären: "Würden deine
Knechte, nachdem sie angewiesen waren die Angelegenheiten der
Barbaren zu ordnen -- wenn sie dieselben durch Vorstellungen vom
Richtigen so hätten überzeugen können, dass sie verhindert würden,
von ihren Verpflichtungen zurückzutreten --, würden sie dann ge-
wagt haben, deine geheiligte Majestät mit Gegenständen zum Nach-
denken zu behelligen, indem sie ehrfurchtsvoll um die himmlische
Entscheidung bitten? -- Die englischen Barbaren sind voll hinter-
listiger Anschläge, unbezähmbar wild und gebieterisch; die Ameri-
caner folgen nur ihrer Leitung. Der Anblick des eingereichten Ver-
zeichnisses ihrer Forderungen beweist, dass sie nur ihr eigenes Ich
im Auge haben; weder mit dem Rechtsgefühl noch mit billigen
Grundsätzen sind dieselben vereinbar. Wir haben milde dagegen
remonstrirt; aber so verschlagen und schlüpfrig ist ihr Gemüth,
dass es schwer ist, ihnen das Rechte klar zu machen. -- Nach
reiflicher Berathung beschlossen deine Knechte, ihnen diejenigen
Artikel in ihrer Eingabe zu bezeichnen, welche eine Erörterung zu-
liessen, und sie zur Verhandlung über dieselben -- gleichviel ob
sie wichtig wären oder nicht -- nach einem der fünf geöffneten
Häfen zu weisen. Deine Knechte würden dann denjenigen Platz,
nach welchem sie sich am liebsten begeben möchten, dem Throne
bezeichnen; die hohen Behörden der Provinz, in welchem derselbe
läge, würden von deiner Majestät den Befehl erhalten, mit einander
Rath zu pflegen, ihre Entscheidung nach den Eigenthümlichkeiten
des Falles zu treffen, über welche sie sich durch Untersuchung
belehrt hätten, und die Barbaren zur Rückkehr zu vermögen. (Sie
beschlossen) den Ausgang abzuwarten, die übrigen Vorschläge
sämmtlich zu verwerfen, und, sobald deine Majestät dieses Ver-

Dr. Bowring und Mr. Maclane an der Pei-ho-Mündung.
nun ein hoher Würdenträger zu Erörterung der Fragen nach
Tien-tsin kommen solle, so würde Frieden zwischen uns sein;
und, — so sehr freute sie das, — wenn sie auch sterben müssten,
so schmerze es sie nicht. Sie schienen sehr beschämt und führten
die ehrerbietigste Sprache.«

Bald darauf erschienen Tau, General-Gouverneur von Tši-li,
und Tsuṅ-luen, Director der kaiserlichen Getreidespeicher, an der
Pei-ho-Mündung und empfingen Bowring und Maclane auf deren
Ersuchen in einem am Ufer aufgeschlagenen Zelt. — Sie berichten
an den Kaiser, dass sie sich peremtorisch weigerten auf die For-
derungen der Barbaren zu hören, und bezeichnen die Mittel, durch
welche dieselben zum Rückzug zu bewegen wären: »Würden deine
Knechte, nachdem sie angewiesen waren die Angelegenheiten der
Barbaren zu ordnen — wenn sie dieselben durch Vorstellungen vom
Richtigen so hätten überzeugen können, dass sie verhindert würden,
von ihren Verpflichtungen zurückzutreten —, würden sie dann ge-
wagt haben, deine geheiligte Majestät mit Gegenständen zum Nach-
denken zu behelligen, indem sie ehrfurchtsvoll um die himmlische
Entscheidung bitten? — Die englischen Barbaren sind voll hinter-
listiger Anschläge, unbezähmbar wild und gebieterisch; die Ameri-
caner folgen nur ihrer Leitung. Der Anblick des eingereichten Ver-
zeichnisses ihrer Forderungen beweist, dass sie nur ihr eigenes Ich
im Auge haben; weder mit dem Rechtsgefühl noch mit billigen
Grundsätzen sind dieselben vereinbar. Wir haben milde dagegen
remonstrirt; aber so verschlagen und schlüpfrig ist ihr Gemüth,
dass es schwer ist, ihnen das Rechte klar zu machen. — Nach
reiflicher Berathung beschlossen deine Knechte, ihnen diejenigen
Artikel in ihrer Eingabe zu bezeichnen, welche eine Erörterung zu-
liessen, und sie zur Verhandlung über dieselben — gleichviel ob
sie wichtig wären oder nicht — nach einem der fünf geöffneten
Häfen zu weisen. Deine Knechte würden dann denjenigen Platz,
nach welchem sie sich am liebsten begeben möchten, dem Throne
bezeichnen; die hohen Behörden der Provinz, in welchem derselbe
läge, würden von deiner Majestät den Befehl erhalten, mit einander
Rath zu pflegen, ihre Entscheidung nach den Eigenthümlichkeiten
des Falles zu treffen, über welche sie sich durch Untersuchung
belehrt hätten, und die Barbaren zur Rückkehr zu vermögen. (Sie
beschlossen) den Ausgang abzuwarten, die übrigen Vorschläge
sämmtlich zu verwerfen, und, sobald deine Majestät dieses Ver-

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[217/0239] Dr. Bowring und Mr. Maclane an der Pei-ho-Mündung. nun ein hoher Würdenträger zu Erörterung der Fragen nach Tien-tsin kommen solle, so würde Frieden zwischen uns sein; und, — so sehr freute sie das, — wenn sie auch sterben müssten, so schmerze es sie nicht. Sie schienen sehr beschämt und führten die ehrerbietigste Sprache.« Bald darauf erschienen Tau, General-Gouverneur von Tši-li, und Tsuṅ-luen, Director der kaiserlichen Getreidespeicher, an der Pei-ho-Mündung und empfingen Bowring und Maclane auf deren Ersuchen in einem am Ufer aufgeschlagenen Zelt. — Sie berichten an den Kaiser, dass sie sich peremtorisch weigerten auf die For- derungen der Barbaren zu hören, und bezeichnen die Mittel, durch welche dieselben zum Rückzug zu bewegen wären: »Würden deine Knechte, nachdem sie angewiesen waren die Angelegenheiten der Barbaren zu ordnen — wenn sie dieselben durch Vorstellungen vom Richtigen so hätten überzeugen können, dass sie verhindert würden, von ihren Verpflichtungen zurückzutreten —, würden sie dann ge- wagt haben, deine geheiligte Majestät mit Gegenständen zum Nach- denken zu behelligen, indem sie ehrfurchtsvoll um die himmlische Entscheidung bitten? — Die englischen Barbaren sind voll hinter- listiger Anschläge, unbezähmbar wild und gebieterisch; die Ameri- caner folgen nur ihrer Leitung. Der Anblick des eingereichten Ver- zeichnisses ihrer Forderungen beweist, dass sie nur ihr eigenes Ich im Auge haben; weder mit dem Rechtsgefühl noch mit billigen Grundsätzen sind dieselben vereinbar. Wir haben milde dagegen remonstrirt; aber so verschlagen und schlüpfrig ist ihr Gemüth, dass es schwer ist, ihnen das Rechte klar zu machen. — Nach reiflicher Berathung beschlossen deine Knechte, ihnen diejenigen Artikel in ihrer Eingabe zu bezeichnen, welche eine Erörterung zu- liessen, und sie zur Verhandlung über dieselben — gleichviel ob sie wichtig wären oder nicht — nach einem der fünf geöffneten Häfen zu weisen. Deine Knechte würden dann denjenigen Platz, nach welchem sie sich am liebsten begeben möchten, dem Throne bezeichnen; die hohen Behörden der Provinz, in welchem derselbe läge, würden von deiner Majestät den Befehl erhalten, mit einander Rath zu pflegen, ihre Entscheidung nach den Eigenthümlichkeiten des Falles zu treffen, über welche sie sich durch Untersuchung belehrt hätten, und die Barbaren zur Rückkehr zu vermögen. (Sie beschlossen) den Ausgang abzuwarten, die übrigen Vorschläge sämmtlich zu verwerfen, und, sobald deine Majestät dieses Ver-

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/239>, abgerufen am 29.03.2024.