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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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Shang-hae von Dreifaltigkeitsbündlern genommen.
eine Parthei, die Jahre lang aus allen Kräften zu Begünstigung der
Rebellen trieb.

Wären die Tae-pin im Herbst 1853 auf Shang-hae marschirt,
so konnten sie es ohne Weiteres besetzen. Eine Schaar Dreifaltig-
keitsbündler, etwa fünfzehnhundert Mann, bemächtigte sich am
7. September des Platzes und vertrieb die kaiserlichen Behörden.
Sie hissten ihre eigene und die Flagge der Tae-pin, und forderten
Diese zum Bündniss auf. Zwei Emissäre aus Nan-kin sollen damals
nach Shang-hae gekommen sein; sie hätten aber die Götzen in allen
Tempeln aufrecht stehend, das Opiumrauchen und andere Greuel
in vollem Schwange gefunden und deshalb von der Verbindung ab-
gerathen. Auf sich selbst angewiesen behaupteten die Dreifaltig-
keitsbündler sich trotz der Belagerung achtzehn Monate; sie pressten
die waffenfähigen Bewohner zu Soldaten, schlugen sich tapfer und
hätten wohl noch länger ausgehalten wenn sie nicht mit den Fran-
zosen, deren Ansiedelung der Chinesenstadt am nächsten liegt, in
Collision gerathen wären. Die Commandanten der französischen
Kriegsschiffe unterstützten nun die Kaiserlichen mit Mannschaft und
Geschütz. Sie schossen Bresche, aber der Sturm wurde trotz der
Theilnahme von zweihundert französischen Seeleuten abgeschlagen.
Dann bewirkten sie eine engere Einschliessung und schnitten die
Zufuhr ab, worauf Mangel und Unfrieden im Platze entstand, so
dass die Kaiserlichen am 17. Februar 1855 fast ohne Widerstand
eindringen konnten. Viele Insurgenten entkamen. Unter den
unschuldigen Bewohnern, die nur aus Anhänglichkeit für ihre be-
jahrten Eltern, ihre Frauen und Kinder in der Stadt geblieben
waren und gezwungen den Aufrührern dienten, wütheten die Man-
darinen mit ruchloser Blutgier.

In ähnlicher Weise war A-moi im Mai 1853 von Dreifaltig-
keitsbündlern besetzt worden, welche sich sechs Monat hielten und
dann, hart gedrängt, zu Schiffe entflohen. Auch hier übten die
Mandarinen an den unschuldigen Bewohnern Rache.

Im December 1853 fuhr der französische Bevollmächtigte
für China auf dem Kriegsdampfer Cassini den Yan-tse hinauf und
blieb acht Tage vor Nan-kin. -- Ende Mai 1854 besuchte der
americanische Gesandte auf dem Susquehanna die Rebellenhaupt-
stadt und fuhr den Strom noch weiter hinauf bis Wu-hu. Ende
Juli desselben Jahres schickte der neue englische Commissar Sir
John Bowring seinen dolmetschenden Secretär Herrn Medhurst

Shang-hae von Dreifaltigkeitsbündlern genommen.
eine Parthei, die Jahre lang aus allen Kräften zu Begünstigung der
Rebellen trieb.

Wären die Tae-piṅ im Herbst 1853 auf Shang-hae marschirt,
so konnten sie es ohne Weiteres besetzen. Eine Schaar Dreifaltig-
keitsbündler, etwa fünfzehnhundert Mann, bemächtigte sich am
7. September des Platzes und vertrieb die kaiserlichen Behörden.
Sie hissten ihre eigene und die Flagge der Tae-piṅ, und forderten
Diese zum Bündniss auf. Zwei Emissäre aus Nan-kiṅ sollen damals
nach Shang-hae gekommen sein; sie hätten aber die Götzen in allen
Tempeln aufrecht stehend, das Opiumrauchen und andere Greuel
in vollem Schwange gefunden und deshalb von der Verbindung ab-
gerathen. Auf sich selbst angewiesen behaupteten die Dreifaltig-
keitsbündler sich trotz der Belagerung achtzehn Monate; sie pressten
die waffenfähigen Bewohner zu Soldaten, schlugen sich tapfer und
hätten wohl noch länger ausgehalten wenn sie nicht mit den Fran-
zosen, deren Ansiedelung der Chinesenstadt am nächsten liegt, in
Collision gerathen wären. Die Commandanten der französischen
Kriegsschiffe unterstützten nun die Kaiserlichen mit Mannschaft und
Geschütz. Sie schossen Bresche, aber der Sturm wurde trotz der
Theilnahme von zweihundert französischen Seeleuten abgeschlagen.
Dann bewirkten sie eine engere Einschliessung und schnitten die
Zufuhr ab, worauf Mangel und Unfrieden im Platze entstand, so
dass die Kaiserlichen am 17. Februar 1855 fast ohne Widerstand
eindringen konnten. Viele Insurgenten entkamen. Unter den
unschuldigen Bewohnern, die nur aus Anhänglichkeit für ihre be-
jahrten Eltern, ihre Frauen und Kinder in der Stadt geblieben
waren und gezwungen den Aufrührern dienten, wütheten die Man-
darinen mit ruchloser Blutgier.

In ähnlicher Weise war A-moi im Mai 1853 von Dreifaltig-
keitsbündlern besetzt worden, welche sich sechs Monat hielten und
dann, hart gedrängt, zu Schiffe entflohen. Auch hier übten die
Mandarinen an den unschuldigen Bewohnern Rache.

Im December 1853 fuhr der französische Bevollmächtigte
für China auf dem Kriegsdampfer Cassini den Yaṅ-tse hinauf und
blieb acht Tage vor Nan-kiṅ. — Ende Mai 1854 besuchte der
americanische Gesandte auf dem Susquehanna die Rebellenhaupt-
stadt und fuhr den Strom noch weiter hinauf bis Wu-hu. Ende
Juli desselben Jahres schickte der neue englische Commissar Sir
John Bowring seinen dolmetschenden Secretär Herrn Medhurst

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[192/0214] Shang-hae von Dreifaltigkeitsbündlern genommen. eine Parthei, die Jahre lang aus allen Kräften zu Begünstigung der Rebellen trieb. Wären die Tae-piṅ im Herbst 1853 auf Shang-hae marschirt, so konnten sie es ohne Weiteres besetzen. Eine Schaar Dreifaltig- keitsbündler, etwa fünfzehnhundert Mann, bemächtigte sich am 7. September des Platzes und vertrieb die kaiserlichen Behörden. Sie hissten ihre eigene und die Flagge der Tae-piṅ, und forderten Diese zum Bündniss auf. Zwei Emissäre aus Nan-kiṅ sollen damals nach Shang-hae gekommen sein; sie hätten aber die Götzen in allen Tempeln aufrecht stehend, das Opiumrauchen und andere Greuel in vollem Schwange gefunden und deshalb von der Verbindung ab- gerathen. Auf sich selbst angewiesen behaupteten die Dreifaltig- keitsbündler sich trotz der Belagerung achtzehn Monate; sie pressten die waffenfähigen Bewohner zu Soldaten, schlugen sich tapfer und hätten wohl noch länger ausgehalten wenn sie nicht mit den Fran- zosen, deren Ansiedelung der Chinesenstadt am nächsten liegt, in Collision gerathen wären. Die Commandanten der französischen Kriegsschiffe unterstützten nun die Kaiserlichen mit Mannschaft und Geschütz. Sie schossen Bresche, aber der Sturm wurde trotz der Theilnahme von zweihundert französischen Seeleuten abgeschlagen. Dann bewirkten sie eine engere Einschliessung und schnitten die Zufuhr ab, worauf Mangel und Unfrieden im Platze entstand, so dass die Kaiserlichen am 17. Februar 1855 fast ohne Widerstand eindringen konnten. Viele Insurgenten entkamen. Unter den unschuldigen Bewohnern, die nur aus Anhänglichkeit für ihre be- jahrten Eltern, ihre Frauen und Kinder in der Stadt geblieben waren und gezwungen den Aufrührern dienten, wütheten die Man- darinen mit ruchloser Blutgier. In ähnlicher Weise war A-moi im Mai 1853 von Dreifaltig- keitsbündlern besetzt worden, welche sich sechs Monat hielten und dann, hart gedrängt, zu Schiffe entflohen. Auch hier übten die Mandarinen an den unschuldigen Bewohnern Rache. Im December 1853 fuhr der französische Bevollmächtigte für China auf dem Kriegsdampfer Cassini den Yaṅ-tse hinauf und blieb acht Tage vor Nan-kiṅ. — Ende Mai 1854 besuchte der americanische Gesandte auf dem Susquehanna die Rebellenhaupt- stadt und fuhr den Strom noch weiter hinauf bis Wu-hu. Ende Juli desselben Jahres schickte der neue englische Commissar Sir John Bowring seinen dolmetschenden Secretär Herrn Medhurst

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/214>, abgerufen am 28.03.2024.