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[Beer, Johann]: Jucundi Jucundissimi Wunderliche Lebens-Beschreibung. [s. l.], 1680.

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Kurzweiliger
mich etwas entsetzet hatte/ und als sie
die Ursach fragten/ gabe ich zur Ant-
wort/ wie daß mir die Bettlerin erzehlet
welcher Gestalten ihr Mann so erbärm-
lich von den Räubern wäre ums Leben
gebracht worden; Aber die Gesellschaft
sagte: Die Bettler wären oftermalen
Erz-Lügner/ und sagten oft eine Ge-
schicht daher/ daß man ihnen nur de-
sto mehr geben solte. Hiermit setzte
ich mich an den Tisch/ konte aber un-
möglich essen noch trinken; dann ihr
könnet selbst zur Genüge betrachten/
daß ich/ solches zu unterlaßen gnugsa-
me Ursache gehabt.

Nach vollbrachtem Essen nahme
ich meinen Schwager heimlich auf die
Seite/ und fragte ihn/ wie es um
seine Sachen stünde? Er sagte/ gar
wol/ dann ich bin nicht allein gesund/
sondern babe auch eine gute Charge,
über dieses so habe ich mich auch ver-
ehlichet mit einer Wittbe von Adel.
Jch erschrack über die Rede meines
Schwagers/ kont ihms doch nicht ver-
argen/ dann meine Schwester hatte
ihn meineyiger Weise verlaßen und

noch

Kurzweiliger
mich etwas entſetzet hatte/ und als ſie
die Urſach fragten/ gabe ich zur Ant-
wort/ wie daß mir die Bettlerin erzehlet
welcher Geſtalten ihr Mann ſo erbaͤrm-
lich von den Raͤubern waͤre ums Leben
gebracht worden; Aber die Geſellſchaft
ſagte: Die Bettler waͤren oftermalen
Erz-Luͤgner/ und ſagten oft eine Ge-
ſchicht daher/ daß man ihnen nur de-
ſto mehr geben ſolte. Hiermit ſetzte
ich mich an den Tiſch/ konte aber un-
moͤglich eſſen noch trinken; dann ihr
koͤnnet ſelbſt zur Genuͤge betrachten/
daß ich/ ſolches zu unterlaßen gnugſa-
me Urſache gehabt.

Nach vollbrachtem Eſſen nahme
ich meinen Schwager heimlich auf die
Seite/ und fragte ihn/ wie es um
ſeine Sachen ſtuͤnde? Er ſagte/ gar
wol/ dann ich bin nicht allein geſund/
ſondern babe auch eine gute Charge,
uͤber dieſes ſo habe ich mich auch ver-
ehlichet mit einer Wittbe von Adel.
Jch erſchrack uͤber die Rede meines
Schwagers/ kont ihms doch nicht ver-
argen/ dann meine Schweſter hatte
ihn meineyiger Weiſe verlaßen und

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[26/0034] Kurzweiliger mich etwas entſetzet hatte/ und als ſie die Urſach fragten/ gabe ich zur Ant- wort/ wie daß mir die Bettlerin erzehlet welcher Geſtalten ihr Mann ſo erbaͤrm- lich von den Raͤubern waͤre ums Leben gebracht worden; Aber die Geſellſchaft ſagte: Die Bettler waͤren oftermalen Erz-Luͤgner/ und ſagten oft eine Ge- ſchicht daher/ daß man ihnen nur de- ſto mehr geben ſolte. Hiermit ſetzte ich mich an den Tiſch/ konte aber un- moͤglich eſſen noch trinken; dann ihr koͤnnet ſelbſt zur Genuͤge betrachten/ daß ich/ ſolches zu unterlaßen gnugſa- me Urſache gehabt. Nach vollbrachtem Eſſen nahme ich meinen Schwager heimlich auf die Seite/ und fragte ihn/ wie es um ſeine Sachen ſtuͤnde? Er ſagte/ gar wol/ dann ich bin nicht allein geſund/ ſondern babe auch eine gute Charge, uͤber dieſes ſo habe ich mich auch ver- ehlichet mit einer Wittbe von Adel. Jch erſchrack uͤber die Rede meines Schwagers/ kont ihms doch nicht ver- argen/ dann meine Schweſter hatte ihn meineyiger Weiſe verlaßen und noch

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Zitationshilfe: [Beer, Johann]: Jucundi Jucundissimi Wunderliche Lebens-Beschreibung. [s. l.], 1680, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beer_lebensbeschreibung_1680/34>, abgerufen am 29.03.2024.