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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Chemie 1861 bis 1870.
Bell erfahren, als er diesen Zweck durch Zuschlag von Braunstein
in den Hochöfen von Clarence nicht erreichte.

Die grosse Wichtigkeit des Mangans für die Eigenschaften und
den Wert des Roheisens wurde in dieser Periode voll anerkannt.
Dr. List in Hagen und Rob. Richter in Leoben beschäftigten sich
1861 mit dem Mangangehalt des Eisens. Ersterer gab 3,80 Prozent
als Maximum des Mangangehaltes im Roheisen an, Richter fand aber
in einem Spiegeleisen von Jauerburg in Krain 7,578 Prozent und in
einem von Theresienthal in Böhmen sogar 22,183 Prozent Mangan.
Dass eine sehr basische Beschickung namentlich bei der Spiegeleisen-
erzeugung mit Koks den Mangangehalt beträchtlich erhöht, hatte man
im Siegerland schon seit längerer Zeit erfahren und man erzielte dort
durch sehr hohen Kalkzuschlag Spiegeleisen von bis zu 22 Prozent
Mangangehalt.

Neben dem Mangan legte man dem Wolfram und dem Titan
zu jener Zeit eine hervorragende Wichtigkeit, namentlich als Bestand-
teile des Stahls, bei. Riley, der erst nach vielen vergeblichen Ver-
suchen in einigen Gusseisensorten Titan auffand und zwar in Mengen
von 0,5 bis 1,1 Prozent, schreibt demselben eine ähnliche Rolle wie
dem Mangan zu und glaubt, dass es als Cyanbilder wirke. Mushet
nimmt an, dass es einen wichtigen Bestandteil des Stahls bilde.
Infolge der grossen Reklame, welche letzterer für seinen Titanstahl
machte, hat man die Bedeutung des Titans für die Gussstahlbereitung
damals zuweilen überschätzt.

Über die Eigenschaften, welche Zusätze von Wolfram dem Eisen
erteilen, hat Caron Untersuchungen veröffentlicht. Wolfram erhöht
die Härte und Festigkeit des Stahls. Ebenso erhöht ein Wolfram-
gehalt die Zähigkeit und Härte des Roheisens; dies geschieht nach
Tresca schon durch einen Zusatz von 0,125 bis 1 Prozent, nach
Le Guen durch einen Zusatz von 2,5 Prozent Wolfram zu grauem
Roheisen. General Sobrero zu Turin stellte die Theorie auf, die
Stahlnatur des Eisens sei bedingt durch die Lösung eines schwer
reduzierbaren Metalloxydes, namentlich von Mangan, Titan und
Wolfram im Eisen.

Die härtende Wirkung, welche Chrom auf Stahl ausübt, hat
Julius Baur in New York zuerst praktisch ausgenutzt durch seine
Darstellung von Chromstahl, worauf er 1865 ein Patent nahm.

Zahlreiche Eisenanalysen wurden in diesem Zeitraum gemacht,
wovon wir die von J. Percy, R. Richter, List, H. Hahn, R. Peters,

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Chemie 1861 bis 1870.
Bell erfahren, als er diesen Zweck durch Zuschlag von Braunstein
in den Hochöfen von Clarence nicht erreichte.

Die groſse Wichtigkeit des Mangans für die Eigenschaften und
den Wert des Roheisens wurde in dieser Periode voll anerkannt.
Dr. List in Hagen und Rob. Richter in Leoben beschäftigten sich
1861 mit dem Mangangehalt des Eisens. Ersterer gab 3,80 Prozent
als Maximum des Mangangehaltes im Roheisen an, Richter fand aber
in einem Spiegeleisen von Jauerburg in Krain 7,578 Prozent und in
einem von Theresienthal in Böhmen sogar 22,183 Prozent Mangan.
Daſs eine sehr basische Beschickung namentlich bei der Spiegeleisen-
erzeugung mit Koks den Mangangehalt beträchtlich erhöht, hatte man
im Siegerland schon seit längerer Zeit erfahren und man erzielte dort
durch sehr hohen Kalkzuschlag Spiegeleisen von bis zu 22 Prozent
Mangangehalt.

Neben dem Mangan legte man dem Wolfram und dem Titan
zu jener Zeit eine hervorragende Wichtigkeit, namentlich als Bestand-
teile des Stahls, bei. Riley, der erst nach vielen vergeblichen Ver-
suchen in einigen Guſseisensorten Titan auffand und zwar in Mengen
von 0,5 bis 1,1 Prozent, schreibt demselben eine ähnliche Rolle wie
dem Mangan zu und glaubt, daſs es als Cyanbilder wirke. Mushet
nimmt an, daſs es einen wichtigen Bestandteil des Stahls bilde.
Infolge der groſsen Reklame, welche letzterer für seinen Titanstahl
machte, hat man die Bedeutung des Titans für die Guſsstahlbereitung
damals zuweilen überschätzt.

Über die Eigenschaften, welche Zusätze von Wolfram dem Eisen
erteilen, hat Caron Untersuchungen veröffentlicht. Wolfram erhöht
die Härte und Festigkeit des Stahls. Ebenso erhöht ein Wolfram-
gehalt die Zähigkeit und Härte des Roheisens; dies geschieht nach
Tresca schon durch einen Zusatz von 0,125 bis 1 Prozent, nach
Le Guen durch einen Zusatz von 2,5 Prozent Wolfram zu grauem
Roheisen. General Sobrero zu Turin stellte die Theorie auf, die
Stahlnatur des Eisens sei bedingt durch die Lösung eines schwer
reduzierbaren Metalloxydes, namentlich von Mangan, Titan und
Wolfram im Eisen.

Die härtende Wirkung, welche Chrom auf Stahl ausübt, hat
Julius Baur in New York zuerst praktisch ausgenutzt durch seine
Darstellung von Chromstahl, worauf er 1865 ein Patent nahm.

Zahlreiche Eisenanalysen wurden in diesem Zeitraum gemacht,
wovon wir die von J. Percy, R. Richter, List, H. Hahn, R. Peters,

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[19/0033] Chemie 1861 bis 1870. Bell erfahren, als er diesen Zweck durch Zuschlag von Braunstein in den Hochöfen von Clarence nicht erreichte. Die groſse Wichtigkeit des Mangans für die Eigenschaften und den Wert des Roheisens wurde in dieser Periode voll anerkannt. Dr. List in Hagen und Rob. Richter in Leoben beschäftigten sich 1861 mit dem Mangangehalt des Eisens. Ersterer gab 3,80 Prozent als Maximum des Mangangehaltes im Roheisen an, Richter fand aber in einem Spiegeleisen von Jauerburg in Krain 7,578 Prozent und in einem von Theresienthal in Böhmen sogar 22,183 Prozent Mangan. Daſs eine sehr basische Beschickung namentlich bei der Spiegeleisen- erzeugung mit Koks den Mangangehalt beträchtlich erhöht, hatte man im Siegerland schon seit längerer Zeit erfahren und man erzielte dort durch sehr hohen Kalkzuschlag Spiegeleisen von bis zu 22 Prozent Mangangehalt. Neben dem Mangan legte man dem Wolfram und dem Titan zu jener Zeit eine hervorragende Wichtigkeit, namentlich als Bestand- teile des Stahls, bei. Riley, der erst nach vielen vergeblichen Ver- suchen in einigen Guſseisensorten Titan auffand und zwar in Mengen von 0,5 bis 1,1 Prozent, schreibt demselben eine ähnliche Rolle wie dem Mangan zu und glaubt, daſs es als Cyanbilder wirke. Mushet nimmt an, daſs es einen wichtigen Bestandteil des Stahls bilde. Infolge der groſsen Reklame, welche letzterer für seinen Titanstahl machte, hat man die Bedeutung des Titans für die Guſsstahlbereitung damals zuweilen überschätzt. Über die Eigenschaften, welche Zusätze von Wolfram dem Eisen erteilen, hat Caron Untersuchungen veröffentlicht. Wolfram erhöht die Härte und Festigkeit des Stahls. Ebenso erhöht ein Wolfram- gehalt die Zähigkeit und Härte des Roheisens; dies geschieht nach Tresca schon durch einen Zusatz von 0,125 bis 1 Prozent, nach Le Guen durch einen Zusatz von 2,5 Prozent Wolfram zu grauem Roheisen. General Sobrero zu Turin stellte die Theorie auf, die Stahlnatur des Eisens sei bedingt durch die Lösung eines schwer reduzierbaren Metalloxydes, namentlich von Mangan, Titan und Wolfram im Eisen. Die härtende Wirkung, welche Chrom auf Stahl ausübt, hat Julius Baur in New York zuerst praktisch ausgenutzt durch seine Darstellung von Chromstahl, worauf er 1865 ein Patent nahm. Zahlreiche Eisenanalysen wurden in diesem Zeitraum gemacht, wovon wir die von J. Percy, R. Richter, List, H. Hahn, R. Peters, 2*

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/33>, abgerufen am 29.03.2024.