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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Eisen, Eisenerze, Probieren der Erze und Aufbereitung.

Agricola hält sich von diesen theoretischen Spekulationen im
ganzen fern, dagegen behandelt er wiederholt die mineralogisch wich-
tige Frage, ob das Eisen in gediegenem Zustande in der Natur ge-
funden werde. Im allgemeinen verneint er dies, wie die meisten
Naturforscher dieses Jahrhunderts, doch gerät er bei dieser Frage in
Widersprüche, weil er das meteorische Eisen nicht von dem terrestrischen
unterscheidet. In seinem Werke, dem Bermannus, spricht er sich noch
für das Vorkommen von gediegenem Eisen aus. Er sagt: "Es ist
sicher, dass reine Massen von Eisen, sowie auch kleine Körner davon
gefunden werden, wie dies schon Albertus wusste", und wiederholt
diese Behauptung an einer andern Stelle 1). Dagegen sagt er in
seinem späteren Werke De natura fossilium: die Alten hätten nirgends
über das Vorkommen von gediegenem Eisen berichtet und die Körner,
welche seine Farbe hätten und zuweilen im Sande der Flüsse ge-
funden würden, seien so unrein, dass sie erst geschmolzen werden
müssten, um sie zu verwenden. Da er sie mit Zinngraupen vergleicht,
so dürften hier Magneteisenkörner, die sich oft in Seifenwerken finden,
gemeint sein. Meteoreisen kennt Agricola nur aus den Schriften
des Avicenna. Er verhält sich aber skeptisch gegen den ausser-
irdischen Ursprung der Meteorsteinfälle und will dieselben lieber von
vulkanischen Wirkungen herleiten 2). Encelius behauptet dagegen
bestimmt, dass gediegenes Eisen in der Erde gefunden werde. Nach
ihm "ist das Eisen zweierlei Art, entweder natürliches oder ge-
schmolzenes. Das natürliche ist rein und wird in Bergwerken in
Körnern oder Klumpen gefunden; die Deutschen nennen es "gediegen
Eisen" 3)".

Georg Fabricius führt einen beglaubigten Meteoreisenfall in
Sachsen an, den er folgendermassen beschreibt 4): Verschiedene ver-
sichern es, dass eine Eisenmasse, ähnlich einer Schlacke, aus der Luft
niedergefallen sei in den Waldungen von Neuhofen bei Grimma, diese
Masse sei von grossem Gewicht gewesen, so sehr, dass man sie wegen
ihrer Schwere nicht fortbringen konnte, noch liess sich ein Wagen

1) "Sed ferri quoque massae puri et grana quaedam parva, quod Albertus
novit, reperiri certum est." Und an andrer Stelle: Ferri puri massae et granula
quaedam, ut dixi, reperiuntur.
2) Siehe Agricola, De ortu et causis subterraneurum, Lib. V und Bd. I, S. 19.
3) Siehe Ch. Encelius, l. c., Lib. I, Cap. 18.
4) Siehe Georgii Fabricii, observationes ed. Kentmann, 1565, p. 27: Fer-
ream massam recremento similem, ex aere decidisse in sylvis Neuhovianis prope
Grimam, sunt qui affirmant, eamque massam multorum pondo fuisse, narrant,
adeo ut in locum illum nec deportari propter gravitatem, nec curru adduci propter
loca invia potuerit.
Eisen, Eisenerze, Probieren der Erze und Aufbereitung.

Agricola hält sich von diesen theoretischen Spekulationen im
ganzen fern, dagegen behandelt er wiederholt die mineralogisch wich-
tige Frage, ob das Eisen in gediegenem Zustande in der Natur ge-
funden werde. Im allgemeinen verneint er dies, wie die meisten
Naturforscher dieses Jahrhunderts, doch gerät er bei dieser Frage in
Widersprüche, weil er das meteorische Eisen nicht von dem terrestrischen
unterscheidet. In seinem Werke, dem Bermannus, spricht er sich noch
für das Vorkommen von gediegenem Eisen aus. Er sagt: „Es ist
sicher, daſs reine Massen von Eisen, sowie auch kleine Körner davon
gefunden werden, wie dies schon Albertus wuſste“, und wiederholt
diese Behauptung an einer andern Stelle 1). Dagegen sagt er in
seinem späteren Werke De natura fossilium: die Alten hätten nirgends
über das Vorkommen von gediegenem Eisen berichtet und die Körner,
welche seine Farbe hätten und zuweilen im Sande der Flüsse ge-
funden würden, seien so unrein, daſs sie erst geschmolzen werden
müſsten, um sie zu verwenden. Da er sie mit Zinngraupen vergleicht,
so dürften hier Magneteisenkörner, die sich oft in Seifenwerken finden,
gemeint sein. Meteoreisen kennt Agricola nur aus den Schriften
des Avicenna. Er verhält sich aber skeptisch gegen den auſser-
irdischen Ursprung der Meteorsteinfälle und will dieselben lieber von
vulkanischen Wirkungen herleiten 2). Encelius behauptet dagegen
bestimmt, daſs gediegenes Eisen in der Erde gefunden werde. Nach
ihm „ist das Eisen zweierlei Art, entweder natürliches oder ge-
schmolzenes. Das natürliche ist rein und wird in Bergwerken in
Körnern oder Klumpen gefunden; die Deutschen nennen es „gediegen
Eisen“ 3)“.

Georg Fabricius führt einen beglaubigten Meteoreisenfall in
Sachsen an, den er folgendermaſsen beschreibt 4): Verschiedene ver-
sichern es, daſs eine Eisenmasse, ähnlich einer Schlacke, aus der Luft
niedergefallen sei in den Waldungen von Neuhofen bei Grimma, diese
Masse sei von groſsem Gewicht gewesen, so sehr, daſs man sie wegen
ihrer Schwere nicht fortbringen konnte, noch lieſs sich ein Wagen

1) „Sed ferri quoque massae puri et grana quaedam parva, quod Albertus
novit, reperiri certum est.“ Und an andrer Stelle: Ferri puri massae et granula
quaedam, ut dixi, reperiuntur.
2) Siehe Agricola, De ortu et causis subterraneurum, Lib. V und Bd. I, S. 19.
3) Siehe Ch. Encelius, l. c., Lib. I, Cap. 18.
4) Siehe Georgii Fabricii, observationes ed. Kentmann, 1565, p. 27: Fer-
ream massam recremento similem, ex aëre decidisse in sylvis Neuhovianis prope
Grimam, sunt qui affirmant, eamque massam multorum pondo fuisse, narrant,
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loca invia potuerit.
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[73/0093] Eisen, Eisenerze, Probieren der Erze und Aufbereitung. Agricola hält sich von diesen theoretischen Spekulationen im ganzen fern, dagegen behandelt er wiederholt die mineralogisch wich- tige Frage, ob das Eisen in gediegenem Zustande in der Natur ge- funden werde. Im allgemeinen verneint er dies, wie die meisten Naturforscher dieses Jahrhunderts, doch gerät er bei dieser Frage in Widersprüche, weil er das meteorische Eisen nicht von dem terrestrischen unterscheidet. In seinem Werke, dem Bermannus, spricht er sich noch für das Vorkommen von gediegenem Eisen aus. Er sagt: „Es ist sicher, daſs reine Massen von Eisen, sowie auch kleine Körner davon gefunden werden, wie dies schon Albertus wuſste“, und wiederholt diese Behauptung an einer andern Stelle 1). Dagegen sagt er in seinem späteren Werke De natura fossilium: die Alten hätten nirgends über das Vorkommen von gediegenem Eisen berichtet und die Körner, welche seine Farbe hätten und zuweilen im Sande der Flüsse ge- funden würden, seien so unrein, daſs sie erst geschmolzen werden müſsten, um sie zu verwenden. Da er sie mit Zinngraupen vergleicht, so dürften hier Magneteisenkörner, die sich oft in Seifenwerken finden, gemeint sein. Meteoreisen kennt Agricola nur aus den Schriften des Avicenna. Er verhält sich aber skeptisch gegen den auſser- irdischen Ursprung der Meteorsteinfälle und will dieselben lieber von vulkanischen Wirkungen herleiten 2). Encelius behauptet dagegen bestimmt, daſs gediegenes Eisen in der Erde gefunden werde. Nach ihm „ist das Eisen zweierlei Art, entweder natürliches oder ge- schmolzenes. Das natürliche ist rein und wird in Bergwerken in Körnern oder Klumpen gefunden; die Deutschen nennen es „gediegen Eisen“ 3)“. Georg Fabricius führt einen beglaubigten Meteoreisenfall in Sachsen an, den er folgendermaſsen beschreibt 4): Verschiedene ver- sichern es, daſs eine Eisenmasse, ähnlich einer Schlacke, aus der Luft niedergefallen sei in den Waldungen von Neuhofen bei Grimma, diese Masse sei von groſsem Gewicht gewesen, so sehr, daſs man sie wegen ihrer Schwere nicht fortbringen konnte, noch lieſs sich ein Wagen 1) „Sed ferri quoque massae puri et grana quaedam parva, quod Albertus novit, reperiri certum est.“ Und an andrer Stelle: Ferri puri massae et granula quaedam, ut dixi, reperiuntur. 2) Siehe Agricola, De ortu et causis subterraneurum, Lib. V und Bd. I, S. 19. 3) Siehe Ch. Encelius, l. c., Lib. I, Cap. 18. 4) Siehe Georgii Fabricii, observationes ed. Kentmann, 1565, p. 27: Fer- ream massam recremento similem, ex aëre decidisse in sylvis Neuhovianis prope Grimam, sunt qui affirmant, eamque massam multorum pondo fuisse, narrant, adeo ut in locum illum nec deportari propter gravitatem, nec curru adduci propter loca invia potuerit.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/93>, abgerufen am 20.04.2024.