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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Schriftsteller des 16. Jahrhunderts.
dürfte, so giebt der Prediger hiernach eine reichhaltige Zusammen-
stellung andrer Beweisstellen aus den alten Schriften, besonders aus
der Bibel, worin er seine gründliche Kenntnis der hebräischen Sprache
beweist. Seine sprachlichen Untersuchungen und Betrachtungen sind
in der That höchst neu und geistreich. So spricht er beispielsweise
die Vermutung aus, der Name der Stadt Barcelona stamme von dem
hebräischen barzel, Eisen, her, denn es sei eine Stadt der Phönizier
gewesen und diese hätten dort das berühmte spanische Eisen ein-
gehandelt, der Name sei also gerade gebildet wie etwa Ferrara in
Italien oder Eisenach in Thüringen, "darinn der würdig Herr D. Luther
seliger in die Schul gangen".

Hierauf verbreitet er sich über das Vorkommen des Eisens und
die Eisenbergwerke, wobei er hauptsächlich die der Nachbargebiete
in Böhmen und Sachsen erwähnt. Er giebt genaue Angaben über
Mass und Gewicht, wonach die Erze gekauft werden, wie auch über
den Preis des Eisens. Sodann beschreibt er die Vorbereitung der
Erze und das Ausschmelzen derselben. Schildert dann die Arten des
Eisens und wie man Stahl aus Eisen macht. Hierbei macht er
wieder mancherlei Anmerkungen, z. B. dass die Innsbrucker Harnisch-
macher jetzt den grössten Ruhm hätten, dem Stahl die richtige
Härtung zu geben, was dem dortigen Wasser zugeschrieben werde.
Die Bergleute weist er darauf hin, wie wichtig bei dem Berggezäh
das richtige Anschweissen des Stahles sei.

Auch seine Betrachtungen über die innige Verwandtschaft von
Stahl, Eisen und Kupfer sind, wenn auch nicht richtig, doch inter-
essant. Er führt nämlich aus, dass, wie Eisen sich in Kupfer ver-
wandle beim Eintauchen in gewisse vitriolische Laugen, so entstehe
aus Eisen Stahl, sei also im Wesen nichts Verschiedenes. -- So findet
sich in dem technischen Teile dieser grossen Predigt eine ganze Reihe
von historisch wichtigen Bemerkungen, und wenn der Leser etwa glauben
möchte, dass eine so ausführliche technische Einleitung zu einer
Predigt höchst ermüdend sein müsse, so wird jeder Berg- und Hütten-
mann, der sie liest, den entgegengesetzten Eindruck empfangen.

An Bergleute war aber die Predigt gerichtet. Ihr Interesse wurde
durch diese praktische Einleitung, die an ihr eigen Wissen und
Können anknüpfte und doch vieles Neue und Merkwürdige brachte,
so angeregt, dass sie im stande waren, die folgenden grossartigen Aus-
führungen der Predigt zu verstehen. Denn nun entrollt der Prediger,
indem er wieder zu dem Ausgangspunkte, der riesigen Bildsäule, die
Nebukadnezar im Traume erschienen war und ihn so in Schrecken

Schriftsteller des 16. Jahrhunderts.
dürfte, so giebt der Prediger hiernach eine reichhaltige Zusammen-
stellung andrer Beweisstellen aus den alten Schriften, besonders aus
der Bibel, worin er seine gründliche Kenntnis der hebräischen Sprache
beweist. Seine sprachlichen Untersuchungen und Betrachtungen sind
in der That höchst neu und geistreich. So spricht er beispielsweise
die Vermutung aus, der Name der Stadt Barcelona stamme von dem
hebräischen barzel, Eisen, her, denn es sei eine Stadt der Phönizier
gewesen und diese hätten dort das berühmte spanische Eisen ein-
gehandelt, der Name sei also gerade gebildet wie etwa Ferrara in
Italien oder Eisenach in Thüringen, „darinn der würdig Herr D. Luther
seliger in die Schul gangen“.

Hierauf verbreitet er sich über das Vorkommen des Eisens und
die Eisenbergwerke, wobei er hauptsächlich die der Nachbargebiete
in Böhmen und Sachsen erwähnt. Er giebt genaue Angaben über
Maſs und Gewicht, wonach die Erze gekauft werden, wie auch über
den Preis des Eisens. Sodann beschreibt er die Vorbereitung der
Erze und das Ausschmelzen derselben. Schildert dann die Arten des
Eisens und wie man Stahl aus Eisen macht. Hierbei macht er
wieder mancherlei Anmerkungen, z. B. daſs die Innsbrucker Harnisch-
macher jetzt den gröſsten Ruhm hätten, dem Stahl die richtige
Härtung zu geben, was dem dortigen Wasser zugeschrieben werde.
Die Bergleute weist er darauf hin, wie wichtig bei dem Berggezäh
das richtige Anschweiſsen des Stahles sei.

Auch seine Betrachtungen über die innige Verwandtschaft von
Stahl, Eisen und Kupfer sind, wenn auch nicht richtig, doch inter-
essant. Er führt nämlich aus, daſs, wie Eisen sich in Kupfer ver-
wandle beim Eintauchen in gewisse vitriolische Laugen, so entstehe
aus Eisen Stahl, sei also im Wesen nichts Verschiedenes. — So findet
sich in dem technischen Teile dieser groſsen Predigt eine ganze Reihe
von historisch wichtigen Bemerkungen, und wenn der Leser etwa glauben
möchte, daſs eine so ausführliche technische Einleitung zu einer
Predigt höchst ermüdend sein müsse, so wird jeder Berg- und Hütten-
mann, der sie liest, den entgegengesetzten Eindruck empfangen.

An Bergleute war aber die Predigt gerichtet. Ihr Interesse wurde
durch diese praktische Einleitung, die an ihr eigen Wissen und
Können anknüpfte und doch vieles Neue und Merkwürdige brachte,
so angeregt, daſs sie im stande waren, die folgenden groſsartigen Aus-
führungen der Predigt zu verstehen. Denn nun entrollt der Prediger,
indem er wieder zu dem Ausgangspunkte, der riesigen Bildsäule, die
Nebukadnezar im Traume erschienen war und ihn so in Schrecken

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[64/0084] Schriftsteller des 16. Jahrhunderts. dürfte, so giebt der Prediger hiernach eine reichhaltige Zusammen- stellung andrer Beweisstellen aus den alten Schriften, besonders aus der Bibel, worin er seine gründliche Kenntnis der hebräischen Sprache beweist. Seine sprachlichen Untersuchungen und Betrachtungen sind in der That höchst neu und geistreich. So spricht er beispielsweise die Vermutung aus, der Name der Stadt Barcelona stamme von dem hebräischen barzel, Eisen, her, denn es sei eine Stadt der Phönizier gewesen und diese hätten dort das berühmte spanische Eisen ein- gehandelt, der Name sei also gerade gebildet wie etwa Ferrara in Italien oder Eisenach in Thüringen, „darinn der würdig Herr D. Luther seliger in die Schul gangen“. Hierauf verbreitet er sich über das Vorkommen des Eisens und die Eisenbergwerke, wobei er hauptsächlich die der Nachbargebiete in Böhmen und Sachsen erwähnt. Er giebt genaue Angaben über Maſs und Gewicht, wonach die Erze gekauft werden, wie auch über den Preis des Eisens. Sodann beschreibt er die Vorbereitung der Erze und das Ausschmelzen derselben. Schildert dann die Arten des Eisens und wie man Stahl aus Eisen macht. Hierbei macht er wieder mancherlei Anmerkungen, z. B. daſs die Innsbrucker Harnisch- macher jetzt den gröſsten Ruhm hätten, dem Stahl die richtige Härtung zu geben, was dem dortigen Wasser zugeschrieben werde. Die Bergleute weist er darauf hin, wie wichtig bei dem Berggezäh das richtige Anschweiſsen des Stahles sei. Auch seine Betrachtungen über die innige Verwandtschaft von Stahl, Eisen und Kupfer sind, wenn auch nicht richtig, doch inter- essant. Er führt nämlich aus, daſs, wie Eisen sich in Kupfer ver- wandle beim Eintauchen in gewisse vitriolische Laugen, so entstehe aus Eisen Stahl, sei also im Wesen nichts Verschiedenes. — So findet sich in dem technischen Teile dieser groſsen Predigt eine ganze Reihe von historisch wichtigen Bemerkungen, und wenn der Leser etwa glauben möchte, daſs eine so ausführliche technische Einleitung zu einer Predigt höchst ermüdend sein müsse, so wird jeder Berg- und Hütten- mann, der sie liest, den entgegengesetzten Eindruck empfangen. An Bergleute war aber die Predigt gerichtet. Ihr Interesse wurde durch diese praktische Einleitung, die an ihr eigen Wissen und Können anknüpfte und doch vieles Neue und Merkwürdige brachte, so angeregt, daſs sie im stande waren, die folgenden groſsartigen Aus- führungen der Predigt zu verstehen. Denn nun entrollt der Prediger, indem er wieder zu dem Ausgangspunkte, der riesigen Bildsäule, die Nebukadnezar im Traume erschienen war und ihn so in Schrecken

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/84>, abgerufen am 23.04.2024.