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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Schriftsteller des 16. Jahrhunderts.
und der kluge Herr, der bekanntlich ein eifriger Freund und Förderer
des Bergbaues war und dem deshalb Joachimsthal sehr am Herzen
lag, sprach so freundlich, milde und verständig mit Mathesius, dass
dieser dem einzigen Verlangen des Kaisers, für die Folge sich aller
aufreizenden Reden gegen die Obrigkeit zu enthalten, gern entsprach.
Der Kaiser hatte durch seine Freundlichkeit sein Herz gewonnen und
er blieb ihm in aufrichtiger Treue ergeben, wie manche Stellen seiner
Predigten bezeugen. Nun aber brach der Schmalkaldische Krieg aus, der
neue Unruhen über Joachimsthal, das natürlich fest beim Schmal-
kaldischen Bunde hielt, brachte. Doch die Schlacht bei Mühlberg am
24. April 1547 entschied rasch das Schicksal der Stadt. Sie ergab
sich dem kaiserlichen Bevollmächtigten Graf Hassenstein, freilich
war der grösste Teil der Bürger zuvor geflohen. Den Grafen Schlick
wurden ihre Güter genommen, Graf Albin Schlick floh nach Thürin-
gen zum Grafen von Gleichen, wo er starb. Der immer noch mächtige
Einfluss der Schlick war damit gebrochen. Die Stadt wurde glimpflich
behandelt, doch wurden ihr die alten Privilegien genommen. Am
10. Oktober 1547 erteilte der König der Stadt ein neues Privilegium
in 14 Artikeln. In diesen wurde sie für alle Zeiten als freie Berg-
stadt anerkannt, doch wurden die Freiheiten der Bürger darin wesent-
lich eingeschränkt. Von da ab folgte nun eine lange Zeit der Ruhe
für Joachimsthal, in der das segensreiche Wirken ihres treuen Pfarrers
sich erst recht entfalten konnte. Freilich, die Glanzzeit Joachimsthals
kehrte nicht mehr zurück, um so mehr aber Ruhe und Ordnung, so
dass Mathesius in seiner Joachimsthaler Chronik vom Jahre 1562
schreiben konnte: "In diesen vergangenen 14 Jahren ist gottlob kein
Todtschlag hier geschehen." Auch er fühlte sich glücklich in Joachims-
thal, er liebte den Ort und seine Gemeinde, wie er auch von ihr ge-
ehrt und geliebt wurde. Deshalb lehnte er auch alle Berufungen zu
glänzenderen Stellungen, darunter auch die zu einer theologischen
Professur in Leipzig ab. Befriedigt schreibt er in der Einleitung zur
Sarepta:

"Darneben hat mir Gott in diesem Gebirge unter den Herrn
Schlicken gnädigen Herren gute und beständige Freunde, gehorsame
Pfarrkinder und gottselige, fleissige Kollegen, einesteils gute Nach-
barn, dankbare Schüler, die vielen Städten mit Ehren dienen, gegeben.
Überdies eine bequeme luftige Wohnung und ein tugendliches Weib
aus ehrlicher Freundschaft, liebe Kinder, treues Gesinde und darneben
mit gelehrten Leuten grosse Kundschaft machen lassen, und feinen
Hausfrieden und manche ehrliche Freude in diesem Thale mit ver-

Schriftsteller des 16. Jahrhunderts.
und der kluge Herr, der bekanntlich ein eifriger Freund und Förderer
des Bergbaues war und dem deshalb Joachimsthal sehr am Herzen
lag, sprach so freundlich, milde und verständig mit Mathesius, daſs
dieser dem einzigen Verlangen des Kaisers, für die Folge sich aller
aufreizenden Reden gegen die Obrigkeit zu enthalten, gern entsprach.
Der Kaiser hatte durch seine Freundlichkeit sein Herz gewonnen und
er blieb ihm in aufrichtiger Treue ergeben, wie manche Stellen seiner
Predigten bezeugen. Nun aber brach der Schmalkaldische Krieg aus, der
neue Unruhen über Joachimsthal, das natürlich fest beim Schmal-
kaldischen Bunde hielt, brachte. Doch die Schlacht bei Mühlberg am
24. April 1547 entschied rasch das Schicksal der Stadt. Sie ergab
sich dem kaiserlichen Bevollmächtigten Graf Hassenstein, freilich
war der gröſste Teil der Bürger zuvor geflohen. Den Grafen Schlick
wurden ihre Güter genommen, Graf Albin Schlick floh nach Thürin-
gen zum Grafen von Gleichen, wo er starb. Der immer noch mächtige
Einfluſs der Schlick war damit gebrochen. Die Stadt wurde glimpflich
behandelt, doch wurden ihr die alten Privilegien genommen. Am
10. Oktober 1547 erteilte der König der Stadt ein neues Privilegium
in 14 Artikeln. In diesen wurde sie für alle Zeiten als freie Berg-
stadt anerkannt, doch wurden die Freiheiten der Bürger darin wesent-
lich eingeschränkt. Von da ab folgte nun eine lange Zeit der Ruhe
für Joachimsthal, in der das segensreiche Wirken ihres treuen Pfarrers
sich erst recht entfalten konnte. Freilich, die Glanzzeit Joachimsthals
kehrte nicht mehr zurück, um so mehr aber Ruhe und Ordnung, so
daſs Mathesius in seiner Joachimsthaler Chronik vom Jahre 1562
schreiben konnte: „In diesen vergangenen 14 Jahren ist gottlob kein
Todtschlag hier geschehen.“ Auch er fühlte sich glücklich in Joachims-
thal, er liebte den Ort und seine Gemeinde, wie er auch von ihr ge-
ehrt und geliebt wurde. Deshalb lehnte er auch alle Berufungen zu
glänzenderen Stellungen, darunter auch die zu einer theologischen
Professur in Leipzig ab. Befriedigt schreibt er in der Einleitung zur
Sarepta:

„Darneben hat mir Gott in diesem Gebirge unter den Herrn
Schlicken gnädigen Herren gute und beständige Freunde, gehorsame
Pfarrkinder und gottselige, fleiſsige Kollegen, einesteils gute Nach-
barn, dankbare Schüler, die vielen Städten mit Ehren dienen, gegeben.
Überdies eine bequeme luftige Wohnung und ein tugendliches Weib
aus ehrlicher Freundschaft, liebe Kinder, treues Gesinde und darneben
mit gelehrten Leuten groſse Kundschaft machen lassen, und feinen
Hausfrieden und manche ehrliche Freude in diesem Thale mit ver-

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[61/0081] Schriftsteller des 16. Jahrhunderts. und der kluge Herr, der bekanntlich ein eifriger Freund und Förderer des Bergbaues war und dem deshalb Joachimsthal sehr am Herzen lag, sprach so freundlich, milde und verständig mit Mathesius, daſs dieser dem einzigen Verlangen des Kaisers, für die Folge sich aller aufreizenden Reden gegen die Obrigkeit zu enthalten, gern entsprach. Der Kaiser hatte durch seine Freundlichkeit sein Herz gewonnen und er blieb ihm in aufrichtiger Treue ergeben, wie manche Stellen seiner Predigten bezeugen. Nun aber brach der Schmalkaldische Krieg aus, der neue Unruhen über Joachimsthal, das natürlich fest beim Schmal- kaldischen Bunde hielt, brachte. Doch die Schlacht bei Mühlberg am 24. April 1547 entschied rasch das Schicksal der Stadt. Sie ergab sich dem kaiserlichen Bevollmächtigten Graf Hassenstein, freilich war der gröſste Teil der Bürger zuvor geflohen. Den Grafen Schlick wurden ihre Güter genommen, Graf Albin Schlick floh nach Thürin- gen zum Grafen von Gleichen, wo er starb. Der immer noch mächtige Einfluſs der Schlick war damit gebrochen. Die Stadt wurde glimpflich behandelt, doch wurden ihr die alten Privilegien genommen. Am 10. Oktober 1547 erteilte der König der Stadt ein neues Privilegium in 14 Artikeln. In diesen wurde sie für alle Zeiten als freie Berg- stadt anerkannt, doch wurden die Freiheiten der Bürger darin wesent- lich eingeschränkt. Von da ab folgte nun eine lange Zeit der Ruhe für Joachimsthal, in der das segensreiche Wirken ihres treuen Pfarrers sich erst recht entfalten konnte. Freilich, die Glanzzeit Joachimsthals kehrte nicht mehr zurück, um so mehr aber Ruhe und Ordnung, so daſs Mathesius in seiner Joachimsthaler Chronik vom Jahre 1562 schreiben konnte: „In diesen vergangenen 14 Jahren ist gottlob kein Todtschlag hier geschehen.“ Auch er fühlte sich glücklich in Joachims- thal, er liebte den Ort und seine Gemeinde, wie er auch von ihr ge- ehrt und geliebt wurde. Deshalb lehnte er auch alle Berufungen zu glänzenderen Stellungen, darunter auch die zu einer theologischen Professur in Leipzig ab. Befriedigt schreibt er in der Einleitung zur Sarepta: „Darneben hat mir Gott in diesem Gebirge unter den Herrn Schlicken gnädigen Herren gute und beständige Freunde, gehorsame Pfarrkinder und gottselige, fleiſsige Kollegen, einesteils gute Nach- barn, dankbare Schüler, die vielen Städten mit Ehren dienen, gegeben. Überdies eine bequeme luftige Wohnung und ein tugendliches Weib aus ehrlicher Freundschaft, liebe Kinder, treues Gesinde und darneben mit gelehrten Leuten groſse Kundschaft machen lassen, und feinen Hausfrieden und manche ehrliche Freude in diesem Thale mit ver-

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/81>, abgerufen am 19.04.2024.