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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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auch nur selten. Aber eben dieses ist noch nicht völlig rein: so dass
die schwarzen Graupen, aus denen das Zinn geschmolzen wird, reiner
sind und weniger Schmelzens bedürfen, als diese Eisenkörner und
Stückchen, was auch Albertus Magnus wohl bekannt war. Denn er
schreibt, das Eisen wird in einer wässerigen Erde in der Gestalt von
Hirsenkörnern, aber sehr verunreinigt gefunden. Die Farbe des un-
polierten Eisens fällt ins Schwärzliche, die des polierten ins Mattweisse.
Das aus dem Erz geschmolzene Eisen ist flüssig und kann geschmolzen
werden: wenn man es darauf, nachdem die Schlacken abgezogen sind,
nochmals glüht (frischt -- refrixit), so wird es weich, so dass es unter
dem Hammer gestreckt und zu Blechen ausgebreitet werden kann,
aber giessen lässt es sich dann nicht mehr leicht: es sei denn, dass
man es in dieselbe Art Öfen bringt und niederschmelzt. Alles Eisen
ist hart, deswegen giebt es auch von allen Metallen den grössten
Schall. Aber das eine weicht darin von dem andern ab.

Denn einiges ist zähe und dies ist das beste, anderes nur mittel-
mässig, deshalb auch nur von mittlerer Güte: anderes spröde und
kupferhaltig: dieses ist das schlechteste. Von der ersten Sorte ist
das schwedische, norwegische und norische, von der zweiten das von
Lauenstein und Giesshübel im Meissnischen und das von Sulzbach in
den norischen Bergen diesseits der Donau; zu der dritten gehört das,
welches auf dem Amboss unter dem Hammer wie Glas auseinander
fliegt: und das noch andere Fehler in sich vereinigt. Aus dem Eisen,
wenn man es öfter schmelzt und von den Schlacken reinigt, entsteht
das, was die Griechen stomoma nennen, die Lateiner aber, wenn ich mich
nicht irre, öfter acies -- Stahl. Von dieser Art war das serische, par-
thische, norische, comensische. Bisweilen wandelt sich das Eisen in-
folge der Güte seiner Erze in Stahl, wie auch noch heute das norische:
bisweilen durch das Wasser, in das man es öfter eintaucht, wie zu
Como in Italien und zu Bilbilis und Turassio in Spanien. Der Stahl
wird zu höherem Preise als das übrige Eisen verkauft.

Wird das Eisen öfter gereinigt, so verliert es viel an Masse und
Gewicht. Das Eisen wird verdorben durch einen Fehler, den man den
Rost (ferrugo et rubigo) nennt; er entsteht durch die Berührung mit
Feuchtigkeit, am raschesten mit Menschenblut. Mit Meerwasser kann
man diese Flecken am schnellsten wieder herausbringen: und man
schützt es davor durch mancherlei Umhüllungsmittel, durch Mennige,
Bleiweiss, Gips, Bitumen und flüssigen Teer. Das glühende Eisen
bricht leicht, wenn es nicht durch Hammerschläge dicht gemacht ist.
Aus Eisen werden mehr Gegenstände gefertigt, als aus irgend einem

Georg Agricola.
auch nur selten. Aber eben dieses ist noch nicht völlig rein: so daſs
die schwarzen Graupen, aus denen das Zinn geschmolzen wird, reiner
sind und weniger Schmelzens bedürfen, als diese Eisenkörner und
Stückchen, was auch Albertus Magnus wohl bekannt war. Denn er
schreibt, das Eisen wird in einer wässerigen Erde in der Gestalt von
Hirsenkörnern, aber sehr verunreinigt gefunden. Die Farbe des un-
polierten Eisens fällt ins Schwärzliche, die des polierten ins Mattweiſse.
Das aus dem Erz geschmolzene Eisen ist flüssig und kann geschmolzen
werden: wenn man es darauf, nachdem die Schlacken abgezogen sind,
nochmals glüht (frischt — refrixit), so wird es weich, so daſs es unter
dem Hammer gestreckt und zu Blechen ausgebreitet werden kann,
aber gieſsen läſst es sich dann nicht mehr leicht: es sei denn, daſs
man es in dieselbe Art Öfen bringt und niederschmelzt. Alles Eisen
ist hart, deswegen giebt es auch von allen Metallen den gröſsten
Schall. Aber das eine weicht darin von dem andern ab.

Denn einiges ist zähe und dies ist das beste, anderes nur mittel-
mäſsig, deshalb auch nur von mittlerer Güte: anderes spröde und
kupferhaltig: dieses ist das schlechteste. Von der ersten Sorte ist
das schwedische, norwegische und norische, von der zweiten das von
Lauenstein und Gieſshübel im Meiſsnischen und das von Sulzbach in
den norischen Bergen diesseits der Donau; zu der dritten gehört das,
welches auf dem Amboſs unter dem Hammer wie Glas auseinander
fliegt: und das noch andere Fehler in sich vereinigt. Aus dem Eisen,
wenn man es öfter schmelzt und von den Schlacken reinigt, entsteht
das, was die Griechen στόμωμα nennen, die Lateiner aber, wenn ich mich
nicht irre, öfter acies — Stahl. Von dieser Art war das serische, par-
thische, norische, comensische. Bisweilen wandelt sich das Eisen in-
folge der Güte seiner Erze in Stahl, wie auch noch heute das norische:
bisweilen durch das Wasser, in das man es öfter eintaucht, wie zu
Como in Italien und zu Bilbilis und Turassio in Spanien. Der Stahl
wird zu höherem Preise als das übrige Eisen verkauft.

Wird das Eisen öfter gereinigt, so verliert es viel an Masse und
Gewicht. Das Eisen wird verdorben durch einen Fehler, den man den
Rost (ferrugo et rubigo) nennt; er entsteht durch die Berührung mit
Feuchtigkeit, am raschesten mit Menschenblut. Mit Meerwasser kann
man diese Flecken am schnellsten wieder herausbringen: und man
schützt es davor durch mancherlei Umhüllungsmittel, durch Mennige,
Bleiweiſs, Gips, Bitumen und flüssigen Teer. Das glühende Eisen
bricht leicht, wenn es nicht durch Hammerschläge dicht gemacht ist.
Aus Eisen werden mehr Gegenstände gefertigt, als aus irgend einem

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[41/0061] Georg Agricola. auch nur selten. Aber eben dieses ist noch nicht völlig rein: so daſs die schwarzen Graupen, aus denen das Zinn geschmolzen wird, reiner sind und weniger Schmelzens bedürfen, als diese Eisenkörner und Stückchen, was auch Albertus Magnus wohl bekannt war. Denn er schreibt, das Eisen wird in einer wässerigen Erde in der Gestalt von Hirsenkörnern, aber sehr verunreinigt gefunden. Die Farbe des un- polierten Eisens fällt ins Schwärzliche, die des polierten ins Mattweiſse. Das aus dem Erz geschmolzene Eisen ist flüssig und kann geschmolzen werden: wenn man es darauf, nachdem die Schlacken abgezogen sind, nochmals glüht (frischt — refrixit), so wird es weich, so daſs es unter dem Hammer gestreckt und zu Blechen ausgebreitet werden kann, aber gieſsen läſst es sich dann nicht mehr leicht: es sei denn, daſs man es in dieselbe Art Öfen bringt und niederschmelzt. Alles Eisen ist hart, deswegen giebt es auch von allen Metallen den gröſsten Schall. Aber das eine weicht darin von dem andern ab. Denn einiges ist zähe und dies ist das beste, anderes nur mittel- mäſsig, deshalb auch nur von mittlerer Güte: anderes spröde und kupferhaltig: dieses ist das schlechteste. Von der ersten Sorte ist das schwedische, norwegische und norische, von der zweiten das von Lauenstein und Gieſshübel im Meiſsnischen und das von Sulzbach in den norischen Bergen diesseits der Donau; zu der dritten gehört das, welches auf dem Amboſs unter dem Hammer wie Glas auseinander fliegt: und das noch andere Fehler in sich vereinigt. Aus dem Eisen, wenn man es öfter schmelzt und von den Schlacken reinigt, entsteht das, was die Griechen στόμωμα nennen, die Lateiner aber, wenn ich mich nicht irre, öfter acies — Stahl. Von dieser Art war das serische, par- thische, norische, comensische. Bisweilen wandelt sich das Eisen in- folge der Güte seiner Erze in Stahl, wie auch noch heute das norische: bisweilen durch das Wasser, in das man es öfter eintaucht, wie zu Como in Italien und zu Bilbilis und Turassio in Spanien. Der Stahl wird zu höherem Preise als das übrige Eisen verkauft. Wird das Eisen öfter gereinigt, so verliert es viel an Masse und Gewicht. Das Eisen wird verdorben durch einen Fehler, den man den Rost (ferrugo et rubigo) nennt; er entsteht durch die Berührung mit Feuchtigkeit, am raschesten mit Menschenblut. Mit Meerwasser kann man diese Flecken am schnellsten wieder herausbringen: und man schützt es davor durch mancherlei Umhüllungsmittel, durch Mennige, Bleiweiſs, Gips, Bitumen und flüssigen Teer. Das glühende Eisen bricht leicht, wenn es nicht durch Hammerschläge dicht gemacht ist. Aus Eisen werden mehr Gegenstände gefertigt, als aus irgend einem

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/61>, abgerufen am 19.04.2024.