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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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ihn auch ehemals verkauft habe. Nachdem er noch den Stein "thea-
medes", der eine dem Magnet entgegengesetzte Natur habe, so dass
er das Eisen abstosse, statt anziehe, und der beiden indischen Inseln,
auf deren einer der, welcher Nägel an den Schuhen hat, hängen
bleibe, während er auf der andern den Fuss nicht aufzusetzen ver-
mag, erwähnt hat, wendet er sich zu den dem Magnetstein verwandten
Steinarten, dem Hämatitos und dem Schistos. Was er über diese
sagt, lassen wir wörtlich folgen:

In den Eisengruben, oft aber auch in eigenen, findet man Hä-
matite
und Schistos (Blutsteine und Glaskopf oder Faserstein),
zwei (unter sich und dem Magnet) verwandte Steine, die auch aus
derselben Materie verdichtet sind und nur in der Gestalt und in
einigen andern Eigenschaften voneinander abweichen. Hämatite
werden sie genannt, teils weil sie die Farbe des Blutes haben, wie
dies Galen, der darin dem Theophrast folgt, bemerkt: teils weil
sie, wie einer oder der andere meint, am Schleifsteine gerieben einen
blutroten Saft geben.

Der Schistos aber wird so genannt, nicht weil er gespalten oder
leicht spaltbar wäre, denn das ist er nicht, sondern weil er aussieht,
als sei er gespalten (d. h. von faseriger Struktur). Seine einzelnen
Teile sind so zusammengesetzt, als seien sie gerade wie Holz zusammen-
gewachsen, ähnlich wie bei dem Salmiak.

Viele Gegenden Deutschlands erzeugen diese Steinarten, so Sach-
sen in der Hildesheimer Gegend, jenseits des Moritzbergs, und zwar
in Quadern. In demselben Sachsen beim vierten Meilensteine von
Goslar, da, wo man nach dem Berge zu geht, den sie dort mit seinem
Eigennamen "Kalte Birke" nennen, diese nennen wir den Goslarischen.

Am Harze finden sie sich an verschiedenen Plätzen, vorzüglich
aber bei Harzgerode, wo Schistos vorkommt, und bei Ilefeld, einem
Kloster im Gebiete des Eichsfeldes. In Hessen, das ein Teil des
Landes der Katten bildet, in den Bergen bei Gladenbach. Zu Müsen
in einer Grube der Hermunduren, welche sie "die Goldkrone" nennen.
Ein Überfluss an Schistos findet sich etwa 5000 Schritte von der
Stadt Marienberg (im Erzgebirge). In Böhmen in den Eisengruben
der Lessau-Mark (Karlsbader Gegend), ebenso zuweilen in den Silber-
bergwerken von Joachimsthal. Jedoch an beiden Orten nur hier
und da: wie auch in den Eisengruben von Norikum diesseits der
Donau, zwei Meilensteine von Amberg entfernt, wenn man von Sulzbach
nach Westen geht. Überall, wo Hämatit und Schistos gefunden wer-
den, sind die Felsen rot und die Erde von derselben Farbe und aus

Georg Agricola.
ihn auch ehemals verkauft habe. Nachdem er noch den Stein „thea-
medes“, der eine dem Magnet entgegengesetzte Natur habe, so daſs
er das Eisen abstoſse, statt anziehe, und der beiden indischen Inseln,
auf deren einer der, welcher Nägel an den Schuhen hat, hängen
bleibe, während er auf der andern den Fuſs nicht aufzusetzen ver-
mag, erwähnt hat, wendet er sich zu den dem Magnetstein verwandten
Steinarten, dem Hämatitos und dem Schistos. Was er über diese
sagt, lassen wir wörtlich folgen:

In den Eisengruben, oft aber auch in eigenen, findet man Hä-
matite
und Schistos (Blutsteine und Glaskopf oder Faserstein),
zwei (unter sich und dem Magnet) verwandte Steine, die auch aus
derselben Materie verdichtet sind und nur in der Gestalt und in
einigen andern Eigenschaften voneinander abweichen. Hämatite
werden sie genannt, teils weil sie die Farbe des Blutes haben, wie
dies Galen, der darin dem Theophrast folgt, bemerkt: teils weil
sie, wie einer oder der andere meint, am Schleifsteine gerieben einen
blutroten Saft geben.

Der Schistos aber wird so genannt, nicht weil er gespalten oder
leicht spaltbar wäre, denn das ist er nicht, sondern weil er aussieht,
als sei er gespalten (d. h. von faseriger Struktur). Seine einzelnen
Teile sind so zusammengesetzt, als seien sie gerade wie Holz zusammen-
gewachsen, ähnlich wie bei dem Salmiak.

Viele Gegenden Deutschlands erzeugen diese Steinarten, so Sach-
sen in der Hildesheimer Gegend, jenseits des Moritzbergs, und zwar
in Quadern. In demselben Sachsen beim vierten Meilensteine von
Goslar, da, wo man nach dem Berge zu geht, den sie dort mit seinem
Eigennamen „Kalte Birke“ nennen, diese nennen wir den Goslarischen.

Am Harze finden sie sich an verschiedenen Plätzen, vorzüglich
aber bei Harzgerode, wo Schistos vorkommt, und bei Ilefeld, einem
Kloster im Gebiete des Eichsfeldes. In Hessen, das ein Teil des
Landes der Katten bildet, in den Bergen bei Gladenbach. Zu Müsen
in einer Grube der Hermunduren, welche sie „die Goldkrone“ nennen.
Ein Überfluſs an Schistos findet sich etwa 5000 Schritte von der
Stadt Marienberg (im Erzgebirge). In Böhmen in den Eisengruben
der Lessau-Mark (Karlsbader Gegend), ebenso zuweilen in den Silber-
bergwerken von Joachimsthal. Jedoch an beiden Orten nur hier
und da: wie auch in den Eisengruben von Norikum diesseits der
Donau, zwei Meilensteine von Amberg entfernt, wenn man von Sulzbach
nach Westen geht. Überall, wo Hämatit und Schistos gefunden wer-
den, sind die Felsen rot und die Erde von derselben Farbe und aus

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[39/0059] Georg Agricola. ihn auch ehemals verkauft habe. Nachdem er noch den Stein „thea- medes“, der eine dem Magnet entgegengesetzte Natur habe, so daſs er das Eisen abstoſse, statt anziehe, und der beiden indischen Inseln, auf deren einer der, welcher Nägel an den Schuhen hat, hängen bleibe, während er auf der andern den Fuſs nicht aufzusetzen ver- mag, erwähnt hat, wendet er sich zu den dem Magnetstein verwandten Steinarten, dem Hämatitos und dem Schistos. Was er über diese sagt, lassen wir wörtlich folgen: In den Eisengruben, oft aber auch in eigenen, findet man Hä- matite und Schistos (Blutsteine und Glaskopf oder Faserstein), zwei (unter sich und dem Magnet) verwandte Steine, die auch aus derselben Materie verdichtet sind und nur in der Gestalt und in einigen andern Eigenschaften voneinander abweichen. Hämatite werden sie genannt, teils weil sie die Farbe des Blutes haben, wie dies Galen, der darin dem Theophrast folgt, bemerkt: teils weil sie, wie einer oder der andere meint, am Schleifsteine gerieben einen blutroten Saft geben. Der Schistos aber wird so genannt, nicht weil er gespalten oder leicht spaltbar wäre, denn das ist er nicht, sondern weil er aussieht, als sei er gespalten (d. h. von faseriger Struktur). Seine einzelnen Teile sind so zusammengesetzt, als seien sie gerade wie Holz zusammen- gewachsen, ähnlich wie bei dem Salmiak. Viele Gegenden Deutschlands erzeugen diese Steinarten, so Sach- sen in der Hildesheimer Gegend, jenseits des Moritzbergs, und zwar in Quadern. In demselben Sachsen beim vierten Meilensteine von Goslar, da, wo man nach dem Berge zu geht, den sie dort mit seinem Eigennamen „Kalte Birke“ nennen, diese nennen wir den Goslarischen. Am Harze finden sie sich an verschiedenen Plätzen, vorzüglich aber bei Harzgerode, wo Schistos vorkommt, und bei Ilefeld, einem Kloster im Gebiete des Eichsfeldes. In Hessen, das ein Teil des Landes der Katten bildet, in den Bergen bei Gladenbach. Zu Müsen in einer Grube der Hermunduren, welche sie „die Goldkrone“ nennen. Ein Überfluſs an Schistos findet sich etwa 5000 Schritte von der Stadt Marienberg (im Erzgebirge). In Böhmen in den Eisengruben der Lessau-Mark (Karlsbader Gegend), ebenso zuweilen in den Silber- bergwerken von Joachimsthal. Jedoch an beiden Orten nur hier und da: wie auch in den Eisengruben von Norikum diesseits der Donau, zwei Meilensteine von Amberg entfernt, wenn man von Sulzbach nach Westen geht. Überall, wo Hämatit und Schistos gefunden wer- den, sind die Felsen rot und die Erde von derselben Farbe und aus

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/59>, abgerufen am 24.04.2024.