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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.

Eine herrliche Treibarbeit ist der in demselben Werke Tab. LXI
dargestellte Prunkschild, auf welchem die Erwerbung des goldenen
Vliesses durch Jason dargestellt ist. Der Entwurf wird Hans Mie-
lich
(+ 1575) zugeschrieben. Weitere hervorragende Werke der
Treibkunst ist der als "bouclier de la fortune" bekannte pracht-
volle Schild, in der königlichen Waffensammlung zu Madrid, mit
einer Fortuna als Hauptfigur, auf dem der Name des Verfertigers

[Abbildung] Fig. 103.
Matheus Trawen-Brys, eines niederländischen Künst-
lers, und die Jahreszahl 1543 eingeschlagen ist.

Der in Jubinals Werke (Tab. XII) abgebildete
Schild Karls V. wird dem Benvenuto Cellini zuge-
schrieben. Ebenso der prächtige, goldüberzogene Rund-
schild (Rundell) mit den vier Medaillons, Kämpfe der Lapithen und
Centauren und Szenen aus der römischen Geschichte darstellend
(Tab. VIII).

Eine schöne Sturmhaube desselben Kaisers mit reichem Bilder-
schmucke, Szenen aus Virgils Äneis darstellend, befindet sich in
der Wiener Sammlung.

Die hohen Kämme, welche im 16. Jahrhundert Mode wurden,
sind meist mit der Haube aus einem Stücke getrieben. Es sind dies
erstaunliche Leistungen der Treibkunst.

Ein hervorragendes Werk dieser Kunst ist auch ein Sattel in
der Waffensammlung der Grafen zu Erbach, ein bewegtes Kampf-
bild darstellend. Derselbe soll dem Grafen Joachim von Ortenberg
angehört haben 1).

Betrachten wir diese, unsere Bewunderung herausfordernden,
Treibarbeiten vom technischen Standpunkte, so erscheint es uns fast
undenkbar, dass dieselben in der schlichten Weise wie es in Burgk-
meyers
Bilde (Fig. 96) dargestellt ist, nur mit Hammer und Amboss
dargestellt wurden, die feineren Zeichnungen erforderten jedenfalls
ausser zahlreichen und verschieden gestalteten Punzen eine weiche
Unterlage, sie wurden in einem Treibkitt ausgetrieben, als welcher
Pech, Wachs, oder bei Stahl zumeist Blei benutzt wurde. Eigentliche
Gesenke waren bei diesen komplizierten Kunstwerken kaum zu ver-
wenden, und auch die Zeichnung konnte dem Künstler nur wenig
Hilfe gewähren. Er war ganz auf sein künstlerisches Verständnis
angewiesen. An dieses wurden aber um so grössere Anforderungen

1) Abgebildet in: Kunstwerke und Gerätschaften des Mittelalters und der
Renaissance von C. Becker und J. v. Hefner, Bd. I, Tab. 41 und 42.
Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.

Eine herrliche Treibarbeit ist der in demselben Werke Tab. LXI
dargestellte Prunkschild, auf welchem die Erwerbung des goldenen
Vlieſses durch Jason dargestellt ist. Der Entwurf wird Hans Mie-
lich
(† 1575) zugeschrieben. Weitere hervorragende Werke der
Treibkunst ist der als „bouclier de la fortune“ bekannte pracht-
volle Schild, in der königlichen Waffensammlung zu Madrid, mit
einer Fortuna als Hauptfigur, auf dem der Name des Verfertigers

[Abbildung] Fig. 103.
Matheus Trawen-Brys, eines niederländischen Künst-
lers, und die Jahreszahl 1543 eingeschlagen ist.

Der in Jubinals Werke (Tab. XII) abgebildete
Schild Karls V. wird dem Benvenuto Cellini zuge-
schrieben. Ebenso der prächtige, goldüberzogene Rund-
schild (Rundell) mit den vier Medaillons, Kämpfe der Lapithen und
Centauren und Szenen aus der römischen Geschichte darstellend
(Tab. VIII).

Eine schöne Sturmhaube desſelben Kaisers mit reichem Bilder-
schmucke, Szenen aus Virgils Äneis darstellend, befindet sich in
der Wiener Sammlung.

Die hohen Kämme, welche im 16. Jahrhundert Mode wurden,
sind meist mit der Haube aus einem Stücke getrieben. Es sind dies
erstaunliche Leistungen der Treibkunst.

Ein hervorragendes Werk dieser Kunst ist auch ein Sattel in
der Waffensammlung der Grafen zu Erbach, ein bewegtes Kampf-
bild darstellend. Derselbe soll dem Grafen Joachim von Ortenberg
angehört haben 1).

Betrachten wir diese, unsere Bewunderung herausfordernden,
Treibarbeiten vom technischen Standpunkte, so erscheint es uns fast
undenkbar, daſs dieselben in der schlichten Weise wie es in Burgk-
meyers
Bilde (Fig. 96) dargestellt ist, nur mit Hammer und Amboſs
dargestellt wurden, die feineren Zeichnungen erforderten jedenfalls
auſser zahlreichen und verschieden gestalteten Punzen eine weiche
Unterlage, sie wurden in einem Treibkitt ausgetrieben, als welcher
Pech, Wachs, oder bei Stahl zumeist Blei benutzt wurde. Eigentliche
Gesenke waren bei diesen komplizierten Kunstwerken kaum zu ver-
wenden, und auch die Zeichnung konnte dem Künstler nur wenig
Hilfe gewähren. Er war ganz auf sein künstlerisches Verständnis
angewiesen. An dieses wurden aber um so gröſsere Anforderungen

1) Abgebildet in: Kunstwerke und Gerätschaften des Mittelalters und der
Renaissance von C. Becker und J. v. Hefner, Bd. I, Tab. 41 und 42.
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[365/0385] Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. Eine herrliche Treibarbeit ist der in demselben Werke Tab. LXI dargestellte Prunkschild, auf welchem die Erwerbung des goldenen Vlieſses durch Jason dargestellt ist. Der Entwurf wird Hans Mie- lich († 1575) zugeschrieben. Weitere hervorragende Werke der Treibkunst ist der als „bouclier de la fortune“ bekannte pracht- volle Schild, in der königlichen Waffensammlung zu Madrid, mit einer Fortuna als Hauptfigur, auf dem der Name des Verfertigers [Abbildung Fig. 103.] Matheus Trawen-Brys, eines niederländischen Künst- lers, und die Jahreszahl 1543 eingeschlagen ist. Der in Jubinals Werke (Tab. XII) abgebildete Schild Karls V. wird dem Benvenuto Cellini zuge- schrieben. Ebenso der prächtige, goldüberzogene Rund- schild (Rundell) mit den vier Medaillons, Kämpfe der Lapithen und Centauren und Szenen aus der römischen Geschichte darstellend (Tab. VIII). Eine schöne Sturmhaube desſelben Kaisers mit reichem Bilder- schmucke, Szenen aus Virgils Äneis darstellend, befindet sich in der Wiener Sammlung. Die hohen Kämme, welche im 16. Jahrhundert Mode wurden, sind meist mit der Haube aus einem Stücke getrieben. Es sind dies erstaunliche Leistungen der Treibkunst. Ein hervorragendes Werk dieser Kunst ist auch ein Sattel in der Waffensammlung der Grafen zu Erbach, ein bewegtes Kampf- bild darstellend. Derselbe soll dem Grafen Joachim von Ortenberg angehört haben 1). Betrachten wir diese, unsere Bewunderung herausfordernden, Treibarbeiten vom technischen Standpunkte, so erscheint es uns fast undenkbar, daſs dieselben in der schlichten Weise wie es in Burgk- meyers Bilde (Fig. 96) dargestellt ist, nur mit Hammer und Amboſs dargestellt wurden, die feineren Zeichnungen erforderten jedenfalls auſser zahlreichen und verschieden gestalteten Punzen eine weiche Unterlage, sie wurden in einem Treibkitt ausgetrieben, als welcher Pech, Wachs, oder bei Stahl zumeist Blei benutzt wurde. Eigentliche Gesenke waren bei diesen komplizierten Kunstwerken kaum zu ver- wenden, und auch die Zeichnung konnte dem Künstler nur wenig Hilfe gewähren. Er war ganz auf sein künstlerisches Verständnis angewiesen. An dieses wurden aber um so gröſsere Anforderungen 1) Abgebildet in: Kunstwerke und Gerätschaften des Mittelalters und der Renaissance von C. Becker und J. v. Hefner, Bd. I, Tab. 41 und 42.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/385>, abgerufen am 24.04.2024.