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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.
die auch bei dessen Leichenbegängnis 1591 von dem Freudenritter
vorgetragen wurde; ferner Nr. 7 ein streifig geätzter, teilweise ver-
goldeter, vollständiger Harnisch, der angeblich dem Herzog Johann
Wilhelm zu Weimar (+ 1573) angehört haben soll. Am bedeutend-
sten ist aber ausser der oben beschriebenen Rüstung Christians II.
die schon erwähnte Prunkrüstung (Nr. 6) des Herzogs, nach-
maligen Kurfürsten Johann Georg I. Von schwarzem Grunde heben
sich getriebene und vergoldete, äusserst gefällig angeordnete Ver-
zierungen ab, welche die grösste Verwandtschaft mit denen auf dem
Prunkharnisch Christians II. zeigen und die Zusammengehörigkeit
beider feststellen. Letztere wird auch durch die Erwerbung beider
Kunstwerke von einem und demselben Verkäufer, Heinrich Knopf
aus Münster -- später in Nürnberg und Schleusingen -- bestätigt.

Eines der herrlichsten Werke auf dem Gebiete der Stahltreib-
arbeit ist die Prunkrüstung Kaiser Rudolfs II. in der Waffen-
sammlung des österreichischen Kaiserhauses1). Der kunstvolle Har-
nisch ist nach dem Entwurfe des Münchener Malers Christof
Schwarz
ausgeführt2). Der Stahl ist im ganzen Grunde matt
gehalten, aus dem die nackten Körperteile blank hervortreten. Alles
als Bekleidung gedachte ist mit Gold tauschiert. Diese Tauschierung
ist von unaussprechlicher Zartheit. Auf der Brust sind die Thaten
des Herkules dargestellt. In der Mitte steht Herkules auf die Keule
gestützt, zur Rechten ist die Bändigung des Cerberus, zur Linken
der Kampf mit der Hydra dargestellt. Auf den beiden Vorder-
flügeln (Schulterschildern) erblickt man den Kampf des Herkules mit
Antäus, auf dem Rücken in der Mitte Herkules die beiden Säulen
haltend, zur Rechten die Einfangung des kretensischen Stieres, zur
Linken der Kampf mit dem nemäischen Löwen.

Von besonderm Interesse ist ein Harnisch Erzherzog Ferdinands
von Tirol in der Ambraser Sammlung, weil alle Wechselstücke zu
ihm erhalten sind 3). Er ist, wie aus den noch vorhandenen Rech-
nungen hervorgeht, gefertigt von dem berühmten Augsburger Plattner
Jörg Seusenhofer zu Innsbruck 1547. Die Rüstung (Fig. 102, a. f. S.)
ist getrieben, geätzt und mit vergoldeten Strichen und Emblemen,
heraldische Adler darstellend, verziert. Die Ätzarbeit wird Hans

1) Siehe Quirin Leitner, a. a. O., Tab. XLIX. -- L. -- LI.
2) Siehe J. H. v. Hefner-Alteneck, Originalentwürfe deutscher Meister für
Prachtrüstungen französischer Könige. Tab. XIII.
3) Siehe Wendelin Böheims Abhandlung darüber in den "Mitteilungen der
Zentral-Kommission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst und historischen
Denkmale". Wien 1881. Neue Folge VII, S. 58.

Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.
die auch bei dessen Leichenbegängnis 1591 von dem Freudenritter
vorgetragen wurde; ferner Nr. 7 ein streifig geätzter, teilweise ver-
goldeter, vollständiger Harnisch, der angeblich dem Herzog Johann
Wilhelm zu Weimar († 1573) angehört haben soll. Am bedeutend-
sten ist aber auſser der oben beschriebenen Rüstung Christians II.
die schon erwähnte Prunkrüstung (Nr. 6) des Herzogs, nach-
maligen Kurfürsten Johann Georg I. Von schwarzem Grunde heben
sich getriebene und vergoldete, äuſserst gefällig angeordnete Ver-
zierungen ab, welche die gröſste Verwandtschaft mit denen auf dem
Prunkharnisch Christians II. zeigen und die Zusammengehörigkeit
beider feststellen. Letztere wird auch durch die Erwerbung beider
Kunstwerke von einem und demselben Verkäufer, Heinrich Knopf
aus Münster — später in Nürnberg und Schleusingen — bestätigt.

Eines der herrlichsten Werke auf dem Gebiete der Stahltreib-
arbeit ist die Prunkrüstung Kaiser Rudolfs II. in der Waffen-
sammlung des österreichischen Kaiserhauses1). Der kunstvolle Har-
nisch ist nach dem Entwurfe des Münchener Malers Christof
Schwarz
ausgeführt2). Der Stahl ist im ganzen Grunde matt
gehalten, aus dem die nackten Körperteile blank hervortreten. Alles
als Bekleidung gedachte ist mit Gold tauschiert. Diese Tauschierung
ist von unaussprechlicher Zartheit. Auf der Brust sind die Thaten
des Herkules dargestellt. In der Mitte steht Herkules auf die Keule
gestützt, zur Rechten ist die Bändigung des Cerberus, zur Linken
der Kampf mit der Hydra dargestellt. Auf den beiden Vorder-
flügeln (Schulterschildern) erblickt man den Kampf des Herkules mit
Antäus, auf dem Rücken in der Mitte Herkules die beiden Säulen
haltend, zur Rechten die Einfangung des kretensischen Stieres, zur
Linken der Kampf mit dem nemäischen Löwen.

Von besonderm Interesse ist ein Harnisch Erzherzog Ferdinands
von Tirol in der Ambraser Sammlung, weil alle Wechselstücke zu
ihm erhalten sind 3). Er ist, wie aus den noch vorhandenen Rech-
nungen hervorgeht, gefertigt von dem berühmten Augsburger Plattner
Jörg Seusenhofer zu Innsbruck 1547. Die Rüstung (Fig. 102, a. f. S.)
ist getrieben, geätzt und mit vergoldeten Strichen und Emblemen,
heraldische Adler darstellend, verziert. Die Ätzarbeit wird Hans

1) Siehe Quirin Leitner, a. a. O., Tab. XLIX. — L. — LI.
2) Siehe J. H. v. Hefner-Alteneck, Originalentwürfe deutscher Meister für
Prachtrüstungen französischer Könige. Tab. XIII.
3) Siehe Wendelin Böheims Abhandlung darüber in den „Mitteilungen der
Zentral-Kommission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst und historischen
Denkmale“. Wien 1881. Neue Folge VII, S. 58.
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[363/0383] Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. die auch bei dessen Leichenbegängnis 1591 von dem Freudenritter vorgetragen wurde; ferner Nr. 7 ein streifig geätzter, teilweise ver- goldeter, vollständiger Harnisch, der angeblich dem Herzog Johann Wilhelm zu Weimar († 1573) angehört haben soll. Am bedeutend- sten ist aber auſser der oben beschriebenen Rüstung Christians II. die schon erwähnte Prunkrüstung (Nr. 6) des Herzogs, nach- maligen Kurfürsten Johann Georg I. Von schwarzem Grunde heben sich getriebene und vergoldete, äuſserst gefällig angeordnete Ver- zierungen ab, welche die gröſste Verwandtschaft mit denen auf dem Prunkharnisch Christians II. zeigen und die Zusammengehörigkeit beider feststellen. Letztere wird auch durch die Erwerbung beider Kunstwerke von einem und demselben Verkäufer, Heinrich Knopf aus Münster — später in Nürnberg und Schleusingen — bestätigt. Eines der herrlichsten Werke auf dem Gebiete der Stahltreib- arbeit ist die Prunkrüstung Kaiser Rudolfs II. in der Waffen- sammlung des österreichischen Kaiserhauses 1). Der kunstvolle Har- nisch ist nach dem Entwurfe des Münchener Malers Christof Schwarz ausgeführt 2). Der Stahl ist im ganzen Grunde matt gehalten, aus dem die nackten Körperteile blank hervortreten. Alles als Bekleidung gedachte ist mit Gold tauschiert. Diese Tauschierung ist von unaussprechlicher Zartheit. Auf der Brust sind die Thaten des Herkules dargestellt. In der Mitte steht Herkules auf die Keule gestützt, zur Rechten ist die Bändigung des Cerberus, zur Linken der Kampf mit der Hydra dargestellt. Auf den beiden Vorder- flügeln (Schulterschildern) erblickt man den Kampf des Herkules mit Antäus, auf dem Rücken in der Mitte Herkules die beiden Säulen haltend, zur Rechten die Einfangung des kretensischen Stieres, zur Linken der Kampf mit dem nemäischen Löwen. Von besonderm Interesse ist ein Harnisch Erzherzog Ferdinands von Tirol in der Ambraser Sammlung, weil alle Wechselstücke zu ihm erhalten sind 3). Er ist, wie aus den noch vorhandenen Rech- nungen hervorgeht, gefertigt von dem berühmten Augsburger Plattner Jörg Seusenhofer zu Innsbruck 1547. Die Rüstung (Fig. 102, a. f. S.) ist getrieben, geätzt und mit vergoldeten Strichen und Emblemen, heraldische Adler darstellend, verziert. Die Ätzarbeit wird Hans 1) Siehe Quirin Leitner, a. a. O., Tab. XLIX. — L. — LI. 2) Siehe J. H. v. Hefner-Alteneck, Originalentwürfe deutscher Meister für Prachtrüstungen französischer Könige. Tab. XIII. 3) Siehe Wendelin Böheims Abhandlung darüber in den „Mitteilungen der Zentral-Kommission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst und historischen Denkmale“. Wien 1881. Neue Folge VII, S. 58.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/383>, abgerufen am 25.04.2024.