Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.

In Deutschland waren es besonders die österreichischen, bayeri-
schen und kursächsischen Fürsten, welche die Waffenschmiedekunst
förderten.

Der Innsbrucker Plattnerschule haben wir bereits gedacht. Ausser
zu Innsbruck blühte das Plattnergewerbe besonders in Nürnberg und
Augsburg. In Nürnberg erbte Wilhelm von Worms der Sohn die
Kunst und den Ruhm seines Vaters (siehe Bd. I, S. 866); neben ihm
wirkten Hans Grunewalt, Konrad Lochner und Valentin
Siebenbürger. Albrecht Dürer
, der grosse Meister, übte seinen
segensreichen Einfluss auch auf das Plattnergewerbe aus. Im Auf-
trage des Kaisers Max zeichnete er 1517 einen Harnisch, den der
berühmte Kolman Helmschmied ausführte, der aber leider zu-
grunde gegangen ist. Neben Dürer zeichneten viele andere Nürn-
berger Maler Entwürfe für Waffenstücke, so Hans Baldung Grün,
die beiden Burgkmair und Albrecht Altorfer, während A. Alde-
grever
besonders in der Ausschmückung erfindungsreich war. Grossen
Einfluss übten ferner: L. Cranach, Aug. Hirsvogel, Virgil Solis
und die Goldschmiede Jamnitzer.

Aber zu höherer Blüte noch als zu Nürnberg gelangte im
16. Jahrhundert das Plattnerwesen in Augsburg, wo eine Reihe von
genialen Meistern teils gleichzeitig, teils in rascher Aufeinanderfolge
wirkten. Der grösste Ruhm umgiebt die Familie Kolman Helm-
schmied
, deren Werke in die Mitte des 15. Jahrhunderts zurück-
reichen. Dem ältest bekannten Sprossen der Familie Georg folgte
dessen Sohn Lorenz (+ 1516), der um 1490 für Maximilian I.
arbeitete, diesem folgte der Enkel, der berühmte Kolman (+ 1532)
und diesem wieder der Urenkel Desiderius, der durch seine
Leistungen selbst die italienischen Meister in Schatten stellte. Desi-
derius Kolman
, aus der Familie Helmschmied, genoss euro-
päischen Ruf und brachte das Höchste und Schönste hervor, was die
Plattnerkunst je geleistet hat. Seine Treibarbeiten sind bei aller
Fülle streng im Stil und bewahren den Charakter der getriebenen
Metallarbeit1). Dass er auch entsprechende Preise dafür erzielte,
ersehen wir aus den Rechnungen König Philipps II. im Archiv zu
Madrid. Danach wurde von diesem für eine Rüstung 9000 Mark be-
zahlt2). Neben diesem sind hier noch zu nennen: Wilhelm Seusen-

1) Siehe Semper, Der Stil. Bd. II, S. 489.
2) Augsburg. -- A. Colman, armero de Augusta, 2000 escudos de oro en
cuenta de 3000 que ha de aver por unas armur que haze pasa mi servoais. --
Augusta, 22. October 1550. Ferner: Augusta, 27. Februar 1551: A Desiderio
Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.

In Deutschland waren es besonders die österreichischen, bayeri-
schen und kursächsischen Fürsten, welche die Waffenschmiedekunst
förderten.

Der Innsbrucker Plattnerschule haben wir bereits gedacht. Auſser
zu Innsbruck blühte das Plattnergewerbe besonders in Nürnberg und
Augsburg. In Nürnberg erbte Wilhelm von Worms der Sohn die
Kunst und den Ruhm seines Vaters (siehe Bd. I, S. 866); neben ihm
wirkten Hans Grunewalt, Konrad Lochner und Valentin
Siebenbürger. Albrecht Dürer
, der groſse Meister, übte seinen
segensreichen Einfluſs auch auf das Plattnergewerbe aus. Im Auf-
trage des Kaisers Max zeichnete er 1517 einen Harnisch, den der
berühmte Kolman Helmschmied ausführte, der aber leider zu-
grunde gegangen ist. Neben Dürer zeichneten viele andere Nürn-
berger Maler Entwürfe für Waffenstücke, so Hans Baldung Grün,
die beiden Burgkmair und Albrecht Altorfer, während A. Alde-
grever
besonders in der Ausschmückung erfindungsreich war. Groſsen
Einfluſs übten ferner: L. Cranach, Aug. Hirsvogel, Virgil Solis
und die Goldschmiede Jamnitzer.

Aber zu höherer Blüte noch als zu Nürnberg gelangte im
16. Jahrhundert das Plattnerwesen in Augsburg, wo eine Reihe von
genialen Meistern teils gleichzeitig, teils in rascher Aufeinanderfolge
wirkten. Der gröſste Ruhm umgiebt die Familie Kolman Helm-
schmied
, deren Werke in die Mitte des 15. Jahrhunderts zurück-
reichen. Dem ältest bekannten Sprossen der Familie Georg folgte
dessen Sohn Lorenz († 1516), der um 1490 für Maximilian I.
arbeitete, diesem folgte der Enkel, der berühmte Kolman († 1532)
und diesem wieder der Urenkel Desiderius, der durch seine
Leistungen selbst die italienischen Meister in Schatten stellte. Desi-
derius Kolman
, aus der Familie Helmschmied, genoſs euro-
päischen Ruf und brachte das Höchste und Schönste hervor, was die
Plattnerkunst je geleistet hat. Seine Treibarbeiten sind bei aller
Fülle streng im Stil und bewahren den Charakter der getriebenen
Metallarbeit1). Daſs er auch entsprechende Preise dafür erzielte,
ersehen wir aus den Rechnungen König Philipps II. im Archiv zu
Madrid. Danach wurde von diesem für eine Rüstung 9000 Mark be-
zahlt2). Neben diesem sind hier noch zu nennen: Wilhelm Seusen-

1) Siehe Semper, Der Stil. Bd. II, S. 489.
2) Augsburg. — A. Colman, armero de Augusta, 2000 escudos de oro en
cuenta de 3000 que ha de aver por unas armur que haze pasa mi servoais. —
Augusta, 22. October 1550. Ferner: Augusta, 27. Februar 1551: A Desiderio
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0376" n="356"/>
            <fw place="top" type="header">Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.</fw><lb/>
            <p>In Deutschland waren es besonders die österreichischen, bayeri-<lb/>
schen und kursächsischen Fürsten, welche die Waffenschmiedekunst<lb/>
förderten.</p><lb/>
            <p>Der Innsbrucker Plattnerschule haben wir bereits gedacht. Au&#x017F;ser<lb/>
zu Innsbruck blühte das Plattnergewerbe besonders in Nürnberg und<lb/>
Augsburg. In Nürnberg erbte <hi rendition="#g">Wilhelm von Worms</hi> der Sohn die<lb/>
Kunst und den Ruhm seines Vaters (siehe Bd. I, S. 866); neben ihm<lb/>
wirkten <hi rendition="#g">Hans Grunewalt, Konrad Lochner</hi> und <hi rendition="#g">Valentin<lb/>
Siebenbürger. Albrecht Dürer</hi>, der gro&#x017F;se Meister, übte seinen<lb/>
segensreichen Einflu&#x017F;s auch auf das Plattnergewerbe aus. Im Auf-<lb/>
trage des Kaisers Max zeichnete er 1517 einen Harnisch, den der<lb/>
berühmte <hi rendition="#g">Kolman Helmschmied</hi> ausführte, der aber leider zu-<lb/>
grunde gegangen ist. Neben <hi rendition="#g">Dürer</hi> zeichneten viele andere Nürn-<lb/>
berger Maler Entwürfe für Waffenstücke, so <hi rendition="#g">Hans Baldung Grün</hi>,<lb/>
die beiden <hi rendition="#g">Burgkmair</hi> und <hi rendition="#g">Albrecht Altorfer</hi>, während A. <hi rendition="#g">Alde-<lb/>
grever</hi> besonders in der Ausschmückung erfindungsreich war. Gro&#x017F;sen<lb/>
Einflu&#x017F;s übten ferner: L. <hi rendition="#g">Cranach, Aug. Hirsvogel, Virgil Solis</hi><lb/>
und die Goldschmiede <hi rendition="#g">Jamnitzer</hi>.</p><lb/>
            <p>Aber zu höherer Blüte noch als zu Nürnberg gelangte im<lb/>
16. Jahrhundert das Plattnerwesen in Augsburg, wo eine Reihe von<lb/>
genialen Meistern teils gleichzeitig, teils in rascher Aufeinanderfolge<lb/>
wirkten. Der grö&#x017F;ste Ruhm umgiebt die Familie <hi rendition="#g">Kolman Helm-<lb/>
schmied</hi>, deren Werke in die Mitte des 15. Jahrhunderts zurück-<lb/>
reichen. Dem ältest bekannten Sprossen der Familie <hi rendition="#g">Georg</hi> folgte<lb/>
dessen Sohn <hi rendition="#g">Lorenz</hi> (&#x2020; 1516), der um 1490 für Maximilian I.<lb/>
arbeitete, diesem folgte der Enkel, der berühmte <hi rendition="#g">Kolman</hi> (&#x2020; 1532)<lb/>
und diesem wieder der Urenkel <hi rendition="#g">Desiderius</hi>, der durch seine<lb/>
Leistungen selbst die italienischen Meister in Schatten stellte. <hi rendition="#g">Desi-<lb/>
derius Kolman</hi>, aus der Familie <hi rendition="#g">Helmschmied</hi>, geno&#x017F;s euro-<lb/>
päischen Ruf und brachte das Höchste und Schönste hervor, was die<lb/>
Plattnerkunst je geleistet hat. Seine Treibarbeiten sind bei aller<lb/>
Fülle streng im Stil und bewahren den Charakter der getriebenen<lb/>
Metallarbeit<note place="foot" n="1)">Siehe <hi rendition="#g">Semper</hi>, Der Stil. Bd. II, S. 489.</note>. Da&#x017F;s er auch entsprechende Preise dafür erzielte,<lb/>
ersehen wir aus den Rechnungen König Philipps II. im Archiv zu<lb/>
Madrid. Danach wurde von diesem für eine Rüstung 9000 Mark be-<lb/>
zahlt<note xml:id="note-0376" next="#note-0377" place="foot" n="2)">Augsburg. &#x2014; A. <hi rendition="#g">Colman</hi>, armero de Augusta, 2000 escudos de oro en<lb/>
cuenta de 3000 que ha de aver por unas armur que haze pasa mi servoais. &#x2014;<lb/>
Augusta, 22. October 1550. Ferner: Augusta, 27. Februar 1551: A <hi rendition="#g">Desiderio</hi></note>. Neben diesem sind hier noch zu nennen: <hi rendition="#g">Wilhelm Seusen-</hi><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[356/0376] Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. In Deutschland waren es besonders die österreichischen, bayeri- schen und kursächsischen Fürsten, welche die Waffenschmiedekunst förderten. Der Innsbrucker Plattnerschule haben wir bereits gedacht. Auſser zu Innsbruck blühte das Plattnergewerbe besonders in Nürnberg und Augsburg. In Nürnberg erbte Wilhelm von Worms der Sohn die Kunst und den Ruhm seines Vaters (siehe Bd. I, S. 866); neben ihm wirkten Hans Grunewalt, Konrad Lochner und Valentin Siebenbürger. Albrecht Dürer, der groſse Meister, übte seinen segensreichen Einfluſs auch auf das Plattnergewerbe aus. Im Auf- trage des Kaisers Max zeichnete er 1517 einen Harnisch, den der berühmte Kolman Helmschmied ausführte, der aber leider zu- grunde gegangen ist. Neben Dürer zeichneten viele andere Nürn- berger Maler Entwürfe für Waffenstücke, so Hans Baldung Grün, die beiden Burgkmair und Albrecht Altorfer, während A. Alde- grever besonders in der Ausschmückung erfindungsreich war. Groſsen Einfluſs übten ferner: L. Cranach, Aug. Hirsvogel, Virgil Solis und die Goldschmiede Jamnitzer. Aber zu höherer Blüte noch als zu Nürnberg gelangte im 16. Jahrhundert das Plattnerwesen in Augsburg, wo eine Reihe von genialen Meistern teils gleichzeitig, teils in rascher Aufeinanderfolge wirkten. Der gröſste Ruhm umgiebt die Familie Kolman Helm- schmied, deren Werke in die Mitte des 15. Jahrhunderts zurück- reichen. Dem ältest bekannten Sprossen der Familie Georg folgte dessen Sohn Lorenz († 1516), der um 1490 für Maximilian I. arbeitete, diesem folgte der Enkel, der berühmte Kolman († 1532) und diesem wieder der Urenkel Desiderius, der durch seine Leistungen selbst die italienischen Meister in Schatten stellte. Desi- derius Kolman, aus der Familie Helmschmied, genoſs euro- päischen Ruf und brachte das Höchste und Schönste hervor, was die Plattnerkunst je geleistet hat. Seine Treibarbeiten sind bei aller Fülle streng im Stil und bewahren den Charakter der getriebenen Metallarbeit 1). Daſs er auch entsprechende Preise dafür erzielte, ersehen wir aus den Rechnungen König Philipps II. im Archiv zu Madrid. Danach wurde von diesem für eine Rüstung 9000 Mark be- zahlt 2). Neben diesem sind hier noch zu nennen: Wilhelm Seusen- 1) Siehe Semper, Der Stil. Bd. II, S. 489. 2) Augsburg. — A. Colman, armero de Augusta, 2000 escudos de oro en cuenta de 3000 que ha de aver por unas armur que haze pasa mi servoais. — Augusta, 22. October 1550. Ferner: Augusta, 27. Februar 1551: A Desiderio

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/376
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/376>, abgerufen am 19.04.2024.