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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Die Feuerwaffen im 16. Jahrhundert.
14 Falkonette, die 2 Pfund Blei schossen und 2 Haubitzen. Endlich
16 Mörser, 2 von 50 Pfund, 2 von 100 und 12 achtpfündige. In Ab-
sicht der Munition werden auf jedes Geschütz täglich 36 Schüsse
gerechnet, die Haubitzen ausgenommen, die nur 18 Schüsse erhalten,
und ist der ganze Anschlag auf vier Tage gerechnet.

Ferner giebt Fronsperger in seinem Kriegsbuche (S. 154) eine
"Beschreibung von Zeughäusern" und sagt darin: "An das Zeughaus
soll das Giesshaus, darin die Stück und andere notturfft gossen, darin
zween Windöfen gebaut, und vor den Windöfen Dammgruben, vnd
im Giesshaus am Eck soll ein Borzeug, daran die Doppelhaken und
andere kleine Stück gebort, auch ein Borzeug in dem Giesshaus in
der Mitt' über sie durch den Boden verfasst, daran die grossen Haupt-
stück innen ausgebort. Es soll auch am Eck des Giesshauses die
Schlosserei mit 2 Essz gebawt, eine Werkbank mit 6 Schraub-
stöcken, einige Bank vnd Amboss sampt von den zugehören ... Die
Schmitten soll an daz Thor mit 3 Essen und Feuern, sampt ein Ge-
wölb, darin Eysen und Blech und was zu einer Schmitten gehörig
behalten ...

Das Zeug- und Giesshaus sei 150 mal 50 Werkschuh, davon das
Giesshaus 70, also 70 x 50."

Die technischen Fortschritte des Geschützwesens im 16. Jahr-
hundert lagen in erster Linie im Material und in der Bearbeitung
der Stücke, sodann in der Benutzung eiserner Kugeln an Stelle der
Steinkugeln und im besseren Guss derselben.

Ein weiterer Fortschritt, der hiermit eng zusammenhing, bestand
in der Verminderung des Kugelgewichtes, bei grösserer Schussweite und
Treffsicherheit der Geschütze. Dies wurde durch das bessere Material
und die sorgfältigere Herstellung erreicht. Das Kugelgewicht des
schweren Geschützes betrug unter Ludwig XI. 500 Pfd., unter Lud-
wig XII. und Franz I. 50 Pfd. und sank unter Heinrich II. auf
36 Pfd. Im gleichen Verhältnis nahm das Gewicht der Geschütze
ab und ihre Beweglichkeit zu. Die Tragweite und Trefffähigkeit
wurde erhöht durch gute Bohrung und besseres Pulver. Doch suchte
man dieselbe noch weiter zu steigern durch Verlängerung des Rohres.
Man war in der ganzen ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts der An-
sicht, je länger das Rohr, je grösser die Tragweite des Schusses.
Dadurch verfiel man auf ganz unverhältnismässige lange Geschütz-
rohre, obgleich deren Herstellung sowohl im Giessen als im Bohren
weit grössere Schwierigkeiten machte. Diese Art Geschütze hiessen
"Schlangen".


Beck, Geschichte des Eisens. 22

Die Feuerwaffen im 16. Jahrhundert.
14 Falkonette, die 2 Pfund Blei schossen und 2 Haubitzen. Endlich
16 Mörser, 2 von 50 Pfund, 2 von 100 und 12 achtpfündige. In Ab-
sicht der Munition werden auf jedes Geschütz täglich 36 Schüsse
gerechnet, die Haubitzen ausgenommen, die nur 18 Schüsse erhalten,
und ist der ganze Anschlag auf vier Tage gerechnet.

Ferner giebt Fronsperger in seinem Kriegsbuche (S. 154) eine
„Beschreibung von Zeughäusern“ und sagt darin: „An das Zeughaus
soll das Gieſshaus, darin die Stück und andere notturfft gossen, darin
zween Windöfen gebaut, und vor den Windöfen Dammgruben, vnd
im Gieſshaus am Eck soll ein Borzeug, daran die Doppelhaken und
andere kleine Stück gebort, auch ein Borzeug in dem Gieſshaus in
der Mitt’ über sie durch den Boden verfaſst, daran die groſsen Haupt-
stück innen ausgebort. Es soll auch am Eck des Gieſshauses die
Schlosserei mit 2 Essz gebawt, eine Werkbank mit 6 Schraub-
stöcken, einige Bank vnd Amboſs sampt von den zugehören … Die
Schmitten soll an daz Thor mit 3 Essen und Feuern, sampt ein Ge-
wölb, darin Eysen und Blech und was zu einer Schmitten gehörig
behalten …

Das Zeug- und Gieſshaus sei 150 mal 50 Werkschuh, davon das
Gieſshaus 70, also 70 × 50.“

Die technischen Fortschritte des Geschützwesens im 16. Jahr-
hundert lagen in erster Linie im Material und in der Bearbeitung
der Stücke, sodann in der Benutzung eiserner Kugeln an Stelle der
Steinkugeln und im besseren Guſs derselben.

Ein weiterer Fortschritt, der hiermit eng zusammenhing, bestand
in der Verminderung des Kugelgewichtes, bei gröſserer Schuſsweite und
Treffsicherheit der Geschütze. Dies wurde durch das bessere Material
und die sorgfältigere Herstellung erreicht. Das Kugelgewicht des
schweren Geschützes betrug unter Ludwig XI. 500 Pfd., unter Lud-
wig XII. und Franz I. 50 Pfd. und sank unter Heinrich II. auf
36 Pfd. Im gleichen Verhältnis nahm das Gewicht der Geschütze
ab und ihre Beweglichkeit zu. Die Tragweite und Trefffähigkeit
wurde erhöht durch gute Bohrung und besseres Pulver. Doch suchte
man dieselbe noch weiter zu steigern durch Verlängerung des Rohres.
Man war in der ganzen ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts der An-
sicht, je länger das Rohr, je gröſser die Tragweite des Schusses.
Dadurch verfiel man auf ganz unverhältnismäſsige lange Geschütz-
rohre, obgleich deren Herstellung sowohl im Gieſsen als im Bohren
weit gröſsere Schwierigkeiten machte. Diese Art Geschütze hieſsen
„Schlangen“.


Beck, Geschichte des Eisens. 22
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[337/0357] Die Feuerwaffen im 16. Jahrhundert. 14 Falkonette, die 2 Pfund Blei schossen und 2 Haubitzen. Endlich 16 Mörser, 2 von 50 Pfund, 2 von 100 und 12 achtpfündige. In Ab- sicht der Munition werden auf jedes Geschütz täglich 36 Schüsse gerechnet, die Haubitzen ausgenommen, die nur 18 Schüsse erhalten, und ist der ganze Anschlag auf vier Tage gerechnet. Ferner giebt Fronsperger in seinem Kriegsbuche (S. 154) eine „Beschreibung von Zeughäusern“ und sagt darin: „An das Zeughaus soll das Gieſshaus, darin die Stück und andere notturfft gossen, darin zween Windöfen gebaut, und vor den Windöfen Dammgruben, vnd im Gieſshaus am Eck soll ein Borzeug, daran die Doppelhaken und andere kleine Stück gebort, auch ein Borzeug in dem Gieſshaus in der Mitt’ über sie durch den Boden verfaſst, daran die groſsen Haupt- stück innen ausgebort. Es soll auch am Eck des Gieſshauses die Schlosserei mit 2 Essz gebawt, eine Werkbank mit 6 Schraub- stöcken, einige Bank vnd Amboſs sampt von den zugehören … Die Schmitten soll an daz Thor mit 3 Essen und Feuern, sampt ein Ge- wölb, darin Eysen und Blech und was zu einer Schmitten gehörig behalten … Das Zeug- und Gieſshaus sei 150 mal 50 Werkschuh, davon das Gieſshaus 70, also 70 × 50.“ Die technischen Fortschritte des Geschützwesens im 16. Jahr- hundert lagen in erster Linie im Material und in der Bearbeitung der Stücke, sodann in der Benutzung eiserner Kugeln an Stelle der Steinkugeln und im besseren Guſs derselben. Ein weiterer Fortschritt, der hiermit eng zusammenhing, bestand in der Verminderung des Kugelgewichtes, bei gröſserer Schuſsweite und Treffsicherheit der Geschütze. Dies wurde durch das bessere Material und die sorgfältigere Herstellung erreicht. Das Kugelgewicht des schweren Geschützes betrug unter Ludwig XI. 500 Pfd., unter Lud- wig XII. und Franz I. 50 Pfd. und sank unter Heinrich II. auf 36 Pfd. Im gleichen Verhältnis nahm das Gewicht der Geschütze ab und ihre Beweglichkeit zu. Die Tragweite und Trefffähigkeit wurde erhöht durch gute Bohrung und besseres Pulver. Doch suchte man dieselbe noch weiter zu steigern durch Verlängerung des Rohres. Man war in der ganzen ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts der An- sicht, je länger das Rohr, je gröſser die Tragweite des Schusses. Dadurch verfiel man auf ganz unverhältnismäſsige lange Geschütz- rohre, obgleich deren Herstellung sowohl im Gieſsen als im Bohren weit gröſsere Schwierigkeiten machte. Diese Art Geschütze hieſsen „Schlangen“. Beck, Geschichte des Eisens. 22

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/357>, abgerufen am 19.04.2024.