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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert.
oben durch ein wimpergähnliches, aus Ästen gebildetes Ornament ab-
geschlossen, in welchem zwei Ziegen an einer Weintraube naschen.
Die Figur des Mannes ist mit grossem Schlachtschwert umgürtet.

Sehr bemerkenswert ist der alte Ofen in der Bibliothek der
Stiftskirche zu Fritzlar, auf welchem die Historie vom reichen Mann
und dem armen Lazarus dargestellt ist, mit der Jahreszahl 1539.
Darüber befinden sich gleichfalls zwei Monogrammmedaillons mit den
Umschriften Peter von Rolshusen und Konrat Scharpe mit der Jahres-
zahl 1537 in echt Soldanschem Laubwerk. In diesem Jahre hat
also der Frankenberger Formschneider dieses Modell geschnitten. Das
Bild ist vorzüglich komponiert, besonders "die in behäbiger Breite
aufgepflanzte Gestalt des protzigen reichen Mannes mit hochmütig
zurückgeworfenem Kopfe vorzüglich erfunden" (Bickell). Das
Orchester und die geschäftigen Diener sind ausdrucksvoll dargestellt.
Ein Abguss desselben Modells mit der Jahreszahl 1550 befindet sich
in der Plattensammlung auf dem Marburger Schlosse 1).

Dasselbe beliebte Motiv ist von Soldan wiederholt behandelt worden.
Eine andere schöne Darstellung, bei der die Hauptfiguren im Profil
erscheinen, befindet sich auf einer Platte des süderländischen Museums
zu Altena i. W. Auf denselben finden sich zwei Umschriften um
Medaillons, die eine "Philips Soldan Formschneider in Hessen", die
andere "gegassen von Churt Scharff zu Schwalfelt (in Waldeck) 1549".

Die Seitenplatte zu der oben beschriebenen Stirnplatte des Ofens
vom Schlosse Spangenberg stellt in zwei Rundbildern die Erschaffung
der Eva und die Geburt Christi dar.

Die Platten eines zweiten Ofens aus dem Schlosse Spangenberg
sind ebenfalls nach Soldanschen Modellen gegossen, wie die In-
schriften beweisen. Auf der Stirnplatte sind Carolus Magnus und
Julius Cäsar in mittelalterlichem Kostüm dargestellt, während die
Seitenplatte in der Hauptsache eine Wiederholung der eben erwähnten
Platte mit den zwei Rundbildern ist. -- Ferner befinden sich in der
Marburger Sammlung zwei Platten aus dortigen Bürgerhäusern, die
Erzählung vom barmherzigen Samariter darstellend, auf welchen
ebenfalls die Namen Philipp Soldan und Conrad Scharf vorkommen,
doch ohne Jahreszahlen. Andere Platten der Sammlung stellen die
Kreuzigung, den Sündenfall und das jüngste Gericht dar und rühren
gleichfalls von Soldan her. Sie stammen vermutlich aus den fünf-
ziger Jahren des 16. Jahrhunderts.


1) Abgebildet bei Bickell, a. a. O., Tab. VII.

Die Eisengieſserei im 16. Jahrhundert.
oben durch ein wimpergähnliches, aus Ästen gebildetes Ornament ab-
geschlossen, in welchem zwei Ziegen an einer Weintraube naschen.
Die Figur des Mannes ist mit groſsem Schlachtschwert umgürtet.

Sehr bemerkenswert ist der alte Ofen in der Bibliothek der
Stiftskirche zu Fritzlar, auf welchem die Historie vom reichen Mann
und dem armen Lazarus dargestellt ist, mit der Jahreszahl 1539.
Darüber befinden sich gleichfalls zwei Monogrammmedaillons mit den
Umschriften Peter von Rolshusen und Konrat Scharpe mit der Jahres-
zahl 1537 in echt Soldanschem Laubwerk. In diesem Jahre hat
also der Frankenberger Formschneider dieses Modell geschnitten. Das
Bild ist vorzüglich komponiert, besonders „die in behäbiger Breite
aufgepflanzte Gestalt des protzigen reichen Mannes mit hochmütig
zurückgeworfenem Kopfe vorzüglich erfunden“ (Bickell). Das
Orchester und die geschäftigen Diener sind ausdrucksvoll dargestellt.
Ein Abguſs desſelben Modells mit der Jahreszahl 1550 befindet sich
in der Plattensammlung auf dem Marburger Schlosse 1).

Dasſelbe beliebte Motiv ist von Soldan wiederholt behandelt worden.
Eine andere schöne Darstellung, bei der die Hauptfiguren im Profil
erscheinen, befindet sich auf einer Platte des süderländischen Museums
zu Altena i. W. Auf denselben finden sich zwei Umschriften um
Medaillons, die eine „Philips Soldan Formschneider in Hessen“, die
andere „gegassen von Churt Scharff zu Schwalfelt (in Waldeck) 1549“.

Die Seitenplatte zu der oben beschriebenen Stirnplatte des Ofens
vom Schlosse Spangenberg stellt in zwei Rundbildern die Erschaffung
der Eva und die Geburt Christi dar.

Die Platten eines zweiten Ofens aus dem Schlosse Spangenberg
sind ebenfalls nach Soldanschen Modellen gegossen, wie die In-
schriften beweisen. Auf der Stirnplatte sind Carolus Magnus und
Julius Cäsar in mittelalterlichem Kostüm dargestellt, während die
Seitenplatte in der Hauptsache eine Wiederholung der eben erwähnten
Platte mit den zwei Rundbildern ist. — Ferner befinden sich in der
Marburger Sammlung zwei Platten aus dortigen Bürgerhäusern, die
Erzählung vom barmherzigen Samariter darstellend, auf welchen
ebenfalls die Namen Philipp Soldan und Conrad Scharf vorkommen,
doch ohne Jahreszahlen. Andere Platten der Sammlung stellen die
Kreuzigung, den Sündenfall und das jüngste Gericht dar und rühren
gleichfalls von Soldan her. Sie stammen vermutlich aus den fünf-
ziger Jahren des 16. Jahrhunderts.


1) Abgebildet bei Bickell, a. a. O., Tab. VII.
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[309/0329] Die Eisengieſserei im 16. Jahrhundert. oben durch ein wimpergähnliches, aus Ästen gebildetes Ornament ab- geschlossen, in welchem zwei Ziegen an einer Weintraube naschen. Die Figur des Mannes ist mit groſsem Schlachtschwert umgürtet. Sehr bemerkenswert ist der alte Ofen in der Bibliothek der Stiftskirche zu Fritzlar, auf welchem die Historie vom reichen Mann und dem armen Lazarus dargestellt ist, mit der Jahreszahl 1539. Darüber befinden sich gleichfalls zwei Monogrammmedaillons mit den Umschriften Peter von Rolshusen und Konrat Scharpe mit der Jahres- zahl 1537 in echt Soldanschem Laubwerk. In diesem Jahre hat also der Frankenberger Formschneider dieses Modell geschnitten. Das Bild ist vorzüglich komponiert, besonders „die in behäbiger Breite aufgepflanzte Gestalt des protzigen reichen Mannes mit hochmütig zurückgeworfenem Kopfe vorzüglich erfunden“ (Bickell). Das Orchester und die geschäftigen Diener sind ausdrucksvoll dargestellt. Ein Abguſs desſelben Modells mit der Jahreszahl 1550 befindet sich in der Plattensammlung auf dem Marburger Schlosse 1). Dasſelbe beliebte Motiv ist von Soldan wiederholt behandelt worden. Eine andere schöne Darstellung, bei der die Hauptfiguren im Profil erscheinen, befindet sich auf einer Platte des süderländischen Museums zu Altena i. W. Auf denselben finden sich zwei Umschriften um Medaillons, die eine „Philips Soldan Formschneider in Hessen“, die andere „gegassen von Churt Scharff zu Schwalfelt (in Waldeck) 1549“. Die Seitenplatte zu der oben beschriebenen Stirnplatte des Ofens vom Schlosse Spangenberg stellt in zwei Rundbildern die Erschaffung der Eva und die Geburt Christi dar. Die Platten eines zweiten Ofens aus dem Schlosse Spangenberg sind ebenfalls nach Soldanschen Modellen gegossen, wie die In- schriften beweisen. Auf der Stirnplatte sind Carolus Magnus und Julius Cäsar in mittelalterlichem Kostüm dargestellt, während die Seitenplatte in der Hauptsache eine Wiederholung der eben erwähnten Platte mit den zwei Rundbildern ist. — Ferner befinden sich in der Marburger Sammlung zwei Platten aus dortigen Bürgerhäusern, die Erzählung vom barmherzigen Samariter darstellend, auf welchen ebenfalls die Namen Philipp Soldan und Conrad Scharf vorkommen, doch ohne Jahreszahlen. Andere Platten der Sammlung stellen die Kreuzigung, den Sündenfall und das jüngste Gericht dar und rühren gleichfalls von Soldan her. Sie stammen vermutlich aus den fünf- ziger Jahren des 16. Jahrhunderts. 1) Abgebildet bei Bickell, a. a. O., Tab. VII.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/329>, abgerufen am 16.04.2024.