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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert.
zugleich ein charakteristisches Beispiel eines eisernen Ofen mit Thon-
aufsatz und glasierten Kacheln darstellt 1).

Nachdem man einmal die Vorteile der eisernen Öfen praktisch
erprobt hatte, fanden sie Eingang in den Häusern der Wohlhabenden,
und zwar so allgemein, dass die Anschaffung eines solchen Ofens sehr
häufig das erste Geschenk war, welches der Neuvermählte oder dessen

[Abbildung] Fig. 83.
Angehörigen der Frau oder
dem neuen Haushalt stifteten.
Während man sie im 15. Jahr-
hundert und auch noch im
ersten Jahrzehnt des 16. Jahr-
hunderts nur in Rats- und
Herrschaftshäusern antrifft, so
finden sich dieselben seit der
Reformationszeit in allen bes-
seren Bürgerhäusern. Wenn
auch dieses zeitliche Zusam-
mentreffen nur ein zufälliges
ist, so verdient es doch be-
merkt zu werden, weil die
Vorstellungen der Reforma-
tionszeit, angeregt durch das
Lesen der Bibel und die Be-
kanntschaft mit den Erzäh-
lungen des Alten und des Neuen Testamentes, die Ausschmückung
dieser Ofenplatten in hohem Masse beeinflusst hat. Man kann die
Platten in dieser Beziehung förmlich nach Stil und Gegenstand der
Darstellung einteilen, in solche vor und nach der Reformation, sowie
in katholische und protestantische. Erstere zeigen gotische Deko-
rationsmotive und Bilder von Heiligen. Bei letzteren herrschen
Renaissanceverzierungen und Darstellungen aus der biblischen Ge-
schichte vor, welche meist mit längeren Aufschriften von Bibelstellen,
Versen u. s. w. verbunden sind.

Beliebte biblische Darstellungen auf Ofenplatten jener Zeit
waren:

1) Aus dem Alten Testament: Die Schöpfung, die Erschaffung der
Eva (Soldan). -- Adam und Eva. -- Sündenfall. -- Cherubim
mit dem Schwert vor dem Garten Eden; Moses I, Kapitel II. --
1) Die Füsse sind spätere Zuthat und unrichtig. In der Regel verwendete
man gegossene Löwenfüsse wie Bd. I, Fig. 302 und Bd. II, Fig. 80.

Die Eisengieſserei im 16. Jahrhundert.
zugleich ein charakteristisches Beispiel eines eisernen Ofen mit Thon-
aufsatz und glasierten Kacheln darstellt 1).

Nachdem man einmal die Vorteile der eisernen Öfen praktisch
erprobt hatte, fanden sie Eingang in den Häusern der Wohlhabenden,
und zwar so allgemein, daſs die Anschaffung eines solchen Ofens sehr
häufig das erste Geschenk war, welches der Neuvermählte oder dessen

[Abbildung] Fig. 83.
Angehörigen der Frau oder
dem neuen Haushalt stifteten.
Während man sie im 15. Jahr-
hundert und auch noch im
ersten Jahrzehnt des 16. Jahr-
hunderts nur in Rats- und
Herrschaftshäusern antrifft, so
finden sich dieselben seit der
Reformationszeit in allen bes-
seren Bürgerhäusern. Wenn
auch dieses zeitliche Zusam-
mentreffen nur ein zufälliges
ist, so verdient es doch be-
merkt zu werden, weil die
Vorstellungen der Reforma-
tionszeit, angeregt durch das
Lesen der Bibel und die Be-
kanntschaft mit den Erzäh-
lungen des Alten und des Neuen Testamentes, die Ausschmückung
dieser Ofenplatten in hohem Maſse beeinfluſst hat. Man kann die
Platten in dieser Beziehung förmlich nach Stil und Gegenstand der
Darstellung einteilen, in solche vor und nach der Reformation, sowie
in katholische und protestantische. Erstere zeigen gotische Deko-
rationsmotive und Bilder von Heiligen. Bei letzteren herrschen
Renaissanceverzierungen und Darstellungen aus der biblischen Ge-
schichte vor, welche meist mit längeren Aufschriften von Bibelstellen,
Versen u. s. w. verbunden sind.

Beliebte biblische Darstellungen auf Ofenplatten jener Zeit
waren:

1) Aus dem Alten Testament: Die Schöpfung, die Erschaffung der
Eva (Soldan). — Adam und Eva. — Sündenfall. — Cherubim
mit dem Schwert vor dem Garten Eden; Moses I, Kapitel II. —
1) Die Füſse sind spätere Zuthat und unrichtig. In der Regel verwendete
man gegossene Löwenfüſse wie Bd. I, Fig. 302 und Bd. II, Fig. 80.
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[303/0323] Die Eisengieſserei im 16. Jahrhundert. zugleich ein charakteristisches Beispiel eines eisernen Ofen mit Thon- aufsatz und glasierten Kacheln darstellt 1). Nachdem man einmal die Vorteile der eisernen Öfen praktisch erprobt hatte, fanden sie Eingang in den Häusern der Wohlhabenden, und zwar so allgemein, daſs die Anschaffung eines solchen Ofens sehr häufig das erste Geschenk war, welches der Neuvermählte oder dessen [Abbildung Fig. 83.] Angehörigen der Frau oder dem neuen Haushalt stifteten. Während man sie im 15. Jahr- hundert und auch noch im ersten Jahrzehnt des 16. Jahr- hunderts nur in Rats- und Herrschaftshäusern antrifft, so finden sich dieselben seit der Reformationszeit in allen bes- seren Bürgerhäusern. Wenn auch dieses zeitliche Zusam- mentreffen nur ein zufälliges ist, so verdient es doch be- merkt zu werden, weil die Vorstellungen der Reforma- tionszeit, angeregt durch das Lesen der Bibel und die Be- kanntschaft mit den Erzäh- lungen des Alten und des Neuen Testamentes, die Ausschmückung dieser Ofenplatten in hohem Maſse beeinfluſst hat. Man kann die Platten in dieser Beziehung förmlich nach Stil und Gegenstand der Darstellung einteilen, in solche vor und nach der Reformation, sowie in katholische und protestantische. Erstere zeigen gotische Deko- rationsmotive und Bilder von Heiligen. Bei letzteren herrschen Renaissanceverzierungen und Darstellungen aus der biblischen Ge- schichte vor, welche meist mit längeren Aufschriften von Bibelstellen, Versen u. s. w. verbunden sind. Beliebte biblische Darstellungen auf Ofenplatten jener Zeit waren: 1) Aus dem Alten Testament: Die Schöpfung, die Erschaffung der Eva (Soldan). — Adam und Eva. — Sündenfall. — Cherubim mit dem Schwert vor dem Garten Eden; Moses I, Kapitel II. — 1) Die Füſse sind spätere Zuthat und unrichtig. In der Regel verwendete man gegossene Löwenfüſse wie Bd. I, Fig. 302 und Bd. II, Fig. 80.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/323>, abgerufen am 24.04.2024.