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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert.
hohen Unterteil des Ofens, der auf vier Löwen als Füssen ruht. Den
weit kleineren Oberteil bildet ein gleichfalls eiserner Aufsatz mit
glatter Decke. Die lange, nach vorn gewendete Wand des Unterteils
besteht aus zwei breiteren und einer schmäleren Abteilung, die an-
einander gefügt sind. Auf jeder der breiteren Abteilungen ist der
heilige Antonius dargestellt, dessen bärtigen und mit einer Mütze
bedeckten Kopf eine breite Glorie umgiebt. Er trägt ein durch einen
Gürtel zusammengehaltenes weites und langes Unterkleid, über welches
ein fast ebenso langer, vorn über beide Arme fallender Mantel geworfen
ist. In der Rechten hält er ein Buch, in der Linken ein an einem
hohen Stabe befestigtes kleines Kreuz (mit den Glocken). Über seinem
Haupte erhebt sich ein mit Blätterwerk verzierter gotischer Spitz-
bogen, in dessen Seite sich ein Wappen mit Malteserkreuz befindet.
Neben ihm, gleichsam mehr in den Hintergrund tretend, steht die
heilige Katharina mit Buch und Schwert, deren jugendlicher Kopf
mit herabwallenden Locken von einer Glorie umgeben ist. Ein langes
Untergewand umhüllt ihren schlanken Körper und von den Schultern
fällt ein ähnlicher Mantel, wie ihn der heilige Antonius trägt. Über
ihrem Haupte wölbt sich ebenfalls ein verzierter gotischer Spitzen-
giebel. Die dritte Abteilung der langen Wand (ebenso die auf
der Abbildung sichtbare schmale Wand) ist mit dem Wappen der
Herzöge von Sachsen verziert, dessen reicher Helmschmuck unter
einem gotischen Spitzgiebel steht, darunter sieht man einen kleinen
Wappenschild mit dem thüringischen Löwen. -- Der Ofenaufsatz
zeigt an der breiten -- nach vorn gewendeten -- Wand drei schmale
Felder, auf deren mittelstem Maria mit dem Christkinde im Arme,
auf einem Halbmond stehend, dargestellt ist. Ein Heiligenschein
umgiebt ihr unbedecktes Haupt und eine Glorie ihren übrigen Körper,
der in ein langes Untergewand und einen darüber fallenden, bis zum
Knie reichenden Mantel gekleidet ist. Auf dem rechten Seitenfelde
steht die heilige Katharina, auf dem linken befindet sich ein kleines
Wappen mit dem thüringischen Löwen. Diese drei Felder sind
gleichfalls mit gotischen Spitzgiebeln verziert. Auf der einen
schmalen Wand der Vorderseite ist ein geharnischter Ritter zu Pferde
abgebildet, mit dem Helmschmuck des herzoglich sächsischen Hauses
versehen. Sämtliche beschriebenen Gestalten weisen in Zeichnung,
Stellung (die zum Teil etwas sehr Graziöses haben), Gewandung und
Ausführung der Einzelheiten auf einen tüchtigen Künstler des
15. Jahrhunderts hin, welcher dazu die Entwürfe geliefert hat. Die
Schärfe und Genauigkeit des Gusses aber verdient ebenfalls grosses

Die Eisengieſserei im 16. Jahrhundert.
hohen Unterteil des Ofens, der auf vier Löwen als Füſsen ruht. Den
weit kleineren Oberteil bildet ein gleichfalls eiserner Aufsatz mit
glatter Decke. Die lange, nach vorn gewendete Wand des Unterteils
besteht aus zwei breiteren und einer schmäleren Abteilung, die an-
einander gefügt sind. Auf jeder der breiteren Abteilungen ist der
heilige Antonius dargestellt, dessen bärtigen und mit einer Mütze
bedeckten Kopf eine breite Glorie umgiebt. Er trägt ein durch einen
Gürtel zusammengehaltenes weites und langes Unterkleid, über welches
ein fast ebenso langer, vorn über beide Arme fallender Mantel geworfen
ist. In der Rechten hält er ein Buch, in der Linken ein an einem
hohen Stabe befestigtes kleines Kreuz (mit den Glocken). Über seinem
Haupte erhebt sich ein mit Blätterwerk verzierter gotischer Spitz-
bogen, in dessen Seite sich ein Wappen mit Malteserkreuz befindet.
Neben ihm, gleichsam mehr in den Hintergrund tretend, steht die
heilige Katharina mit Buch und Schwert, deren jugendlicher Kopf
mit herabwallenden Locken von einer Glorie umgeben ist. Ein langes
Untergewand umhüllt ihren schlanken Körper und von den Schultern
fällt ein ähnlicher Mantel, wie ihn der heilige Antonius trägt. Über
ihrem Haupte wölbt sich ebenfalls ein verzierter gotischer Spitzen-
giebel. Die dritte Abteilung der langen Wand (ebenso die auf
der Abbildung sichtbare schmale Wand) ist mit dem Wappen der
Herzöge von Sachsen verziert, dessen reicher Helmschmuck unter
einem gotischen Spitzgiebel steht, darunter sieht man einen kleinen
Wappenschild mit dem thüringischen Löwen. — Der Ofenaufsatz
zeigt an der breiten — nach vorn gewendeten — Wand drei schmale
Felder, auf deren mittelstem Maria mit dem Christkinde im Arme,
auf einem Halbmond stehend, dargestellt ist. Ein Heiligenschein
umgiebt ihr unbedecktes Haupt und eine Glorie ihren übrigen Körper,
der in ein langes Untergewand und einen darüber fallenden, bis zum
Knie reichenden Mantel gekleidet ist. Auf dem rechten Seitenfelde
steht die heilige Katharina, auf dem linken befindet sich ein kleines
Wappen mit dem thüringischen Löwen. Diese drei Felder sind
gleichfalls mit gotischen Spitzgiebeln verziert. Auf der einen
schmalen Wand der Vorderseite ist ein geharnischter Ritter zu Pferde
abgebildet, mit dem Helmschmuck des herzoglich sächsischen Hauses
versehen. Sämtliche beschriebenen Gestalten weisen in Zeichnung,
Stellung (die zum Teil etwas sehr Graziöses haben), Gewandung und
Ausführung der Einzelheiten auf einen tüchtigen Künstler des
15. Jahrhunderts hin, welcher dazu die Entwürfe geliefert hat. Die
Schärfe und Genauigkeit des Gusses aber verdient ebenfalls groſses

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[296/0316] Die Eisengieſserei im 16. Jahrhundert. hohen Unterteil des Ofens, der auf vier Löwen als Füſsen ruht. Den weit kleineren Oberteil bildet ein gleichfalls eiserner Aufsatz mit glatter Decke. Die lange, nach vorn gewendete Wand des Unterteils besteht aus zwei breiteren und einer schmäleren Abteilung, die an- einander gefügt sind. Auf jeder der breiteren Abteilungen ist der heilige Antonius dargestellt, dessen bärtigen und mit einer Mütze bedeckten Kopf eine breite Glorie umgiebt. Er trägt ein durch einen Gürtel zusammengehaltenes weites und langes Unterkleid, über welches ein fast ebenso langer, vorn über beide Arme fallender Mantel geworfen ist. In der Rechten hält er ein Buch, in der Linken ein an einem hohen Stabe befestigtes kleines Kreuz (mit den Glocken). Über seinem Haupte erhebt sich ein mit Blätterwerk verzierter gotischer Spitz- bogen, in dessen Seite sich ein Wappen mit Malteserkreuz befindet. Neben ihm, gleichsam mehr in den Hintergrund tretend, steht die heilige Katharina mit Buch und Schwert, deren jugendlicher Kopf mit herabwallenden Locken von einer Glorie umgeben ist. Ein langes Untergewand umhüllt ihren schlanken Körper und von den Schultern fällt ein ähnlicher Mantel, wie ihn der heilige Antonius trägt. Über ihrem Haupte wölbt sich ebenfalls ein verzierter gotischer Spitzen- giebel. Die dritte Abteilung der langen Wand (ebenso die auf der Abbildung sichtbare schmale Wand) ist mit dem Wappen der Herzöge von Sachsen verziert, dessen reicher Helmschmuck unter einem gotischen Spitzgiebel steht, darunter sieht man einen kleinen Wappenschild mit dem thüringischen Löwen. — Der Ofenaufsatz zeigt an der breiten — nach vorn gewendeten — Wand drei schmale Felder, auf deren mittelstem Maria mit dem Christkinde im Arme, auf einem Halbmond stehend, dargestellt ist. Ein Heiligenschein umgiebt ihr unbedecktes Haupt und eine Glorie ihren übrigen Körper, der in ein langes Untergewand und einen darüber fallenden, bis zum Knie reichenden Mantel gekleidet ist. Auf dem rechten Seitenfelde steht die heilige Katharina, auf dem linken befindet sich ein kleines Wappen mit dem thüringischen Löwen. Diese drei Felder sind gleichfalls mit gotischen Spitzgiebeln verziert. Auf der einen schmalen Wand der Vorderseite ist ein geharnischter Ritter zu Pferde abgebildet, mit dem Helmschmuck des herzoglich sächsischen Hauses versehen. Sämtliche beschriebenen Gestalten weisen in Zeichnung, Stellung (die zum Teil etwas sehr Graziöses haben), Gewandung und Ausführung der Einzelheiten auf einen tüchtigen Künstler des 15. Jahrhunderts hin, welcher dazu die Entwürfe geliefert hat. Die Schärfe und Genauigkeit des Gusses aber verdient ebenfalls groſses

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/316>, abgerufen am 28.03.2024.