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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert.
jenigen erwähnen will, welche die Erfahrung mich als gut kennen
gelehrt hat. Aber zuerst möchte ich von den natürlichen reden,
weil sie eigentliche Erden (proprie terre) sind und man immer, wo
sie gerade sind, so viel davon haben kann, wie man nötig hat. Da
sie auch ihrer Natur nach leicht zu zerkleinern sind, gefallen sie
mir sehr. Aus diesen macht man Lehm und mischt damit, indem
man ihn schlägt, Scherwolle von wollenen Tüchern, ausgelaugte
Holzasche und Pferdemist, formt Brode daraus und trocknet sie, als-
dann setzt man sie in einen Ofen und erhitzt sie. Oder man macht
dies auf andere Weise; kurz, sie werden bestens erwärmt. Dann zer-
stösst man sie und siebt sie mit einem geeigneten Siebe, oder man
mahlt sie auf der Farbmühle der Töpfer oder mit der Hand auf dem
Porphyr mit Wasser zu einer solchen Feinheit, wie man es wünscht,
oder damit man sie zart machen und von neuem mahlen kann, lässt
man das Wasser abtrocknen und dörrt dann mit Feuer, und dann
nimmt man soviel Salzlauge, als sie einsaugt, trocknet und stösst sie
wieder, und wenn dies geschehen ist, und Ihr sie zu seiner Zeit ver-
arbeiten wollt, feuchtet Ihr sie wieder mit Wasser an oder mit
Wein (!) oder mit Urin oder Essig, bis sie zusammenhält, wenn Ihr
sie mit der Faust zusammendrückt und alsdann formt man mit der-
selben, wie Ihr es hören werdet. Man bereitet auch Formpulver aus
gemahlenen und durchgesiebten Ziegelsteinen, Tripel, Rebenasche,
Dachziegeln und Röhren, von gebranntem Schmirgel, Zinnasche,
Stroh und auch von verbranntem Papier, von Pferdeäpfeln oder
Schafmist, sowie von vielen andern Dingen. Und bei allen besteht
die Güte in dreierlei, nämlich in dem guten Aufnehmen des Metalles,
in der Zartheit bis zur Unfühlbarkeit und in betreff der Lauge, dass
sie die Erden hart und zähe macht, wenn sie trocken sind. Neben
den genannten habe ich vorkommenden Falles eine Art gebraucht,
die, so oft ich sie angewendet habe, einen guten Erfolg gab. Ich
nahm zwei Teile Bimsstein und einen Teil natürliches Eisenoxyd und
mahlte dieses auf dem Porphyr oder in dem Mörser, womit die
Töpfer ihre Farben mahlen, und zuletzt setzte ich die Lauge aus
präpariertem Salze zu. Ich habe gefunden, dass dieses Verfahren die
besten Dienste leistet, wie ich Euch sagte, sowohl was das Aufnehmen
des Metalles betrifft, als auch das Formen jeder noch so kleinen
Sache, weil die Mischung sehr zart war. Und wenn das Modell,
welches man abformte, nicht sehr bedeutend war, diente sie zu zwei,
drei und vier Abgüssen, ohne dass man neu zu formen gehabt hätte,
so dass sie auch in dieser Hinsicht mir die besten Dienste leistete."


Beck, Geschichte des Eisens. 19

Die Eisengieſserei im 16. Jahrhundert.
jenigen erwähnen will, welche die Erfahrung mich als gut kennen
gelehrt hat. Aber zuerst möchte ich von den natürlichen reden,
weil sie eigentliche Erden (proprie terre) sind und man immer, wo
sie gerade sind, so viel davon haben kann, wie man nötig hat. Da
sie auch ihrer Natur nach leicht zu zerkleinern sind, gefallen sie
mir sehr. Aus diesen macht man Lehm und mischt damit, indem
man ihn schlägt, Scherwolle von wollenen Tüchern, ausgelaugte
Holzasche und Pferdemist, formt Brode daraus und trocknet sie, als-
dann setzt man sie in einen Ofen und erhitzt sie. Oder man macht
dies auf andere Weise; kurz, sie werden bestens erwärmt. Dann zer-
stöſst man sie und siebt sie mit einem geeigneten Siebe, oder man
mahlt sie auf der Farbmühle der Töpfer oder mit der Hand auf dem
Porphyr mit Wasser zu einer solchen Feinheit, wie man es wünscht,
oder damit man sie zart machen und von neuem mahlen kann, läſst
man das Wasser abtrocknen und dörrt dann mit Feuer, und dann
nimmt man soviel Salzlauge, als sie einsaugt, trocknet und stöſst sie
wieder, und wenn dies geschehen ist, und Ihr sie zu seiner Zeit ver-
arbeiten wollt, feuchtet Ihr sie wieder mit Wasser an oder mit
Wein (!) oder mit Urin oder Essig, bis sie zusammenhält, wenn Ihr
sie mit der Faust zusammendrückt und alsdann formt man mit der-
selben, wie Ihr es hören werdet. Man bereitet auch Formpulver aus
gemahlenen und durchgesiebten Ziegelsteinen, Tripel, Rebenasche,
Dachziegeln und Röhren, von gebranntem Schmirgel, Zinnasche,
Stroh und auch von verbranntem Papier, von Pferdeäpfeln oder
Schafmist, sowie von vielen andern Dingen. Und bei allen besteht
die Güte in dreierlei, nämlich in dem guten Aufnehmen des Metalles,
in der Zartheit bis zur Unfühlbarkeit und in betreff der Lauge, daſs
sie die Erden hart und zähe macht, wenn sie trocken sind. Neben
den genannten habe ich vorkommenden Falles eine Art gebraucht,
die, so oft ich sie angewendet habe, einen guten Erfolg gab. Ich
nahm zwei Teile Bimsstein und einen Teil natürliches Eisenoxyd und
mahlte dieses auf dem Porphyr oder in dem Mörser, womit die
Töpfer ihre Farben mahlen, und zuletzt setzte ich die Lauge aus
präpariertem Salze zu. Ich habe gefunden, daſs dieses Verfahren die
besten Dienste leistet, wie ich Euch sagte, sowohl was das Aufnehmen
des Metalles betrifft, als auch das Formen jeder noch so kleinen
Sache, weil die Mischung sehr zart war. Und wenn das Modell,
welches man abformte, nicht sehr bedeutend war, diente sie zu zwei,
drei und vier Abgüssen, ohne daſs man neu zu formen gehabt hätte,
so daſs sie auch in dieser Hinsicht mir die besten Dienste leistete.“


Beck, Geschichte des Eisens. 19
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[289/0309] Die Eisengieſserei im 16. Jahrhundert. jenigen erwähnen will, welche die Erfahrung mich als gut kennen gelehrt hat. Aber zuerst möchte ich von den natürlichen reden, weil sie eigentliche Erden (proprie terre) sind und man immer, wo sie gerade sind, so viel davon haben kann, wie man nötig hat. Da sie auch ihrer Natur nach leicht zu zerkleinern sind, gefallen sie mir sehr. Aus diesen macht man Lehm und mischt damit, indem man ihn schlägt, Scherwolle von wollenen Tüchern, ausgelaugte Holzasche und Pferdemist, formt Brode daraus und trocknet sie, als- dann setzt man sie in einen Ofen und erhitzt sie. Oder man macht dies auf andere Weise; kurz, sie werden bestens erwärmt. Dann zer- stöſst man sie und siebt sie mit einem geeigneten Siebe, oder man mahlt sie auf der Farbmühle der Töpfer oder mit der Hand auf dem Porphyr mit Wasser zu einer solchen Feinheit, wie man es wünscht, oder damit man sie zart machen und von neuem mahlen kann, läſst man das Wasser abtrocknen und dörrt dann mit Feuer, und dann nimmt man soviel Salzlauge, als sie einsaugt, trocknet und stöſst sie wieder, und wenn dies geschehen ist, und Ihr sie zu seiner Zeit ver- arbeiten wollt, feuchtet Ihr sie wieder mit Wasser an oder mit Wein (!) oder mit Urin oder Essig, bis sie zusammenhält, wenn Ihr sie mit der Faust zusammendrückt und alsdann formt man mit der- selben, wie Ihr es hören werdet. Man bereitet auch Formpulver aus gemahlenen und durchgesiebten Ziegelsteinen, Tripel, Rebenasche, Dachziegeln und Röhren, von gebranntem Schmirgel, Zinnasche, Stroh und auch von verbranntem Papier, von Pferdeäpfeln oder Schafmist, sowie von vielen andern Dingen. Und bei allen besteht die Güte in dreierlei, nämlich in dem guten Aufnehmen des Metalles, in der Zartheit bis zur Unfühlbarkeit und in betreff der Lauge, daſs sie die Erden hart und zähe macht, wenn sie trocken sind. Neben den genannten habe ich vorkommenden Falles eine Art gebraucht, die, so oft ich sie angewendet habe, einen guten Erfolg gab. Ich nahm zwei Teile Bimsstein und einen Teil natürliches Eisenoxyd und mahlte dieses auf dem Porphyr oder in dem Mörser, womit die Töpfer ihre Farben mahlen, und zuletzt setzte ich die Lauge aus präpariertem Salze zu. Ich habe gefunden, daſs dieses Verfahren die besten Dienste leistet, wie ich Euch sagte, sowohl was das Aufnehmen des Metalles betrifft, als auch das Formen jeder noch so kleinen Sache, weil die Mischung sehr zart war. Und wenn das Modell, welches man abformte, nicht sehr bedeutend war, diente sie zu zwei, drei und vier Abgüssen, ohne daſs man neu zu formen gehabt hätte, so daſs sie auch in dieser Hinsicht mir die besten Dienste leistete.“ Beck, Geschichte des Eisens. 19

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/309>, abgerufen am 25.04.2024.