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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Die Eisengiesserei im 16. Jahrhundert.
mit Asche oder Öl bestreicht, abformt und ausgiesst. So erhält man
die eine Hälfte der Schale oder Kugelform (Fig. 78); die zweite
symmetrische Hälfte stellt man ganz in derselben Weise her. Beide
müssen so aufeinander passen, dass die beiden Halbkugeln sich
genau zur Vollkugel schliessen, wenn sie aufeinander gesetzt sind.
Natürlich hat es keine Schwierigkeit, die Schale oder Coquille statt
für eine Kugel gleich für mehrere herzurichten, wofür man statt
einem Kugelmodell mehrere einformen und durch Rinnen verbinden
muss. Biringuccio sagt, man habe Kugelformen, in denen man
[Abbildung] Fig. 78.
sieben Kugeln auf einmal giessen könne.
Das Gussmaterial kann man aus geringem
Roheisen, aus Brucheisen, ja sogar aus
Schmiedeeisen machen. Letzteres erfordere
allerdings starke Bälge und mehr Kohlen,
weshalb die zuerst genannten Materialien
vorzuziehen sind. Nach Biringuccios Be-
schreibung wird nämlich das Eisen in einem
kleinen Schmelzofen (Kupolofen), der 11/2 Ellen hoch und 2/4 Ellen
breit (0,90 m x 0,45 m) aus feuerfesten Steinen erbaut ist, mit Blase-
bälgen eingeschmolzen. Die zwei Düsen sollen in die Mitte blasen,
aber nicht in gleicher Höhe, sondern eine etwas höher als die andere.
Die Mündungen der Düsen sollen weit sein, damit der Wind reich-
lich in den Ofen strömen kann. Am tiefsten Punkte ist der Ab-
stich, durch den man das geschmolzene Eisen durch eine Rinne nach
der Form leitet. Ist das Schmelzgefäss gehörig zugerichtet, getrocknet
und vorgewärmt, so füllt man es ganz mit Kohlen voll, die man noch
über den Rand erhöht aufschüttet, weshalb man, um dies zu können,
noch Backsteinstücke um die Kohlen herumsetzt, um sie zusammen-
zuhalten. Alsdann lässt man den Wind an. Ist alles gut in Brand,
so trägt man mit einer Schaufel oder einem Löffel die Stückchen
Eisen auf, die man schmelzen will. Das, was ungeschmolzen die Form
passiert, hebt man mit einer Brechstange wieder über den Wind und
achtet ferner darauf, dass sich die Formöffnung nicht versetzt. Ist
alles richtig eingeschmolzen, so sticht man ab und lässt das Eisen
durch eine eiserne Rinne nach den nebeneinander aufgestellten
Formen laufen, bis das Eisen im Einlauf hervortritt. So füllt man
sie alle und macht so die eisernen Kugeln für die Artillerie.

Manche machen ihre Schmelzgefässe anders, andere setzen, um
das Eisen flüssiger zu machen, Antimon, Kupfer oder Arsenik zu,
Mittel, die Biringuccio tadelt.


Die Eisengieſserei im 16. Jahrhundert.
mit Asche oder Öl bestreicht, abformt und ausgieſst. So erhält man
die eine Hälfte der Schale oder Kugelform (Fig. 78); die zweite
symmetrische Hälfte stellt man ganz in derselben Weise her. Beide
müssen so aufeinander passen, daſs die beiden Halbkugeln sich
genau zur Vollkugel schlieſsen, wenn sie aufeinander gesetzt sind.
Natürlich hat es keine Schwierigkeit, die Schale oder Coquille statt
für eine Kugel gleich für mehrere herzurichten, wofür man statt
einem Kugelmodell mehrere einformen und durch Rinnen verbinden
muſs. Biringuccio sagt, man habe Kugelformen, in denen man
[Abbildung] Fig. 78.
sieben Kugeln auf einmal gieſsen könne.
Das Guſsmaterial kann man aus geringem
Roheisen, aus Brucheisen, ja sogar aus
Schmiedeeisen machen. Letzteres erfordere
allerdings starke Bälge und mehr Kohlen,
weshalb die zuerst genannten Materialien
vorzuziehen sind. Nach Biringuccios Be-
schreibung wird nämlich das Eisen in einem
kleinen Schmelzofen (Kupolofen), der 1½ Ellen hoch und 2/4 Ellen
breit (0,90 m × 0,45 m) aus feuerfesten Steinen erbaut ist, mit Blase-
bälgen eingeschmolzen. Die zwei Düsen sollen in die Mitte blasen,
aber nicht in gleicher Höhe, sondern eine etwas höher als die andere.
Die Mündungen der Düsen sollen weit sein, damit der Wind reich-
lich in den Ofen strömen kann. Am tiefsten Punkte ist der Ab-
stich, durch den man das geschmolzene Eisen durch eine Rinne nach
der Form leitet. Ist das Schmelzgefäſs gehörig zugerichtet, getrocknet
und vorgewärmt, so füllt man es ganz mit Kohlen voll, die man noch
über den Rand erhöht aufschüttet, weshalb man, um dies zu können,
noch Backsteinstücke um die Kohlen herumsetzt, um sie zusammen-
zuhalten. Alsdann läſst man den Wind an. Ist alles gut in Brand,
so trägt man mit einer Schaufel oder einem Löffel die Stückchen
Eisen auf, die man schmelzen will. Das, was ungeschmolzen die Form
passiert, hebt man mit einer Brechstange wieder über den Wind und
achtet ferner darauf, daſs sich die Formöffnung nicht versetzt. Ist
alles richtig eingeschmolzen, so sticht man ab und läſst das Eisen
durch eine eiserne Rinne nach den nebeneinander aufgestellten
Formen laufen, bis das Eisen im Einlauf hervortritt. So füllt man
sie alle und macht so die eisernen Kugeln für die Artillerie.

Manche machen ihre Schmelzgefäſse anders, andere setzen, um
das Eisen flüssiger zu machen, Antimon, Kupfer oder Arsenik zu,
Mittel, die Biringuccio tadelt.


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[287/0307] Die Eisengieſserei im 16. Jahrhundert. mit Asche oder Öl bestreicht, abformt und ausgieſst. So erhält man die eine Hälfte der Schale oder Kugelform (Fig. 78); die zweite symmetrische Hälfte stellt man ganz in derselben Weise her. Beide müssen so aufeinander passen, daſs die beiden Halbkugeln sich genau zur Vollkugel schlieſsen, wenn sie aufeinander gesetzt sind. Natürlich hat es keine Schwierigkeit, die Schale oder Coquille statt für eine Kugel gleich für mehrere herzurichten, wofür man statt einem Kugelmodell mehrere einformen und durch Rinnen verbinden muſs. Biringuccio sagt, man habe Kugelformen, in denen man [Abbildung Fig. 78.] sieben Kugeln auf einmal gieſsen könne. Das Guſsmaterial kann man aus geringem Roheisen, aus Brucheisen, ja sogar aus Schmiedeeisen machen. Letzteres erfordere allerdings starke Bälge und mehr Kohlen, weshalb die zuerst genannten Materialien vorzuziehen sind. Nach Biringuccios Be- schreibung wird nämlich das Eisen in einem kleinen Schmelzofen (Kupolofen), der 1½ Ellen hoch und 2/4 Ellen breit (0,90 m × 0,45 m) aus feuerfesten Steinen erbaut ist, mit Blase- bälgen eingeschmolzen. Die zwei Düsen sollen in die Mitte blasen, aber nicht in gleicher Höhe, sondern eine etwas höher als die andere. Die Mündungen der Düsen sollen weit sein, damit der Wind reich- lich in den Ofen strömen kann. Am tiefsten Punkte ist der Ab- stich, durch den man das geschmolzene Eisen durch eine Rinne nach der Form leitet. Ist das Schmelzgefäſs gehörig zugerichtet, getrocknet und vorgewärmt, so füllt man es ganz mit Kohlen voll, die man noch über den Rand erhöht aufschüttet, weshalb man, um dies zu können, noch Backsteinstücke um die Kohlen herumsetzt, um sie zusammen- zuhalten. Alsdann läſst man den Wind an. Ist alles gut in Brand, so trägt man mit einer Schaufel oder einem Löffel die Stückchen Eisen auf, die man schmelzen will. Das, was ungeschmolzen die Form passiert, hebt man mit einer Brechstange wieder über den Wind und achtet ferner darauf, daſs sich die Formöffnung nicht versetzt. Ist alles richtig eingeschmolzen, so sticht man ab und läſst das Eisen durch eine eiserne Rinne nach den nebeneinander aufgestellten Formen laufen, bis das Eisen im Einlauf hervortritt. So füllt man sie alle und macht so die eisernen Kugeln für die Artillerie. Manche machen ihre Schmelzgefäſse anders, andere setzen, um das Eisen flüssiger zu machen, Antimon, Kupfer oder Arsenik zu, Mittel, die Biringuccio tadelt.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/307>, abgerufen am 16.04.2024.