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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Stahlbereitung im 16. Jahrhundert.
Wurzeln von Gurken. Mische alles nach gleichem Mass. In diese
Flüssigkeit werde das Eisen eingetaucht. Es wird noch härter, wenn
du dieses wiederholst (Nostradamus).

Dass das Eisen hart und wieder weich wird:

Reibe Kraut (des Lorbeers? verbenam) mit Stengeln und Blättern
zusammen, drücke den Saft durch ein leinenes Tuch und hebe es in
einem Glasgefäss zum Gebrauche auf. Willst du Eisen hart machen,
so mische den Saft mit der gleichen Menge Menschenharn von einem
Manne, du kannst auch noch den Saft von Erdwürmern -- die
Deutschen nennen sie "Engerlinge" -- hinzufügen: wenn das Eisen
an dem Teile, den du härten willst, glüht, so tauche ihn in diesen
Saft, bis goldne Flecken erscheinen. Wenn du aber nur die blaue
Farbe wahrnimmst, so merkst du daraus, dass er noch nicht hart
genug ist. Auch wird das Eisen in Jauche (in aqua stercoris) ab-
gelöscht. Einige pressen den Saft aus den rothen Schildkröten und
löschen darin das Eisen ab (Ex lib. Germanico).

Wie Eisen in Stahl verwandelt wird:

Die Rinde des Punischen Apfelbaumes verwandelt das Eisen in
Stahl, wenn es mit diesem lange in Wasser gekocht wird (Cardanus).

Stahl aus Eisen zu machen:

Nimm dünne Platten (Blech, laminas) vom besten Eisen, dazu
Pferdehufe und Kochsalz oder Asche von Reisig oder von irgend
einem Aschensalz. Diese trage man lagenweise in ein Thongefäss ein
und zwar so, dass die oberste und die unterste Lage aus Hufspänen
und Salz bestehen: sodann steigert man bei geöffnetem Gefäss die
Hitze bis zur vollen Glut während mehrerer Stunden, so erwirbt es
sich wegen seiner Härte den Namen Stahl und dies um so mehr,
wenn man es in kaltem Wasser, in Würmersaft oder einer Abkochung
von Hufen oder einer Lösung von Laugensalzen ablöscht.

Wie man den Stahl weich macht, dass man ihn treiben
kann
:

Den Stahl mache man weich durch eine Lauge aus Eichenholz-
asche und ungelöschtem Kalk, die man zwei Stunden lang vermischt
stehen lässt. In diese Lauge wirft man den Stahl und lässt ihn
14 Tage lang darin: wenn du ihm aber wieder dieselbe Härte wie
zuvor geben willst, so lege ihn in kaltes Wasser.

Oder: Nimm Salmiak, ungelöschten Kalk und füge hierzu etwas
venetianische Seife, mische durch fleissiges Umrühren und tauche den
Stahl darin völlig ein, lass ihn 3, höchstens 4 Stunden darin und
giesse langsam ab ... So verfährt man mit kleinen Stahlstückchen.

Stahlbereitung im 16. Jahrhundert.
Wurzeln von Gurken. Mische alles nach gleichem Maſs. In diese
Flüssigkeit werde das Eisen eingetaucht. Es wird noch härter, wenn
du dieses wiederholst (Nostradamus).

Daſs das Eisen hart und wieder weich wird:

Reibe Kraut (des Lorbeers? verbenam) mit Stengeln und Blättern
zusammen, drücke den Saft durch ein leinenes Tuch und hebe es in
einem Glasgefäſs zum Gebrauche auf. Willst du Eisen hart machen,
so mische den Saft mit der gleichen Menge Menschenharn von einem
Manne, du kannst auch noch den Saft von Erdwürmern — die
Deutschen nennen sie „Engerlinge“ — hinzufügen: wenn das Eisen
an dem Teile, den du härten willst, glüht, so tauche ihn in diesen
Saft, bis goldne Flecken erscheinen. Wenn du aber nur die blaue
Farbe wahrnimmst, so merkst du daraus, daſs er noch nicht hart
genug ist. Auch wird das Eisen in Jauche (in aqua stercoris) ab-
gelöscht. Einige pressen den Saft aus den rothen Schildkröten und
löschen darin das Eisen ab (Ex lib. Germanico).

Wie Eisen in Stahl verwandelt wird:

Die Rinde des Punischen Apfelbaumes verwandelt das Eisen in
Stahl, wenn es mit diesem lange in Wasser gekocht wird (Cardanus).

Stahl aus Eisen zu machen:

Nimm dünne Platten (Blech, laminas) vom besten Eisen, dazu
Pferdehufe und Kochsalz oder Asche von Reisig oder von irgend
einem Aschensalz. Diese trage man lagenweise in ein Thongefäſs ein
und zwar so, daſs die oberste und die unterste Lage aus Hufspänen
und Salz bestehen: sodann steigert man bei geöffnetem Gefäſs die
Hitze bis zur vollen Glut während mehrerer Stunden, so erwirbt es
sich wegen seiner Härte den Namen Stahl und dies um so mehr,
wenn man es in kaltem Wasser, in Würmersaft oder einer Abkochung
von Hufen oder einer Lösung von Laugensalzen ablöscht.

Wie man den Stahl weich macht, daſs man ihn treiben
kann
:

Den Stahl mache man weich durch eine Lauge aus Eichenholz-
asche und ungelöschtem Kalk, die man zwei Stunden lang vermischt
stehen läſst. In diese Lauge wirft man den Stahl und läſst ihn
14 Tage lang darin: wenn du ihm aber wieder dieselbe Härte wie
zuvor geben willst, so lege ihn in kaltes Wasser.

Oder: Nimm Salmiak, ungelöschten Kalk und füge hierzu etwas
venetianische Seife, mische durch fleiſsiges Umrühren und tauche den
Stahl darin völlig ein, laſs ihn 3, höchstens 4 Stunden darin und
gieſse langsam ab … So verfährt man mit kleinen Stahlstückchen.

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[264/0284] Stahlbereitung im 16. Jahrhundert. Wurzeln von Gurken. Mische alles nach gleichem Maſs. In diese Flüssigkeit werde das Eisen eingetaucht. Es wird noch härter, wenn du dieses wiederholst (Nostradamus). Daſs das Eisen hart und wieder weich wird: Reibe Kraut (des Lorbeers? verbenam) mit Stengeln und Blättern zusammen, drücke den Saft durch ein leinenes Tuch und hebe es in einem Glasgefäſs zum Gebrauche auf. Willst du Eisen hart machen, so mische den Saft mit der gleichen Menge Menschenharn von einem Manne, du kannst auch noch den Saft von Erdwürmern — die Deutschen nennen sie „Engerlinge“ — hinzufügen: wenn das Eisen an dem Teile, den du härten willst, glüht, so tauche ihn in diesen Saft, bis goldne Flecken erscheinen. Wenn du aber nur die blaue Farbe wahrnimmst, so merkst du daraus, daſs er noch nicht hart genug ist. Auch wird das Eisen in Jauche (in aqua stercoris) ab- gelöscht. Einige pressen den Saft aus den rothen Schildkröten und löschen darin das Eisen ab (Ex lib. Germanico). Wie Eisen in Stahl verwandelt wird: Die Rinde des Punischen Apfelbaumes verwandelt das Eisen in Stahl, wenn es mit diesem lange in Wasser gekocht wird (Cardanus). Stahl aus Eisen zu machen: Nimm dünne Platten (Blech, laminas) vom besten Eisen, dazu Pferdehufe und Kochsalz oder Asche von Reisig oder von irgend einem Aschensalz. Diese trage man lagenweise in ein Thongefäſs ein und zwar so, daſs die oberste und die unterste Lage aus Hufspänen und Salz bestehen: sodann steigert man bei geöffnetem Gefäſs die Hitze bis zur vollen Glut während mehrerer Stunden, so erwirbt es sich wegen seiner Härte den Namen Stahl und dies um so mehr, wenn man es in kaltem Wasser, in Würmersaft oder einer Abkochung von Hufen oder einer Lösung von Laugensalzen ablöscht. Wie man den Stahl weich macht, daſs man ihn treiben kann: Den Stahl mache man weich durch eine Lauge aus Eichenholz- asche und ungelöschtem Kalk, die man zwei Stunden lang vermischt stehen läſst. In diese Lauge wirft man den Stahl und läſst ihn 14 Tage lang darin: wenn du ihm aber wieder dieselbe Härte wie zuvor geben willst, so lege ihn in kaltes Wasser. Oder: Nimm Salmiak, ungelöschten Kalk und füge hierzu etwas venetianische Seife, mische durch fleiſsiges Umrühren und tauche den Stahl darin völlig ein, laſs ihn 3, höchstens 4 Stunden darin und gieſse langsam ab … So verfährt man mit kleinen Stahlstückchen.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/284>, abgerufen am 16.04.2024.