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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern.
so werden wir dieselbe erst später beschreiben. Dasselbe gilt von
den steirischen Löschfrischen und der Zerennarbeit.

Im Siegerlande dagegen betrieb man die Frischarbeit schon
früher. Bereits vor der Mitte des 15. Jahrhunderts werden die "Hammer-
hütten" getrennt von den "Blasehütten" erwähnt. Die Frischherde und
Hämmer befanden sich in der Regel in besondern Gebäuden, ge-
trennt von den Hochöfen, wenn auch meist in nächster Nähe der-
selben. Auch im Besitz waren sie häufig getrennt. Die Hammer-
hütten hatten, wie die Blasehütten, ihre besondern Hammerzeiten
und Hammertage, die gesetzlich in der Weise geregelt waren, dass
sie in einer bestimmten Aufeinanderfolge stattfanden, so dass einmal
der Hochofen, das andere Mal die Frischhütte die ganze verfügbare
Wasserkraft ausnutzen konnte. In den alten Hammerhütten wurde
sowohl Stahl als Schmiedeeisen gefrischt. Das Frischverfahren 1), das
sich in ganz eigenartiger Weise im Siegerlande entwickelt hat, war
ebenfalls eine Einmalschmelzerei, die aber schon manches Verwandte
mit der deutschen Brechschmiede zeigte. Das ältere Verfahren war eine
Kleinfrischerei. Erst allmählich, als der Kohlenmangel immer fühlbarer
wurde, entwickelte sich das eigentümliche Verfahren, welches später
als siegensche Einmalschmelzerei bekannt war. Bei letzterem ver-
arbeitete man ein aus Spat- und Brauneisenstein erblasenes strah-
liges bis stark halbirtes Roheisen mit Buchenkohlen auf ein unvoll-
kommen ausgeschweisstes Materialeisen von groben Dimensionen. Der
Frischherd war mit eisernen Zacken und eisernem Boden hergestellt.

Ehe wir in die nähere Beschreibung desselben eingehen, wollen
wir kurz einige allgemeine Bemerkungen über das Charakteristische
des Feuerbaues für den Frischprozess vorbringen, wie er sich schon
im 16. Jahrhundert aus den Löschherden entwickelt hat. Derselbe
besteht aus der Herdgrube, in welcher der Prozess sich vollzieht,
und der Esse, dem "Assenkorb" oder "Esskogel", welche über dem
Frischherd aufgeführt wird, zur Abführung der Hitze und zum Auf-
fangen der Funken, also zum Schutz der Menschen und Gebäude.

Wie aus den alten Rechnungen der Gittelder Eisenhütten
hervorgeht, war die Feueresse des Frischherdes am Harz, wo sie
"Assekorb" hiess, wirklich wie ein umgestülpter Korb aus einer Art
Flechtwerk von dünnem Stammholz oder Zweigen, welches dick mit
Lehm verschmiert wurde, hergestellt; in andern Gegenden war sie
gemauert und zwar als viereckiger, pyramidaler Turm von 10 bis

1) Siehe Tunner, a. a. O., Bd. II, S. 139.

Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern.
so werden wir dieselbe erst später beschreiben. Dasſelbe gilt von
den steirischen Löschfrischen und der Zerennarbeit.

Im Siegerlande dagegen betrieb man die Frischarbeit schon
früher. Bereits vor der Mitte des 15. Jahrhunderts werden die „Hammer-
hütten“ getrennt von den „Blasehütten“ erwähnt. Die Frischherde und
Hämmer befanden sich in der Regel in besondern Gebäuden, ge-
trennt von den Hochöfen, wenn auch meist in nächster Nähe der-
selben. Auch im Besitz waren sie häufig getrennt. Die Hammer-
hütten hatten, wie die Blasehütten, ihre besondern Hammerzeiten
und Hammertage, die gesetzlich in der Weise geregelt waren, daſs
sie in einer bestimmten Aufeinanderfolge stattfanden, so daſs einmal
der Hochofen, das andere Mal die Frischhütte die ganze verfügbare
Wasserkraft ausnutzen konnte. In den alten Hammerhütten wurde
sowohl Stahl als Schmiedeeisen gefrischt. Das Frischverfahren 1), das
sich in ganz eigenartiger Weise im Siegerlande entwickelt hat, war
ebenfalls eine Einmalschmelzerei, die aber schon manches Verwandte
mit der deutschen Brechschmiede zeigte. Das ältere Verfahren war eine
Kleinfrischerei. Erst allmählich, als der Kohlenmangel immer fühlbarer
wurde, entwickelte sich das eigentümliche Verfahren, welches später
als siegensche Einmalschmelzerei bekannt war. Bei letzterem ver-
arbeitete man ein aus Spat- und Brauneisenstein erblasenes strah-
liges bis stark halbirtes Roheisen mit Buchenkohlen auf ein unvoll-
kommen ausgeschweiſstes Materialeisen von groben Dimensionen. Der
Frischherd war mit eisernen Zacken und eisernem Boden hergestellt.

Ehe wir in die nähere Beschreibung desſelben eingehen, wollen
wir kurz einige allgemeine Bemerkungen über das Charakteristische
des Feuerbaues für den Frischprozeſs vorbringen, wie er sich schon
im 16. Jahrhundert aus den Löschherden entwickelt hat. Derselbe
besteht aus der Herdgrube, in welcher der Prozeſs sich vollzieht,
und der Esse, dem „Assenkorb“ oder „Eſskogel“, welche über dem
Frischherd aufgeführt wird, zur Abführung der Hitze und zum Auf-
fangen der Funken, also zum Schutz der Menschen und Gebäude.

Wie aus den alten Rechnungen der Gittelder Eisenhütten
hervorgeht, war die Feueresse des Frischherdes am Harz, wo sie
„Assekorb“ hieſs, wirklich wie ein umgestülpter Korb aus einer Art
Flechtwerk von dünnem Stammholz oder Zweigen, welches dick mit
Lehm verschmiert wurde, hergestellt; in andern Gegenden war sie
gemauert und zwar als viereckiger, pyramidaler Turm von 10 bis

1) Siehe Tunner, a. a. O., Bd. II, S. 139.
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[226/0246] Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern. so werden wir dieselbe erst später beschreiben. Dasſelbe gilt von den steirischen Löschfrischen und der Zerennarbeit. Im Siegerlande dagegen betrieb man die Frischarbeit schon früher. Bereits vor der Mitte des 15. Jahrhunderts werden die „Hammer- hütten“ getrennt von den „Blasehütten“ erwähnt. Die Frischherde und Hämmer befanden sich in der Regel in besondern Gebäuden, ge- trennt von den Hochöfen, wenn auch meist in nächster Nähe der- selben. Auch im Besitz waren sie häufig getrennt. Die Hammer- hütten hatten, wie die Blasehütten, ihre besondern Hammerzeiten und Hammertage, die gesetzlich in der Weise geregelt waren, daſs sie in einer bestimmten Aufeinanderfolge stattfanden, so daſs einmal der Hochofen, das andere Mal die Frischhütte die ganze verfügbare Wasserkraft ausnutzen konnte. In den alten Hammerhütten wurde sowohl Stahl als Schmiedeeisen gefrischt. Das Frischverfahren 1), das sich in ganz eigenartiger Weise im Siegerlande entwickelt hat, war ebenfalls eine Einmalschmelzerei, die aber schon manches Verwandte mit der deutschen Brechschmiede zeigte. Das ältere Verfahren war eine Kleinfrischerei. Erst allmählich, als der Kohlenmangel immer fühlbarer wurde, entwickelte sich das eigentümliche Verfahren, welches später als siegensche Einmalschmelzerei bekannt war. Bei letzterem ver- arbeitete man ein aus Spat- und Brauneisenstein erblasenes strah- liges bis stark halbirtes Roheisen mit Buchenkohlen auf ein unvoll- kommen ausgeschweiſstes Materialeisen von groben Dimensionen. Der Frischherd war mit eisernen Zacken und eisernem Boden hergestellt. Ehe wir in die nähere Beschreibung desſelben eingehen, wollen wir kurz einige allgemeine Bemerkungen über das Charakteristische des Feuerbaues für den Frischprozeſs vorbringen, wie er sich schon im 16. Jahrhundert aus den Löschherden entwickelt hat. Derselbe besteht aus der Herdgrube, in welcher der Prozeſs sich vollzieht, und der Esse, dem „Assenkorb“ oder „Eſskogel“, welche über dem Frischherd aufgeführt wird, zur Abführung der Hitze und zum Auf- fangen der Funken, also zum Schutz der Menschen und Gebäude. Wie aus den alten Rechnungen der Gittelder Eisenhütten hervorgeht, war die Feueresse des Frischherdes am Harz, wo sie „Assekorb“ hieſs, wirklich wie ein umgestülpter Korb aus einer Art Flechtwerk von dünnem Stammholz oder Zweigen, welches dick mit Lehm verschmiert wurde, hergestellt; in andern Gegenden war sie gemauert und zwar als viereckiger, pyramidaler Turm von 10 bis 1) Siehe Tunner, a. a. O., Bd. II, S. 139.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/246>, abgerufen am 29.03.2024.