Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

Bild:
<< vorherige Seite

Hochöfen.
gut Schmiede-Eisen macht und Eisern öfen geusset, die da weit
hinaus ins Oberland, als Franken, Schwaben u. s. w. verführet
werden; dessen schon Agricola mit diesen Worten gedenket:
"Ferrum laudatum et copiosum est Germanis, qui incolunt regionem
quam Eifelam nominamus et quidam in ditione comitis Mander-
scheiti, ubi et ferreae fornaces, quibus utimur in caldariis, conflantur."
Die meisten dieser Eisenwerke lagen in dem sogenannten Schleidener
Thal. Auf die ältesten Werke daselbst werden wir später noch zu
sprechen kommen. Des eigentümlichen Betriebes, der sich bis zur
Mitte unseres Jahrhunderts dort erhalten hat und unter dem Namen
der "Schleidener Thals Arbeit" bekannt war, müssen wir hier
näherer Erwähnung thun, weil er in origineller Weise manche Eigen-
tümlichkeiten des alten Stückofenbetriebes beibehalten hat. Wir
teilen über denselben aus einem Aufsatze des Oberbergrats Fulda zu
Bonn vom Jahre 1823 1) das Folgende mit: In der Hütte, welche
noch den alten Namen Raidwerk führte, stand der Hochofen mit dem
Hammer unter einem Dache. Zu jedem Hammer gehörten zwei Feuer,
ein Frischfeuer und ein Wärmfeuer. Es wurde nur Roheisen zum
Verfrischen erzeugt und ausser dem eigenen Bedarf an Hüttenguss,
nämlich Zacken, Boden u. s. w., kein Gusswerk angefertigt. Die
Erze, welche verhüttet wurden, bestanden aus Thon- und Raseneisen-
stein und aus braunem Glaskopf. Die Erze waren sehr leichtflüssig
und bedurften keines Zuschlages von Kalk. Die Höhe des Ofeninneren
betrug 19 Fuss 3 Zoll. Die 3 Fuss 6 Zoll hohe Rast hatte auf der
hinteren Seite einen Neigungswinkel von 45 Grad, auf den drei
übrigen Seiten von 60 Grad. Die Form lag geneigt, stach etwa
1/4 Zoll auf den Fuss in den Herd und ihr Rüssel war 21/4 Zoll breit
und 7/8 Zoll hoch. Sie bestand aus vier geschmiedeten eisernen,
aneinander geschobenen, aber fest zusammengreifenden Schienen,
welche den Vorteil gewährten, durch die Verschiebung derselben die
Formöffnung weiter oder enger stellen zu können, je nachdem der
Prozess des Schmelzens oder des Läuterns es erforderte. Die Schmel-
zung verlief leicht und einfach. Das Eisen der ersten Blasewoche
war graphitreicher, weshalb es zum Vergiessen verwendet wurde. In
den darauf folgenden Wochen fiel bei normalem Betriebe ein halbiertes
Roheisen, welches verfrischt wurde. Das ganze Hochofenpersonal be-
stand aus dem Meister (Schmelzer), dem Stechknecht und zwei Auf-
gebern.


1) Vergl. Karstens Archiv für Bergbau und Hüttenwesen, Bd. VII, S. 9.

Hochöfen.
gut Schmiede-Eisen macht und Eisern öfen geuſset, die da weit
hinaus ins Oberland, als Franken, Schwaben u. s. w. verführet
werden; dessen schon Agricola mit diesen Worten gedenket:
„Ferrum laudatum et copiosum est Germanis, qui incolunt regionem
quam Eifelam nominamus et quidam in ditione comitis Mander-
scheiti, ubi et ferreae fornaces, quibus utimur in caldariis, conflantur.“
Die meisten dieser Eisenwerke lagen in dem sogenannten Schleidener
Thal. Auf die ältesten Werke daselbst werden wir später noch zu
sprechen kommen. Des eigentümlichen Betriebes, der sich bis zur
Mitte unseres Jahrhunderts dort erhalten hat und unter dem Namen
der „Schleidener Thals Arbeit“ bekannt war, müssen wir hier
näherer Erwähnung thun, weil er in origineller Weise manche Eigen-
tümlichkeiten des alten Stückofenbetriebes beibehalten hat. Wir
teilen über denselben aus einem Aufsatze des Oberbergrats Fulda zu
Bonn vom Jahre 1823 1) das Folgende mit: In der Hütte, welche
noch den alten Namen Raidwerk führte, stand der Hochofen mit dem
Hammer unter einem Dache. Zu jedem Hammer gehörten zwei Feuer,
ein Frischfeuer und ein Wärmfeuer. Es wurde nur Roheisen zum
Verfrischen erzeugt und auſser dem eigenen Bedarf an Hüttenguſs,
nämlich Zacken, Boden u. s. w., kein Guſswerk angefertigt. Die
Erze, welche verhüttet wurden, bestanden aus Thon- und Raseneisen-
stein und aus braunem Glaskopf. Die Erze waren sehr leichtflüssig
und bedurften keines Zuschlages von Kalk. Die Höhe des Ofeninneren
betrug 19 Fuſs 3 Zoll. Die 3 Fuſs 6 Zoll hohe Rast hatte auf der
hinteren Seite einen Neigungswinkel von 45 Grad, auf den drei
übrigen Seiten von 60 Grad. Die Form lag geneigt, stach etwa
¼ Zoll auf den Fuſs in den Herd und ihr Rüssel war 2¼ Zoll breit
und ⅞ Zoll hoch. Sie bestand aus vier geschmiedeten eisernen,
aneinander geschobenen, aber fest zusammengreifenden Schienen,
welche den Vorteil gewährten, durch die Verschiebung derselben die
Formöffnung weiter oder enger stellen zu können, je nachdem der
Prozeſs des Schmelzens oder des Läuterns es erforderte. Die Schmel-
zung verlief leicht und einfach. Das Eisen der ersten Blasewoche
war graphitreicher, weshalb es zum Vergieſsen verwendet wurde. In
den darauf folgenden Wochen fiel bei normalem Betriebe ein halbiertes
Roheisen, welches verfrischt wurde. Das ganze Hochofenpersonal be-
stand aus dem Meister (Schmelzer), dem Stechknecht und zwei Auf-
gebern.


1) Vergl. Karstens Archiv für Bergbau und Hüttenwesen, Bd. VII, S. 9.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0223" n="203"/><fw place="top" type="header">Hochöfen.</fw><lb/>
gut Schmiede-Eisen macht und <hi rendition="#g">Eisern öfen geu&#x017F;set</hi>, die da weit<lb/>
hinaus ins Oberland, als Franken, Schwaben u. s. w. verführet<lb/>
werden; dessen schon <hi rendition="#g">Agricola</hi> mit diesen Worten gedenket:<lb/>
&#x201E;Ferrum laudatum et copiosum est Germanis, qui incolunt regionem<lb/>
quam Eifelam nominamus et quidam in ditione comitis Mander-<lb/>
scheiti, ubi et ferreae fornaces, quibus utimur in caldariis, conflantur.&#x201C;<lb/>
Die meisten dieser Eisenwerke lagen in dem sogenannten Schleidener<lb/>
Thal. Auf die ältesten Werke daselbst werden wir später noch zu<lb/>
sprechen kommen. Des eigentümlichen Betriebes, der sich bis zur<lb/>
Mitte unseres Jahrhunderts dort erhalten hat und unter dem Namen<lb/>
der &#x201E;Schleidener Thals Arbeit&#x201C; bekannt war, müssen wir hier<lb/>
näherer Erwähnung thun, weil er in origineller Weise manche Eigen-<lb/>
tümlichkeiten des alten Stückofenbetriebes beibehalten hat. Wir<lb/>
teilen über denselben aus einem Aufsatze des Oberbergrats <hi rendition="#g">Fulda</hi> zu<lb/>
Bonn vom Jahre 1823 <note place="foot" n="1)">Vergl. <hi rendition="#g">Karstens</hi> Archiv für Bergbau und Hüttenwesen, Bd. VII, S. 9.</note> das Folgende mit: In der Hütte, welche<lb/>
noch den alten Namen Raidwerk führte, stand der Hochofen mit dem<lb/>
Hammer unter einem Dache. Zu jedem Hammer gehörten zwei Feuer,<lb/>
ein Frischfeuer und ein Wärmfeuer. Es wurde nur Roheisen zum<lb/>
Verfrischen erzeugt und au&#x017F;ser dem eigenen Bedarf an Hüttengu&#x017F;s,<lb/>
nämlich Zacken, Boden u. s. w., kein Gu&#x017F;swerk angefertigt. Die<lb/>
Erze, welche verhüttet wurden, bestanden aus Thon- und Raseneisen-<lb/>
stein und aus braunem Glaskopf. Die Erze waren sehr leichtflüssig<lb/>
und bedurften keines Zuschlages von Kalk. Die Höhe des Ofeninneren<lb/>
betrug 19 Fu&#x017F;s 3 Zoll. Die 3 Fu&#x017F;s 6 Zoll hohe Rast hatte auf der<lb/>
hinteren Seite einen Neigungswinkel von 45 Grad, auf den drei<lb/>
übrigen Seiten von 60 Grad. Die Form lag geneigt, stach etwa<lb/>
¼ Zoll auf den Fu&#x017F;s in den Herd und ihr Rüssel war 2¼ Zoll breit<lb/>
und &#x215E; Zoll hoch. Sie bestand aus vier geschmiedeten eisernen,<lb/>
aneinander geschobenen, aber fest zusammengreifenden Schienen,<lb/>
welche den Vorteil gewährten, durch die Verschiebung derselben die<lb/>
Formöffnung weiter oder enger stellen zu können, je nachdem der<lb/>
Proze&#x017F;s des Schmelzens oder des Läuterns es erforderte. Die Schmel-<lb/>
zung verlief leicht und einfach. Das Eisen der ersten Blasewoche<lb/>
war graphitreicher, weshalb es zum Vergie&#x017F;sen verwendet wurde. In<lb/>
den darauf folgenden Wochen fiel bei normalem Betriebe ein halbiertes<lb/>
Roheisen, welches verfrischt wurde. Das ganze Hochofenpersonal be-<lb/>
stand aus dem Meister (Schmelzer), dem Stechknecht und zwei Auf-<lb/>
gebern.</p><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[203/0223] Hochöfen. gut Schmiede-Eisen macht und Eisern öfen geuſset, die da weit hinaus ins Oberland, als Franken, Schwaben u. s. w. verführet werden; dessen schon Agricola mit diesen Worten gedenket: „Ferrum laudatum et copiosum est Germanis, qui incolunt regionem quam Eifelam nominamus et quidam in ditione comitis Mander- scheiti, ubi et ferreae fornaces, quibus utimur in caldariis, conflantur.“ Die meisten dieser Eisenwerke lagen in dem sogenannten Schleidener Thal. Auf die ältesten Werke daselbst werden wir später noch zu sprechen kommen. Des eigentümlichen Betriebes, der sich bis zur Mitte unseres Jahrhunderts dort erhalten hat und unter dem Namen der „Schleidener Thals Arbeit“ bekannt war, müssen wir hier näherer Erwähnung thun, weil er in origineller Weise manche Eigen- tümlichkeiten des alten Stückofenbetriebes beibehalten hat. Wir teilen über denselben aus einem Aufsatze des Oberbergrats Fulda zu Bonn vom Jahre 1823 1) das Folgende mit: In der Hütte, welche noch den alten Namen Raidwerk führte, stand der Hochofen mit dem Hammer unter einem Dache. Zu jedem Hammer gehörten zwei Feuer, ein Frischfeuer und ein Wärmfeuer. Es wurde nur Roheisen zum Verfrischen erzeugt und auſser dem eigenen Bedarf an Hüttenguſs, nämlich Zacken, Boden u. s. w., kein Guſswerk angefertigt. Die Erze, welche verhüttet wurden, bestanden aus Thon- und Raseneisen- stein und aus braunem Glaskopf. Die Erze waren sehr leichtflüssig und bedurften keines Zuschlages von Kalk. Die Höhe des Ofeninneren betrug 19 Fuſs 3 Zoll. Die 3 Fuſs 6 Zoll hohe Rast hatte auf der hinteren Seite einen Neigungswinkel von 45 Grad, auf den drei übrigen Seiten von 60 Grad. Die Form lag geneigt, stach etwa ¼ Zoll auf den Fuſs in den Herd und ihr Rüssel war 2¼ Zoll breit und ⅞ Zoll hoch. Sie bestand aus vier geschmiedeten eisernen, aneinander geschobenen, aber fest zusammengreifenden Schienen, welche den Vorteil gewährten, durch die Verschiebung derselben die Formöffnung weiter oder enger stellen zu können, je nachdem der Prozeſs des Schmelzens oder des Läuterns es erforderte. Die Schmel- zung verlief leicht und einfach. Das Eisen der ersten Blasewoche war graphitreicher, weshalb es zum Vergieſsen verwendet wurde. In den darauf folgenden Wochen fiel bei normalem Betriebe ein halbiertes Roheisen, welches verfrischt wurde. Das ganze Hochofenpersonal be- stand aus dem Meister (Schmelzer), dem Stechknecht und zwei Auf- gebern. 1) Vergl. Karstens Archiv für Bergbau und Hüttenwesen, Bd. VII, S. 9.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/223
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/223>, abgerufen am 16.04.2024.