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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Hochöfen.
zu von drei bis sechs Zoll, so dass die Formwand um soviel der
Windseite zugeneigt war, die Windseite ebensoviel zurückwich. Der
Stellmeister nannte dies aus dem Winkel bauen und that dies aus
der Ursache, damit die Form während des Betriebes geschont werde,
was wohl nur so verstanden werden kann, dass infolge dieser schiefen
Stellung das schwerere Erz mehr vor der Form, die leichtere Kohle
mehr auf der Windseite niedergingen, dadurch der Fokus der Hitze
nicht so unmittelbar vor der Form lag. Nebenstehende Zeichnung
(Fig. 65) giebt das Profil eines solchen Ofens mit geschobener Ecke.
[Abbildung] Fig. 65.
Es ist die Abbildung des Grünebacher Hoch-
ofens im Amte Freusburg, aus den vierziger
Jahren dieses Jahrhunderts 1). Die Achsenlinie
des Gestelles fiel nicht mit der des Schachtes zu-
sammen. Der Ofen hatte eine Höhe von 203/4
Fuss. Die Gicht bildete ein verschobenes Vier-
eck von 26 auf 24 Zoll Seitenlänge; der Kohlen-
sack, der von der Form- zur Windseite etwas
geneigt ist, hat 7 Fuss auf 8 Fuss im Querschnitt.
Der Ofenschacht bildet demnach eine unregel-
mässige, abgestumpfte Pyramide, deren Grund-
fläche nicht in der horizontalen Ebene liegt.
Die Achse des Gestelles neigt sich gegen die
des Schachtes und liegt das Mittel des 4 Fuss
hohen Gestelles im Verhältnis von 10 : 4 der
Form näher als dem Schachtmittel. Das Ober-
gestell ist durch eine gekrümmte Fläche an
den Kohlensack angeschlossen. So entsteht
die eigentümlich verschobene Ofenform, die in der Zeichnung dar-
gestellt ist.

Die Form lag etwa 15 Zoll über dem Bodenstein und in der
Mitte, also 1 Fuss von der Rückwand und 1 Fuss vom Tümpel ab. --
Die Rast war ungefähr 2 Fuss hoch und machte mit der Horizontalen
einen Winkel zwischen 30 und 40 Grad.

Über den Betrieb der alten siegenschen Blasehütten im 15. und
16. Jahrhundert macht der erfahrene Becher mancherlei Mitteilungen,
die er hauptsächlich aus alten Rechnungen geschöpft hat. Im allge-
meinen stellt sich danach der Betrieb sowohl der Hütten- als der
Hammerwerke als ein noch sehr unvollkommener dar. Becher

1) Siehe Karsten, Eisenhüttenkunde, Tafel XXI, Fig. 6.

Hochöfen.
zu von drei bis sechs Zoll, so daſs die Formwand um soviel der
Windseite zugeneigt war, die Windseite ebensoviel zurückwich. Der
Stellmeister nannte dies aus dem Winkel bauen und that dies aus
der Ursache, damit die Form während des Betriebes geschont werde,
was wohl nur so verstanden werden kann, daſs infolge dieser schiefen
Stellung das schwerere Erz mehr vor der Form, die leichtere Kohle
mehr auf der Windseite niedergingen, dadurch der Fokus der Hitze
nicht so unmittelbar vor der Form lag. Nebenstehende Zeichnung
(Fig. 65) giebt das Profil eines solchen Ofens mit geschobener Ecke.
[Abbildung] Fig. 65.
Es ist die Abbildung des Grünebacher Hoch-
ofens im Amte Freusburg, aus den vierziger
Jahren dieses Jahrhunderts 1). Die Achsenlinie
des Gestelles fiel nicht mit der des Schachtes zu-
sammen. Der Ofen hatte eine Höhe von 20¾
Fuſs. Die Gicht bildete ein verschobenes Vier-
eck von 26 auf 24 Zoll Seitenlänge; der Kohlen-
sack, der von der Form- zur Windseite etwas
geneigt ist, hat 7 Fuſs auf 8 Fuſs im Querschnitt.
Der Ofenschacht bildet demnach eine unregel-
mäſsige, abgestumpfte Pyramide, deren Grund-
fläche nicht in der horizontalen Ebene liegt.
Die Achse des Gestelles neigt sich gegen die
des Schachtes und liegt das Mittel des 4 Fuſs
hohen Gestelles im Verhältnis von 10 : 4 der
Form näher als dem Schachtmittel. Das Ober-
gestell ist durch eine gekrümmte Fläche an
den Kohlensack angeschlossen. So entsteht
die eigentümlich verschobene Ofenform, die in der Zeichnung dar-
gestellt ist.

Die Form lag etwa 15 Zoll über dem Bodenstein und in der
Mitte, also 1 Fuſs von der Rückwand und 1 Fuſs vom Tümpel ab. —
Die Rast war ungefähr 2 Fuſs hoch und machte mit der Horizontalen
einen Winkel zwischen 30 und 40 Grad.

Über den Betrieb der alten siegenschen Blasehütten im 15. und
16. Jahrhundert macht der erfahrene Becher mancherlei Mitteilungen,
die er hauptsächlich aus alten Rechnungen geschöpft hat. Im allge-
meinen stellt sich danach der Betrieb sowohl der Hütten- als der
Hammerwerke als ein noch sehr unvollkommener dar. Becher

1) Siehe Karsten, Eisenhüttenkunde, Tafel XXI, Fig. 6.
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[197/0217] Hochöfen. zu von drei bis sechs Zoll, so daſs die Formwand um soviel der Windseite zugeneigt war, die Windseite ebensoviel zurückwich. Der Stellmeister nannte dies aus dem Winkel bauen und that dies aus der Ursache, damit die Form während des Betriebes geschont werde, was wohl nur so verstanden werden kann, daſs infolge dieser schiefen Stellung das schwerere Erz mehr vor der Form, die leichtere Kohle mehr auf der Windseite niedergingen, dadurch der Fokus der Hitze nicht so unmittelbar vor der Form lag. Nebenstehende Zeichnung (Fig. 65) giebt das Profil eines solchen Ofens mit geschobener Ecke. [Abbildung Fig. 65.] Es ist die Abbildung des Grünebacher Hoch- ofens im Amte Freusburg, aus den vierziger Jahren dieses Jahrhunderts 1). Die Achsenlinie des Gestelles fiel nicht mit der des Schachtes zu- sammen. Der Ofen hatte eine Höhe von 20¾ Fuſs. Die Gicht bildete ein verschobenes Vier- eck von 26 auf 24 Zoll Seitenlänge; der Kohlen- sack, der von der Form- zur Windseite etwas geneigt ist, hat 7 Fuſs auf 8 Fuſs im Querschnitt. Der Ofenschacht bildet demnach eine unregel- mäſsige, abgestumpfte Pyramide, deren Grund- fläche nicht in der horizontalen Ebene liegt. Die Achse des Gestelles neigt sich gegen die des Schachtes und liegt das Mittel des 4 Fuſs hohen Gestelles im Verhältnis von 10 : 4 der Form näher als dem Schachtmittel. Das Ober- gestell ist durch eine gekrümmte Fläche an den Kohlensack angeschlossen. So entsteht die eigentümlich verschobene Ofenform, die in der Zeichnung dar- gestellt ist. Die Form lag etwa 15 Zoll über dem Bodenstein und in der Mitte, also 1 Fuſs von der Rückwand und 1 Fuſs vom Tümpel ab. — Die Rast war ungefähr 2 Fuſs hoch und machte mit der Horizontalen einen Winkel zwischen 30 und 40 Grad. Über den Betrieb der alten siegenschen Blasehütten im 15. und 16. Jahrhundert macht der erfahrene Becher mancherlei Mitteilungen, die er hauptsächlich aus alten Rechnungen geschöpft hat. Im allge- meinen stellt sich danach der Betrieb sowohl der Hütten- als der Hammerwerke als ein noch sehr unvollkommener dar. Becher 1) Siehe Karsten, Eisenhüttenkunde, Tafel XXI, Fig. 6.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/217>, abgerufen am 24.04.2024.