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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Luppenschmiede.
aufrichten und waren nicht, wie die Stück- und Hochöfen, von einer
Wasserkraft abhängig. Allerdings war man zu Beginn des 16. Jahr-
hunderts auch bei dem Luppenfeuer vielfach zur Benutzung der
Wasserkraft, sowohl zur Bewegung der Blasebälge, als auch zu der
des Schmiedehammers übergegangen. Aber daneben standen noch viele
Luppenfeuer auf den Bergen in wald- und erzreichen Revieren, deren
Bälge mit Menschenhand oder vermittels eines Tretwerkes -- woher
die Bezeichnung "Trethütten" kommt -- bewegt, und deren Hämmer
nur von den kräftigen Armen des "Waldschmiedes" geschwungen
wurden.

Der Schmelzofen dieser Rennwerke, die man auch Zerennfeuer,
Luppenschmiede, Iserschmitten, Waldschmitten nannte, war ein ein-
facher Herd. Derselbe war in den meisten Fällen gemauert. Bei
leichtschmelzigen Erzen genügte sogar eine einfache Grube, die mit
losen Steinen, um die Kohlen zusammenzuhalten, umgeben wurde. So
war es beim Ausschmelzen der vorzüglichen Erze von Elba zu
Biringuccios Zeiten noch der Fall. Er sagt 1): "Die Erze von Elba
sind von solcher Güte, dass es, um das Eisen herausziehen und zu
seiner Reinheit zu bringen, nicht der Gewalt heftiger Feuer und vieler
Vorrichtungen bedarf, wie dies bei andern Erzen der Fall ist, sondern
indem man es einfach in einer Schmiede vor die Mündung des Blase-
balges bringt, schmelzt man bei einem ordentlichen Feuer ein sehr
weiches und leicht zu behandelndes Eisen aus, von dem man leicht
jedes beliebige Schmiedestück herstellen kann, wie wenn es Silber oder
ein anderes leicht zu verarbeitendes Metall wäre."

Wie ein solcher Luppenherd hergestellt wurde, beschreibt Birin-
guccio
folgendermassen:

"Die Erze, nachdem man sie zuvor in kleine Stücke von Nuss-
grösse zerbrochen hat, werden an dem dafür bestimmten Platze in
einem Haufen aufgefahren. Alsdann macht man um diesen Haufen
herum eine Einfriedigung (clausura) in Form eines Kreises aus dickeren
Erzstücken oder aus andern, tauben Steinen, die man nur dorthin
stellt, um die Kohlen und das Feuer zusammenzuhalten. Mit diesen
Kohlen bedeckt man aufs beste die zu reduzierenden Erze. Alsdann
lässt man die durch ein Wasserrad bewegten Bälge an und schmilzt
nur mit einem Feuer von acht bis zehn Stunden. Auf diese Art
reinigt man es von dem Erdigen, welches es enthält, und es verbleibt
das Eisen geläutert, in einer Masse, ähnlich einem Wachsklumpen,

1) Lib. I, Cap. VI.
Beck, Geschichte des Eisens. 10

Luppenschmiede.
aufrichten und waren nicht, wie die Stück- und Hochöfen, von einer
Wasserkraft abhängig. Allerdings war man zu Beginn des 16. Jahr-
hunderts auch bei dem Luppenfeuer vielfach zur Benutzung der
Wasserkraft, sowohl zur Bewegung der Blasebälge, als auch zu der
des Schmiedehammers übergegangen. Aber daneben standen noch viele
Luppenfeuer auf den Bergen in wald- und erzreichen Revieren, deren
Bälge mit Menschenhand oder vermittels eines Tretwerkes — woher
die Bezeichnung „Trethütten“ kommt — bewegt, und deren Hämmer
nur von den kräftigen Armen des „Waldschmiedes“ geschwungen
wurden.

Der Schmelzofen dieser Rennwerke, die man auch Zerennfeuer,
Luppenschmiede, Iserschmitten, Waldschmitten nannte, war ein ein-
facher Herd. Derselbe war in den meisten Fällen gemauert. Bei
leichtschmelzigen Erzen genügte sogar eine einfache Grube, die mit
losen Steinen, um die Kohlen zusammenzuhalten, umgeben wurde. So
war es beim Ausschmelzen der vorzüglichen Erze von Elba zu
Biringuccios Zeiten noch der Fall. Er sagt 1): „Die Erze von Elba
sind von solcher Güte, daſs es, um das Eisen herausziehen und zu
seiner Reinheit zu bringen, nicht der Gewalt heftiger Feuer und vieler
Vorrichtungen bedarf, wie dies bei andern Erzen der Fall ist, sondern
indem man es einfach in einer Schmiede vor die Mündung des Blase-
balges bringt, schmelzt man bei einem ordentlichen Feuer ein sehr
weiches und leicht zu behandelndes Eisen aus, von dem man leicht
jedes beliebige Schmiedestück herstellen kann, wie wenn es Silber oder
ein anderes leicht zu verarbeitendes Metall wäre.“

Wie ein solcher Luppenherd hergestellt wurde, beschreibt Birin-
guccio
folgendermaſsen:

„Die Erze, nachdem man sie zuvor in kleine Stücke von Nuſs-
gröſse zerbrochen hat, werden an dem dafür bestimmten Platze in
einem Haufen aufgefahren. Alsdann macht man um diesen Haufen
herum eine Einfriedigung (clausura) in Form eines Kreises aus dickeren
Erzstücken oder aus andern, tauben Steinen, die man nur dorthin
stellt, um die Kohlen und das Feuer zusammenzuhalten. Mit diesen
Kohlen bedeckt man aufs beste die zu reduzierenden Erze. Alsdann
läſst man die durch ein Wasserrad bewegten Bälge an und schmilzt
nur mit einem Feuer von acht bis zehn Stunden. Auf diese Art
reinigt man es von dem Erdigen, welches es enthält, und es verbleibt
das Eisen geläutert, in einer Masse, ähnlich einem Wachsklumpen,

1) Lib. I, Cap. VI.
Beck, Geschichte des Eisens. 10
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[145/0165] Luppenschmiede. aufrichten und waren nicht, wie die Stück- und Hochöfen, von einer Wasserkraft abhängig. Allerdings war man zu Beginn des 16. Jahr- hunderts auch bei dem Luppenfeuer vielfach zur Benutzung der Wasserkraft, sowohl zur Bewegung der Blasebälge, als auch zu der des Schmiedehammers übergegangen. Aber daneben standen noch viele Luppenfeuer auf den Bergen in wald- und erzreichen Revieren, deren Bälge mit Menschenhand oder vermittels eines Tretwerkes — woher die Bezeichnung „Trethütten“ kommt — bewegt, und deren Hämmer nur von den kräftigen Armen des „Waldschmiedes“ geschwungen wurden. Der Schmelzofen dieser Rennwerke, die man auch Zerennfeuer, Luppenschmiede, Iserschmitten, Waldschmitten nannte, war ein ein- facher Herd. Derselbe war in den meisten Fällen gemauert. Bei leichtschmelzigen Erzen genügte sogar eine einfache Grube, die mit losen Steinen, um die Kohlen zusammenzuhalten, umgeben wurde. So war es beim Ausschmelzen der vorzüglichen Erze von Elba zu Biringuccios Zeiten noch der Fall. Er sagt 1): „Die Erze von Elba sind von solcher Güte, daſs es, um das Eisen herausziehen und zu seiner Reinheit zu bringen, nicht der Gewalt heftiger Feuer und vieler Vorrichtungen bedarf, wie dies bei andern Erzen der Fall ist, sondern indem man es einfach in einer Schmiede vor die Mündung des Blase- balges bringt, schmelzt man bei einem ordentlichen Feuer ein sehr weiches und leicht zu behandelndes Eisen aus, von dem man leicht jedes beliebige Schmiedestück herstellen kann, wie wenn es Silber oder ein anderes leicht zu verarbeitendes Metall wäre.“ Wie ein solcher Luppenherd hergestellt wurde, beschreibt Birin- guccio folgendermaſsen: „Die Erze, nachdem man sie zuvor in kleine Stücke von Nuſs- gröſse zerbrochen hat, werden an dem dafür bestimmten Platze in einem Haufen aufgefahren. Alsdann macht man um diesen Haufen herum eine Einfriedigung (clausura) in Form eines Kreises aus dickeren Erzstücken oder aus andern, tauben Steinen, die man nur dorthin stellt, um die Kohlen und das Feuer zusammenzuhalten. Mit diesen Kohlen bedeckt man aufs beste die zu reduzierenden Erze. Alsdann läſst man die durch ein Wasserrad bewegten Bälge an und schmilzt nur mit einem Feuer von acht bis zehn Stunden. Auf diese Art reinigt man es von dem Erdigen, welches es enthält, und es verbleibt das Eisen geläutert, in einer Masse, ähnlich einem Wachsklumpen, 1) Lib. I, Cap. VI. Beck, Geschichte des Eisens. 10

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/165>, abgerufen am 19.04.2024.