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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Holzverkohlung, Steinkohlen und Torf.
Der älteste Bergbau wurde zu Zwickau betrieben. Derselbe war zu
Anfang des 15. Jahrhunderts bereits in starker Ausbeute, obgleich
damals das Klafter Holz nur sechs bis sieben Groschen kostete, die
Steinkohle also nur einen sehr niedrigen Preis haben konnte. Die
erste schriftliche Steinkohlenordnung für Zwickau wurde 1520 er-
lassen und zwar von den Besitzern, dem Stift Grünhain und dem
Ritter von der Planitz; 1532 folgte die erste und 1552 die zweite
kurfürstliche Kohlenordnung. Die Steinkohlen wurden schon früh
vielfach von den Schmieden benutzt. In den alten Schmiedeartikeln
vom Jahre 1348 heisst es: "daz sullet ir wizzen, daz alle smide, die
niederhalb der mur sitzen, mit nichte sullen smiden mit steinkolen" 1).

Bei Wettin im Saalkreise wurden 1466 Steinkohlen entdeckt. Dass
die Kohlen von Potschappel bei Dresden und die böhmischen Braun-
kohlen im 16. Jahrhundert bereits bekannt waren und benutzt wurden,
geht aus Kentmanns Mineralogie hervor, der die ersteren als Bitu-
men Bohemicum, die andern als carbones bituminosi et fossiles non
procul Dresdae anführt. Der Grubenbetrieb auf die Braunkohlen auf
dem Meissner in Hessen, die aber ebenfalls Steinkohlen ähnlich sind,
wurde unter Landgraf Wilhelm IV. von Hessen-Kassel im Jahre 1578
von dem bekannten "Pfarrer, Salzgreven und Holzvoigt" von Allen-
dorf, Johannes Rhenanus, eröffnet 2). Schon 1571 hatte der Land-
graf auf einen Bericht des Rhenanus über das Kohlenvorkommen
am Meissner geantwortet, dass er gewillt sei, zum Besten seiner armen
Unterthanen das Kohlenbergwerk zu bauen. Rhenanus benutzte die
Kohle hauptsächlich zum Salzsieden. Er stiess dabei aber auf Schwie-
rigkeiten und liess deshalb 1588 -- was damals noch etwas Neues
war -- einen eisernen Rost anfertigen. Auch Roste von "gebackenen
Steinen" für Holz- und Kohlenfeuer konstruierte er, woraus hervor-
zugehen scheint, dass man das Holz vordem noch ohne Rost ver-
brannt hatte.

Über das Wesen und die Entstehung der Steinkohlen herrschten
bereits im 16. Jahrhundert Meinungsverschiedenheiten, zumeist darüber,
ob die Kohle, wie die Theologen wollten, etwas Fertiges, mit der Erde zu-
gleich Erschaffenes oder etwas nachträglich Entstandenes, ähnlich den
organischen Wesen sei. Die meisten Naturforscher dieser Periode
halten die Steinkohle für ein eingetrocknetes Harz. Georg Agri-
cola
3) ist der Meinung, dass die Steinkohle ein fetter, harziger, mit

1) Siehe D. Herzog, Geschichte des Zwickauer Steinkohlenbergbaues. Dresden
1852, S. 3.
2) Siehe H. Cramer, Johannes Rhenanus, 1879, S. 36.
3) De
natura fossilium, Lib. IV.

Holzverkohlung, Steinkohlen und Torf.
Der älteste Bergbau wurde zu Zwickau betrieben. Derselbe war zu
Anfang des 15. Jahrhunderts bereits in starker Ausbeute, obgleich
damals das Klafter Holz nur sechs bis sieben Groschen kostete, die
Steinkohle also nur einen sehr niedrigen Preis haben konnte. Die
erste schriftliche Steinkohlenordnung für Zwickau wurde 1520 er-
lassen und zwar von den Besitzern, dem Stift Grünhain und dem
Ritter von der Planitz; 1532 folgte die erste und 1552 die zweite
kurfürstliche Kohlenordnung. Die Steinkohlen wurden schon früh
vielfach von den Schmieden benutzt. In den alten Schmiedeartikeln
vom Jahre 1348 heiſst es: „daz sullet ir wizzen, daz alle smide, die
niederhalb der mur sitzen, mit nichte sullen smiden mit steinkolen“ 1).

Bei Wettin im Saalkreise wurden 1466 Steinkohlen entdeckt. Daſs
die Kohlen von Potschappel bei Dresden und die böhmischen Braun-
kohlen im 16. Jahrhundert bereits bekannt waren und benutzt wurden,
geht aus Kentmanns Mineralogie hervor, der die ersteren als Bitu-
men Bohemicum, die andern als carbones bituminosi et fossiles non
procul Dresdae anführt. Der Grubenbetrieb auf die Braunkohlen auf
dem Meiſsner in Hessen, die aber ebenfalls Steinkohlen ähnlich sind,
wurde unter Landgraf Wilhelm IV. von Hessen-Kassel im Jahre 1578
von dem bekannten „Pfarrer, Salzgreven und Holzvoigt“ von Allen-
dorf, Johannes Rhenanus, eröffnet 2). Schon 1571 hatte der Land-
graf auf einen Bericht des Rhenanus über das Kohlenvorkommen
am Meiſsner geantwortet, daſs er gewillt sei, zum Besten seiner armen
Unterthanen das Kohlenbergwerk zu bauen. Rhenanus benutzte die
Kohle hauptsächlich zum Salzsieden. Er stieſs dabei aber auf Schwie-
rigkeiten und lieſs deshalb 1588 — was damals noch etwas Neues
war — einen eisernen Rost anfertigen. Auch Roste von „gebackenen
Steinen“ für Holz- und Kohlenfeuer konstruierte er, woraus hervor-
zugehen scheint, daſs man das Holz vordem noch ohne Rost ver-
brannt hatte.

Über das Wesen und die Entstehung der Steinkohlen herrschten
bereits im 16. Jahrhundert Meinungsverschiedenheiten, zumeist darüber,
ob die Kohle, wie die Theologen wollten, etwas Fertiges, mit der Erde zu-
gleich Erschaffenes oder etwas nachträglich Entstandenes, ähnlich den
organischen Wesen sei. Die meisten Naturforscher dieser Periode
halten die Steinkohle für ein eingetrocknetes Harz. Georg Agri-
cola
3) ist der Meinung, daſs die Steinkohle ein fetter, harziger, mit

1) Siehe D. Herzog, Geschichte des Zwickauer Steinkohlenbergbaues. Dresden
1852, S. 3.
2) Siehe H. Cramer, Johannes Rhenanus, 1879, S. 36.
3) De
natura fossilium, Lib. IV.
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[103/0123] Holzverkohlung, Steinkohlen und Torf. Der älteste Bergbau wurde zu Zwickau betrieben. Derselbe war zu Anfang des 15. Jahrhunderts bereits in starker Ausbeute, obgleich damals das Klafter Holz nur sechs bis sieben Groschen kostete, die Steinkohle also nur einen sehr niedrigen Preis haben konnte. Die erste schriftliche Steinkohlenordnung für Zwickau wurde 1520 er- lassen und zwar von den Besitzern, dem Stift Grünhain und dem Ritter von der Planitz; 1532 folgte die erste und 1552 die zweite kurfürstliche Kohlenordnung. Die Steinkohlen wurden schon früh vielfach von den Schmieden benutzt. In den alten Schmiedeartikeln vom Jahre 1348 heiſst es: „daz sullet ir wizzen, daz alle smide, die niederhalb der mur sitzen, mit nichte sullen smiden mit steinkolen“ 1). Bei Wettin im Saalkreise wurden 1466 Steinkohlen entdeckt. Daſs die Kohlen von Potschappel bei Dresden und die böhmischen Braun- kohlen im 16. Jahrhundert bereits bekannt waren und benutzt wurden, geht aus Kentmanns Mineralogie hervor, der die ersteren als Bitu- men Bohemicum, die andern als carbones bituminosi et fossiles non procul Dresdae anführt. Der Grubenbetrieb auf die Braunkohlen auf dem Meiſsner in Hessen, die aber ebenfalls Steinkohlen ähnlich sind, wurde unter Landgraf Wilhelm IV. von Hessen-Kassel im Jahre 1578 von dem bekannten „Pfarrer, Salzgreven und Holzvoigt“ von Allen- dorf, Johannes Rhenanus, eröffnet 2). Schon 1571 hatte der Land- graf auf einen Bericht des Rhenanus über das Kohlenvorkommen am Meiſsner geantwortet, daſs er gewillt sei, zum Besten seiner armen Unterthanen das Kohlenbergwerk zu bauen. Rhenanus benutzte die Kohle hauptsächlich zum Salzsieden. Er stieſs dabei aber auf Schwie- rigkeiten und lieſs deshalb 1588 — was damals noch etwas Neues war — einen eisernen Rost anfertigen. Auch Roste von „gebackenen Steinen“ für Holz- und Kohlenfeuer konstruierte er, woraus hervor- zugehen scheint, daſs man das Holz vordem noch ohne Rost ver- brannt hatte. Über das Wesen und die Entstehung der Steinkohlen herrschten bereits im 16. Jahrhundert Meinungsverschiedenheiten, zumeist darüber, ob die Kohle, wie die Theologen wollten, etwas Fertiges, mit der Erde zu- gleich Erschaffenes oder etwas nachträglich Entstandenes, ähnlich den organischen Wesen sei. Die meisten Naturforscher dieser Periode halten die Steinkohle für ein eingetrocknetes Harz. Georg Agri- cola 3) ist der Meinung, daſs die Steinkohle ein fetter, harziger, mit 1) Siehe D. Herzog, Geschichte des Zwickauer Steinkohlenbergbaues. Dresden 1852, S. 3. 2) Siehe H. Cramer, Johannes Rhenanus, 1879, S. 36. 3) De natura fossilium, Lib. IV.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/123>, abgerufen am 29.03.2024.