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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Holzverkohlung, Steinkohlen und Torf.
trieben wurde wie heutzutage, und wie dies wohl auch schon 2000
Jahre zuvor der Fall war, was sich aus dem, was Theophrast und
Plinius darüber mitgeteilt haben, schliessen lässt.

Die Köhlerei ist ein nur auf Erfahrung beruhendes Gewerbe, um
das sich die Spekulation in früheren Perioden nicht bekümmerte,
und welches die Theorie, die sich seit kaum mehr als einem Jahr-
hundert damit befasst hat, auch nicht mehr wesentlich fördern konnte.
Vanuccio gebührt aber das Verdienst, den technisch hochwichtigen
Vorgang bei der Holzverkohlung zuerst eingehend, klar und ausführ-
lich beschrieben zu haben: und wie keine frühere Schilderung existiert,
die dieser an die Seite gestellt werden könnte, so ist auch in den
folgenden 200 Jahren bis zu Wallners Schrift über die schwedische
Holzverkohlung (1740) nichts Ausführliches darüber veröffentlicht
worden. Wir finden nur in einzelnen Werken, wie in Garzonis
Schauplatz (113. Gespräch) Auszüge aus Biringuccio. Sehr mit
Unrecht wird in der einschlägigen Fachlitteratur auf diesen Auszug,
der zum Teil ein wörtlicher Abdruck ist, öfter hingewiesen, während
ich die viel gediegenere, umfangreichere Quelle in der Pyrotechnia
nirgends erwähnt gefunden habe. Über die Grubenverkohlung, wahr-
scheinlich die älteste Art der Verkohlung, die aber in Deutschland
und in Nordeuropa jetzt ganz ungebräuchlich ist, besitzen wir über-
haupt keine besseren Nachrichten, als die oben angeführten. Aus der
beigefügten Abbildung, Fig. 11, geht hervor, dass bei diesem Verfahren
nicht zugerichtetes Scheitholz, sondern Astholz und Wurzelstücke
verkohlt wurden, denn solche trägt der Köhler auf der linken Seite
in die Grube ein, der Knabe rechts hält einen ziemlich geraden Ast,
der jedenfalls als Quandel dienen soll, um den oben beschriebenen
mittleren Zugkanal herzustellen. Aus der Abbildung der in Brand
befindlichen Grube erkennen wir, dass das Holz noch über der Grube
aufgehäuft war. Die Grubenkohlen sind, wie oben erwähnt, hart und
zu vielen Zwecken nicht zu gebrauchen, auch fallen viele schlechte
Brände, und ist der Abbrand bei ihrer Herstellung grösser als in Meilern;
aber sie lassen sich leicht und rasch herstellen, und wenn Garzoni
erzählt, dass die Kohlenträger, die er unter die Klasse der Fachini
rechnet, und welche zu seiner Zeit die Holzkohlen für die Küchen und
die Schmiede hausierend in den italienischen Städten herumtrugen,
ihre Kohlen häufig selbst machten, so lässt sich vermuten, dass dies auf
dem einfachen und raschen Wege der Grubenverkohlung geschah.

Die Verwendung der Steinkohlen war zu Anfang des 16. Jahr-
hunderts noch eine sehr beschränkte. Doch wurden sie in den Gegen-

Holzverkohlung, Steinkohlen und Torf.
trieben wurde wie heutzutage, und wie dies wohl auch schon 2000
Jahre zuvor der Fall war, was sich aus dem, was Theophrast und
Plinius darüber mitgeteilt haben, schlieſsen läſst.

Die Köhlerei ist ein nur auf Erfahrung beruhendes Gewerbe, um
das sich die Spekulation in früheren Perioden nicht bekümmerte,
und welches die Theorie, die sich seit kaum mehr als einem Jahr-
hundert damit befaſst hat, auch nicht mehr wesentlich fördern konnte.
Vanuccio gebührt aber das Verdienst, den technisch hochwichtigen
Vorgang bei der Holzverkohlung zuerst eingehend, klar und ausführ-
lich beschrieben zu haben: und wie keine frühere Schilderung existiert,
die dieser an die Seite gestellt werden könnte, so ist auch in den
folgenden 200 Jahren bis zu Wallners Schrift über die schwedische
Holzverkohlung (1740) nichts Ausführliches darüber veröffentlicht
worden. Wir finden nur in einzelnen Werken, wie in Garzonis
Schauplatz (113. Gespräch) Auszüge aus Biringuccio. Sehr mit
Unrecht wird in der einschlägigen Fachlitteratur auf diesen Auszug,
der zum Teil ein wörtlicher Abdruck ist, öfter hingewiesen, während
ich die viel gediegenere, umfangreichere Quelle in der Pyrotechnia
nirgends erwähnt gefunden habe. Über die Grubenverkohlung, wahr-
scheinlich die älteste Art der Verkohlung, die aber in Deutschland
und in Nordeuropa jetzt ganz ungebräuchlich ist, besitzen wir über-
haupt keine besseren Nachrichten, als die oben angeführten. Aus der
beigefügten Abbildung, Fig. 11, geht hervor, daſs bei diesem Verfahren
nicht zugerichtetes Scheitholz, sondern Astholz und Wurzelstücke
verkohlt wurden, denn solche trägt der Köhler auf der linken Seite
in die Grube ein, der Knabe rechts hält einen ziemlich geraden Ast,
der jedenfalls als Quandel dienen soll, um den oben beschriebenen
mittleren Zugkanal herzustellen. Aus der Abbildung der in Brand
befindlichen Grube erkennen wir, daſs das Holz noch über der Grube
aufgehäuft war. Die Grubenkohlen sind, wie oben erwähnt, hart und
zu vielen Zwecken nicht zu gebrauchen, auch fallen viele schlechte
Brände, und ist der Abbrand bei ihrer Herstellung gröſser als in Meilern;
aber sie lassen sich leicht und rasch herstellen, und wenn Garzoni
erzählt, daſs die Kohlenträger, die er unter die Klasse der Fachini
rechnet, und welche zu seiner Zeit die Holzkohlen für die Küchen und
die Schmiede hausierend in den italienischen Städten herumtrugen,
ihre Kohlen häufig selbst machten, so läſst sich vermuten, daſs dies auf
dem einfachen und raschen Wege der Grubenverkohlung geschah.

Die Verwendung der Steinkohlen war zu Anfang des 16. Jahr-
hunderts noch eine sehr beschränkte. Doch wurden sie in den Gegen-

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[100/0120] Holzverkohlung, Steinkohlen und Torf. trieben wurde wie heutzutage, und wie dies wohl auch schon 2000 Jahre zuvor der Fall war, was sich aus dem, was Theophrast und Plinius darüber mitgeteilt haben, schlieſsen läſst. Die Köhlerei ist ein nur auf Erfahrung beruhendes Gewerbe, um das sich die Spekulation in früheren Perioden nicht bekümmerte, und welches die Theorie, die sich seit kaum mehr als einem Jahr- hundert damit befaſst hat, auch nicht mehr wesentlich fördern konnte. Vanuccio gebührt aber das Verdienst, den technisch hochwichtigen Vorgang bei der Holzverkohlung zuerst eingehend, klar und ausführ- lich beschrieben zu haben: und wie keine frühere Schilderung existiert, die dieser an die Seite gestellt werden könnte, so ist auch in den folgenden 200 Jahren bis zu Wallners Schrift über die schwedische Holzverkohlung (1740) nichts Ausführliches darüber veröffentlicht worden. Wir finden nur in einzelnen Werken, wie in Garzonis Schauplatz (113. Gespräch) Auszüge aus Biringuccio. Sehr mit Unrecht wird in der einschlägigen Fachlitteratur auf diesen Auszug, der zum Teil ein wörtlicher Abdruck ist, öfter hingewiesen, während ich die viel gediegenere, umfangreichere Quelle in der Pyrotechnia nirgends erwähnt gefunden habe. Über die Grubenverkohlung, wahr- scheinlich die älteste Art der Verkohlung, die aber in Deutschland und in Nordeuropa jetzt ganz ungebräuchlich ist, besitzen wir über- haupt keine besseren Nachrichten, als die oben angeführten. Aus der beigefügten Abbildung, Fig. 11, geht hervor, daſs bei diesem Verfahren nicht zugerichtetes Scheitholz, sondern Astholz und Wurzelstücke verkohlt wurden, denn solche trägt der Köhler auf der linken Seite in die Grube ein, der Knabe rechts hält einen ziemlich geraden Ast, der jedenfalls als Quandel dienen soll, um den oben beschriebenen mittleren Zugkanal herzustellen. Aus der Abbildung der in Brand befindlichen Grube erkennen wir, daſs das Holz noch über der Grube aufgehäuft war. Die Grubenkohlen sind, wie oben erwähnt, hart und zu vielen Zwecken nicht zu gebrauchen, auch fallen viele schlechte Brände, und ist der Abbrand bei ihrer Herstellung gröſser als in Meilern; aber sie lassen sich leicht und rasch herstellen, und wenn Garzoni erzählt, daſs die Kohlenträger, die er unter die Klasse der Fachini rechnet, und welche zu seiner Zeit die Holzkohlen für die Küchen und die Schmiede hausierend in den italienischen Städten herumtrugen, ihre Kohlen häufig selbst machten, so läſst sich vermuten, daſs dies auf dem einfachen und raschen Wege der Grubenverkohlung geschah. Die Verwendung der Steinkohlen war zu Anfang des 16. Jahr- hunderts noch eine sehr beschränkte. Doch wurden sie in den Gegen-

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/120>, abgerufen am 24.04.2024.