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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Rösten der Erze.
sinterte und schon eine teilweise Reduktion eintrat. Das Nähere
hierüber findet sich im ersten Teile, S. 785.

Hatte das Rösten nur den Zweck, allzu feste Erze mürbe zu machen,
aufzulockern, so war jetzt vor dem Einschmelzen nur noch ein Zer-
klopfen nötig; handelte es sich aber um die Oxydation beigemengter
schwefel- oder arsenikhaltiger Kiese oder Glanze, oder auch von
Phosphorverbindungen, so folgte der Röstung ein Abwässern und
Auslaugen. Dies konnte durch Einleiten von Wasser in die Röst-
stadel, wie dies in der Zeichnung von Agricola, Fig. 9, dargestellt
ist, geschehen, oder durch Ausbreiten im Freien, wonach dann der
Regen die Auflösung und Wegführung der schädlichen Salze bewirkte,
oder durch Behandlung in besondern Wässerungskasten, die etwa
3 m breit und 6 m lang waren und 5 bis 10 t fassten. Die Erz-
haufen blieben ein bis drei Jahre an der Luft liegen, wobei immer
wieder von Zeit zu Zeit Wasser darauf geleitet wurde, ehe sie zur
Verwendung in den Schmelzofen kamen.

Man kann das künstliche Rösten und Abwässern durch die lang-
same, aber lange fortgesetzte Einwirkung der Atmosphärilien, also
durch das Verwittern an der Luft ersetzen. Dieses geschah viel-
fach bei Spateisensteinen, die man auf diese Weise "reif" werden
liess. Freilich müssten die Erze dann viele Jahre auf der Halde
liegen, ehe sie verschmolzen werden konnten, und da dies grosses
Betriebskapital erfordert, so kommt dieses Verfahren heutzutage, wo
man bestrebt ist, alle Prozesse möglichst abzukürzen, um die Produk-
tion zu erhöhen, nur noch ausnahmsweise in Anwendung.

Wiederholtes Rösten und Auslaugenlassen durch den Regen
empfiehlt Biringuccio als die beste Vorbereitung. Er beschreibt
dies (Pyrotechnia, Lib. I, Cap. VI) also: "Nachdem die Erze am
offenen Feuer halb geröstet sind, und Regengüsse sie benetzt, und
die Sonne sie wieder getrocknet haben, lässt sie der ""Sortierer""
eine Zeitlang liegen. Ehe er sie dann zum zweitenmal ganz klein zum
Röstofen bringt, sieht er sie Stück für Stück durch, indem er nun
das aussondert, was äusserlich die Spur eines andern Metalles zeigt.
Wenn er sie dann röstet und wieder röstet, und sie gut ausdampfen
lässt, ehe er sie einschmilzt, so erhält er ein gutes Eisen u. s. w."

Nun war das Erz so weit vorbereitet, dass es verschmolzen werden
konnte. Selten aber waren die Erze so zusammengesetzt, dass dies
ohne weiteres ohne Zusätze, welche die Schmelzung beförderten, also
ohne sogenannte Zuschläge geschehen konnte. Da die Gangart in
den meisten Fällen eine kieselige oder thonige, d. h. eine saure war,

Rösten der Erze.
sinterte und schon eine teilweise Reduktion eintrat. Das Nähere
hierüber findet sich im ersten Teile, S. 785.

Hatte das Rösten nur den Zweck, allzu feste Erze mürbe zu machen,
aufzulockern, so war jetzt vor dem Einschmelzen nur noch ein Zer-
klopfen nötig; handelte es sich aber um die Oxydation beigemengter
schwefel- oder arsenikhaltiger Kiese oder Glanze, oder auch von
Phosphorverbindungen, so folgte der Röstung ein Abwässern und
Auslaugen. Dies konnte durch Einleiten von Wasser in die Röst-
stadel, wie dies in der Zeichnung von Agricola, Fig. 9, dargestellt
ist, geschehen, oder durch Ausbreiten im Freien, wonach dann der
Regen die Auflösung und Wegführung der schädlichen Salze bewirkte,
oder durch Behandlung in besondern Wässerungskasten, die etwa
3 m breit und 6 m lang waren und 5 bis 10 t faſsten. Die Erz-
haufen blieben ein bis drei Jahre an der Luft liegen, wobei immer
wieder von Zeit zu Zeit Wasser darauf geleitet wurde, ehe sie zur
Verwendung in den Schmelzofen kamen.

Man kann das künstliche Rösten und Abwässern durch die lang-
same, aber lange fortgesetzte Einwirkung der Atmosphärilien, also
durch das Verwittern an der Luft ersetzen. Dieses geschah viel-
fach bei Spateisensteinen, die man auf diese Weise „reif“ werden
lieſs. Freilich müſsten die Erze dann viele Jahre auf der Halde
liegen, ehe sie verschmolzen werden konnten, und da dies groſses
Betriebskapital erfordert, so kommt dieses Verfahren heutzutage, wo
man bestrebt ist, alle Prozesse möglichst abzukürzen, um die Produk-
tion zu erhöhen, nur noch ausnahmsweise in Anwendung.

Wiederholtes Rösten und Auslaugenlassen durch den Regen
empfiehlt Biringuccio als die beste Vorbereitung. Er beschreibt
dies (Pyrotechnia, Lib. I, Cap. VI) also: „Nachdem die Erze am
offenen Feuer halb geröstet sind, und Regengüsse sie benetzt, und
die Sonne sie wieder getrocknet haben, läſst sie der „„Sortierer““
eine Zeitlang liegen. Ehe er sie dann zum zweitenmal ganz klein zum
Röstofen bringt, sieht er sie Stück für Stück durch, indem er nun
das aussondert, was äuſserlich die Spur eines andern Metalles zeigt.
Wenn er sie dann röstet und wieder röstet, und sie gut ausdampfen
läſst, ehe er sie einschmilzt, so erhält er ein gutes Eisen u. s. w.“

Nun war das Erz so weit vorbereitet, daſs es verschmolzen werden
konnte. Selten aber waren die Erze so zusammengesetzt, daſs dies
ohne weiteres ohne Zusätze, welche die Schmelzung beförderten, also
ohne sogenannte Zuschläge geschehen konnte. Da die Gangart in
den meisten Fällen eine kieselige oder thonige, d. h. eine saure war,

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[93/0113] Rösten der Erze. sinterte und schon eine teilweise Reduktion eintrat. Das Nähere hierüber findet sich im ersten Teile, S. 785. Hatte das Rösten nur den Zweck, allzu feste Erze mürbe zu machen, aufzulockern, so war jetzt vor dem Einschmelzen nur noch ein Zer- klopfen nötig; handelte es sich aber um die Oxydation beigemengter schwefel- oder arsenikhaltiger Kiese oder Glanze, oder auch von Phosphorverbindungen, so folgte der Röstung ein Abwässern und Auslaugen. Dies konnte durch Einleiten von Wasser in die Röst- stadel, wie dies in der Zeichnung von Agricola, Fig. 9, dargestellt ist, geschehen, oder durch Ausbreiten im Freien, wonach dann der Regen die Auflösung und Wegführung der schädlichen Salze bewirkte, oder durch Behandlung in besondern Wässerungskasten, die etwa 3 m breit und 6 m lang waren und 5 bis 10 t faſsten. Die Erz- haufen blieben ein bis drei Jahre an der Luft liegen, wobei immer wieder von Zeit zu Zeit Wasser darauf geleitet wurde, ehe sie zur Verwendung in den Schmelzofen kamen. Man kann das künstliche Rösten und Abwässern durch die lang- same, aber lange fortgesetzte Einwirkung der Atmosphärilien, also durch das Verwittern an der Luft ersetzen. Dieses geschah viel- fach bei Spateisensteinen, die man auf diese Weise „reif“ werden lieſs. Freilich müſsten die Erze dann viele Jahre auf der Halde liegen, ehe sie verschmolzen werden konnten, und da dies groſses Betriebskapital erfordert, so kommt dieses Verfahren heutzutage, wo man bestrebt ist, alle Prozesse möglichst abzukürzen, um die Produk- tion zu erhöhen, nur noch ausnahmsweise in Anwendung. Wiederholtes Rösten und Auslaugenlassen durch den Regen empfiehlt Biringuccio als die beste Vorbereitung. Er beschreibt dies (Pyrotechnia, Lib. I, Cap. VI) also: „Nachdem die Erze am offenen Feuer halb geröstet sind, und Regengüsse sie benetzt, und die Sonne sie wieder getrocknet haben, läſst sie der „„Sortierer““ eine Zeitlang liegen. Ehe er sie dann zum zweitenmal ganz klein zum Röstofen bringt, sieht er sie Stück für Stück durch, indem er nun das aussondert, was äuſserlich die Spur eines andern Metalles zeigt. Wenn er sie dann röstet und wieder röstet, und sie gut ausdampfen läſst, ehe er sie einschmilzt, so erhält er ein gutes Eisen u. s. w.“ Nun war das Erz so weit vorbereitet, daſs es verschmolzen werden konnte. Selten aber waren die Erze so zusammengesetzt, daſs dies ohne weiteres ohne Zusätze, welche die Schmelzung beförderten, also ohne sogenannte Zuschläge geschehen konnte. Da die Gangart in den meisten Fällen eine kieselige oder thonige, d. h. eine saure war,

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/113>, abgerufen am 23.04.2024.