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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Eisen, Eisenerze, Probieren der Erze und Aufbereitung.
und Erdhaufen entstanden, die denen der Maulwürfe ("Moll") ähnlich
waren, welche "Mollhügel" hiessen, so nannte man diese Art der Erz-
gewinnung "moltern" und das Erz Moltererz 1). Diese Art der Ge-
winnung stand dem Grundbesitzer frei und war nicht von einer Be-
lehnung oder Mutung abhängig. Nachdem auf einem Grundstück
der Molterstein gewonnen war, wurden die Gräben zugeworfen und
der Acker wieder bestellt. In ähnlicher Weise geschah die Gewinnung
der Rasenerze in Norddeutschland, Holland u. s. w. Agricola be-
richtet 2), dass man bei der Gewinnung der Wiesenerze in Schlesien
zwei Fuss tiefe Schurfgräben aufwerfe. Tiefer dürfe man wegen dem
Grundwasser nicht niedergehen, doch wüchse das Erz nach, so dass
es nach zehn Jahren von neuem gegraben werden könne.

Wie das Seeerz in Schweden gewonnen wurde, haben wir aus-
führlich im ersten Bande beschrieben 3). Wo mächtige Erzlager waren,
enstanden grössere Tagebaue, wie schon in ältester Zeit auf der Insel
Elba, am Erzberg bei Eisenärz, zu Hüttenberg in Kärnten u. s. w.
Aber auch durch regelmässigen Gangbergbau wurden schon im Mittel-
alter die Eisenlager ausgebeutet, und in der zweiten Hälfte des
15. Jahrhunderts nahm der Bergbau einen so allgemeinen Aufschwung,
dass auch viele grössere Eisenerzlager durch regelrechte Stollen,
Schächte und Strecken erschlossen und abgebaut wurden.

Die Anwendung von Wasserrädern als Bewegungsmaschinen für
kräftige Pumpwerke ermöglichten erst den eigentlichen Tiefbau, den
Abbau unter der Stollensohle.

Die Eisensteinbergwerke wurden indes zu Anfang des 16. Jahr-
hunderts meistens noch ausschliesslich nur über der Thalsohle mit
Stollenbetrieb abgebaut, Tiefbau war für den geringpreisigen Eisen-
stein damals noch zu kostspielig. -- Regelmässiger Streckenbergbau
auf Eisenerze fand besonders in Gebirgsgegenden statt. Im Harz ist
er sehr alt. Als man im Jahre 1795 den alten Stollen der Vollmer-
grube zwischen Elbingerode und Wernigerode, der winkelig, eng und
nur durch Schrämmarbeit hergestellt war, aufräumte und erweiterte,
fand man die Jahreszahl 1227 im Gestein eingehauen. An den mäch-
tigsten und bekanntesten Erzstöcken ging man schon früh vom Tage-
bau zum Stollenbau über, so ausser am Harz im Stahlberg bei Müsen
im Siegerlande, am Erzberg bei Eisenärz, in Sulzbach und an vielen
andern Orten.


1) L. W. Cramer, Vom Berg-, Hütten- und Hammerwesen in den Nassau-
Usingischen Landen, 1805, S. 86 f.
2) Siehe oben S. 39.
3) Siehe Bd. I, S. 808.

Eisen, Eisenerze, Probieren der Erze und Aufbereitung.
und Erdhaufen entstanden, die denen der Maulwürfe („Moll“) ähnlich
waren, welche „Mollhügel“ hieſsen, so nannte man diese Art der Erz-
gewinnung „moltern“ und das Erz Moltererz 1). Diese Art der Ge-
winnung stand dem Grundbesitzer frei und war nicht von einer Be-
lehnung oder Mutung abhängig. Nachdem auf einem Grundstück
der Molterstein gewonnen war, wurden die Gräben zugeworfen und
der Acker wieder bestellt. In ähnlicher Weise geschah die Gewinnung
der Rasenerze in Norddeutschland, Holland u. s. w. Agricola be-
richtet 2), daſs man bei der Gewinnung der Wiesenerze in Schlesien
zwei Fuſs tiefe Schurfgräben aufwerfe. Tiefer dürfe man wegen dem
Grundwasser nicht niedergehen, doch wüchse das Erz nach, so daſs
es nach zehn Jahren von neuem gegraben werden könne.

Wie das Seeerz in Schweden gewonnen wurde, haben wir aus-
führlich im ersten Bande beschrieben 3). Wo mächtige Erzlager waren,
enstanden gröſsere Tagebaue, wie schon in ältester Zeit auf der Insel
Elba, am Erzberg bei Eisenärz, zu Hüttenberg in Kärnten u. s. w.
Aber auch durch regelmäſsigen Gangbergbau wurden schon im Mittel-
alter die Eisenlager ausgebeutet, und in der zweiten Hälfte des
15. Jahrhunderts nahm der Bergbau einen so allgemeinen Aufschwung,
daſs auch viele gröſsere Eisenerzlager durch regelrechte Stollen,
Schächte und Strecken erschlossen und abgebaut wurden.

Die Anwendung von Wasserrädern als Bewegungsmaschinen für
kräftige Pumpwerke ermöglichten erst den eigentlichen Tiefbau, den
Abbau unter der Stollensohle.

Die Eisensteinbergwerke wurden indes zu Anfang des 16. Jahr-
hunderts meistens noch ausschlieſslich nur über der Thalsohle mit
Stollenbetrieb abgebaut, Tiefbau war für den geringpreisigen Eisen-
stein damals noch zu kostspielig. — Regelmäſsiger Streckenbergbau
auf Eisenerze fand besonders in Gebirgsgegenden statt. Im Harz ist
er sehr alt. Als man im Jahre 1795 den alten Stollen der Vollmer-
grube zwischen Elbingerode und Wernigerode, der winkelig, eng und
nur durch Schrämmarbeit hergestellt war, aufräumte und erweiterte,
fand man die Jahreszahl 1227 im Gestein eingehauen. An den mäch-
tigsten und bekanntesten Erzstöcken ging man schon früh vom Tage-
bau zum Stollenbau über, so auſser am Harz im Stahlberg bei Müsen
im Siegerlande, am Erzberg bei Eisenärz, in Sulzbach und an vielen
andern Orten.


1) L. W. Cramer, Vom Berg-, Hütten- und Hammerwesen in den Nassau-
Usingischen Landen, 1805, S. 86 f.
2) Siehe oben S. 39.
3) Siehe Bd. I, S. 808.
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[80/0100] Eisen, Eisenerze, Probieren der Erze und Aufbereitung. und Erdhaufen entstanden, die denen der Maulwürfe („Moll“) ähnlich waren, welche „Mollhügel“ hieſsen, so nannte man diese Art der Erz- gewinnung „moltern“ und das Erz Moltererz 1). Diese Art der Ge- winnung stand dem Grundbesitzer frei und war nicht von einer Be- lehnung oder Mutung abhängig. Nachdem auf einem Grundstück der Molterstein gewonnen war, wurden die Gräben zugeworfen und der Acker wieder bestellt. In ähnlicher Weise geschah die Gewinnung der Rasenerze in Norddeutschland, Holland u. s. w. Agricola be- richtet 2), daſs man bei der Gewinnung der Wiesenerze in Schlesien zwei Fuſs tiefe Schurfgräben aufwerfe. Tiefer dürfe man wegen dem Grundwasser nicht niedergehen, doch wüchse das Erz nach, so daſs es nach zehn Jahren von neuem gegraben werden könne. Wie das Seeerz in Schweden gewonnen wurde, haben wir aus- führlich im ersten Bande beschrieben 3). Wo mächtige Erzlager waren, enstanden gröſsere Tagebaue, wie schon in ältester Zeit auf der Insel Elba, am Erzberg bei Eisenärz, zu Hüttenberg in Kärnten u. s. w. Aber auch durch regelmäſsigen Gangbergbau wurden schon im Mittel- alter die Eisenlager ausgebeutet, und in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts nahm der Bergbau einen so allgemeinen Aufschwung, daſs auch viele gröſsere Eisenerzlager durch regelrechte Stollen, Schächte und Strecken erschlossen und abgebaut wurden. Die Anwendung von Wasserrädern als Bewegungsmaschinen für kräftige Pumpwerke ermöglichten erst den eigentlichen Tiefbau, den Abbau unter der Stollensohle. Die Eisensteinbergwerke wurden indes zu Anfang des 16. Jahr- hunderts meistens noch ausschlieſslich nur über der Thalsohle mit Stollenbetrieb abgebaut, Tiefbau war für den geringpreisigen Eisen- stein damals noch zu kostspielig. — Regelmäſsiger Streckenbergbau auf Eisenerze fand besonders in Gebirgsgegenden statt. Im Harz ist er sehr alt. Als man im Jahre 1795 den alten Stollen der Vollmer- grube zwischen Elbingerode und Wernigerode, der winkelig, eng und nur durch Schrämmarbeit hergestellt war, aufräumte und erweiterte, fand man die Jahreszahl 1227 im Gestein eingehauen. An den mäch- tigsten und bekanntesten Erzstöcken ging man schon früh vom Tage- bau zum Stollenbau über, so auſser am Harz im Stahlberg bei Müsen im Siegerlande, am Erzberg bei Eisenärz, in Sulzbach und an vielen andern Orten. 1) L. W. Cramer, Vom Berg-, Hütten- und Hammerwesen in den Nassau- Usingischen Landen, 1805, S. 86 f. 2) Siehe oben S. 39. 3) Siehe Bd. I, S. 808.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/100>, abgerufen am 24.04.2024.