Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887.

Bild:
<< vorherige Seite

pba_723.001
klären, daß er gerade in diesem ungünstigsten Falle, wo nur durch Analogie pba_723.002
und Supposition der unbelebten Form das Prädikat der Schönheit pba_723.003
erteilt wird, das eigentliche Urphänomen des Schönen anzutreffen pba_723.004
meint und die Beobachtungen, die er dort anstellt, nun auf das ganze pba_723.005
Gebiet der eigentlichen Schönheit ausdehnen zu müssen glaubt, deren pba_723.006
Nachahmungsmittel eine ganz andere Art der Untersuchung verstatten.

pba_723.007
Für den Zweck dieses Anhanges ist es nicht erforderlich, das hiermit pba_723.008
Angedeutete weiter auszuführen, doch wird es genügen, um die pba_723.009
Wahrheit des Goetheschen Wortes zu erweisen:1

pba_723.010
"Kant hat uns aufmerksam gemacht, daß es eine Kritik der Vernunft pba_723.011
gebe, daß dieses höchste Vermögen, was der Mensch besitzt, Ursache pba_723.012
habe, ,über sich selbst zu wachen'. Wie großen Vorteil uns diese pba_723.013
Stimme gebracht, möge jeder an sich selbst geprüft haben. Jch aber pba_723.014
möchte in eben diesem Sinne die Aufgabe stellen, daß eine Kritik der pba_723.015
Sinne nötig sei, wenn die Kunst überhaupt, besonders die deutsche, pba_723.016
irgend wieder sich erholen und in einem erfreulichen Lebensschritt vorwärts pba_723.017
gehen solle."

1 pba_723.018
S. Sprüche in Prosa: Kunst VI, Nr. 760. pba_723.019
[Abbildung]

pba_723.001
klären, daß er gerade in diesem ungünstigsten Falle, wo nur durch Analogie pba_723.002
und Supposition der unbelebten Form das Prädikat der Schönheit pba_723.003
erteilt wird, das eigentliche Urphänomen des Schönen anzutreffen pba_723.004
meint und die Beobachtungen, die er dort anstellt, nun auf das ganze pba_723.005
Gebiet der eigentlichen Schönheit ausdehnen zu müssen glaubt, deren pba_723.006
Nachahmungsmittel eine ganz andere Art der Untersuchung verstatten.

pba_723.007
Für den Zweck dieses Anhanges ist es nicht erforderlich, das hiermit pba_723.008
Angedeutete weiter auszuführen, doch wird es genügen, um die pba_723.009
Wahrheit des Goetheschen Wortes zu erweisen:1

pba_723.010
„Kant hat uns aufmerksam gemacht, daß es eine Kritik der Vernunft pba_723.011
gebe, daß dieses höchste Vermögen, was der Mensch besitzt, Ursache pba_723.012
habe, ‚über sich selbst zu wachen‘. Wie großen Vorteil uns diese pba_723.013
Stimme gebracht, möge jeder an sich selbst geprüft haben. Jch aber pba_723.014
möchte in eben diesem Sinne die Aufgabe stellen, daß eine Kritik der pba_723.015
Sinne nötig sei, wenn die Kunst überhaupt, besonders die deutsche, pba_723.016
irgend wieder sich erholen und in einem erfreulichen Lebensschritt vorwärts pba_723.017
gehen solle.“

1 pba_723.018
S. Sprüche in Prosa: Kunst VI, Nr. 760. pba_723.019
[Abbildung]
<TEI>
  <text>
    <back>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0741" n="723"/><lb n="pba_723.001"/>
klären, daß er gerade in diesem ungünstigsten Falle, wo nur durch Analogie <lb n="pba_723.002"/>
und Supposition der unbelebten Form das Prädikat der Schönheit <lb n="pba_723.003"/>
erteilt wird, das eigentliche Urphänomen des Schönen anzutreffen <lb n="pba_723.004"/>
meint und die Beobachtungen, die er dort anstellt, nun auf das ganze <lb n="pba_723.005"/>
Gebiet der eigentlichen Schönheit ausdehnen zu müssen glaubt, deren <lb n="pba_723.006"/>
Nachahmungsmittel eine ganz andere Art der Untersuchung verstatten.</p>
        <p><lb n="pba_723.007"/>
Für den Zweck dieses Anhanges ist es nicht erforderlich, das hiermit <lb n="pba_723.008"/>
Angedeutete weiter auszuführen, doch wird es genügen, um die <lb n="pba_723.009"/>
Wahrheit des Goetheschen Wortes zu erweisen:<note xml:id="pba_723_1" place="foot" n="1"><lb n="pba_723.018"/>
S. Sprüche in Prosa: Kunst VI, Nr. 760. <lb n="pba_723.019"/> <hi rendition="#c"><figure/></hi> </note></p>
        <p><lb n="pba_723.010"/>
&#x201E;Kant hat uns aufmerksam gemacht, daß es eine Kritik der Vernunft <lb n="pba_723.011"/>
gebe, daß dieses höchste Vermögen, was der Mensch besitzt, Ursache <lb n="pba_723.012"/>
habe, &#x201A;über sich selbst zu wachen&#x2018;. Wie großen Vorteil uns diese <lb n="pba_723.013"/>
Stimme gebracht, möge jeder an sich selbst geprüft haben. Jch aber <lb n="pba_723.014"/>
möchte in eben diesem Sinne die Aufgabe stellen, daß eine Kritik der <lb n="pba_723.015"/>
Sinne nötig sei, wenn die Kunst überhaupt, besonders die deutsche, <lb n="pba_723.016"/>
irgend wieder sich erholen und in einem erfreulichen Lebensschritt vorwärts <lb n="pba_723.017"/>
gehen solle.&#x201C;</p>
      </div>
    </back>
  </text>
</TEI>
[723/0741] pba_723.001 klären, daß er gerade in diesem ungünstigsten Falle, wo nur durch Analogie pba_723.002 und Supposition der unbelebten Form das Prädikat der Schönheit pba_723.003 erteilt wird, das eigentliche Urphänomen des Schönen anzutreffen pba_723.004 meint und die Beobachtungen, die er dort anstellt, nun auf das ganze pba_723.005 Gebiet der eigentlichen Schönheit ausdehnen zu müssen glaubt, deren pba_723.006 Nachahmungsmittel eine ganz andere Art der Untersuchung verstatten. pba_723.007 Für den Zweck dieses Anhanges ist es nicht erforderlich, das hiermit pba_723.008 Angedeutete weiter auszuführen, doch wird es genügen, um die pba_723.009 Wahrheit des Goetheschen Wortes zu erweisen: 1 pba_723.010 „Kant hat uns aufmerksam gemacht, daß es eine Kritik der Vernunft pba_723.011 gebe, daß dieses höchste Vermögen, was der Mensch besitzt, Ursache pba_723.012 habe, ‚über sich selbst zu wachen‘. Wie großen Vorteil uns diese pba_723.013 Stimme gebracht, möge jeder an sich selbst geprüft haben. Jch aber pba_723.014 möchte in eben diesem Sinne die Aufgabe stellen, daß eine Kritik der pba_723.015 Sinne nötig sei, wenn die Kunst überhaupt, besonders die deutsche, pba_723.016 irgend wieder sich erholen und in einem erfreulichen Lebensschritt vorwärts pba_723.017 gehen solle.“ 1 pba_723.018 S. Sprüche in Prosa: Kunst VI, Nr. 760. pba_723.019 [Abbildung]

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Sandra Richter: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887/741
Zitationshilfe: Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887, S. 723. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887/741>, abgerufen am 24.04.2024.