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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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II.
Das erste Engagement.

Als Debütrolle auf der Karlsruher Hofbühne gab ich
in Kotzebue's Zigeunerin die Lazarilla. Es war eine
höchst unglückliche Wahl. Diese Aufgabe erfordert mehr
Bühnengewandtheit, als natürliches Gefühl und Anmuth.
Ueberdies sollte mir beim Einstudiren neuer Rollen der
Beistand meiner trefflichen Lehrerin schon bei dieser Lazarilla
fehlen. Sie zog sich zurück -- wegen einer grünen Schürze!
Nach Mlle. Demmer's bühnenerfahrenem Rath sollte
ich nämlich in meiner dritten Proberolle als Rosalie
im Inkognito eine schwarzseidene Schürze wählen. Die
Mutter wollte mich aber zum weißen, einfachen Kleide
lieber mit einer grünen sehen. Mlle. Demmer vermochte
ihre verletzte Autorität nicht zu verschmerzen, -- und
versagte fortan ihre mich so fördernde Hülfe. Sie war
vollkommen im Recht und ich -- mußte die kleine so
verzeihliche Eitelkeit der Mutter büßen. Noch sehe ich
die erstaunten Blicke der guten Lehrerin, als sie vor der

II.
Das erſte Engagement.

Als Debütrolle auf der Karlsruher Hofbühne gab ich
in Kotzebue's Zigeunerin die Lazarilla. Es war eine
höchſt unglückliche Wahl. Dieſe Aufgabe erfordert mehr
Bühnengewandtheit, als natürliches Gefühl und Anmuth.
Ueberdies ſollte mir beim Einſtudiren neuer Rollen der
Beiſtand meiner trefflichen Lehrerin ſchon bei dieſer Lazarilla
fehlen. Sie zog ſich zurück — wegen einer grünen Schürze!
Nach Mlle. Demmer's bühnenerfahrenem Rath ſollte
ich nämlich in meiner dritten Proberolle als Roſalie
im Inkognito eine ſchwarzſeidene Schürze wählen. Die
Mutter wollte mich aber zum weißen, einfachen Kleide
lieber mit einer grünen ſehen. Mlle. Demmer vermochte
ihre verletzte Autorität nicht zu verſchmerzen, — und
verſagte fortan ihre mich ſo fördernde Hülfe. Sie war
vollkommen im Recht und ich — mußte die kleine ſo
verzeihliche Eitelkeit der Mutter büßen. Noch ſehe ich
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[[16]/0044] II. Das erſte Engagement. Als Debütrolle auf der Karlsruher Hofbühne gab ich in Kotzebue's Zigeunerin die Lazarilla. Es war eine höchſt unglückliche Wahl. Dieſe Aufgabe erfordert mehr Bühnengewandtheit, als natürliches Gefühl und Anmuth. Ueberdies ſollte mir beim Einſtudiren neuer Rollen der Beiſtand meiner trefflichen Lehrerin ſchon bei dieſer Lazarilla fehlen. Sie zog ſich zurück — wegen einer grünen Schürze! Nach Mlle. Demmer's bühnenerfahrenem Rath ſollte ich nämlich in meiner dritten Proberolle als Roſalie im Inkognito eine ſchwarzſeidene Schürze wählen. Die Mutter wollte mich aber zum weißen, einfachen Kleide lieber mit einer grünen ſehen. Mlle. Demmer vermochte ihre verletzte Autorität nicht zu verſchmerzen, — und verſagte fortan ihre mich ſo fördernde Hülfe. Sie war vollkommen im Recht und ich — mußte die kleine ſo verzeihliche Eitelkeit der Mutter büßen. Noch ſehe ich die erſtaunten Blicke der guten Lehrerin, als ſie vor der

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. [16]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/44>, abgerufen am 29.03.2024.