Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

Bild:
<< vorherige Seite

In den ersten Akten mußte der Stolz pointir¬
ter, in der Gartenßene die Coquetterie raffinirter
gehalten werden. In Beiden ist die Crelinger be¬
deutsamer, während sich in ihrem Spiel wieder das
verwischt, was Fräulein Bauer, die an der Natur¬
treue allgemein menschlicher Auffassung festhielt,
durch den Reiz elegischer Rührung hervorruft.
Meines Wissens war die zu früh für die Kunst
gestorbene Sophie Müller diejenige Diana, welche
den spanischen Typus mit dem allgemein poetischen
Grundelement am richtigsten vereinte. Die heißeren
Farben des Gemäldes waren in der Darstellung
von Fräulein Bauer viel zu sehr durch Lieblichkeit
und mädchenhafte Grazie vertuscht.

Als Hedwig im Ball zu Ellerbrunn gab sie
ein vortreffliches Bild der modernen Salondame.
Als Suschen und Walpurgis entfaltete sie die ganze
Spielerei einer ersten jungfräulichen Neigung in
allen ihren Stufengängen von der erwachenden Lust
bis zur listigen Verschlagenheit. Wie die unbe¬
fangene Seele sich überraschen läßt von ihrem eige¬
nen Gefühle, trat in diesen Bildern idyllischer Ge¬
müthswelt als ganz besonders glücklicher Moment
hervor. Als Goldschmidt's Tochter ließ sie den

In den erſten Akten mußte der Stolz pointir¬
ter, in der Gartenſzene die Coquetterie raffinirter
gehalten werden. In Beiden iſt die Crelinger be¬
deutſamer, während ſich in ihrem Spiel wieder das
verwiſcht, was Fräulein Bauer, die an der Natur¬
treue allgemein menſchlicher Auffaſſung feſthielt,
durch den Reiz elegiſcher Rührung hervorruft.
Meines Wiſſens war die zu früh für die Kunſt
geſtorbene Sophie Müller diejenige Diana, welche
den ſpaniſchen Typus mit dem allgemein poetiſchen
Grundelement am richtigſten vereinte. Die heißeren
Farben des Gemäldes waren in der Darſtellung
von Fräulein Bauer viel zu ſehr durch Lieblichkeit
und mädchenhafte Grazie vertuſcht.

Als Hedwig im Ball zu Ellerbrunn gab ſie
ein vortreffliches Bild der modernen Salondame.
Als Suſchen und Walpurgis entfaltete ſie die ganze
Spielerei einer erſten jungfräulichen Neigung in
allen ihren Stufengängen von der erwachenden Luſt
bis zur liſtigen Verſchlagenheit. Wie die unbe¬
fangene Seele ſich überraſchen läßt von ihrem eige¬
nen Gefühle, trat in dieſen Bildern idylliſcher Ge¬
müthswelt als ganz beſonders glücklicher Moment
hervor. Als Goldſchmidt's Tochter ließ ſie den

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0025" n="&#x2014;XIII&#x2014;"/>
        <p>In den er&#x017F;ten Akten mußte der Stolz pointir¬<lb/>
ter, in der Garten&#x017F;zene die Coquetterie raffinirter<lb/>
gehalten werden. In Beiden i&#x017F;t die Crelinger be¬<lb/>
deut&#x017F;amer, während &#x017F;ich in ihrem Spiel wieder das<lb/>
verwi&#x017F;cht, was Fräulein Bauer, die an der Natur¬<lb/>
treue allgemein men&#x017F;chlicher Auffa&#x017F;&#x017F;ung fe&#x017F;thielt,<lb/>
durch den Reiz elegi&#x017F;cher Rührung hervorruft.<lb/>
Meines Wi&#x017F;&#x017F;ens war die zu früh für die Kun&#x017F;t<lb/>
ge&#x017F;torbene Sophie Müller diejenige Diana, welche<lb/>
den &#x017F;pani&#x017F;chen Typus mit dem allgemein poeti&#x017F;chen<lb/>
Grundelement am richtig&#x017F;ten vereinte. Die heißeren<lb/>
Farben des Gemäldes waren in der Dar&#x017F;tellung<lb/>
von Fräulein Bauer viel zu &#x017F;ehr durch Lieblichkeit<lb/>
und mädchenhafte Grazie vertu&#x017F;cht.</p><lb/>
        <p>Als Hedwig im Ball zu Ellerbrunn gab &#x017F;ie<lb/>
ein vortreffliches Bild der modernen Salondame.<lb/>
Als Su&#x017F;chen und Walpurgis entfaltete &#x017F;ie die ganze<lb/>
Spielerei einer er&#x017F;ten jungfräulichen Neigung in<lb/>
allen ihren Stufengängen von der erwachenden Lu&#x017F;t<lb/>
bis zur li&#x017F;tigen Ver&#x017F;chlagenheit. Wie die unbe¬<lb/>
fangene Seele &#x017F;ich überra&#x017F;chen läßt von ihrem eige¬<lb/>
nen Gefühle, trat in die&#x017F;en Bildern idylli&#x017F;cher Ge¬<lb/>
müthswelt als ganz be&#x017F;onders glücklicher Moment<lb/>
hervor. Als Gold&#x017F;chmidt's Tochter ließ &#x017F;ie den<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[—XIII—/0025] In den erſten Akten mußte der Stolz pointir¬ ter, in der Gartenſzene die Coquetterie raffinirter gehalten werden. In Beiden iſt die Crelinger be¬ deutſamer, während ſich in ihrem Spiel wieder das verwiſcht, was Fräulein Bauer, die an der Natur¬ treue allgemein menſchlicher Auffaſſung feſthielt, durch den Reiz elegiſcher Rührung hervorruft. Meines Wiſſens war die zu früh für die Kunſt geſtorbene Sophie Müller diejenige Diana, welche den ſpaniſchen Typus mit dem allgemein poetiſchen Grundelement am richtigſten vereinte. Die heißeren Farben des Gemäldes waren in der Darſtellung von Fräulein Bauer viel zu ſehr durch Lieblichkeit und mädchenhafte Grazie vertuſcht. Als Hedwig im Ball zu Ellerbrunn gab ſie ein vortreffliches Bild der modernen Salondame. Als Suſchen und Walpurgis entfaltete ſie die ganze Spielerei einer erſten jungfräulichen Neigung in allen ihren Stufengängen von der erwachenden Luſt bis zur liſtigen Verſchlagenheit. Wie die unbe¬ fangene Seele ſich überraſchen läßt von ihrem eige¬ nen Gefühle, trat in dieſen Bildern idylliſcher Ge¬ müthswelt als ganz beſonders glücklicher Moment hervor. Als Goldſchmidt's Tochter ließ ſie den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/25
Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. —XIII—. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/25>, abgerufen am 19.04.2024.