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Basedow, Johann Bernhard: Die ganze Natürliche Weisheit im Privatstande der gesitteten Bürger. Halle (Saale) u. a., [1768].

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Die Sittenlehre
schlüssen ihres Willens, nicht nach den Urtheilen
ihres Verstandes, und nach den Erfahrungen und
Belehrungen von den Folgen des Thuns und Las-
sens richten, und daß also Unterricht und Nach-
denken, Verheissung und Drohung, Belohnung
und Strafe überflüssig sey. Denn, obgleich alles
vorher bestimmt ist, so ist doch alles in seiner
Ordnung, und nur durch die Folgen der Ursachen
vorherbestimmt. Die Bewegungsgründe aber
sind Ursachen unsrer Urtheile, unsrer Entschlüsse
und unsrer Handlungen, als welche sich nach jenen
richten, wie die Erfahrung zeigt.

Gottes ewiger Rathschluß wird immer erfüllt.
Gottes Gebot von der Tugend wird oft übertre-
ten. Die wirklich geschehenden Uebertretungen
sind also seinem Rathschlusse nicht zuwider, son-
dern ihm gemäß. Aber die traurigen Folgen der
Uebertretungen, wodurch die Welt vom Bösen
abgeschreckt und gebessert wird, sind ihm auch
nicht zuwider, sondern vielmehr gemäß, weil sie
Gutes wirken. Hüte dich also, Gottes Rath-
schluß und Gottes Gebot mit einander zu
verwirren,
wodurch allerley schädliche Zweifel
entstehn.

Von der wirklichen Folge des Bösen in
der Welt mußt du so denken,
als es mit den
Wahrheiten von der Allmacht, Allwissenheit und

Allgüte,

Die Sittenlehre
ſchluͤſſen ihres Willens, nicht nach den Urtheilen
ihres Verſtandes, und nach den Erfahrungen und
Belehrungen von den Folgen des Thuns und Laſ-
ſens richten, und daß alſo Unterricht und Nach-
denken, Verheiſſung und Drohung, Belohnung
und Strafe uͤberfluͤſſig ſey. Denn, obgleich alles
vorher beſtimmt iſt, ſo iſt doch alles in ſeiner
Ordnung, und nur durch die Folgen der Urſachen
vorherbeſtimmt. Die Bewegungsgruͤnde aber
ſind Urſachen unſrer Urtheile, unſrer Entſchluͤſſe
und unſrer Handlungen, als welche ſich nach jenen
richten, wie die Erfahrung zeigt.

Gottes ewiger Rathſchluß wird immer erfuͤllt.
Gottes Gebot von der Tugend wird oft uͤbertre-
ten. Die wirklich geſchehenden Uebertretungen
ſind alſo ſeinem Rathſchluſſe nicht zuwider, ſon-
dern ihm gemaͤß. Aber die traurigen Folgen der
Uebertretungen, wodurch die Welt vom Boͤſen
abgeſchreckt und gebeſſert wird, ſind ihm auch
nicht zuwider, ſondern vielmehr gemaͤß, weil ſie
Gutes wirken. Hüte dich alſo, Gottes Rath-
ſchluß und Gottes Gebot mit einander zu
verwirren,
wodurch allerley ſchaͤdliche Zweifel
entſtehn.

Von der wirklichen Folge des Böſen in
der Welt mußt du ſo denken,
als es mit den
Wahrheiten von der Allmacht, Allwiſſenheit und

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[26/0050] Die Sittenlehre ſchluͤſſen ihres Willens, nicht nach den Urtheilen ihres Verſtandes, und nach den Erfahrungen und Belehrungen von den Folgen des Thuns und Laſ- ſens richten, und daß alſo Unterricht und Nach- denken, Verheiſſung und Drohung, Belohnung und Strafe uͤberfluͤſſig ſey. Denn, obgleich alles vorher beſtimmt iſt, ſo iſt doch alles in ſeiner Ordnung, und nur durch die Folgen der Urſachen vorherbeſtimmt. Die Bewegungsgruͤnde aber ſind Urſachen unſrer Urtheile, unſrer Entſchluͤſſe und unſrer Handlungen, als welche ſich nach jenen richten, wie die Erfahrung zeigt. Gottes ewiger Rathſchluß wird immer erfuͤllt. Gottes Gebot von der Tugend wird oft uͤbertre- ten. Die wirklich geſchehenden Uebertretungen ſind alſo ſeinem Rathſchluſſe nicht zuwider, ſon- dern ihm gemaͤß. Aber die traurigen Folgen der Uebertretungen, wodurch die Welt vom Boͤſen abgeſchreckt und gebeſſert wird, ſind ihm auch nicht zuwider, ſondern vielmehr gemaͤß, weil ſie Gutes wirken. Hüte dich alſo, Gottes Rath- ſchluß und Gottes Gebot mit einander zu verwirren, wodurch allerley ſchaͤdliche Zweifel entſtehn. Von der wirklichen Folge des Böſen in der Welt mußt du ſo denken, als es mit den Wahrheiten von der Allmacht, Allwiſſenheit und Allguͤte,

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Zitationshilfe: Basedow, Johann Bernhard: Die ganze Natürliche Weisheit im Privatstande der gesitteten Bürger. Halle (Saale) u. a., [1768], S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_weisheit_1768/50>, abgerufen am 24.04.2024.