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Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626.

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Joh. Barclayens Argenis/
critus ward in Verhafftung geleget/ vnd mit jhme
Anaximander/ welchen die Catanenser kurtz zuvor
gefangen eingebracht: aber jener ist von wegen em-
pfangener Wunden jnner halb vier Tagen/ der ander
nicht lengst hernach auß Trawrigkeit gestorben. Es
worden auch deß Lycogenes Bildtniß abgebrochen/
vnd Befehl gethan/ daß sie niemand zu Hause hal-
ten/ oder in seines Geschlechtes Ehren vnd Leichbe-
gengnissen zeigen vnd führen solte. Nach vollbrachten
Heiligthumb/ begab sich Meleander ins Schloß.
Er war müde von gestriger Schlacht/ wie auch von
den Sorgen/ vnd der Fröligkeit selbsten. Derhalben
gieng er in sein Zimmer/ ließ sich nur vnter seinen ge-
wöhnlichen Auffwärtern absonderlich speisen/ vnd
legte sich zur Ruh. Nicht weniger suchten vnter dem
Scheine deß Schlaffens auch Radirobanes/ Ar-
chombrotus vnd Argenis jhren Gedancken in Ein-
samkeit zu verhengen. Ein jegliches von jhnen hatte
seinen eigen Schmertzen. Radirobanes/ wiewol er
hoffertiger Vermessenheit voll war/ jedoch kräncke-
te es jhn doch sehr/ daß Archombrotus solche Tu-
gendt vnd Fortgang gehabt/ vnd daß jhm die Leute
so frölich zugeschrien/ jhn auch Meleander gantz gnä-
dig angeschawet hatte. Aber er verachtete jhn als d
jhm nicht gemesse were: außgenommen/ daß die
grosse Liebe sich für allen Dingen besorget. Der-
halben fieng er an sich selbst zubetrachten/ wie viel
er geholffen/ wie starck vnd mächtig er gewesen;
biß jhn der süsse Schlaff/ welcher jhm das Bildt-

nis

Joh. Barclayens Argenis/
critus ward in Verhafftung geleget/ vnd mit jhme
Anaximander/ welchen die Catanenſer kurtz zuvor
gefangen eingebracht: aber jener iſt von wegen em-
pfangener Wunden jnner halb vier Tagen/ der ander
nicht lengſt hernach auß Trawrigkeit geſtoꝛben. Es
worden auch deß Lycogenes Bildtniß abgebrochẽ/
vnd Befehl gethan/ daß ſie niemand zu Hauſe hal-
ten/ oder in ſeines Geſchlechtes Ehren vnd Leichbe-
gengniſſen zeigen vñ fuͤhren ſolte. Nach vollbrachtẽ
Heiligthumb/ begab ſich Meleander ins Schloß.
Er war muͤde von geſtriger Schlacht/ wie auch võ
den Sorgen/ vnd der Froͤligkeit ſelbſten. Derhalben
gieng er in ſein Zim̃er/ ließ ſich nur vnter ſeinen ge-
woͤhnlichen Auffwaͤrtern abſonderlich ſpeiſen/ vnd
legte ſich zur Ruh. Nicht weniger ſuchtẽ vnter dem
Scheine deß Schlaffens auch Radirobanes/ Ar-
chombrotus vnd Argenis jhren Gedancken in Ein-
ſamkeit zu verhengẽ. Ein jegliches von jhnen hatte
ſeinen eigen Schmertzen. Radirobanes/ wiewol er
hoffertiger Vermeſſenheit voll war/ jedoch kraͤncke-
te es jhn doch ſehr/ daß Archombrotus ſolche Tu-
gendt vnd Fortgang gehabt/ vnd daß jhm die Leute
ſo froͤlich zugeſchriẽ/ jhn auch Meleãder gantz gnaͤ-
dig angeſchawet hatte. Aber er verachtete jhn als d̕
jhm nicht gemeſſe were: außgenommen/ daß die
groſſe Liebe ſich fuͤr allen Dingen beſorget. Der-
halben fieng er an ſich ſelbſt zubetrachten/ wie viel
er geholffen/ wie ſtarck vnd maͤchtig er geweſen;
biß jhn der ſuͤſſe Schlaff/ welcher jhm das Bildt-

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[412/0456] Joh. Barclayens Argenis/ critus ward in Verhafftung geleget/ vnd mit jhme Anaximander/ welchen die Catanenſer kurtz zuvor gefangen eingebracht: aber jener iſt von wegen em- pfangener Wunden jnner halb vier Tagen/ d̕ ander nicht lengſt hernach auß Trawrigkeit geſtoꝛben. Es worden auch deß Lycogenes Bildtniß abgebrochẽ/ vnd Befehl gethan/ daß ſie niemand zu Hauſe hal- ten/ oder in ſeines Geſchlechtes Ehren vnd Leichbe- gengniſſen zeigen vñ fuͤhren ſolte. Nach vollbrachtẽ Heiligthumb/ begab ſich Meleander ins Schloß. Er war muͤde von geſtriger Schlacht/ wie auch võ den Sorgen/ vnd der Froͤligkeit ſelbſten. Derhalben gieng er in ſein Zim̃er/ ließ ſich nur vnter ſeinen ge- woͤhnlichen Auffwaͤrtern abſonderlich ſpeiſen/ vnd legte ſich zur Ruh. Nicht weniger ſuchtẽ vnter dem Scheine deß Schlaffens auch Radirobanes/ Ar- chombrotus vnd Argenis jhren Gedancken in Ein- ſamkeit zu verhengẽ. Ein jegliches von jhnen hatte ſeinen eigen Schmertzen. Radirobanes/ wiewol er hoffertiger Vermeſſenheit voll war/ jedoch kraͤncke- te es jhn doch ſehr/ daß Archombrotus ſolche Tu- gendt vnd Fortgang gehabt/ vnd daß jhm die Leute ſo froͤlich zugeſchriẽ/ jhn auch Meleãder gantz gnaͤ- dig angeſchawet hatte. Aber er verachtete jhn als d̕ jhm nicht gemeſſe were: außgenommen/ daß die groſſe Liebe ſich fuͤr allen Dingen beſorget. Der- halben fieng er an ſich ſelbſt zubetrachten/ wie viel er geholffen/ wie ſtarck vnd maͤchtig er geweſen; biß jhn der ſuͤſſe Schlaff/ welcher jhm das Bildt- nis

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Zitationshilfe: Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626/456>, abgerufen am 25.04.2024.