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Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626.

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Joh. Barclayens Argenis/
wegen der Freyheit deren jhr euch anmasset. Auch
diese so erkennen werden/ daß jhr jhnen die Warheit
einhaltet/ die werden euch dennoch hassen/ als einen
durch welchen sie in Spott gerahten.

Auff diese Lehren deß Antenorius sagte Nicopom-
pus: Ihr köndt mich billich forchtsam machen/ hei-
liger Priester/ wann ich jemanden gedächte zu schmä-
hen/ oder wann ich auß auffgeblasener Einbildung
von einem jedwedern zu vrtheilen mit solcher Leicht-
sinnigkeit/ wie vnter dem gemeinen Pöfel gebräuch-
lich ist/ herauß stossen wolte. Gleichsam als ich nicht
noch für Augen hette die Leichtfertigkeit deß Poetens/
der seinen Fürsten mit Ehrenrührigen Worten an-
gegriffen hatte; darumb er dann zu Belohnung sei-
nes Verdiensts den Galgen/ vnd den Namen welchen
er jhm durch sein lästern zu machen gedachte/ durch
sein letztes Vrtheil erlangete. Von andern mag ich
nicht sagen/ welche geringer sündigen/ oder Weißheit
herfür bringen/ die nichts kluges hinder sich hat/ de-
nen es Straffe genug ist/ daß man jhre Sachen zu
lesen nicht würdig achtet. Ich habe weit ein anders
für mir/ mein Antenorius. Wisset jhr nicht was
man für Griffe hat den Kindern die Artzney einzu-
bringen? So bald sie den Apotecker mit dem Tran-
cke sehen/ so fragen sie nicht so sehr nach der Gesund-
heit/ als daß sie dieselbe so schwer soll ankommen. A-
ber die welche mit solchem jungen Alter wissen vmb-
zugehen/ miltern entweder die Stärcke deß bitteren
Geschmacks mit süssen Säfften; oder bringen sie

durch

Joh. Barclayens Argenis/
wegen der Freyheit deren jhr euch anmaſſet. Auch
dieſe ſo erkennen werden/ daß jhr jhnen die Warheit
einhaltet/ die werden euch dennoch haſſen/ als einen
durch welchen ſie in Spott gerahten.

Auff dieſe Lehren deß Antenorius ſagte Nicopom-
pus: Ihr koͤndt mich billich forchtſam machen/ hei-
liger Prieſteꝛ/ wañ ich jemanden gedaͤchte zu ſchmaͤ-
hen/ oder wann ich auß auffgeblaſener Einbildung
von einem jedwedern zu vrtheilen mit ſolcher Leicht-
ſinnigkeit/ wie vnter dem gemeinen Poͤfel gebraͤuch-
lich iſt/ herauß ſtoſſen wolte. Gleichſam als ich nicht
noch fuͤr Augẽ hette die Leichtfertigkeit deß Poetens/
der ſeinen Fuͤrſten mit Ehrenruͤhrigen Worten an-
gegriffen hatte; darumb er dann zu Belohnung ſei-
nes Verdienſts den Galgen/ vnd den Namen welchẽ
er jhm durch ſein laͤſtern zu machen gedachte/ durch
ſein letztes Vrtheil erlangete. Von andern mag ich
nicht ſagen/ welche geringer ſuͤndigẽ/ oder Weißheit
herfuͤr bringen/ die nichts kluges hinder ſich hat/ de-
nen es Straffe genug iſt/ daß man jhre Sachen zu
leſen nicht wuͤrdig achtet. Ich habe weit ein anders
fuͤr mir/ mein Antenorius. Wiſſet jhr nicht was
man fuͤr Griffe hat den Kindern die Artzney einzu-
bringen? So bald ſie den Apotecker mit dem Tran-
cke ſehen/ ſo fragen ſie nicht ſo ſehr nach der Geſund-
heit/ als daß ſie dieſelbe ſo ſchwer ſoll ankommen. A-
ber die welche mit ſolchem jungen Alter wiſſen vmb-
zugehen/ miltern entweder die Staͤrcke deß bitteren
Geſchmacks mit ſuͤſſen Saͤfften; oder bringen ſie

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[292/0336] Joh. Barclayens Argenis/ wegen der Freyheit deren jhr euch anmaſſet. Auch dieſe ſo erkennen werden/ daß jhr jhnen die Warheit einhaltet/ die werden euch dennoch haſſen/ als einen durch welchen ſie in Spott gerahten. Auff dieſe Lehren deß Antenorius ſagte Nicopom- pus: Ihr koͤndt mich billich forchtſam machen/ hei- liger Prieſteꝛ/ wañ ich jemanden gedaͤchte zu ſchmaͤ- hen/ oder wann ich auß auffgeblaſener Einbildung von einem jedwedern zu vrtheilen mit ſolcher Leicht- ſinnigkeit/ wie vnter dem gemeinen Poͤfel gebraͤuch- lich iſt/ herauß ſtoſſen wolte. Gleichſam als ich nicht noch fuͤr Augẽ hette die Leichtfertigkeit deß Poetens/ der ſeinen Fuͤrſten mit Ehrenruͤhrigen Worten an- gegriffen hatte; darumb er dann zu Belohnung ſei- nes Verdienſts den Galgen/ vnd den Namen welchẽ er jhm durch ſein laͤſtern zu machen gedachte/ durch ſein letztes Vrtheil erlangete. Von andern mag ich nicht ſagen/ welche geringer ſuͤndigẽ/ oder Weißheit herfuͤr bringen/ die nichts kluges hinder ſich hat/ de- nen es Straffe genug iſt/ daß man jhre Sachen zu leſen nicht wuͤrdig achtet. Ich habe weit ein anders fuͤr mir/ mein Antenorius. Wiſſet jhr nicht was man fuͤr Griffe hat den Kindern die Artzney einzu- bringen? So bald ſie den Apotecker mit dem Tran- cke ſehen/ ſo fragen ſie nicht ſo ſehr nach der Geſund- heit/ als daß ſie dieſelbe ſo ſchwer ſoll ankommen. A- ber die welche mit ſolchem jungen Alter wiſſen vmb- zugehen/ miltern entweder die Staͤrcke deß bitteren Geſchmacks mit ſuͤſſen Saͤfften; oder bringen ſie durch

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Zitationshilfe: Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626/336>, abgerufen am 28.03.2024.