Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Erste Buch.
in die Rede/ vnd sagte: Der Tag würde zu kurtz
werden/ Nicopompus/ ehe jhr alles erzehlen kön-
tet/ was auff beyden Theilen zu sagen ist. Dann
welchen gelehrten in Weltweißheit hat man ge-
funden/ der nicht viel von Königen oder freyen
Regierungen herfür gebracht hette? Gewiß ich bin
ewerer Meynung/ daß das gemeine Wesen durch
eines einigen Beherrschung am besten versorget
sey. Aber das ist noch mehr zweyffelhafftig/ ob man
ein Volck vnter eines einigen geschlechtes Dienst-
barkeit bringen/ oder jhm das Recht lassen solle auß
allen angesessenen den besten zu erwehlen. Dann
im Fall das Volck solche Freyheit hat/ so legen sich
die welche von königlichem Geblüte entspringen
desto fleissiger auff gute Künste vnd Wandel/ weil
sie wissen/ daß sie im Fall jhnen das Scepter der
Vorfahren heimfallen sol/ auch derselben Tu-
genden/ vmb welcher willen man sie zu Regen-
ten gemacht/ zuvor an sich nehmen müssen. Es
würde vber diß ein jeglicher König auch dem Vol-
cke danckbar seyn/ vnd weil er durch dasselbige zu
solcher Hoheit kommen/ sich der anvertrawten Ge-
walt mit besserem Glimpffe gebrauchen. Jetzund
aber im Fall wir vns der Regierung vnterwerf-
fen/ so sind wir verachtet als geborene leibeygene;
thun wir es nit/ so helt man es für ein Verbrechen.
Wann es sich nachmals zuträget/ daß gleich-
sam durch ein Spiel der Vorsehung diese Hoheit
auff ein Kind oder Knaben/ oder einen Menschen

von

Das Erſte Buch.
in die Rede/ vnd ſagte: Der Tag wuͤrde zu kurtz
werden/ Nicopompus/ ehe jhr alles erzehlen koͤn-
tet/ was auff beyden Theilen zu ſagen iſt. Dann
welchen gelehrten in Weltweißheit hat man ge-
funden/ der nicht viel von Koͤnigen oder freyen
Regierungen herfuͤr gebracht hette? Gewiß ich bin
ewerer Meynung/ daß das gemeine Weſen durch
eines einigen Beherꝛſchung am beſten verſorget
ſey. Aber das iſt noch mehr zweyffelhafftig/ ob man
ein Volck vnter eines einigen geſchlechtes Dienſt-
barkeit bringen/ oder jhm das Recht laſſen ſolle auß
allen angeſeſſenen den beſten zu erwehlen. Dann
im Fall das Volck ſolche Freyheit hat/ ſo legen ſich
die welche von koͤniglichem Gebluͤte entſpringen
deſto fleiſſiger auff gute Kuͤnſte vnd Wandel/ weil
ſie wiſſen/ daß ſie im Fall jhnen das Scepter der
Vorfahren heimfallen ſol/ auch derſelben Tu-
genden/ vmb welcher willen man ſie zu Regen-
ten gemacht/ zuvor an ſich nehmen muͤſſen. Es
wuͤrde vber diß ein jeglicher Koͤnig auch dem Vol-
cke danckbar ſeyn/ vnd weil er durch daſſelbige zu
ſolcher Hoheit kommen/ ſich der anvertrawten Ge-
walt mit beſſerem Glimpffe gebrauchen. Jetzund
aber im Fall wir vns der Regierung vnterwerf-
fen/ ſo ſind wir verachtet als geborene leibeygene;
thun wir es nit/ ſo helt man es fuͤr ein Verbrechen.
Wann es ſich nachmals zutraͤget/ daß gleich-
ſam durch ein Spiel der Vorſehung dieſe Hoheit
auff ein Kind oder Knaben/ oder einen Menſchen

von
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0187" n="143"/><fw place="top" type="header">Das Er&#x017F;te Buch.</fw><lb/>
in die Rede/ vnd &#x017F;agte: Der Tag wu&#x0364;rde zu kurtz<lb/>
werden/ Nicopompus/ ehe jhr alles erzehlen ko&#x0364;n-<lb/>
tet/ was auff beyden Theilen zu &#x017F;agen i&#x017F;t. Dann<lb/>
welchen gelehrten in Weltweißheit hat man ge-<lb/>
funden/ der nicht viel von Ko&#x0364;nigen oder freyen<lb/>
Regierungen herfu&#x0364;r gebracht hette? Gewiß ich bin<lb/>
ewerer Meynung/ daß das gemeine We&#x017F;en durch<lb/>
eines einigen Beher&#xA75B;&#x017F;chung am be&#x017F;ten ver&#x017F;orget<lb/>
&#x017F;ey. Aber das i&#x017F;t noch mehr zweyffelhafftig/ ob man<lb/>
ein Volck vnter eines einigen ge&#x017F;chlechtes Dien&#x017F;t-<lb/>
barkeit bringen/ oder jhm das Recht la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;olle auß<lb/>
allen ange&#x017F;e&#x017F;&#x017F;enen den be&#x017F;ten zu erwehlen. Dann<lb/>
im Fall das Volck &#x017F;olche Freyheit hat/ &#x017F;o legen &#x017F;ich<lb/>
die welche von ko&#x0364;niglichem Geblu&#x0364;te ent&#x017F;pringen<lb/>
de&#x017F;to flei&#x017F;&#x017F;iger auff gute Ku&#x0364;n&#x017F;te vnd Wandel/ weil<lb/>
&#x017F;ie wi&#x017F;&#x017F;en/ daß &#x017F;ie im Fall jhnen das Scepter der<lb/>
Vorfahren heimfallen &#x017F;ol/ auch der&#x017F;elben Tu-<lb/>
genden/ vmb welcher willen man &#x017F;ie zu Regen-<lb/>
ten gemacht/ zuvor an &#x017F;ich nehmen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Es<lb/>
wu&#x0364;rde vber diß ein jeglicher Ko&#x0364;nig auch dem Vol-<lb/>
cke danckbar &#x017F;eyn/ vnd weil er durch da&#x017F;&#x017F;elbige zu<lb/>
&#x017F;olcher Hoheit kommen/ &#x017F;ich der anvertrawten Ge-<lb/>
walt mit be&#x017F;&#x017F;erem Glimpffe gebrauchen. Jetzund<lb/>
aber im Fall wir vns der Regierung vnterwerf-<lb/>
fen/ &#x017F;o &#x017F;ind wir verachtet als geborene leibeygene;<lb/>
thun wir es nit/ &#x017F;o helt man es fu&#x0364;r ein Verbrechen.<lb/>
Wann es &#x017F;ich nachmals zutra&#x0364;get/ daß gleich-<lb/>
&#x017F;am durch ein Spiel der Vor&#x017F;ehung die&#x017F;e Hoheit<lb/>
auff ein Kind oder Knaben/ oder einen Men&#x017F;chen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">von</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[143/0187] Das Erſte Buch. in die Rede/ vnd ſagte: Der Tag wuͤrde zu kurtz werden/ Nicopompus/ ehe jhr alles erzehlen koͤn- tet/ was auff beyden Theilen zu ſagen iſt. Dann welchen gelehrten in Weltweißheit hat man ge- funden/ der nicht viel von Koͤnigen oder freyen Regierungen herfuͤr gebracht hette? Gewiß ich bin ewerer Meynung/ daß das gemeine Weſen durch eines einigen Beherꝛſchung am beſten verſorget ſey. Aber das iſt noch mehr zweyffelhafftig/ ob man ein Volck vnter eines einigen geſchlechtes Dienſt- barkeit bringen/ oder jhm das Recht laſſen ſolle auß allen angeſeſſenen den beſten zu erwehlen. Dann im Fall das Volck ſolche Freyheit hat/ ſo legen ſich die welche von koͤniglichem Gebluͤte entſpringen deſto fleiſſiger auff gute Kuͤnſte vnd Wandel/ weil ſie wiſſen/ daß ſie im Fall jhnen das Scepter der Vorfahren heimfallen ſol/ auch derſelben Tu- genden/ vmb welcher willen man ſie zu Regen- ten gemacht/ zuvor an ſich nehmen muͤſſen. Es wuͤrde vber diß ein jeglicher Koͤnig auch dem Vol- cke danckbar ſeyn/ vnd weil er durch daſſelbige zu ſolcher Hoheit kommen/ ſich der anvertrawten Ge- walt mit beſſerem Glimpffe gebrauchen. Jetzund aber im Fall wir vns der Regierung vnterwerf- fen/ ſo ſind wir verachtet als geborene leibeygene; thun wir es nit/ ſo helt man es fuͤr ein Verbrechen. Wann es ſich nachmals zutraͤget/ daß gleich- ſam durch ein Spiel der Vorſehung dieſe Hoheit auff ein Kind oder Knaben/ oder einen Menſchen von

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626/187
Zitationshilfe: Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626/187>, abgerufen am 29.03.2024.