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Allgemeine Zeitung. Nr. 176. Augsburg, 24. Juni 1840.

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Ansichten einzig und allein ihrer Pflicht nachzukommen suchten. *)

Seit der Bestattung des hochseligen Königs befindet sich seine jetzt regierende Majestät in Potsdam, und wird muthmaßlich den größten Theil des Sommers dort verweilen. Bisher sind noch keine eingreifenden Schritte irgend einer Art in der Verwaltung, oder in dem Personal der höheren Staatsbeamten geschehen. Der König, welcher sich alle Mitglieder der Regierung in Potsdam vorstellen lassen, hat sich durchaus wohlwollend und mit der Vertrauen erweckendsten Güte geäußert. Inzwischen ist man doch sehr gespannt auf die nächste Zeit, und besonders darauf, ob diejenigen Richtungen und Ansichten, welche Se. Maj. als Kronprinz am entschiedensten manifestirten, auch dem Könige zur Richtschnur seines Handelns dienen werden. Es äußerten sich diese einmal in einer strengen religiösen Gesinnung, und politisch zunächst darin, daß dem Adel eine gewichtige Stellung im Staate (mehr dem englischen ähnlich) und in der Verwaltung eingeräumt werde müsse. In diesem Sinne hatte auch Se. Maj. die Männer gewählt, denen Sie ein besonderes Vertrauen schenkten, und unter welchen die Namen Graf v. Voß, Baron v. Blomberg, Major v. Radowitz u. A. als die ausgezeichnetsten zu nennen sind. Diese Männer dürften mit wichtigen Stellungen, wenn auch nicht zunächst, doch in der Zukunft beauftragt werden. - Einige der bisherigen nächsten Rathgeber des hochseligen Königs, die besonders auch durch ihr persönliches Verhältniß zu demselben ihm sehr nahe standen, gelten zwar nicht minder in der Achtung des jetzigen Monarchen, dürften jedoch wohl, schon ihres hohen Alters wegen, das sie schon seit längerer Zeit dem Rücktritt von den Staatsgeschäften geneigt machte, dieser Neigung Folge geben. Unter diesen würden obenan der Fürst v. Wittgenstein, und der Graf Lottum genannt werden. - Ganz besondere Neigung, Hochachtung, und Vertrauen schenkt Se. Maj. Hrn. Alex. v. Humboldt - eine Gesinnung, die sich vom hochseligen Könige her übertragen hat. Dennoch dürfte dieser außerordentliche Mann schwerlich eine bestimmte Geschäftsstellung, etwa als Minister, einnehmen, sondern er würde sich in seinem jetzigen Verhältnisse erhalten, wo er, bei allen wichtigen Fragen a consiliis, nach allen Richtungen hin den segensreichen Einfluß seiner in Welterfahrungen gereiften, und ursprünglich schon so tief eindringenden geistigen Bedeutsamkeit bewahren kann. - Es läßt sich begreifen, daß allerlei Nebenfragen das Publicum ebenfalls beschäftigten. Dahin gehört die: "Ob der König sich in Königsberg krönen lassen, oder nur in den Hauptstädten des Reiches eine Huldidigung annehmen werde." "Ob und wann ein Regierungsmanifest erlassen werden dürfte?" und ähnliche mehr. - Ueber die Besetzung der wichtigen Stelle eines Ministers des Unterrichts existiren vorläufig bloße Muthmaßungen. Unter denen, die auf solche Weise bezeichnet werden, befindet sich auch Hr. Bunsen, unser ehemaliger Gesandter in Rom, dem allerdings Se. Maj. sehr geneigt ist, der jedoch aus mancherlei Rücksichten schwerlich in diese Stellung gebracht werden dürfte. - Zwischen den Aerzten, welche den verewigten Monarchen behandelt haben (dem Hofrath Schönlein einerseits, und den HH. v. Wiebel und Grimm andrerseits) soll eine Meinungsverschiedenheit über die Behandlungsart eine kleine Spaltung veranlaßt haben. Ueber die Belohnung ihrer eifrigen, wahrhaft aufopfernden Anstrengungen ist noch nichts bekannt geworden. Doch hat Se. Maj. der Kaiser von Rußland dem Generalstabsarzt v. Wiebel eine prachtvolle goldene Dose mit Brillanten, und dem Dr. Grimm den St. Annenorden zweiter Classe mit Brillanten zu verleihen geruht.

Schweden.

Der Kronprinz und die Kronprinzessin sind nebst ihren Kindern am letzten Mittwoch nach dem königlichen Lustschloß Tullgarn abgereist, wo sie einige Tage zu verweilen gedenken. Es ist dieß ein von den Reichsständen zur speciellen Disposition des Kronprinzen gestelltes Domanialgut, welches sieben Meilen von der Hauptstadt an einem Meerbusen der Ostsee gelegen und mit einem schön gebauten Schlosse versehen ist. Der Kronprinz pflegt es alle Jahre einmal zu besuchen. - Durch den neulich eingetretenen Bankerott zweier hiesigen Tuchfabricanten waren 300 Arbeiter ihres Auskommens beraubt. Der König, hievon benachrichtigt, befahl, daß aus seiner Privatcasse die nöthigen Mittel abgereicht würden, um für den Unterhalt dieser Arbeiter zu sorgen, bis sie ein anderes Unterkommen finden. Eine große Anzahl dieser Arbeiter fand sich am zweiten Pfingsttage im Schlosse ein, und bat vorgelassen zu werden, um ihren Dank dem Monarchen abzustatten. Dieß wurde bewilligt. Der König bezeugte ihnen sein Wohlwollen, und gab ihnen die Versicherung, daß er darauf bedacht seyn würde, sie aus ihrer kummervollen Stellung zu reißen. - Der bekannte politische Schriftsteller, Capitän Lindeberg, hat vorgestern eine Reise nach Deutschland unternommen, in der ausgesprochenen Absicht eine Wassercur zu Gräfenberg durchzumachen, da er seit mehreren Jahren an einem Augenübel leidet. Aftonbladet zeigt aber an, daß er auch Wien zu besuchen gedenke.

Montenegro.

An der montenegrinischen Gränze wird es immer ernsthafter. Der albanesische Bezirk Hatti hat sich mit den Montenegrinern vereinigt, und für seine Treue dem Vladika zwei Geiseln gestellt. Dieser ist eben angelegentlich beschäftigt gegen Podgoritza eine Expedition vorzubereiten. Der Angriff wird durch zwei Colonnen gegen das Cettathal und die Festung selbst geschehen. Die türkischen Gemeinden von Hatti, Grudde und Clementi nehmen im Gemeinschaft mit den Montenegrinern an dieser Expedition Antheil. Podgoritza ist übrigens ziemlich fest, und hat einen tapfern Commandanten. Auch gegen die Spizzanoten, die unversöhnlichsten Feinde der Montenegriner, ist ein Zug beschlossen, da sie erst kürzlich, bei einem Streite wegen einer Viehweide, zwei Montenegriner tödteten und mehrere verwundeten. Unterdessen wird auf der entgegengesetzten Seite, um von dieser gedeckt zu seyn, wie immer wegen eines Friedens unterhandelt, den man, sobald ein Vortheil dabei ersichtlich, natürlich wieder bricht. Der Bruder des Vladika hat sich zu diesem Ende nach Grahowo begeben, wo er mit dem Wessier von Herzegowina und dem Hassan Beg von Trebigne verhandelt. - Der Secretär des Vladika, Milacowitsch, hat vor einigen Tagen bei dem russischen Consul in Ragusa wieder eine Summe von 1000 Stück Ducaten abgeholt. - Die Podgoritzaner geben seit dem letzten Versuche gegen das Leben ihres Commandanten, Spahia Lecsitsch, keinen Pardon mehr. Kürzlich sind wieder vier Montenegriner, die um die Festung herumschleichend ergriffen wurden, enthauptet worden.

*) Ein anderes Schreiben aus Berlin sagt darüber: "Ueber Alles groß ist das Wort, das der König am 12. Jun., wo die sämmtlichen Staatsminister in Charlottenburg den Eid in seine Hände legten, ausgesprochen hat. "Ich kenne und schätze Sie längst, sagte, wie man hört, der König unter Anderm, schätze Sie schon deßhalb, weil Sie niemals der aufgehenden Sonne gehuldigt haben."

Ansichten einzig und allein ihrer Pflicht nachzukommen suchten. *)

Seit der Bestattung des hochseligen Königs befindet sich seine jetzt regierende Majestät in Potsdam, und wird muthmaßlich den größten Theil des Sommers dort verweilen. Bisher sind noch keine eingreifenden Schritte irgend einer Art in der Verwaltung, oder in dem Personal der höheren Staatsbeamten geschehen. Der König, welcher sich alle Mitglieder der Regierung in Potsdam vorstellen lassen, hat sich durchaus wohlwollend und mit der Vertrauen erweckendsten Güte geäußert. Inzwischen ist man doch sehr gespannt auf die nächste Zeit, und besonders darauf, ob diejenigen Richtungen und Ansichten, welche Se. Maj. als Kronprinz am entschiedensten manifestirten, auch dem Könige zur Richtschnur seines Handelns dienen werden. Es äußerten sich diese einmal in einer strengen religiösen Gesinnung, und politisch zunächst darin, daß dem Adel eine gewichtige Stellung im Staate (mehr dem englischen ähnlich) und in der Verwaltung eingeräumt werde müsse. In diesem Sinne hatte auch Se. Maj. die Männer gewählt, denen Sie ein besonderes Vertrauen schenkten, und unter welchen die Namen Graf v. Voß, Baron v. Blomberg, Major v. Radowitz u. A. als die ausgezeichnetsten zu nennen sind. Diese Männer dürften mit wichtigen Stellungen, wenn auch nicht zunächst, doch in der Zukunft beauftragt werden. – Einige der bisherigen nächsten Rathgeber des hochseligen Königs, die besonders auch durch ihr persönliches Verhältniß zu demselben ihm sehr nahe standen, gelten zwar nicht minder in der Achtung des jetzigen Monarchen, dürften jedoch wohl, schon ihres hohen Alters wegen, das sie schon seit längerer Zeit dem Rücktritt von den Staatsgeschäften geneigt machte, dieser Neigung Folge geben. Unter diesen würden obenan der Fürst v. Wittgenstein, und der Graf Lottum genannt werden. – Ganz besondere Neigung, Hochachtung, und Vertrauen schenkt Se. Maj. Hrn. Alex. v. Humboldt – eine Gesinnung, die sich vom hochseligen Könige her übertragen hat. Dennoch dürfte dieser außerordentliche Mann schwerlich eine bestimmte Geschäftsstellung, etwa als Minister, einnehmen, sondern er würde sich in seinem jetzigen Verhältnisse erhalten, wo er, bei allen wichtigen Fragen a consiliis, nach allen Richtungen hin den segensreichen Einfluß seiner in Welterfahrungen gereiften, und ursprünglich schon so tief eindringenden geistigen Bedeutsamkeit bewahren kann. – Es läßt sich begreifen, daß allerlei Nebenfragen das Publicum ebenfalls beschäftigten. Dahin gehört die: „Ob der König sich in Königsberg krönen lassen, oder nur in den Hauptstädten des Reiches eine Huldidigung annehmen werde.“ „Ob und wann ein Regierungsmanifest erlassen werden dürfte?“ und ähnliche mehr. – Ueber die Besetzung der wichtigen Stelle eines Ministers des Unterrichts existiren vorläufig bloße Muthmaßungen. Unter denen, die auf solche Weise bezeichnet werden, befindet sich auch Hr. Bunsen, unser ehemaliger Gesandter in Rom, dem allerdings Se. Maj. sehr geneigt ist, der jedoch aus mancherlei Rücksichten schwerlich in diese Stellung gebracht werden dürfte. – Zwischen den Aerzten, welche den verewigten Monarchen behandelt haben (dem Hofrath Schönlein einerseits, und den HH. v. Wiebel und Grimm andrerseits) soll eine Meinungsverschiedenheit über die Behandlungsart eine kleine Spaltung veranlaßt haben. Ueber die Belohnung ihrer eifrigen, wahrhaft aufopfernden Anstrengungen ist noch nichts bekannt geworden. Doch hat Se. Maj. der Kaiser von Rußland dem Generalstabsarzt v. Wiebel eine prachtvolle goldene Dose mit Brillanten, und dem Dr. Grimm den St. Annenorden zweiter Classe mit Brillanten zu verleihen geruht.

Schweden.

Der Kronprinz und die Kronprinzessin sind nebst ihren Kindern am letzten Mittwoch nach dem königlichen Lustschloß Tullgarn abgereist, wo sie einige Tage zu verweilen gedenken. Es ist dieß ein von den Reichsständen zur speciellen Disposition des Kronprinzen gestelltes Domanialgut, welches sieben Meilen von der Hauptstadt an einem Meerbusen der Ostsee gelegen und mit einem schön gebauten Schlosse versehen ist. Der Kronprinz pflegt es alle Jahre einmal zu besuchen. – Durch den neulich eingetretenen Bankerott zweier hiesigen Tuchfabricanten waren 300 Arbeiter ihres Auskommens beraubt. Der König, hievon benachrichtigt, befahl, daß aus seiner Privatcasse die nöthigen Mittel abgereicht würden, um für den Unterhalt dieser Arbeiter zu sorgen, bis sie ein anderes Unterkommen finden. Eine große Anzahl dieser Arbeiter fand sich am zweiten Pfingsttage im Schlosse ein, und bat vorgelassen zu werden, um ihren Dank dem Monarchen abzustatten. Dieß wurde bewilligt. Der König bezeugte ihnen sein Wohlwollen, und gab ihnen die Versicherung, daß er darauf bedacht seyn würde, sie aus ihrer kummervollen Stellung zu reißen. – Der bekannte politische Schriftsteller, Capitän Lindeberg, hat vorgestern eine Reise nach Deutschland unternommen, in der ausgesprochenen Absicht eine Wassercur zu Gräfenberg durchzumachen, da er seit mehreren Jahren an einem Augenübel leidet. Aftonbladet zeigt aber an, daß er auch Wien zu besuchen gedenke.

Montenegro.

An der montenegrinischen Gränze wird es immer ernsthafter. Der albanesische Bezirk Hatti hat sich mit den Montenegrinern vereinigt, und für seine Treue dem Vladika zwei Geiseln gestellt. Dieser ist eben angelegentlich beschäftigt gegen Podgoritza eine Expedition vorzubereiten. Der Angriff wird durch zwei Colonnen gegen das Cettathal und die Festung selbst geschehen. Die türkischen Gemeinden von Hatti, Grudde und Clementi nehmen im Gemeinschaft mit den Montenegrinern an dieser Expedition Antheil. Podgoritza ist übrigens ziemlich fest, und hat einen tapfern Commandanten. Auch gegen die Spizzanoten, die unversöhnlichsten Feinde der Montenegriner, ist ein Zug beschlossen, da sie erst kürzlich, bei einem Streite wegen einer Viehweide, zwei Montenegriner tödteten und mehrere verwundeten. Unterdessen wird auf der entgegengesetzten Seite, um von dieser gedeckt zu seyn, wie immer wegen eines Friedens unterhandelt, den man, sobald ein Vortheil dabei ersichtlich, natürlich wieder bricht. Der Bruder des Vladika hat sich zu diesem Ende nach Grahowo begeben, wo er mit dem Wessier von Herzegowina und dem Hassan Beg von Trebigne verhandelt. – Der Secretär des Vladika, Milacowitsch, hat vor einigen Tagen bei dem russischen Consul in Ragusa wieder eine Summe von 1000 Stück Ducaten abgeholt. – Die Podgoritzaner geben seit dem letzten Versuche gegen das Leben ihres Commandanten, Spahia Lecsitsch, keinen Pardon mehr. Kürzlich sind wieder vier Montenegriner, die um die Festung herumschleichend ergriffen wurden, enthauptet worden.

*) Ein anderes Schreiben aus Berlin sagt darüber: „Ueber Alles groß ist das Wort, das der König am 12. Jun., wo die sämmtlichen Staatsminister in Charlottenburg den Eid in seine Hände legten, ausgesprochen hat. „Ich kenne und schätze Sie längst, sagte, wie man hört, der König unter Anderm, schätze Sie schon deßhalb, weil Sie niemals der aufgehenden Sonne gehuldigt haben.“
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[1407/0007] Ansichten einzig und allein ihrer Pflicht nachzukommen suchten. *) _ Berlin, 17 Jun. Seit der Bestattung des hochseligen Königs befindet sich seine jetzt regierende Majestät in Potsdam, und wird muthmaßlich den größten Theil des Sommers dort verweilen. Bisher sind noch keine eingreifenden Schritte irgend einer Art in der Verwaltung, oder in dem Personal der höheren Staatsbeamten geschehen. Der König, welcher sich alle Mitglieder der Regierung in Potsdam vorstellen lassen, hat sich durchaus wohlwollend und mit der Vertrauen erweckendsten Güte geäußert. Inzwischen ist man doch sehr gespannt auf die nächste Zeit, und besonders darauf, ob diejenigen Richtungen und Ansichten, welche Se. Maj. als Kronprinz am entschiedensten manifestirten, auch dem Könige zur Richtschnur seines Handelns dienen werden. Es äußerten sich diese einmal in einer strengen religiösen Gesinnung, und politisch zunächst darin, daß dem Adel eine gewichtige Stellung im Staate (mehr dem englischen ähnlich) und in der Verwaltung eingeräumt werde müsse. In diesem Sinne hatte auch Se. Maj. die Männer gewählt, denen Sie ein besonderes Vertrauen schenkten, und unter welchen die Namen Graf v. Voß, Baron v. Blomberg, Major v. Radowitz u. A. als die ausgezeichnetsten zu nennen sind. Diese Männer dürften mit wichtigen Stellungen, wenn auch nicht zunächst, doch in der Zukunft beauftragt werden. – Einige der bisherigen nächsten Rathgeber des hochseligen Königs, die besonders auch durch ihr persönliches Verhältniß zu demselben ihm sehr nahe standen, gelten zwar nicht minder in der Achtung des jetzigen Monarchen, dürften jedoch wohl, schon ihres hohen Alters wegen, das sie schon seit längerer Zeit dem Rücktritt von den Staatsgeschäften geneigt machte, dieser Neigung Folge geben. Unter diesen würden obenan der Fürst v. Wittgenstein, und der Graf Lottum genannt werden. – Ganz besondere Neigung, Hochachtung, und Vertrauen schenkt Se. Maj. Hrn. Alex. v. Humboldt – eine Gesinnung, die sich vom hochseligen Könige her übertragen hat. Dennoch dürfte dieser außerordentliche Mann schwerlich eine bestimmte Geschäftsstellung, etwa als Minister, einnehmen, sondern er würde sich in seinem jetzigen Verhältnisse erhalten, wo er, bei allen wichtigen Fragen a consiliis, nach allen Richtungen hin den segensreichen Einfluß seiner in Welterfahrungen gereiften, und ursprünglich schon so tief eindringenden geistigen Bedeutsamkeit bewahren kann. – Es läßt sich begreifen, daß allerlei Nebenfragen das Publicum ebenfalls beschäftigten. Dahin gehört die: „Ob der König sich in Königsberg krönen lassen, oder nur in den Hauptstädten des Reiches eine Huldidigung annehmen werde.“ „Ob und wann ein Regierungsmanifest erlassen werden dürfte?“ und ähnliche mehr. – Ueber die Besetzung der wichtigen Stelle eines Ministers des Unterrichts existiren vorläufig bloße Muthmaßungen. Unter denen, die auf solche Weise bezeichnet werden, befindet sich auch Hr. Bunsen, unser ehemaliger Gesandter in Rom, dem allerdings Se. Maj. sehr geneigt ist, der jedoch aus mancherlei Rücksichten schwerlich in diese Stellung gebracht werden dürfte. – Zwischen den Aerzten, welche den verewigten Monarchen behandelt haben (dem Hofrath Schönlein einerseits, und den HH. v. Wiebel und Grimm andrerseits) soll eine Meinungsverschiedenheit über die Behandlungsart eine kleine Spaltung veranlaßt haben. Ueber die Belohnung ihrer eifrigen, wahrhaft aufopfernden Anstrengungen ist noch nichts bekannt geworden. Doch hat Se. Maj. der Kaiser von Rußland dem Generalstabsarzt v. Wiebel eine prachtvolle goldene Dose mit Brillanten, und dem Dr. Grimm den St. Annenorden zweiter Classe mit Brillanten zu verleihen geruht. Schweden. _ Stockholm, 12 Jun. Der Kronprinz und die Kronprinzessin sind nebst ihren Kindern am letzten Mittwoch nach dem königlichen Lustschloß Tullgarn abgereist, wo sie einige Tage zu verweilen gedenken. Es ist dieß ein von den Reichsständen zur speciellen Disposition des Kronprinzen gestelltes Domanialgut, welches sieben Meilen von der Hauptstadt an einem Meerbusen der Ostsee gelegen und mit einem schön gebauten Schlosse versehen ist. Der Kronprinz pflegt es alle Jahre einmal zu besuchen. – Durch den neulich eingetretenen Bankerott zweier hiesigen Tuchfabricanten waren 300 Arbeiter ihres Auskommens beraubt. Der König, hievon benachrichtigt, befahl, daß aus seiner Privatcasse die nöthigen Mittel abgereicht würden, um für den Unterhalt dieser Arbeiter zu sorgen, bis sie ein anderes Unterkommen finden. Eine große Anzahl dieser Arbeiter fand sich am zweiten Pfingsttage im Schlosse ein, und bat vorgelassen zu werden, um ihren Dank dem Monarchen abzustatten. Dieß wurde bewilligt. Der König bezeugte ihnen sein Wohlwollen, und gab ihnen die Versicherung, daß er darauf bedacht seyn würde, sie aus ihrer kummervollen Stellung zu reißen. – Der bekannte politische Schriftsteller, Capitän Lindeberg, hat vorgestern eine Reise nach Deutschland unternommen, in der ausgesprochenen Absicht eine Wassercur zu Gräfenberg durchzumachen, da er seit mehreren Jahren an einem Augenübel leidet. Aftonbladet zeigt aber an, daß er auch Wien zu besuchen gedenke. Montenegro. An der montenegrinischen Gränze wird es immer ernsthafter. Der albanesische Bezirk Hatti hat sich mit den Montenegrinern vereinigt, und für seine Treue dem Vladika zwei Geiseln gestellt. Dieser ist eben angelegentlich beschäftigt gegen Podgoritza eine Expedition vorzubereiten. Der Angriff wird durch zwei Colonnen gegen das Cettathal und die Festung selbst geschehen. Die türkischen Gemeinden von Hatti, Grudde und Clementi nehmen im Gemeinschaft mit den Montenegrinern an dieser Expedition Antheil. Podgoritza ist übrigens ziemlich fest, und hat einen tapfern Commandanten. Auch gegen die Spizzanoten, die unversöhnlichsten Feinde der Montenegriner, ist ein Zug beschlossen, da sie erst kürzlich, bei einem Streite wegen einer Viehweide, zwei Montenegriner tödteten und mehrere verwundeten. Unterdessen wird auf der entgegengesetzten Seite, um von dieser gedeckt zu seyn, wie immer wegen eines Friedens unterhandelt, den man, sobald ein Vortheil dabei ersichtlich, natürlich wieder bricht. Der Bruder des Vladika hat sich zu diesem Ende nach Grahowo begeben, wo er mit dem Wessier von Herzegowina und dem Hassan Beg von Trebigne verhandelt. – Der Secretär des Vladika, Milacowitsch, hat vor einigen Tagen bei dem russischen Consul in Ragusa wieder eine Summe von 1000 Stück Ducaten abgeholt. – Die Podgoritzaner geben seit dem letzten Versuche gegen das Leben ihres Commandanten, Spahia Lecsitsch, keinen Pardon mehr. Kürzlich sind wieder vier Montenegriner, die um die Festung herumschleichend ergriffen wurden, enthauptet worden. *) Ein anderes Schreiben aus Berlin sagt darüber: „Ueber Alles groß ist das Wort, das der König am 12. Jun., wo die sämmtlichen Staatsminister in Charlottenburg den Eid in seine Hände legten, ausgesprochen hat. „Ich kenne und schätze Sie längst, sagte, wie man hört, der König unter Anderm, schätze Sie schon deßhalb, weil Sie niemals der aufgehenden Sonne gehuldigt haben.“

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 176. Augsburg, 24. Juni 1840, S. 1407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_176_18400624/7>, abgerufen am 18.04.2024.