Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Allgemeine Zeitung. Nr. 176. Augsburg, 24. Juni 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

und Postillone der aufgefangenen Diligencen. - Im Innern dauert die Unsicherheit fort. Eine Bande Carlisten zeigte sich am 3 d. bei Lote (unfern von Daimiel in der Mancha) von wo ein Duzend ihrer Reiter die Mühle von Tudacerta überfiel. Unterwegs tödteten sie mit Säbelhieben einen Miliciano und einen Bauer. Einem Boten des Alcalden von Daimiel rissen sie die Augen aus und hingen ihn an einem Baume auf. Bei Teruel legte eine Rotte am gleichen Tage die Landhäuser um die Stadt in Brand und schleppte Menschen und Heerden mit sich fort. - Im Augenblick, wo ich diese Zeilen schließen will, erhalte ich einen Brief aus Bourg-Madame vom 14 zur Einsicht, worin versichert wird, Cabrera sey am 6 krank und in einer Sänfte getragen mit sieben Bataillons zu Berga angekommen, die Besatzung sey 6000 Mann stark, zahlreiche Mundvorräthe langten täglich auf Maulthieren an u. s. w. Der neueste Constitucional de Barcelona, den ich zugleich erhalte, erwähnt dagegen Cabrera's mit keiner Sylbe, sondern spricht von Vorbereitungen zur Flucht, Uneinigkeit und Meuterei unter den Chefs. Wüthende Rotten durchzögen die Straßen unter dem Geschrei: "Tod den Mönchen und Pfaffen, die an allem Unglück Schuld sind!" Alles deutete auf nahe Auflösung hin.

Der Moniteur schreibt aus Spanien: "Die größte Unordnung herrscht noch immer in Berga und ganz Catalonien unter den Carlistischen Banden. Jeden Augenblick gehen neue Flüchtlinge über die Gränze. Am 11 kam der Bischof von Orihuela mit Gefolge über Llo und Saillagura nach Frankreich. Er bestätigt, daß unter den Carlistischen Häuptlingen Spaltungen entstanden sind. Als Cabrera nach Berga kam, ließ er den Commandanten Castannoles erschießen und mehrere Personen gefangen nehmen, die angeklagt waren, Theil an der Ermordung des Grafen de Espanna genommen zu haben, unter andern den Brigadier Ortell, seinen Sohn, den Pfarrer Ferrer so wie seinen Bruder und den Canonicus Torrebadella. Eine telegraphische Depesche meldet, daß gestern, am 17, der ehemalige Minister des Don Carlos, Arias Tejeiro, in Perpignan angekommen ist, wohin er sich von Berga mit seinem Secretär und einem Diener geflüchtet hat. - Der General Segarra, Oberbefehlshaber der carlistischen Armee in Catalonien, hat sich der Regierung der Königin unterworfen und sich dem General Carbo ergeben. An der Gränze feierte man dieses Ereigniß mit Festen."

Großbritannien.

Lord Aberdeens schottische Kirchenbill (vergl. Oberhaussitzung vom 5 Mai in Nr. 134 der Allg. Ztg.) ist gestern im Oberhaus - trotz oder wahrscheinlicher zufolge des Widerspruchs Lord Melbourne's - mit 74 gegen 27 Stimmen zum zweiten Verlesen angenommen worden. Der Urheber der Bill entschuldigte sich in seinem Vortrage besonders darüber, daß er ungeachtet des verwerfenden Beschlusses der schottischen Kirchenversammlung (s. Nr. 167 der Allg. Ztg.) seine Bill dennoch durchzusetzen denke; er glaube aber nicht, daß die monströsen und extravaganten Forderungen jener Versammlung in diesem Hause Beachtung verdienen. Dennoch widersetzten sich der Marquis von Breadalbane und der Graf von Rosebery der Bill im Sinne der Versammlung, während der Graf von Camperdown, Lord Brougham und der Lordkanzler (Lord Cottenham) als Vertheidiger der Patronatsrechte und der Ansprüche der weltlichen Gerichtsbarkeit gegen sie sprachen. Lord Melbourne aber erklärte, daß er die Bill auf keine Weise für geeignet halte die Gemüther in Schottland zu befriedigen, und daß er deßhalb, so große Besorgniß ihm auch die Aufregung jener Gemüther einflöße, es doch für besser hielte nichts zu thun, als eine Maaßregel zu ergreifen, durch die der Stand der Dinge wahrscheinlich noch verschlimmert werden würde. "Der edle Lord hat gesagt: ihr müßt etwas thun; nun, Mylords, gibt es keine Sprache in der Welt, die ich mehr fürchte als gerade die. Sie ist die Ursache jeglichen Irrthums, und ich, der ich ihre Gefährlichkeit erprobt habe, habe den unerschütterlichen Entschluß gefaßt, nie zu sagen, daß ich etwas thun will, bis ich darüber im Reinen bin, was ich thun werde." Das Haus vertagte sich dann bis Donnerstag. - Das heutige Unterhaus war bis zu Abgang der Post mit der Bill über mehr zu verbreitende Kuhpockenimpfung beschäftigt.

Mitten zwischen den vielfachen Beglückwünschungsadressen ist der Königin kürzlich folgende von mehrern tausend Personen unterzeichnete Bittschrift eingereicht worden: "An der Königin sehr gnädige Majestät! Wir Ew. Maj. unterthänige und getreue Unterthanen, die Arbeiter der Stadt Leicester, bitten Ew. Maj. berichten zu dürfen, daß wir unter dem größten Elend, so den Menschen treffen kann, nämlich Hungersnoth schmachten, Hungersnoth herrührend von Mangel an Arbeit und von dem hohen Preis der Lebensmittel, welcher letztere, wie wir überzeugt sind, in nichts Anderm seinen Grund hat, als in der schwachen Politik und dem schlechten Einfluß der bestehenden Korngesetze. Wir haben von Zeit zu Zeit Euer ehrenwerthes Haus der Gemeinen gebeten, diese Gesetze aufzuheben, sie aber haben unsrer Bitte ein taubes Ohr geliehen, und dadurch ihre Unfähigkeit, eine große Nation zu regieren, bewiesen, indem sie nämlich das öffentliche Wohl vernachlässigen und die Festigkeit Eures königlichen Thrones in Gefahr bringen. Daher wir, Eure Bittsteller, alle weitere Berufung an sie für nutzlos halten und uns einer höhern und gnadenreichern Macht zuwenden und Ew. Maj. demüthig ersuchen, sie augenblicklich aufzulösen, auf daß sie ihren Wählern Rechenschaft ablegen, für diese unmenschliche und grausame Vernachlässigung des Landeswohls."

Aus den weiteren Mittheilungen der Blätter über Oxford und seinen künftigen Proceß entnehmen wir Folgendes. Frau Oxford hatte sich, nachdem Hr. Humphries die Vertheidigung ihres Sohnes abgelehnt, an Hrn. Pelham gewandt, indem sie die Weigerung ihres Sohnes, einen Advocaten anzunehmen, auf das unnöthige Sicheinmischen einer der Aldermänner, der Hrn. Humphries den Zutritt zu ihrem Sohn verweigerte, zu schieben suchte, und Hr. Pelham hatte hierauf die Advocatschaft angenommen. Als aber der Schloßhauptmann, Hr. Cope, den Verhafteten nun befragte, ob er diesen von seiner Mutter gewählten Advocaten anerkenne und ihn zu consultiren wünsche, antwortete er, er verlange jetzt gar Niemand mehr zu sehen, und werde sich selbst vertheidigen. Die arme Mutter konnte sich diesen Entschluß nur dadurch erklären, daß ihr Sohn fürchte, sie könne die Kosten für Haltung eines Advocaten nicht bestreiten, obwohl sie ihm bei ihrer letzten Zusammenkunft gesagt habe, daß sein Oheim und seine übrigen Freunde dazu beisteuern würden. Die Beweisführung, auf welche Hr. Pelham seine Vertheidigung zu stützen dachte, und auch siegreich stützen zu können glaubte, war Feststellung des Vorhandenseyns von erblichem Wahnsinn, oder wenigstens Monomanie bei dem Angeklagten. Für den verworrenen, unnatürlich aufgeregten Geisteszustand ihres verstorbenen Mannes hat Frau Oxford noch mehrere Beispiele aufzuzählen gewußt. Einmal, noch als Brautwerber, kam er zu ihr mit einem Bündel Banknoten von ungefähr 150 Pf., und warf dieselben, da sie fortwährend ihr Jawort verweigerte, ins Feuer, wo sie alle verbrannten. Ein andermal kam er mit einem Doppelgewehr und drohte ihr, falls

und Postillone der aufgefangenen Diligencen. – Im Innern dauert die Unsicherheit fort. Eine Bande Carlisten zeigte sich am 3 d. bei Lote (unfern von Daimiel in der Mancha) von wo ein Duzend ihrer Reiter die Mühle von Tudacerta überfiel. Unterwegs tödteten sie mit Säbelhieben einen Miliciano und einen Bauer. Einem Boten des Alcalden von Daimiel rissen sie die Augen aus und hingen ihn an einem Baume auf. Bei Teruel legte eine Rotte am gleichen Tage die Landhäuser um die Stadt in Brand und schleppte Menschen und Heerden mit sich fort. – Im Augenblick, wo ich diese Zeilen schließen will, erhalte ich einen Brief aus Bourg-Madame vom 14 zur Einsicht, worin versichert wird, Cabrera sey am 6 krank und in einer Sänfte getragen mit sieben Bataillons zu Berga angekommen, die Besatzung sey 6000 Mann stark, zahlreiche Mundvorräthe langten täglich auf Maulthieren an u. s. w. Der neueste Constitucional de Barcelona, den ich zugleich erhalte, erwähnt dagegen Cabrera's mit keiner Sylbe, sondern spricht von Vorbereitungen zur Flucht, Uneinigkeit und Meuterei unter den Chefs. Wüthende Rotten durchzögen die Straßen unter dem Geschrei: „Tod den Mönchen und Pfaffen, die an allem Unglück Schuld sind!“ Alles deutete auf nahe Auflösung hin.

Der Moniteur schreibt aus Spanien: „Die größte Unordnung herrscht noch immer in Berga und ganz Catalonien unter den Carlistischen Banden. Jeden Augenblick gehen neue Flüchtlinge über die Gränze. Am 11 kam der Bischof von Orihuela mit Gefolge über Llo und Saillagura nach Frankreich. Er bestätigt, daß unter den Carlistischen Häuptlingen Spaltungen entstanden sind. Als Cabrera nach Berga kam, ließ er den Commandanten Castañoles erschießen und mehrere Personen gefangen nehmen, die angeklagt waren, Theil an der Ermordung des Grafen de España genommen zu haben, unter andern den Brigadier Ortell, seinen Sohn, den Pfarrer Ferrer so wie seinen Bruder und den Canonicus Torrebadella. Eine telegraphische Depesche meldet, daß gestern, am 17, der ehemalige Minister des Don Carlos, Arias Tejeiro, in Perpignan angekommen ist, wohin er sich von Berga mit seinem Secretär und einem Diener geflüchtet hat. – Der General Segarra, Oberbefehlshaber der carlistischen Armee in Catalonien, hat sich der Regierung der Königin unterworfen und sich dem General Carbo ergeben. An der Gränze feierte man dieses Ereigniß mit Festen.“

Großbritannien.

Lord Aberdeens schottische Kirchenbill (vergl. Oberhaussitzung vom 5 Mai in Nr. 134 der Allg. Ztg.) ist gestern im Oberhaus – trotz oder wahrscheinlicher zufolge des Widerspruchs Lord Melbourne's – mit 74 gegen 27 Stimmen zum zweiten Verlesen angenommen worden. Der Urheber der Bill entschuldigte sich in seinem Vortrage besonders darüber, daß er ungeachtet des verwerfenden Beschlusses der schottischen Kirchenversammlung (s. Nr. 167 der Allg. Ztg.) seine Bill dennoch durchzusetzen denke; er glaube aber nicht, daß die monströsen und extravaganten Forderungen jener Versammlung in diesem Hause Beachtung verdienen. Dennoch widersetzten sich der Marquis von Breadalbane und der Graf von Rosebery der Bill im Sinne der Versammlung, während der Graf von Camperdown, Lord Brougham und der Lordkanzler (Lord Cottenham) als Vertheidiger der Patronatsrechte und der Ansprüche der weltlichen Gerichtsbarkeit gegen sie sprachen. Lord Melbourne aber erklärte, daß er die Bill auf keine Weise für geeignet halte die Gemüther in Schottland zu befriedigen, und daß er deßhalb, so große Besorgniß ihm auch die Aufregung jener Gemüther einflöße, es doch für besser hielte nichts zu thun, als eine Maaßregel zu ergreifen, durch die der Stand der Dinge wahrscheinlich noch verschlimmert werden würde. „Der edle Lord hat gesagt: ihr müßt etwas thun; nun, Mylords, gibt es keine Sprache in der Welt, die ich mehr fürchte als gerade die. Sie ist die Ursache jeglichen Irrthums, und ich, der ich ihre Gefährlichkeit erprobt habe, habe den unerschütterlichen Entschluß gefaßt, nie zu sagen, daß ich etwas thun will, bis ich darüber im Reinen bin, was ich thun werde.“ Das Haus vertagte sich dann bis Donnerstag. – Das heutige Unterhaus war bis zu Abgang der Post mit der Bill über mehr zu verbreitende Kuhpockenimpfung beschäftigt.

Mitten zwischen den vielfachen Beglückwünschungsadressen ist der Königin kürzlich folgende von mehrern tausend Personen unterzeichnete Bittschrift eingereicht worden: „An der Königin sehr gnädige Majestät! Wir Ew. Maj. unterthänige und getreue Unterthanen, die Arbeiter der Stadt Leicester, bitten Ew. Maj. berichten zu dürfen, daß wir unter dem größten Elend, so den Menschen treffen kann, nämlich Hungersnoth schmachten, Hungersnoth herrührend von Mangel an Arbeit und von dem hohen Preis der Lebensmittel, welcher letztere, wie wir überzeugt sind, in nichts Anderm seinen Grund hat, als in der schwachen Politik und dem schlechten Einfluß der bestehenden Korngesetze. Wir haben von Zeit zu Zeit Euer ehrenwerthes Haus der Gemeinen gebeten, diese Gesetze aufzuheben, sie aber haben unsrer Bitte ein taubes Ohr geliehen, und dadurch ihre Unfähigkeit, eine große Nation zu regieren, bewiesen, indem sie nämlich das öffentliche Wohl vernachlässigen und die Festigkeit Eures königlichen Thrones in Gefahr bringen. Daher wir, Eure Bittsteller, alle weitere Berufung an sie für nutzlos halten und uns einer höhern und gnadenreichern Macht zuwenden und Ew. Maj. demüthig ersuchen, sie augenblicklich aufzulösen, auf daß sie ihren Wählern Rechenschaft ablegen, für diese unmenschliche und grausame Vernachlässigung des Landeswohls.“

Aus den weiteren Mittheilungen der Blätter über Oxford und seinen künftigen Proceß entnehmen wir Folgendes. Frau Oxford hatte sich, nachdem Hr. Humphries die Vertheidigung ihres Sohnes abgelehnt, an Hrn. Pelham gewandt, indem sie die Weigerung ihres Sohnes, einen Advocaten anzunehmen, auf das unnöthige Sicheinmischen einer der Aldermänner, der Hrn. Humphries den Zutritt zu ihrem Sohn verweigerte, zu schieben suchte, und Hr. Pelham hatte hierauf die Advocatschaft angenommen. Als aber der Schloßhauptmann, Hr. Cope, den Verhafteten nun befragte, ob er diesen von seiner Mutter gewählten Advocaten anerkenne und ihn zu consultiren wünsche, antwortete er, er verlange jetzt gar Niemand mehr zu sehen, und werde sich selbst vertheidigen. Die arme Mutter konnte sich diesen Entschluß nur dadurch erklären, daß ihr Sohn fürchte, sie könne die Kosten für Haltung eines Advocaten nicht bestreiten, obwohl sie ihm bei ihrer letzten Zusammenkunft gesagt habe, daß sein Oheim und seine übrigen Freunde dazu beisteuern würden. Die Beweisführung, auf welche Hr. Pelham seine Vertheidigung zu stützen dachte, und auch siegreich stützen zu können glaubte, war Feststellung des Vorhandenseyns von erblichem Wahnsinn, oder wenigstens Monomanie bei dem Angeklagten. Für den verworrenen, unnatürlich aufgeregten Geisteszustand ihres verstorbenen Mannes hat Frau Oxford noch mehrere Beispiele aufzuzählen gewußt. Einmal, noch als Brautwerber, kam er zu ihr mit einem Bündel Banknoten von ungefähr 150 Pf., und warf dieselben, da sie fortwährend ihr Jawort verweigerte, ins Feuer, wo sie alle verbrannten. Ein andermal kam er mit einem Doppelgewehr und drohte ihr, falls

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0002" n="1402"/>
und Postillone der aufgefangenen Diligencen. &#x2013; Im Innern dauert die Unsicherheit fort. Eine Bande Carlisten zeigte sich am 3 d. bei Lote (unfern von Daimiel in der Mancha) von wo ein Duzend ihrer Reiter die Mühle von Tudacerta überfiel. Unterwegs tödteten sie mit Säbelhieben einen Miliciano und einen Bauer. Einem Boten des Alcalden von Daimiel rissen sie die Augen aus und hingen ihn an einem Baume auf. Bei Teruel legte eine Rotte am gleichen Tage die Landhäuser um die Stadt in Brand und schleppte Menschen und Heerden mit sich fort. &#x2013; Im Augenblick, wo ich diese Zeilen schließen will, erhalte ich einen Brief aus Bourg-Madame vom 14 zur Einsicht, worin versichert wird, Cabrera sey am 6 krank und in einer Sänfte getragen mit sieben Bataillons zu Berga angekommen, die Besatzung sey 6000 Mann stark, zahlreiche Mundvorräthe langten täglich auf Maulthieren an u. s. w. Der neueste Constitucional de Barcelona, den ich zugleich erhalte, erwähnt dagegen Cabrera's mit keiner Sylbe, sondern spricht von Vorbereitungen zur Flucht, Uneinigkeit und Meuterei unter den Chefs. Wüthende Rotten durchzögen die Straßen unter dem Geschrei: &#x201E;Tod den Mönchen und Pfaffen, die an allem Unglück Schuld sind!&#x201C; Alles deutete auf nahe Auflösung hin.</p><lb/>
          <p>Der <hi rendition="#g">Moniteur</hi> schreibt aus Spanien: &#x201E;Die größte Unordnung herrscht noch immer in Berga und ganz Catalonien unter den Carlistischen Banden. Jeden Augenblick gehen neue Flüchtlinge über die Gränze. Am 11 kam der Bischof von Orihuela mit Gefolge über Llo und Saillagura nach Frankreich. Er bestätigt, daß unter den Carlistischen Häuptlingen Spaltungen entstanden sind. Als Cabrera nach Berga kam, ließ er den Commandanten Castañoles erschießen und mehrere Personen gefangen nehmen, die angeklagt waren, Theil an der Ermordung des Grafen de España genommen zu haben, unter andern den Brigadier Ortell, seinen Sohn, den Pfarrer Ferrer so wie seinen Bruder und den Canonicus Torrebadella. Eine telegraphische Depesche meldet, daß gestern, am 17, der ehemalige Minister des Don Carlos, Arias Tejeiro, in Perpignan angekommen ist, wohin er sich von Berga mit seinem Secretär und einem Diener geflüchtet hat. &#x2013; Der General Segarra, Oberbefehlshaber der carlistischen Armee in Catalonien, hat sich der Regierung der Königin unterworfen und sich dem General Carbo ergeben. An der Gränze feierte man dieses Ereigniß mit Festen.&#x201C;</p>
        </div>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Großbritannien.</hi> </head><lb/>
        <div n="2">
          <byline>
            <docAuthor>
              <gap reason="insignificant"/>
            </docAuthor>
          </byline>
          <dateline><hi rendition="#b">London,</hi> 17 Jun.</dateline><lb/>
          <p>Lord <hi rendition="#g">Aberdeens</hi> schottische Kirchenbill (vergl. Oberhaussitzung vom 5 Mai in Nr. 134 der Allg. Ztg.) ist gestern im Oberhaus &#x2013; trotz oder wahrscheinlicher zufolge des Widerspruchs Lord Melbourne's &#x2013; mit 74 gegen 27 Stimmen zum zweiten Verlesen angenommen worden. Der Urheber der Bill entschuldigte sich in seinem Vortrage besonders darüber, daß er ungeachtet des verwerfenden Beschlusses der schottischen Kirchenversammlung (s. Nr. 167 der Allg. Ztg.) seine Bill dennoch durchzusetzen denke; er glaube aber nicht, daß die monströsen und extravaganten Forderungen jener Versammlung in diesem Hause Beachtung verdienen. Dennoch widersetzten sich der Marquis von Breadalbane und der Graf von Rosebery der Bill im Sinne der Versammlung, während der Graf von Camperdown, Lord Brougham und der Lordkanzler (Lord Cottenham) als Vertheidiger der Patronatsrechte und der Ansprüche der weltlichen Gerichtsbarkeit gegen sie sprachen. Lord Melbourne aber erklärte, daß er die Bill auf keine Weise für geeignet halte die Gemüther in Schottland zu befriedigen, und daß er deßhalb, so große Besorgniß ihm auch die Aufregung jener Gemüther einflöße, es doch für besser hielte <hi rendition="#g">nichts</hi> zu thun, als eine Maaßregel zu ergreifen, durch die der Stand der Dinge wahrscheinlich noch verschlimmert werden würde. &#x201E;Der edle Lord hat gesagt: ihr müßt etwas thun; nun, Mylords, gibt es keine Sprache in der Welt, die ich mehr fürchte als gerade die. Sie ist die Ursache jeglichen Irrthums, und ich, der ich ihre Gefährlichkeit erprobt habe, habe den unerschütterlichen Entschluß gefaßt, nie zu sagen, daß ich etwas thun will, bis ich darüber im Reinen bin, was ich thun werde.&#x201C; Das Haus vertagte sich dann bis Donnerstag. &#x2013; Das heutige Unterhaus war bis zu Abgang der Post mit der Bill über mehr zu verbreitende Kuhpockenimpfung beschäftigt.</p><lb/>
          <p>Mitten zwischen den vielfachen Beglückwünschungsadressen ist der Königin kürzlich folgende von mehrern tausend Personen unterzeichnete Bittschrift eingereicht worden: &#x201E;An der Königin sehr gnädige Majestät! Wir Ew. Maj. unterthänige und getreue Unterthanen, die Arbeiter der Stadt Leicester, bitten Ew. Maj. berichten zu dürfen, daß wir unter dem größten Elend, so den Menschen treffen kann, nämlich Hungersnoth schmachten, Hungersnoth herrührend von Mangel an Arbeit und von dem hohen Preis der Lebensmittel, welcher letztere, wie wir überzeugt sind, in nichts Anderm seinen Grund hat, als in der schwachen Politik und dem schlechten Einfluß der bestehenden Korngesetze. Wir haben von Zeit zu Zeit Euer ehrenwerthes Haus der Gemeinen gebeten, diese Gesetze aufzuheben, sie aber haben unsrer Bitte ein taubes Ohr geliehen, und dadurch ihre Unfähigkeit, eine große Nation zu regieren, bewiesen, indem sie nämlich das öffentliche Wohl vernachlässigen und die Festigkeit Eures königlichen Thrones in Gefahr bringen. Daher wir, Eure Bittsteller, alle weitere Berufung an sie für nutzlos halten und uns einer höhern und gnadenreichern Macht zuwenden und Ew. Maj. demüthig ersuchen, sie augenblicklich aufzulösen, auf daß sie ihren Wählern Rechenschaft ablegen, für diese unmenschliche und grausame Vernachlässigung des Landeswohls.&#x201C;</p><lb/>
          <p>Aus den weiteren Mittheilungen der Blätter über Oxford und seinen künftigen Proceß entnehmen wir Folgendes. Frau Oxford hatte sich, nachdem Hr. Humphries die Vertheidigung ihres Sohnes abgelehnt, an Hrn. Pelham gewandt, indem sie die Weigerung ihres Sohnes, einen Advocaten anzunehmen, auf das unnöthige Sicheinmischen einer der Aldermänner, der Hrn. Humphries den Zutritt zu ihrem Sohn verweigerte, zu schieben suchte, und Hr. Pelham hatte hierauf die Advocatschaft angenommen. Als aber der Schloßhauptmann, Hr. Cope, den Verhafteten nun befragte, ob er diesen von seiner Mutter gewählten Advocaten anerkenne und ihn zu consultiren wünsche, antwortete er, er verlange jetzt gar Niemand mehr zu sehen, und werde sich selbst vertheidigen. Die arme Mutter konnte sich diesen Entschluß nur dadurch erklären, daß ihr Sohn fürchte, sie könne die Kosten für Haltung eines Advocaten nicht bestreiten, obwohl sie ihm bei ihrer letzten Zusammenkunft gesagt habe, daß sein Oheim und seine übrigen Freunde dazu beisteuern würden. Die Beweisführung, auf welche Hr. Pelham seine Vertheidigung zu stützen dachte, und auch siegreich stützen zu können glaubte, war Feststellung des Vorhandenseyns von erblichem Wahnsinn, oder wenigstens Monomanie bei dem Angeklagten. Für den verworrenen, unnatürlich aufgeregten Geisteszustand ihres verstorbenen Mannes hat Frau Oxford noch mehrere Beispiele aufzuzählen gewußt. Einmal, noch als Brautwerber, kam er zu ihr mit einem Bündel Banknoten von ungefähr 150 Pf., und warf dieselben, da sie fortwährend ihr Jawort verweigerte, ins Feuer, wo sie alle verbrannten. Ein andermal kam er mit einem Doppelgewehr und drohte ihr, falls<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1402/0002] und Postillone der aufgefangenen Diligencen. – Im Innern dauert die Unsicherheit fort. Eine Bande Carlisten zeigte sich am 3 d. bei Lote (unfern von Daimiel in der Mancha) von wo ein Duzend ihrer Reiter die Mühle von Tudacerta überfiel. Unterwegs tödteten sie mit Säbelhieben einen Miliciano und einen Bauer. Einem Boten des Alcalden von Daimiel rissen sie die Augen aus und hingen ihn an einem Baume auf. Bei Teruel legte eine Rotte am gleichen Tage die Landhäuser um die Stadt in Brand und schleppte Menschen und Heerden mit sich fort. – Im Augenblick, wo ich diese Zeilen schließen will, erhalte ich einen Brief aus Bourg-Madame vom 14 zur Einsicht, worin versichert wird, Cabrera sey am 6 krank und in einer Sänfte getragen mit sieben Bataillons zu Berga angekommen, die Besatzung sey 6000 Mann stark, zahlreiche Mundvorräthe langten täglich auf Maulthieren an u. s. w. Der neueste Constitucional de Barcelona, den ich zugleich erhalte, erwähnt dagegen Cabrera's mit keiner Sylbe, sondern spricht von Vorbereitungen zur Flucht, Uneinigkeit und Meuterei unter den Chefs. Wüthende Rotten durchzögen die Straßen unter dem Geschrei: „Tod den Mönchen und Pfaffen, die an allem Unglück Schuld sind!“ Alles deutete auf nahe Auflösung hin. Der Moniteur schreibt aus Spanien: „Die größte Unordnung herrscht noch immer in Berga und ganz Catalonien unter den Carlistischen Banden. Jeden Augenblick gehen neue Flüchtlinge über die Gränze. Am 11 kam der Bischof von Orihuela mit Gefolge über Llo und Saillagura nach Frankreich. Er bestätigt, daß unter den Carlistischen Häuptlingen Spaltungen entstanden sind. Als Cabrera nach Berga kam, ließ er den Commandanten Castañoles erschießen und mehrere Personen gefangen nehmen, die angeklagt waren, Theil an der Ermordung des Grafen de España genommen zu haben, unter andern den Brigadier Ortell, seinen Sohn, den Pfarrer Ferrer so wie seinen Bruder und den Canonicus Torrebadella. Eine telegraphische Depesche meldet, daß gestern, am 17, der ehemalige Minister des Don Carlos, Arias Tejeiro, in Perpignan angekommen ist, wohin er sich von Berga mit seinem Secretär und einem Diener geflüchtet hat. – Der General Segarra, Oberbefehlshaber der carlistischen Armee in Catalonien, hat sich der Regierung der Königin unterworfen und sich dem General Carbo ergeben. An der Gränze feierte man dieses Ereigniß mit Festen.“ Großbritannien. _ London, 17 Jun. Lord Aberdeens schottische Kirchenbill (vergl. Oberhaussitzung vom 5 Mai in Nr. 134 der Allg. Ztg.) ist gestern im Oberhaus – trotz oder wahrscheinlicher zufolge des Widerspruchs Lord Melbourne's – mit 74 gegen 27 Stimmen zum zweiten Verlesen angenommen worden. Der Urheber der Bill entschuldigte sich in seinem Vortrage besonders darüber, daß er ungeachtet des verwerfenden Beschlusses der schottischen Kirchenversammlung (s. Nr. 167 der Allg. Ztg.) seine Bill dennoch durchzusetzen denke; er glaube aber nicht, daß die monströsen und extravaganten Forderungen jener Versammlung in diesem Hause Beachtung verdienen. Dennoch widersetzten sich der Marquis von Breadalbane und der Graf von Rosebery der Bill im Sinne der Versammlung, während der Graf von Camperdown, Lord Brougham und der Lordkanzler (Lord Cottenham) als Vertheidiger der Patronatsrechte und der Ansprüche der weltlichen Gerichtsbarkeit gegen sie sprachen. Lord Melbourne aber erklärte, daß er die Bill auf keine Weise für geeignet halte die Gemüther in Schottland zu befriedigen, und daß er deßhalb, so große Besorgniß ihm auch die Aufregung jener Gemüther einflöße, es doch für besser hielte nichts zu thun, als eine Maaßregel zu ergreifen, durch die der Stand der Dinge wahrscheinlich noch verschlimmert werden würde. „Der edle Lord hat gesagt: ihr müßt etwas thun; nun, Mylords, gibt es keine Sprache in der Welt, die ich mehr fürchte als gerade die. Sie ist die Ursache jeglichen Irrthums, und ich, der ich ihre Gefährlichkeit erprobt habe, habe den unerschütterlichen Entschluß gefaßt, nie zu sagen, daß ich etwas thun will, bis ich darüber im Reinen bin, was ich thun werde.“ Das Haus vertagte sich dann bis Donnerstag. – Das heutige Unterhaus war bis zu Abgang der Post mit der Bill über mehr zu verbreitende Kuhpockenimpfung beschäftigt. Mitten zwischen den vielfachen Beglückwünschungsadressen ist der Königin kürzlich folgende von mehrern tausend Personen unterzeichnete Bittschrift eingereicht worden: „An der Königin sehr gnädige Majestät! Wir Ew. Maj. unterthänige und getreue Unterthanen, die Arbeiter der Stadt Leicester, bitten Ew. Maj. berichten zu dürfen, daß wir unter dem größten Elend, so den Menschen treffen kann, nämlich Hungersnoth schmachten, Hungersnoth herrührend von Mangel an Arbeit und von dem hohen Preis der Lebensmittel, welcher letztere, wie wir überzeugt sind, in nichts Anderm seinen Grund hat, als in der schwachen Politik und dem schlechten Einfluß der bestehenden Korngesetze. Wir haben von Zeit zu Zeit Euer ehrenwerthes Haus der Gemeinen gebeten, diese Gesetze aufzuheben, sie aber haben unsrer Bitte ein taubes Ohr geliehen, und dadurch ihre Unfähigkeit, eine große Nation zu regieren, bewiesen, indem sie nämlich das öffentliche Wohl vernachlässigen und die Festigkeit Eures königlichen Thrones in Gefahr bringen. Daher wir, Eure Bittsteller, alle weitere Berufung an sie für nutzlos halten und uns einer höhern und gnadenreichern Macht zuwenden und Ew. Maj. demüthig ersuchen, sie augenblicklich aufzulösen, auf daß sie ihren Wählern Rechenschaft ablegen, für diese unmenschliche und grausame Vernachlässigung des Landeswohls.“ Aus den weiteren Mittheilungen der Blätter über Oxford und seinen künftigen Proceß entnehmen wir Folgendes. Frau Oxford hatte sich, nachdem Hr. Humphries die Vertheidigung ihres Sohnes abgelehnt, an Hrn. Pelham gewandt, indem sie die Weigerung ihres Sohnes, einen Advocaten anzunehmen, auf das unnöthige Sicheinmischen einer der Aldermänner, der Hrn. Humphries den Zutritt zu ihrem Sohn verweigerte, zu schieben suchte, und Hr. Pelham hatte hierauf die Advocatschaft angenommen. Als aber der Schloßhauptmann, Hr. Cope, den Verhafteten nun befragte, ob er diesen von seiner Mutter gewählten Advocaten anerkenne und ihn zu consultiren wünsche, antwortete er, er verlange jetzt gar Niemand mehr zu sehen, und werde sich selbst vertheidigen. Die arme Mutter konnte sich diesen Entschluß nur dadurch erklären, daß ihr Sohn fürchte, sie könne die Kosten für Haltung eines Advocaten nicht bestreiten, obwohl sie ihm bei ihrer letzten Zusammenkunft gesagt habe, daß sein Oheim und seine übrigen Freunde dazu beisteuern würden. Die Beweisführung, auf welche Hr. Pelham seine Vertheidigung zu stützen dachte, und auch siegreich stützen zu können glaubte, war Feststellung des Vorhandenseyns von erblichem Wahnsinn, oder wenigstens Monomanie bei dem Angeklagten. Für den verworrenen, unnatürlich aufgeregten Geisteszustand ihres verstorbenen Mannes hat Frau Oxford noch mehrere Beispiele aufzuzählen gewußt. Einmal, noch als Brautwerber, kam er zu ihr mit einem Bündel Banknoten von ungefähr 150 Pf., und warf dieselben, da sie fortwährend ihr Jawort verweigerte, ins Feuer, wo sie alle verbrannten. Ein andermal kam er mit einem Doppelgewehr und drohte ihr, falls

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (?): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_176_18400624
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_176_18400624/2
Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 176. Augsburg, 24. Juni 1840, S. 1402. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_176_18400624/2>, abgerufen am 19.04.2024.