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Allgemeine Zeitung. Nr. 173. Augsburg, 21. Juni 1840.

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Das Memorial de l'Ouest und aus ihm der Moniteur erzählen folgende Anekdote: "Napoleon ging eines Tags in dem Longwoodthale auf der Insel St. Helena spazieren und bemerkte einige Kinder, die am Wege, fast neben dem Schulhause, stillstanden. Der große Mann ging zu ihnen hin, befragte sie und erfuhr, daß sie von der Schule ausgeschlossen seyen, weil sie armen Fischern an der Küste gehörten, und keinen Schutz und keine Unterstützung von dem Lande genössen. Napoleon sagte zu ihnen noch einige freundliche Worte, und verließ sie dann; an demselben Tage zog er aber nähere Erkundigungen über die besondern Umstände ein, wodurch in der That die Angabe der Kinder bestätigt wurde. Am folgenden Tag empfing jedes der Eltern dieser armen Kinder von der Munificenz des erlauchten Gefangenen eine hinreichende Summe für ihre Kleidung, für den Ankauf von Büchern, der nöthigen Federn und des Papiers, so daß sie nun in die Schule, woraus man sie so unbarmherzig ausgeschlossen hatte, bevor sie ihr Geschick auf ihren Wohlthäter hatte stoßen lassen, zugelassen wurden. Dieser Zug, der noch nicht publicirt wurde, ward mir und vielen andern Reisenden durch Hrn. Salomon, englischen Kaufmann zu St. Helena, erzählt, der 1834 einen der jungen Leute, die sich der Güte des großen Feldherrn zu erfreuen hatten, als ersten Commis bei seinen Magazinen hatte."

Die französischen Blätter enthalten folgendes Schreiben des Herzogs von Orleans an den Marschall Valee, das derselbe der afrikanischen Armee vom Lager von Blidah aus mittheilt. Es lautet: "Im Augenblick, wo ich mich, mein lieber Marschall, von der afrikanischen Armee nach dem glorreichen Feldzug trenne, den dieselbe unter Ihren Befehlen ausgeführt hat, und an welchem Theil zu nehmen ich und mein Bruder, der Herzog von Aumale, so glücklich waren, bitte ich Sie, mein Dolmetscher bei den Truppen zu seyn, die Sie befehligen. Versichern Sie der afrikanischen Armee, daß, nachdem ich die kriegerischen Eigenschaften bewundert, von denen sie so schöne Beispiele gibt, und nachdem ich die täglichen Dienste gewürdigt habe, die sie mit so großer Ergebenheit Frankreich erweist, die Erinnerung an sie stets in meinem Gedächtniß bleiben und ihre Interessen mir stets theuer seyn werden. Drücken Sie insonders den Divisionen von Oran und Constantine, deren Thaten zu theilen ich bereits bei andern Gelegenheiten so glücklich gewesen bin, mein inniges Bedauern aus, daß die Mission, welche mir der König anvertraut, mir nicht gestattet hat, sie zu besuchen und mich ihren gegenwärtigen Anstrengungen anzuschließen. Empfangen Sie, mein lieber Marschall, von neuem die Versicherung aller Gefühle der Achtung und Zuneigung, die - wie Sie wissen - ich für Sie hege und mit denen ich verbleibe Ihr wohlgewogener Ferdinand Philipp von Orleans."

Wenn man alle Albernheiten und schlechten Späße, die seit drei Tagen über die Revue der Nationalgarde ausgekramt wurden, sammeln könnte, wahrlich es müßte ein schönes Buch daraus werden. Den besten Theil hat das sonderbare und wie ein Lauffeuer verbreitete Gerücht veranlaßt, daß Kaiser Nikolaus incognito in Paris angekommen sey. Auf dem Carousselplatz, wo die Revue statt hatte, steht von allen andern Gebäuden isolirt, wie ein einzelner Baum auf weiter Ebene, ein Gasthaus, das Hotel de Nantes, von dem man die schönste Aussicht auf die Revue haben, aus dessen Fenstern man aber auch sehr bequem auf den König schießen konnte. Um dem mit aller Gewißheit vorzubeugen, hatte sich in aller Frühe ein Polizeicommissär in das Hotel verfügt, und dasselbe von unten bis oben von allen seinen Gästen ausleeren lassen, letztern hatte man wahrscheinlich die Vergünstigung ertheilt, während der Revue spazieren zu gehen, unter der Bedingung jedoch, daß es nicht in der Nähe der Revue geschehe, denn dem Publicum war streng alle Annäherung in die Gegenwart Ludwig Philipps untersagt. Andere interessante Berichte betreffen die verschiedenen Aeußerungen, die von den Nationalgardisten unter den Waffen gemacht worden seyn sollen. Trauen Sie in dieser Beziehung nicht allzu sehr den officiellen Erzählungen. Es gibt Leute, die steif und fest behaupten, daß der lautere und loyale Ruf: "Vive le Roi!" einigermaßen getrübt worden sey durch den etwas radicaleren und anarchischen: "Vive la Reforme!" Wenn dabei ein hiesiges Blatt sogar erzählt, der König habe geantwortet: "Vous voulez la reforme, vous l'aurez," so scheint uns das ein guter Witz zu seyn, der aber jedenfalls eine constitutionelle Ketzerei ist. Wie, ihr eifert jeden Tag dagegen, daß die Nationalgarde unter den Waffen eine Meinung äußere, und ihr wollt, daß der König selbst solche Ungesetzlichkeit durch seine Willfahrung genehmige?

Niederlande.

Aus dem Haag, 14 Jun. Dem Vernehmen nach wird morgen die dießmalige Session der Generalstaaten, die wichtigste seit dem Abfalle Belgiens, geschlossen werden. Wegen der Veränderungen des Staatsgrundgesetzes wird aber wahrscheinlich eine außerordentliche Session anberaumt.

Italien.

Vor einigen Tagen reiste der russische Gesandte, Hr. v. Potemkin, von hier nach Florenz ab, um daselbst einige Zeit zu verweilen. Bekanntlich ist er in gleicher Eigenschaft bei dem großherzoglichen Hof beglaubigt. Während seiner Abwesenheit wird der Legationssecretär Graf v. Stakelberg die vorkommenden Geschäfte besorgen. Vor der Abreise des Gesandten sendete dieser noch einen Courier nach St. Petersburg mit der Antwort des heiligen Stuhls auf die kürzlich übergebene officielle Note, worin die Abführung des Bischofs von Podlachien aus seinem Sprengel angezeigt wurde. Wir hören, daß diese Antwort in einem gemäßigten, aber dabei sehr ernsten Ton abgefaßt, und daß die darin enthaltenen Beschwerden wegen der Entfernung des Bischofs in einer Weise gegeben seyen, welche Rußland nicht die Möglichkeit benehme, den Bischof bald in seine Diöcese zurückzuführen, so daß das Geschehene der Vergessenheit übergeben werden könnte. Man hofft, diese Antwort und Ansicht werde in St. Petersburg ihre Wirkung nicht verfehlen, wenigstens soll die russische Gesandtschaft hier sich ziemlich zufrieden damit gezeigt haben. - Der heilige Vater, welcher den Functionen der eiligen Pfingstfeier noch in guter Gesundheit assistirte, wurde seitdem von einem leichten Fieberanfall befallen, der sich jedoch nicht wiederholt hat, so daß er gestern in den großen Räumen des vaticanischen Museums seine gewöhnlichen Spaziergänge machen und einige Baureparaturen daselbst in Augenschein nehmen konnte.


Von der italienischen Gränze, 12 Jun. Es herrscht noch immer keine Klarheit in Neapel. Man wartet daselbst auf Nachrichten von Paris, um zu erfahren, ob und wie die Vermittlung dort stattzufinden habe. Man weiß daselbst bis diesen Augenblick nicht, welche Instructionen dem englischen Repräsentanten in Paris zugekommen sind, ob er autorisirt worden oder nicht, an den Verhandlungen die man daselbst abzuhalten wünscht, Theil zu nehmen. Unterdessen hat man sich auch in Neapel nicht sehr beeilt, Instructionen für Serra Capriola auszufertigen. Man glaubt vielmehr, da der König sich vorbehalten hat, direct mit ihm zu correspondiren, daß der Gesandte bis jetzt beiläufig dessen Ansichten kennt. Verhält es sich so, dann möchte noch lange Zeit verstreichen, ehe der Schwefelstreit


Das Mémorial de l'Ouest und aus ihm der Moniteur erzählen folgende Anekdote: „Napoleon ging eines Tags in dem Longwoodthale auf der Insel St. Helena spazieren und bemerkte einige Kinder, die am Wege, fast neben dem Schulhause, stillstanden. Der große Mann ging zu ihnen hin, befragte sie und erfuhr, daß sie von der Schule ausgeschlossen seyen, weil sie armen Fischern an der Küste gehörten, und keinen Schutz und keine Unterstützung von dem Lande genössen. Napoleon sagte zu ihnen noch einige freundliche Worte, und verließ sie dann; an demselben Tage zog er aber nähere Erkundigungen über die besondern Umstände ein, wodurch in der That die Angabe der Kinder bestätigt wurde. Am folgenden Tag empfing jedes der Eltern dieser armen Kinder von der Munificenz des erlauchten Gefangenen eine hinreichende Summe für ihre Kleidung, für den Ankauf von Büchern, der nöthigen Federn und des Papiers, so daß sie nun in die Schule, woraus man sie so unbarmherzig ausgeschlossen hatte, bevor sie ihr Geschick auf ihren Wohlthäter hatte stoßen lassen, zugelassen wurden. Dieser Zug, der noch nicht publicirt wurde, ward mir und vielen andern Reisenden durch Hrn. Salomon, englischen Kaufmann zu St. Helena, erzählt, der 1834 einen der jungen Leute, die sich der Güte des großen Feldherrn zu erfreuen hatten, als ersten Commis bei seinen Magazinen hatte.“

Die französischen Blätter enthalten folgendes Schreiben des Herzogs von Orleans an den Marschall Valée, das derselbe der afrikanischen Armee vom Lager von Blidah aus mittheilt. Es lautet: „Im Augenblick, wo ich mich, mein lieber Marschall, von der afrikanischen Armee nach dem glorreichen Feldzug trenne, den dieselbe unter Ihren Befehlen ausgeführt hat, und an welchem Theil zu nehmen ich und mein Bruder, der Herzog von Aumale, so glücklich waren, bitte ich Sie, mein Dolmetscher bei den Truppen zu seyn, die Sie befehligen. Versichern Sie der afrikanischen Armee, daß, nachdem ich die kriegerischen Eigenschaften bewundert, von denen sie so schöne Beispiele gibt, und nachdem ich die täglichen Dienste gewürdigt habe, die sie mit so großer Ergebenheit Frankreich erweist, die Erinnerung an sie stets in meinem Gedächtniß bleiben und ihre Interessen mir stets theuer seyn werden. Drücken Sie insonders den Divisionen von Oran und Constantine, deren Thaten zu theilen ich bereits bei andern Gelegenheiten so glücklich gewesen bin, mein inniges Bedauern aus, daß die Mission, welche mir der König anvertraut, mir nicht gestattet hat, sie zu besuchen und mich ihren gegenwärtigen Anstrengungen anzuschließen. Empfangen Sie, mein lieber Marschall, von neuem die Versicherung aller Gefühle der Achtung und Zuneigung, die – wie Sie wissen – ich für Sie hege und mit denen ich verbleibe Ihr wohlgewogener Ferdinand Philipp von Orleans.“

Wenn man alle Albernheiten und schlechten Späße, die seit drei Tagen über die Revue der Nationalgarde ausgekramt wurden, sammeln könnte, wahrlich es müßte ein schönes Buch daraus werden. Den besten Theil hat das sonderbare und wie ein Lauffeuer verbreitete Gerücht veranlaßt, daß Kaiser Nikolaus incognito in Paris angekommen sey. Auf dem Carousselplatz, wo die Revue statt hatte, steht von allen andern Gebäuden isolirt, wie ein einzelner Baum auf weiter Ebene, ein Gasthaus, das Hotel de Nantes, von dem man die schönste Aussicht auf die Revue haben, aus dessen Fenstern man aber auch sehr bequem auf den König schießen konnte. Um dem mit aller Gewißheit vorzubeugen, hatte sich in aller Frühe ein Polizeicommissär in das Hotel verfügt, und dasselbe von unten bis oben von allen seinen Gästen ausleeren lassen, letztern hatte man wahrscheinlich die Vergünstigung ertheilt, während der Revue spazieren zu gehen, unter der Bedingung jedoch, daß es nicht in der Nähe der Revue geschehe, denn dem Publicum war streng alle Annäherung in die Gegenwart Ludwig Philipps untersagt. Andere interessante Berichte betreffen die verschiedenen Aeußerungen, die von den Nationalgardisten unter den Waffen gemacht worden seyn sollen. Trauen Sie in dieser Beziehung nicht allzu sehr den officiellen Erzählungen. Es gibt Leute, die steif und fest behaupten, daß der lautere und loyale Ruf: „Vive le Roi!“ einigermaßen getrübt worden sey durch den etwas radicaleren und anarchischen: „Vive la Réforme!“ Wenn dabei ein hiesiges Blatt sogar erzählt, der König habe geantwortet: „Vous voulez la réforme, vous l'aurez,“ so scheint uns das ein guter Witz zu seyn, der aber jedenfalls eine constitutionelle Ketzerei ist. Wie, ihr eifert jeden Tag dagegen, daß die Nationalgarde unter den Waffen eine Meinung äußere, und ihr wollt, daß der König selbst solche Ungesetzlichkeit durch seine Willfahrung genehmige?

Niederlande.

Aus dem Haag, 14 Jun. Dem Vernehmen nach wird morgen die dießmalige Session der Generalstaaten, die wichtigste seit dem Abfalle Belgiens, geschlossen werden. Wegen der Veränderungen des Staatsgrundgesetzes wird aber wahrscheinlich eine außerordentliche Session anberaumt.

Italien.

Vor einigen Tagen reiste der russische Gesandte, Hr. v. Potemkin, von hier nach Florenz ab, um daselbst einige Zeit zu verweilen. Bekanntlich ist er in gleicher Eigenschaft bei dem großherzoglichen Hof beglaubigt. Während seiner Abwesenheit wird der Legationssecretär Graf v. Stakelberg die vorkommenden Geschäfte besorgen. Vor der Abreise des Gesandten sendete dieser noch einen Courier nach St. Petersburg mit der Antwort des heiligen Stuhls auf die kürzlich übergebene officielle Note, worin die Abführung des Bischofs von Podlachien aus seinem Sprengel angezeigt wurde. Wir hören, daß diese Antwort in einem gemäßigten, aber dabei sehr ernsten Ton abgefaßt, und daß die darin enthaltenen Beschwerden wegen der Entfernung des Bischofs in einer Weise gegeben seyen, welche Rußland nicht die Möglichkeit benehme, den Bischof bald in seine Diöcese zurückzuführen, so daß das Geschehene der Vergessenheit übergeben werden könnte. Man hofft, diese Antwort und Ansicht werde in St. Petersburg ihre Wirkung nicht verfehlen, wenigstens soll die russische Gesandtschaft hier sich ziemlich zufrieden damit gezeigt haben. – Der heilige Vater, welcher den Functionen der eiligen Pfingstfeier noch in guter Gesundheit assistirte, wurde seitdem von einem leichten Fieberanfall befallen, der sich jedoch nicht wiederholt hat, so daß er gestern in den großen Räumen des vaticanischen Museums seine gewöhnlichen Spaziergänge machen und einige Baureparaturen daselbst in Augenschein nehmen konnte.


Von der italienischen Gränze, 12 Jun. Es herrscht noch immer keine Klarheit in Neapel. Man wartet daselbst auf Nachrichten von Paris, um zu erfahren, ob und wie die Vermittlung dort stattzufinden habe. Man weiß daselbst bis diesen Augenblick nicht, welche Instructionen dem englischen Repräsentanten in Paris zugekommen sind, ob er autorisirt worden oder nicht, an den Verhandlungen die man daselbst abzuhalten wünscht, Theil zu nehmen. Unterdessen hat man sich auch in Neapel nicht sehr beeilt, Instructionen für Serra Capriola auszufertigen. Man glaubt vielmehr, da der König sich vorbehalten hat, direct mit ihm zu correspondiren, daß der Gesandte bis jetzt beiläufig dessen Ansichten kennt. Verhält es sich so, dann möchte noch lange Zeit verstreichen, ehe der Schwefelstreit

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[1381/0006] Das Mémorial de l'Ouest und aus ihm der Moniteur erzählen folgende Anekdote: „Napoleon ging eines Tags in dem Longwoodthale auf der Insel St. Helena spazieren und bemerkte einige Kinder, die am Wege, fast neben dem Schulhause, stillstanden. Der große Mann ging zu ihnen hin, befragte sie und erfuhr, daß sie von der Schule ausgeschlossen seyen, weil sie armen Fischern an der Küste gehörten, und keinen Schutz und keine Unterstützung von dem Lande genössen. Napoleon sagte zu ihnen noch einige freundliche Worte, und verließ sie dann; an demselben Tage zog er aber nähere Erkundigungen über die besondern Umstände ein, wodurch in der That die Angabe der Kinder bestätigt wurde. Am folgenden Tag empfing jedes der Eltern dieser armen Kinder von der Munificenz des erlauchten Gefangenen eine hinreichende Summe für ihre Kleidung, für den Ankauf von Büchern, der nöthigen Federn und des Papiers, so daß sie nun in die Schule, woraus man sie so unbarmherzig ausgeschlossen hatte, bevor sie ihr Geschick auf ihren Wohlthäter hatte stoßen lassen, zugelassen wurden. Dieser Zug, der noch nicht publicirt wurde, ward mir und vielen andern Reisenden durch Hrn. Salomon, englischen Kaufmann zu St. Helena, erzählt, der 1834 einen der jungen Leute, die sich der Güte des großen Feldherrn zu erfreuen hatten, als ersten Commis bei seinen Magazinen hatte.“ Die französischen Blätter enthalten folgendes Schreiben des Herzogs von Orleans an den Marschall Valée, das derselbe der afrikanischen Armee vom Lager von Blidah aus mittheilt. Es lautet: „Im Augenblick, wo ich mich, mein lieber Marschall, von der afrikanischen Armee nach dem glorreichen Feldzug trenne, den dieselbe unter Ihren Befehlen ausgeführt hat, und an welchem Theil zu nehmen ich und mein Bruder, der Herzog von Aumale, so glücklich waren, bitte ich Sie, mein Dolmetscher bei den Truppen zu seyn, die Sie befehligen. Versichern Sie der afrikanischen Armee, daß, nachdem ich die kriegerischen Eigenschaften bewundert, von denen sie so schöne Beispiele gibt, und nachdem ich die täglichen Dienste gewürdigt habe, die sie mit so großer Ergebenheit Frankreich erweist, die Erinnerung an sie stets in meinem Gedächtniß bleiben und ihre Interessen mir stets theuer seyn werden. Drücken Sie insonders den Divisionen von Oran und Constantine, deren Thaten zu theilen ich bereits bei andern Gelegenheiten so glücklich gewesen bin, mein inniges Bedauern aus, daß die Mission, welche mir der König anvertraut, mir nicht gestattet hat, sie zu besuchen und mich ihren gegenwärtigen Anstrengungen anzuschließen. Empfangen Sie, mein lieber Marschall, von neuem die Versicherung aller Gefühle der Achtung und Zuneigung, die – wie Sie wissen – ich für Sie hege und mit denen ich verbleibe Ihr wohlgewogener Ferdinand Philipp von Orleans.“ _ Paris, 16 Jun. Wenn man alle Albernheiten und schlechten Späße, die seit drei Tagen über die Revue der Nationalgarde ausgekramt wurden, sammeln könnte, wahrlich es müßte ein schönes Buch daraus werden. Den besten Theil hat das sonderbare und wie ein Lauffeuer verbreitete Gerücht veranlaßt, daß Kaiser Nikolaus incognito in Paris angekommen sey. Auf dem Carousselplatz, wo die Revue statt hatte, steht von allen andern Gebäuden isolirt, wie ein einzelner Baum auf weiter Ebene, ein Gasthaus, das Hotel de Nantes, von dem man die schönste Aussicht auf die Revue haben, aus dessen Fenstern man aber auch sehr bequem auf den König schießen konnte. Um dem mit aller Gewißheit vorzubeugen, hatte sich in aller Frühe ein Polizeicommissär in das Hotel verfügt, und dasselbe von unten bis oben von allen seinen Gästen ausleeren lassen, letztern hatte man wahrscheinlich die Vergünstigung ertheilt, während der Revue spazieren zu gehen, unter der Bedingung jedoch, daß es nicht in der Nähe der Revue geschehe, denn dem Publicum war streng alle Annäherung in die Gegenwart Ludwig Philipps untersagt. Andere interessante Berichte betreffen die verschiedenen Aeußerungen, die von den Nationalgardisten unter den Waffen gemacht worden seyn sollen. Trauen Sie in dieser Beziehung nicht allzu sehr den officiellen Erzählungen. Es gibt Leute, die steif und fest behaupten, daß der lautere und loyale Ruf: „Vive le Roi!“ einigermaßen getrübt worden sey durch den etwas radicaleren und anarchischen: „Vive la Réforme!“ Wenn dabei ein hiesiges Blatt sogar erzählt, der König habe geantwortet: „Vous voulez la réforme, vous l'aurez,“ so scheint uns das ein guter Witz zu seyn, der aber jedenfalls eine constitutionelle Ketzerei ist. Wie, ihr eifert jeden Tag dagegen, daß die Nationalgarde unter den Waffen eine Meinung äußere, und ihr wollt, daß der König selbst solche Ungesetzlichkeit durch seine Willfahrung genehmige? _ Niederlande. Aus dem Haag, 14 Jun. Dem Vernehmen nach wird morgen die dießmalige Session der Generalstaaten, die wichtigste seit dem Abfalle Belgiens, geschlossen werden. Wegen der Veränderungen des Staatsgrundgesetzes wird aber wahrscheinlich eine außerordentliche Session anberaumt. _ Italien. Rom, 12 Jun. Vor einigen Tagen reiste der russische Gesandte, Hr. v. Potemkin, von hier nach Florenz ab, um daselbst einige Zeit zu verweilen. Bekanntlich ist er in gleicher Eigenschaft bei dem großherzoglichen Hof beglaubigt. Während seiner Abwesenheit wird der Legationssecretär Graf v. Stakelberg die vorkommenden Geschäfte besorgen. Vor der Abreise des Gesandten sendete dieser noch einen Courier nach St. Petersburg mit der Antwort des heiligen Stuhls auf die kürzlich übergebene officielle Note, worin die Abführung des Bischofs von Podlachien aus seinem Sprengel angezeigt wurde. Wir hören, daß diese Antwort in einem gemäßigten, aber dabei sehr ernsten Ton abgefaßt, und daß die darin enthaltenen Beschwerden wegen der Entfernung des Bischofs in einer Weise gegeben seyen, welche Rußland nicht die Möglichkeit benehme, den Bischof bald in seine Diöcese zurückzuführen, so daß das Geschehene der Vergessenheit übergeben werden könnte. Man hofft, diese Antwort und Ansicht werde in St. Petersburg ihre Wirkung nicht verfehlen, wenigstens soll die russische Gesandtschaft hier sich ziemlich zufrieden damit gezeigt haben. – Der heilige Vater, welcher den Functionen der eiligen Pfingstfeier noch in guter Gesundheit assistirte, wurde seitdem von einem leichten Fieberanfall befallen, der sich jedoch nicht wiederholt hat, so daß er gestern in den großen Räumen des vaticanischen Museums seine gewöhnlichen Spaziergänge machen und einige Baureparaturen daselbst in Augenschein nehmen konnte. _ Von der italienischen Gränze, 12 Jun. Es herrscht noch immer keine Klarheit in Neapel. Man wartet daselbst auf Nachrichten von Paris, um zu erfahren, ob und wie die Vermittlung dort stattzufinden habe. Man weiß daselbst bis diesen Augenblick nicht, welche Instructionen dem englischen Repräsentanten in Paris zugekommen sind, ob er autorisirt worden oder nicht, an den Verhandlungen die man daselbst abzuhalten wünscht, Theil zu nehmen. Unterdessen hat man sich auch in Neapel nicht sehr beeilt, Instructionen für Serra Capriola auszufertigen. Man glaubt vielmehr, da der König sich vorbehalten hat, direct mit ihm zu correspondiren, daß der Gesandte bis jetzt beiläufig dessen Ansichten kennt. Verhält es sich so, dann möchte noch lange Zeit verstreichen, ehe der Schwefelstreit

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 173. Augsburg, 21. Juni 1840, S. 1381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_173_18400621/6>, abgerufen am 20.04.2024.