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Allgemeine Zeitung. Nr. 163. Augsburg, 11. Juni 1840.

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als Beitrag zu den Kosten der Aufrichtung und Einweihung von Guttenbergs Denkmal in Straßburg. Mühlhausen hat dadurch ein wahres Opfer gebracht, indem die Stadt arm ist und keine andern Einkünfte hat, als die, welche sie aus dem Octroi und mehrern andern örtlichen Abgaben zieht. (Bekanntlich hat Ludwig Philipp selbst neulich zu diesem Denkmal eine namhafte Beisteuer gegeben.)

(Commerce.) Ein in Toulon angekommenes Schreiben aus Tunis von einem Officier der k. Marine enthält eine wichtige Neuigkeit, wenn sie wahr ist. "Achmet, vormaliger Bey von Constantine, heißt es darin, ward von den Seinigen getödtet. Sein vom Rumpfe getrenntes Haupt soll von den Arabern nach Constantine gebracht und dem General Galbois überreicht werden."

Alles beeilt sich die Sitzung zum Ende zu bringen. Die Kammer votirt im Sturmschritt das Budget, weil die Stellungen verwickelt sind, und Niemand entschieden steht. Die Linke namentlich weiß nicht mehr, welche Partei sie ergreifen soll, denn sie fühlt, daß sie ihre Popularität compromittirt. Odilon-Barrot kann sich nicht halten; er hat sich Hrn. Thiers aufgeopfert und welches Resultat hat er dafür erlangt? Keines. Man hatte ihm Präfecturen für seine Freunde versprochen; er hat keine erhalten; - eine Erneuerung der Diplomatie, und Hr. Thiers hat beibehalten, was bestand. Das Handwerk also, das Odilon-Barrot treibt, ist eine große Duperie; und jetzt muß man sehen, ob er es lange treiben mag. - Die Subscriptionen zu der Begräbnißfeier Bonaparte's werden ganz in den Händen der Gegner der Regierung bleiben. Sie werden eine Art Verzeichniß der bonapartistischen Kräfte bilden, und es ist kein Zweifel, daß diese im untern Volke groß sind. Es war also etwas leichtsinnig, eine Partei aufzuwecken, die in der That nur noch als eine historische Erinnerung existirte. Man macht daraus eine wirkliche, lebende Meinung; indessen wird aus der über die Person Napoleons erhobenen Discussion eine ernste Kritik entstehen und dem Spiel der Vergötterung ein Ziel stecken. Das Andenken Napoleons hat die republicanische Partei, die Anhänger Lafayette's und Duponts (de l'Eure), die Advocaten, Legisten, die ganze Schule der repräsentativen Regierung gegen sich.

Niederlande.

Die zweite Kammer der Generalstaaten hielt gestern zwei Sitzungen. In der Vormittagssitzung, in welcher viele Mitglieder sprachen, auch die Minister der Justiz und der auswärtigen Angelegenheiten, und zwar letzterer über die politischen Verhältnisse Limburgs, wurde der erste Gesetzesentwurf in Bezug auf die Revision des Staatsgrundgesetzes mit 41 gegen 14 Stimmen angenommen. Der Präsident erklärte zwar den Gesetzesentwurf für abgelehnt, da nach grundgesetzlichen Bestimmungen 3/4 der Mitglieder dafür gestimmt haben müßten; die Kammer verwarf aber mit 46 gegen 9 Stimmen den deßfallsigen Antrag des Präsidenten und der Gesetzesentwurf wird gewohnterweise an die erste Kammer gelangen. Die Rede des Ministers des Auswärtigen, Baron Verstolk van Soelen, soll auf vielfaches Verlangen in Druck erscheinen. In der Nachmittagssitzung wurden die übrigen zuerst vorgelegten vier Gesetzesentwürfe und auch der Gesetzesentwurf bezüglich des Wahlrechts angenommen. Heute wird die Discussion über die Revision des Staatsgrundgesetzes fortgesetzt.

Italien.

Noch immer keine Nachrichten aus Neapel, die eine definitive Ausgleichung der Streitigkeiten brächten. Alles beruht auf guten Hoffnungen, Gerüchten und Voraussetzungen. Nur so viel scheint leider gewiß zu seyn, daß mehrere fremde Diplomaten von ihren dortigen Posten abtreten müssen, indem sie in ihren Bemühungen, den Streit zu schlichten, nicht glücklich waren und jetzt ungern gesehen werden. Ein russischer Courier eilte gestern hier durch nach dem Norden, ohne sich zu verweilen. - Der französische Botschafter beim heiligen Stuhl, Graf Latour-Maubourg, ist gestern mit Familie über Florenz nach Frankreich abgereist, wo er mehrere Monate verweilen wird. - In dem hiesigen Staatsbuch (Cracas), welches nächstens erscheinen wird, sind zum erstenmal dieses Jahr die von der Propaganda ernannten und unter ihrer Aufsicht stehenden päpstlichen Vicarien beigesetzt. Man zählt hiernach in allen fünf Welttheilen 57 Vicare. Als vom Papst neuerrichtete Vicariate werden in England genannt: östlicher District, Monsignore W. Wareing, Bischof von Ariopoli, in part.; in Wales Mons. D. Brown, Bischof von Apollonia, in part.; Lancaster Mons. G. Brown, Bischof von Bugia in part. und für den District von York Mons. Briggs, Bischof von Abida. Als schon von länger her bestehende Vicariate wird zum Coadjutor des Districts von Mittel-England der rühmlich bekannte Director des hiesigen englischen Collegiums und Professor der hebräischen Sprache, Mons. N. Wiseman genannt, mit dem Titel Bischof von Mellipotamus, bekannt als der Ort, wornach in der letzten Allocution des Papstes der Bischof und Märtyrer Delgado genannt wurde. Für das nördliche Deutschland ist Mons. J. T. Laurent, Bischof von Cherson in part. gegenwärtig hier anwesend, und für Sachsen Mons. J. B. Mauermann, Bischof von Pella, in part. angeführt.

Deutschland.

Aus Aschaffenburg treffen die erfreulichsten Nachrichten über das Befinden JJ. MM. ein, auch einige allerhöchste Entschließungen sind heute bekannt geworden. Der Obristlieutenant des Cuirassierregiments Prinz Johann von Sachsen, v. Spengel, ist zum Vorstand der Administrationscommission der Militär-Fohlenhöfe, und an seine Stelle der Major des Chevaurlegerregiments König, v. Flotow, zum Referenten im Kriegsministerium ernannt. - Der k. würtembergische ehemalige Minister und Gesandte am Bundestage, Frhr. v. Wangenheim, befindet sich seit mehreren Tagen in unserer Stadt. - In Bayreuth hat sich der Major v. G., ein sehr verdienter und allgemein geachteter Officier, durch einen Pistolenschuß entleibt. - Seit acht Tagen ist man hier mit dem Abbruch der Häuser beschäftigt, die zwischen dem mittlern Residenzflügel und der Theatinerkirche sich befinden; an ihre Stelle wird eine offene Loge, nach Art der Loggia Lanzi in Florenz (von Orcagna erbaut), sich erheben, deren Fronte die Ludwigsstraße beherrschen, und nach dem Plane des Oberbauraths v. Gärtner ausgeführt werden wird. Dieser Bau, welcher binnen vier Jahren vollendet seyn soll, wird nur wenige Tiefe erhalten, damit die Facade genannter Kirche gänzlich frei gestellt bleibt. Am nördlichen Ende des Bazars ist man gleichfalls thätig, die Fundamente zu einem Magazin für Steigerwalds Glasfabricate herzustellen, welche hier eine überaus effectreiche Aufstellung finden.

Man erfährt, daß bereits Lebensbeschreibungen der in die Walhalla aufzunehmenden großen Deutschen in Arbeit sind, und nächstens in Druck erscheinen sollen. Wir halten ein solches Unternehmen um so mehr für voreilig, als vor der gänzlichen Vollendung des Baues, dessen innerer Einrichtung und der vollständigen Aufstellung der Brustbilder und Namen, nur Unvollständiges und Mangelhaftes geliefert werden kann. Wir sind aus guter Quelle unterrichtet, daß unmittelbar nach Vollendung der Walhalla, und noch vor

als Beitrag zu den Kosten der Aufrichtung und Einweihung von Guttenbergs Denkmal in Straßburg. Mühlhausen hat dadurch ein wahres Opfer gebracht, indem die Stadt arm ist und keine andern Einkünfte hat, als die, welche sie aus dem Octroi und mehrern andern örtlichen Abgaben zieht. (Bekanntlich hat Ludwig Philipp selbst neulich zu diesem Denkmal eine namhafte Beisteuer gegeben.)

(Commerce.) Ein in Toulon angekommenes Schreiben aus Tunis von einem Officier der k. Marine enthält eine wichtige Neuigkeit, wenn sie wahr ist. „Achmet, vormaliger Bey von Constantine, heißt es darin, ward von den Seinigen getödtet. Sein vom Rumpfe getrenntes Haupt soll von den Arabern nach Constantine gebracht und dem General Galbois überreicht werden.“

Alles beeilt sich die Sitzung zum Ende zu bringen. Die Kammer votirt im Sturmschritt das Budget, weil die Stellungen verwickelt sind, und Niemand entschieden steht. Die Linke namentlich weiß nicht mehr, welche Partei sie ergreifen soll, denn sie fühlt, daß sie ihre Popularität compromittirt. Odilon-Barrot kann sich nicht halten; er hat sich Hrn. Thiers aufgeopfert und welches Resultat hat er dafür erlangt? Keines. Man hatte ihm Präfecturen für seine Freunde versprochen; er hat keine erhalten; – eine Erneuerung der Diplomatie, und Hr. Thiers hat beibehalten, was bestand. Das Handwerk also, das Odilon-Barrot treibt, ist eine große Duperie; und jetzt muß man sehen, ob er es lange treiben mag. – Die Subscriptionen zu der Begräbnißfeier Bonaparte's werden ganz in den Händen der Gegner der Regierung bleiben. Sie werden eine Art Verzeichniß der bonapartistischen Kräfte bilden, und es ist kein Zweifel, daß diese im untern Volke groß sind. Es war also etwas leichtsinnig, eine Partei aufzuwecken, die in der That nur noch als eine historische Erinnerung existirte. Man macht daraus eine wirkliche, lebende Meinung; indessen wird aus der über die Person Napoleons erhobenen Discussion eine ernste Kritik entstehen und dem Spiel der Vergötterung ein Ziel stecken. Das Andenken Napoleons hat die republicanische Partei, die Anhänger Lafayette's und Duponts (de l'Eure), die Advocaten, Legisten, die ganze Schule der repräsentativen Regierung gegen sich.

Niederlande.

Die zweite Kammer der Generalstaaten hielt gestern zwei Sitzungen. In der Vormittagssitzung, in welcher viele Mitglieder sprachen, auch die Minister der Justiz und der auswärtigen Angelegenheiten, und zwar letzterer über die politischen Verhältnisse Limburgs, wurde der erste Gesetzesentwurf in Bezug auf die Revision des Staatsgrundgesetzes mit 41 gegen 14 Stimmen angenommen. Der Präsident erklärte zwar den Gesetzesentwurf für abgelehnt, da nach grundgesetzlichen Bestimmungen 3/4 der Mitglieder dafür gestimmt haben müßten; die Kammer verwarf aber mit 46 gegen 9 Stimmen den deßfallsigen Antrag des Präsidenten und der Gesetzesentwurf wird gewohnterweise an die erste Kammer gelangen. Die Rede des Ministers des Auswärtigen, Baron Verstolk van Soelen, soll auf vielfaches Verlangen in Druck erscheinen. In der Nachmittagssitzung wurden die übrigen zuerst vorgelegten vier Gesetzesentwürfe und auch der Gesetzesentwurf bezüglich des Wahlrechts angenommen. Heute wird die Discussion über die Revision des Staatsgrundgesetzes fortgesetzt.

Italien.

Noch immer keine Nachrichten aus Neapel, die eine definitive Ausgleichung der Streitigkeiten brächten. Alles beruht auf guten Hoffnungen, Gerüchten und Voraussetzungen. Nur so viel scheint leider gewiß zu seyn, daß mehrere fremde Diplomaten von ihren dortigen Posten abtreten müssen, indem sie in ihren Bemühungen, den Streit zu schlichten, nicht glücklich waren und jetzt ungern gesehen werden. Ein russischer Courier eilte gestern hier durch nach dem Norden, ohne sich zu verweilen. – Der französische Botschafter beim heiligen Stuhl, Graf Latour-Maubourg, ist gestern mit Familie über Florenz nach Frankreich abgereist, wo er mehrere Monate verweilen wird. – In dem hiesigen Staatsbuch (Cracas), welches nächstens erscheinen wird, sind zum erstenmal dieses Jahr die von der Propaganda ernannten und unter ihrer Aufsicht stehenden päpstlichen Vicarien beigesetzt. Man zählt hiernach in allen fünf Welttheilen 57 Vicare. Als vom Papst neuerrichtete Vicariate werden in England genannt: östlicher District, Monsignore W. Wareing, Bischof von Ariopoli, in part.; in Wales Mons. D. Brown, Bischof von Apollonia, in part.; Lancaster Mons. G. Brown, Bischof von Bugia in part. und für den District von York Mons. Briggs, Bischof von Abida. Als schon von länger her bestehende Vicariate wird zum Coadjutor des Districts von Mittel-England der rühmlich bekannte Director des hiesigen englischen Collegiums und Professor der hebräischen Sprache, Mons. N. Wiseman genannt, mit dem Titel Bischof von Mellipotamus, bekannt als der Ort, wornach in der letzten Allocution des Papstes der Bischof und Märtyrer Delgado genannt wurde. Für das nördliche Deutschland ist Mons. J. T. Laurent, Bischof von Cherson in part. gegenwärtig hier anwesend, und für Sachsen Mons. J. B. Mauermann, Bischof von Pella, in part. angeführt.

Deutschland.

Aus Aschaffenburg treffen die erfreulichsten Nachrichten über das Befinden JJ. MM. ein, auch einige allerhöchste Entschließungen sind heute bekannt geworden. Der Obristlieutenant des Cuirassierregiments Prinz Johann von Sachsen, v. Spengel, ist zum Vorstand der Administrationscommission der Militär-Fohlenhöfe, und an seine Stelle der Major des Chevaurlegerregiments König, v. Flotow, zum Referenten im Kriegsministerium ernannt. – Der k. würtembergische ehemalige Minister und Gesandte am Bundestage, Frhr. v. Wangenheim, befindet sich seit mehreren Tagen in unserer Stadt. – In Bayreuth hat sich der Major v. G., ein sehr verdienter und allgemein geachteter Officier, durch einen Pistolenschuß entleibt. – Seit acht Tagen ist man hier mit dem Abbruch der Häuser beschäftigt, die zwischen dem mittlern Residenzflügel und der Theatinerkirche sich befinden; an ihre Stelle wird eine offene Loge, nach Art der Loggia Lanzi in Florenz (von Orcagna erbaut), sich erheben, deren Fronte die Ludwigsstraße beherrschen, und nach dem Plane des Oberbauraths v. Gärtner ausgeführt werden wird. Dieser Bau, welcher binnen vier Jahren vollendet seyn soll, wird nur wenige Tiefe erhalten, damit die Façade genannter Kirche gänzlich frei gestellt bleibt. Am nördlichen Ende des Bazars ist man gleichfalls thätig, die Fundamente zu einem Magazin für Steigerwalds Glasfabricate herzustellen, welche hier eine überaus effectreiche Aufstellung finden.

Man erfährt, daß bereits Lebensbeschreibungen der in die Walhalla aufzunehmenden großen Deutschen in Arbeit sind, und nächstens in Druck erscheinen sollen. Wir halten ein solches Unternehmen um so mehr für voreilig, als vor der gänzlichen Vollendung des Baues, dessen innerer Einrichtung und der vollständigen Aufstellung der Brustbilder und Namen, nur Unvollständiges und Mangelhaftes geliefert werden kann. Wir sind aus guter Quelle unterrichtet, daß unmittelbar nach Vollendung der Walhalla, und noch vor

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[1300/0004] als Beitrag zu den Kosten der Aufrichtung und Einweihung von Guttenbergs Denkmal in Straßburg. Mühlhausen hat dadurch ein wahres Opfer gebracht, indem die Stadt arm ist und keine andern Einkünfte hat, als die, welche sie aus dem Octroi und mehrern andern örtlichen Abgaben zieht. (Bekanntlich hat Ludwig Philipp selbst neulich zu diesem Denkmal eine namhafte Beisteuer gegeben.) (Commerce.) Ein in Toulon angekommenes Schreiben aus Tunis von einem Officier der k. Marine enthält eine wichtige Neuigkeit, wenn sie wahr ist. „Achmet, vormaliger Bey von Constantine, heißt es darin, ward von den Seinigen getödtet. Sein vom Rumpfe getrenntes Haupt soll von den Arabern nach Constantine gebracht und dem General Galbois überreicht werden.“ _ Paris, 5 Jun. Alles beeilt sich die Sitzung zum Ende zu bringen. Die Kammer votirt im Sturmschritt das Budget, weil die Stellungen verwickelt sind, und Niemand entschieden steht. Die Linke namentlich weiß nicht mehr, welche Partei sie ergreifen soll, denn sie fühlt, daß sie ihre Popularität compromittirt. Odilon-Barrot kann sich nicht halten; er hat sich Hrn. Thiers aufgeopfert und welches Resultat hat er dafür erlangt? Keines. Man hatte ihm Präfecturen für seine Freunde versprochen; er hat keine erhalten; – eine Erneuerung der Diplomatie, und Hr. Thiers hat beibehalten, was bestand. Das Handwerk also, das Odilon-Barrot treibt, ist eine große Duperie; und jetzt muß man sehen, ob er es lange treiben mag. – Die Subscriptionen zu der Begräbnißfeier Bonaparte's werden ganz in den Händen der Gegner der Regierung bleiben. Sie werden eine Art Verzeichniß der bonapartistischen Kräfte bilden, und es ist kein Zweifel, daß diese im untern Volke groß sind. Es war also etwas leichtsinnig, eine Partei aufzuwecken, die in der That nur noch als eine historische Erinnerung existirte. Man macht daraus eine wirkliche, lebende Meinung; indessen wird aus der über die Person Napoleons erhobenen Discussion eine ernste Kritik entstehen und dem Spiel der Vergötterung ein Ziel stecken. Das Andenken Napoleons hat die republicanische Partei, die Anhänger Lafayette's und Duponts (de l'Eure), die Advocaten, Legisten, die ganze Schule der repräsentativen Regierung gegen sich. Niederlande. _ Aus dem Haag, 4 Jun. Die zweite Kammer der Generalstaaten hielt gestern zwei Sitzungen. In der Vormittagssitzung, in welcher viele Mitglieder sprachen, auch die Minister der Justiz und der auswärtigen Angelegenheiten, und zwar letzterer über die politischen Verhältnisse Limburgs, wurde der erste Gesetzesentwurf in Bezug auf die Revision des Staatsgrundgesetzes mit 41 gegen 14 Stimmen angenommen. Der Präsident erklärte zwar den Gesetzesentwurf für abgelehnt, da nach grundgesetzlichen Bestimmungen 3/4 der Mitglieder dafür gestimmt haben müßten; die Kammer verwarf aber mit 46 gegen 9 Stimmen den deßfallsigen Antrag des Präsidenten und der Gesetzesentwurf wird gewohnterweise an die erste Kammer gelangen. Die Rede des Ministers des Auswärtigen, Baron Verstolk van Soelen, soll auf vielfaches Verlangen in Druck erscheinen. In der Nachmittagssitzung wurden die übrigen zuerst vorgelegten vier Gesetzesentwürfe und auch der Gesetzesentwurf bezüglich des Wahlrechts angenommen. Heute wird die Discussion über die Revision des Staatsgrundgesetzes fortgesetzt. Italien. _ Rom, 2 Jul. Noch immer keine Nachrichten aus Neapel, die eine definitive Ausgleichung der Streitigkeiten brächten. Alles beruht auf guten Hoffnungen, Gerüchten und Voraussetzungen. Nur so viel scheint leider gewiß zu seyn, daß mehrere fremde Diplomaten von ihren dortigen Posten abtreten müssen, indem sie in ihren Bemühungen, den Streit zu schlichten, nicht glücklich waren und jetzt ungern gesehen werden. Ein russischer Courier eilte gestern hier durch nach dem Norden, ohne sich zu verweilen. – Der französische Botschafter beim heiligen Stuhl, Graf Latour-Maubourg, ist gestern mit Familie über Florenz nach Frankreich abgereist, wo er mehrere Monate verweilen wird. – In dem hiesigen Staatsbuch (Cracas), welches nächstens erscheinen wird, sind zum erstenmal dieses Jahr die von der Propaganda ernannten und unter ihrer Aufsicht stehenden päpstlichen Vicarien beigesetzt. Man zählt hiernach in allen fünf Welttheilen 57 Vicare. Als vom Papst neuerrichtete Vicariate werden in England genannt: östlicher District, Monsignore W. Wareing, Bischof von Ariopoli, in part.; in Wales Mons. D. Brown, Bischof von Apollonia, in part.; Lancaster Mons. G. Brown, Bischof von Bugia in part. und für den District von York Mons. Briggs, Bischof von Abida. Als schon von länger her bestehende Vicariate wird zum Coadjutor des Districts von Mittel-England der rühmlich bekannte Director des hiesigen englischen Collegiums und Professor der hebräischen Sprache, Mons. N. Wiseman genannt, mit dem Titel Bischof von Mellipotamus, bekannt als der Ort, wornach in der letzten Allocution des Papstes der Bischof und Märtyrer Delgado genannt wurde. Für das nördliche Deutschland ist Mons. J. T. Laurent, Bischof von Cherson in part. gegenwärtig hier anwesend, und für Sachsen Mons. J. B. Mauermann, Bischof von Pella, in part. angeführt. Deutschland. _ München, 9 Jun. Aus Aschaffenburg treffen die erfreulichsten Nachrichten über das Befinden JJ. MM. ein, auch einige allerhöchste Entschließungen sind heute bekannt geworden. Der Obristlieutenant des Cuirassierregiments Prinz Johann von Sachsen, v. Spengel, ist zum Vorstand der Administrationscommission der Militär-Fohlenhöfe, und an seine Stelle der Major des Chevaurlegerregiments König, v. Flotow, zum Referenten im Kriegsministerium ernannt. – Der k. würtembergische ehemalige Minister und Gesandte am Bundestage, Frhr. v. Wangenheim, befindet sich seit mehreren Tagen in unserer Stadt. – In Bayreuth hat sich der Major v. G., ein sehr verdienter und allgemein geachteter Officier, durch einen Pistolenschuß entleibt. – Seit acht Tagen ist man hier mit dem Abbruch der Häuser beschäftigt, die zwischen dem mittlern Residenzflügel und der Theatinerkirche sich befinden; an ihre Stelle wird eine offene Loge, nach Art der Loggia Lanzi in Florenz (von Orcagna erbaut), sich erheben, deren Fronte die Ludwigsstraße beherrschen, und nach dem Plane des Oberbauraths v. Gärtner ausgeführt werden wird. Dieser Bau, welcher binnen vier Jahren vollendet seyn soll, wird nur wenige Tiefe erhalten, damit die Façade genannter Kirche gänzlich frei gestellt bleibt. Am nördlichen Ende des Bazars ist man gleichfalls thätig, die Fundamente zu einem Magazin für Steigerwalds Glasfabricate herzustellen, welche hier eine überaus effectreiche Aufstellung finden. _ München, 8 Jun. Man erfährt, daß bereits Lebensbeschreibungen der in die Walhalla aufzunehmenden großen Deutschen in Arbeit sind, und nächstens in Druck erscheinen sollen. Wir halten ein solches Unternehmen um so mehr für voreilig, als vor der gänzlichen Vollendung des Baues, dessen innerer Einrichtung und der vollständigen Aufstellung der Brustbilder und Namen, nur Unvollständiges und Mangelhaftes geliefert werden kann. Wir sind aus guter Quelle unterrichtet, daß unmittelbar nach Vollendung der Walhalla, und noch vor

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 163. Augsburg, 11. Juni 1840, S. 1300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_163_18400611/4>, abgerufen am 29.03.2024.