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Allgemeine Zeitung. Nr. 149. Augsburg, 28. Mai 1840.

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Haus der Lords. Sitzung vom 19 Mai. Der Bischof von Norwich reicht eine Petition ein gegen Kirchensteuern, und unterstützt sie theilweise mit der Aeußerung, daß er allerdings die Dissenters nicht für verpflichtet halte, zu allem unnöthigen Aufwand in der herrschenden Kirche beizusteuern, obwohl er sie auf der andern Seite keineswegs von aller und jeder Steuer loszusprechen meine. - Der Erzbischof von Dublin reicht eine Petition ein um Abschaffung der Deportationsstrafe, die er mit ähnlichen Gründen als Sir W. Molesworth im Hause der Gemeinen durch eine besondere Motion unterstützt; doch willigt er, auf die Gegenbemerkungen des Marquis v. Normanby, in die einstweilige Beseitigung.

Das M. Chronicle vom 20 Mai enthält eine kurze Biographie des in den Mord Lord William Russells scheinbar so tief verwickelten Courvoisier. Wir ersehen daraus, daß C., geboren 1816 in der französischen Schweiz, erst 24 Jahre alt ist. Er verließ sein Vaterland, wo er bis dahin seinem Vater, einem kleinen Landeigenthümer, beim Landbau half, erst vor fünf Jahren, und kam nach England, besonders rechnend auf die Unterstützung seines Oheims, Kellner im Hause eines würdigen Baronets. Durch dessen Einfluß erlangte er denn auch bald eine Stelle als Lakai zuerst bei Lady Julie Lockwood in London, dann bei Hrn. Fector (Parlamentsmitglied); dem Lord William ward er von seinen beiden frühern Herrschaften aufs wärmste empfohlen, und trat ein für einen Gehalt von 45, oder wenn sein neuer Herr nach 6 Monaten mit ihm zufrieden wäre, 50 Pf. jährlich. Von dieser Summe, die vierteljährlich bezahlt werden sollte, hatte Courvoisier nach 5 wöchentlichem Aufenthalt bis zum Tage des Mords noch nichts empfangen. - Er soll in seiner Haft (zu Westminster Bridewell) fortwährend ruhig und heiter seyn.

Frankreich.

Deputirtenkammersitzung vom 22 Mai. Die Deputirten fanden sich nur langsam und in geringer Zahl ein. Der Präsident klagte über diese Nachlässigkeit und schritt zum Namensaufruf; die Namen der Abwesenden werden im Moniteur bekannt gemacht. Es wurden übrigens in dieser Sitzung nur Gegenstände von geringem Interesse verhandelt. Die Kammer nahm 16 Gesetzesentwürfe, die Begränzung von Districten für die Wahl der Mitglieder der Generalconseils betreffend, mit 197 gegen 52 Stimmen an, und beschäftigte sich dann mit einem Gesetzesentwurf, durch welchen die Regierung einen Credit von 1,200,000 Fr. zum Bau verschiedener Brücken verlangt. Die Fortsetzung der Discussion hierüber wurde auf den 25 verschoben.

[irrelevantes Material] Deputirtenkammersitzung vom 23 Mai. Man erwartete in dieser Sitzung den Bericht der Commission über den Gesetzesentwurf, die Asche Napoleons betreffend, zu hören; die Lesung desselben wurde aber auf Montag den 25 Mai verschoben. Die Commission hatte in dem Bericht des Marschall Clauzel einige leichte Aenderungen eingeschaltet, wodurch dessen definitive Abfassung verzögert worden. In den Bureaux wurde derselbe verlesen. Außer den bereits erwähnten Anträgen schlägt die Commission auch vor, daß die Fregatte Belle Poule von noch zwei andern Kriegsschiffen begleitet werden und eine ganze Escadre den mit den Gebeinen des Kaisers heimkehrenden Schiffen entgegenfahren soll. Der Minister der öffentlichen Arbeiten, Graf Jaubert, legte einen Gesetzesentwurf, den Bau der Eisenbahn von Paris nach Rouen betreffend, vor. Man ersah daraus, daß die Linie von Paris nach Havre über die Hochebenen aufgegeben ist. Die Regierung hätte zwar gewünscht, daß die Compagnie, welche die Concession dieser Linie erhalten, den Bau der Bahn bis Havre fortgesetzt hätte, auch wenn die Opfer noch größer gewesen wären; die Compagnie weigerte sich aber. Der Kostenanschlag der Bahn nach Havre beträgt 50 Millionen. Die Regierung wird für 7 Millionen Actien nehmen und der Compagnie weitere 7 Millionen vorschießen. Die Compagnie constituirt sich als anonyme Gesellschaft. Englische Capitalisten sind dabei betheiligt. Der Staat erhält eine Hypothek auf die Bahn zur Sicherstellung seiner Anleihe und Actien. - Den übrigen Theil der Sitzung füllten Verhandlungen über Localinteressen betreffende Gegenstände aus.

Ein Journal sagt: "Wenn wir gut unterrichtet sind, so hatte die Commission einstimmig das Project der Niederlegung der Gebeine Napoleons unter dem Invalidendom verworfen. Zwei Meinungen standen sich gegenüber: die eine verlangte für den "legitimen Souverän" Frankreichs ein königliches Grab in der Kirche von St. Denis; die andere schlug die Errichtung des Monuments des großen Feldherrn im "Tempel des Ruhms" vor. Das Ministerium bekämpfte beide. Graf Las Cases, der wegen des Zustandes seiner Gesundheit bisher den Versammlungen seiner Collegen nicht beiwohnen konnte, hatte der Commission die Abschrift eines kaiserlichen Decrets zugeschickt, das eine Gruft von St. Denis als den Begräbnißort der Napoleonischen Legitimität anweist. Dieß war ein kräftiges Argument, und die Mehrheit schien zu dessen Annahme geneigt. Darauf machte Hr. Thiers, mit Preisgebung der aus dem monumentalen Charakter und der topographischen Lage der Invaliden hergenommenen Gründe, mit jenem bewundernswürdigen Wortreichthum, der ihm beständig zu Gebot steht, eine mysteriöse Auseinandersetzung dynastischer Rücksichten und gouvernementaler Nothwendigkeiten, die sich auf Folgendes reduciren lassen: daß das Ministerium nicht für die öffentliche Ruhe stehen könne, wenn sein Gesetzesentwurf nicht ganz angenommen würde. Er gab selbst zu verstehen, daß die Regierung Kunde von bonapartistischen Umtrieben hätte, die ihre ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen. Von diesem Augenblick an widerstand die Commission nicht mehr, und man vereinigte sich darüber, daß die Asche Napoleons bei den Invaliden beigesetzt werden solle."

(Commerce.) "Es heißt, man wolle Paris das Schauspiel eines Manöuvre-Lagers geben. Dieses soll nach der Ernte in der Ebene von Besons gehalten werden. Um diese Zeit können auch die Reste Napoleons in Paris ankommen, so daß die Truppen des Lagers dann zu der Cerimonie gebraucht werden können." - Das Capitole fügt bei: "Am 21 Mai Abends hat sich eine Deputation der 14 Legionen der Nationalgarde versammelt, um eine Petition aufzusetzen, welche den Wunsch aller bewaffneten Classen der Pariser Bevölkerung ausdrückt, bei der Fahrt nach St. Helena repräsentirt zu seyn, und im Namen Frankreichs die glorreichen Ueberreste Napoleons des Großen zu begleiten."

Man schreibt aus Toulon vom 19 Mai: "Zu den Schiffen, welche bestimmt sind, die Flottille zur Abholung der Asche Napoleons von St. Helena zu bilden, gehört auch das Dampfboot Papin, Cap. Delestang. Alle Schiffe müssen am 5 Jun. bereit seyn und werden wahrscheinlich am 10 absegeln."

Aus Arzew vom 12 Mai bringt der Constitutionnel ein Schreiben, demzufolge in der Provinz Oran, seitdem die Horden Buhamedis und des Khalifa's von Maskara sich entfernt haben, die größte Ruhe herrscht. Die Stadt Miliana soll von ihren Einwohnern verlassen worden, der Commandant derselben aber von Abd-El-Kader beauftragt seyn, den Gebirgsweg, der von Medeah dorthin führt, zu vertheidigen. Das schönste

Haus der Lords. Sitzung vom 19 Mai. Der Bischof von Norwich reicht eine Petition ein gegen Kirchensteuern, und unterstützt sie theilweise mit der Aeußerung, daß er allerdings die Dissenters nicht für verpflichtet halte, zu allem unnöthigen Aufwand in der herrschenden Kirche beizusteuern, obwohl er sie auf der andern Seite keineswegs von aller und jeder Steuer loszusprechen meine. – Der Erzbischof von Dublin reicht eine Petition ein um Abschaffung der Deportationsstrafe, die er mit ähnlichen Gründen als Sir W. Molesworth im Hause der Gemeinen durch eine besondere Motion unterstützt; doch willigt er, auf die Gegenbemerkungen des Marquis v. Normanby, in die einstweilige Beseitigung.

Das M. Chronicle vom 20 Mai enthält eine kurze Biographie des in den Mord Lord William Russells scheinbar so tief verwickelten Courvoisier. Wir ersehen daraus, daß C., geboren 1816 in der französischen Schweiz, erst 24 Jahre alt ist. Er verließ sein Vaterland, wo er bis dahin seinem Vater, einem kleinen Landeigenthümer, beim Landbau half, erst vor fünf Jahren, und kam nach England, besonders rechnend auf die Unterstützung seines Oheims, Kellner im Hause eines würdigen Baronets. Durch dessen Einfluß erlangte er denn auch bald eine Stelle als Lakai zuerst bei Lady Julie Lockwood in London, dann bei Hrn. Fector (Parlamentsmitglied); dem Lord William ward er von seinen beiden frühern Herrschaften aufs wärmste empfohlen, und trat ein für einen Gehalt von 45, oder wenn sein neuer Herr nach 6 Monaten mit ihm zufrieden wäre, 50 Pf. jährlich. Von dieser Summe, die vierteljährlich bezahlt werden sollte, hatte Courvoisier nach 5 wöchentlichem Aufenthalt bis zum Tage des Mords noch nichts empfangen. – Er soll in seiner Haft (zu Westminster Bridewell) fortwährend ruhig und heiter seyn.

Frankreich.

Deputirtenkammersitzung vom 22 Mai. Die Deputirten fanden sich nur langsam und in geringer Zahl ein. Der Präsident klagte über diese Nachlässigkeit und schritt zum Namensaufruf; die Namen der Abwesenden werden im Moniteur bekannt gemacht. Es wurden übrigens in dieser Sitzung nur Gegenstände von geringem Interesse verhandelt. Die Kammer nahm 16 Gesetzesentwürfe, die Begränzung von Districten für die Wahl der Mitglieder der Generalconseils betreffend, mit 197 gegen 52 Stimmen an, und beschäftigte sich dann mit einem Gesetzesentwurf, durch welchen die Regierung einen Credit von 1,200,000 Fr. zum Bau verschiedener Brücken verlangt. Die Fortsetzung der Discussion hierüber wurde auf den 25 verschoben.

[irrelevantes Material] Deputirtenkammersitzung vom 23 Mai. Man erwartete in dieser Sitzung den Bericht der Commission über den Gesetzesentwurf, die Asche Napoleons betreffend, zu hören; die Lesung desselben wurde aber auf Montag den 25 Mai verschoben. Die Commission hatte in dem Bericht des Marschall Clauzel einige leichte Aenderungen eingeschaltet, wodurch dessen definitive Abfassung verzögert worden. In den Bureaux wurde derselbe verlesen. Außer den bereits erwähnten Anträgen schlägt die Commission auch vor, daß die Fregatte Belle Poule von noch zwei andern Kriegsschiffen begleitet werden und eine ganze Escadre den mit den Gebeinen des Kaisers heimkehrenden Schiffen entgegenfahren soll. Der Minister der öffentlichen Arbeiten, Graf Jaubert, legte einen Gesetzesentwurf, den Bau der Eisenbahn von Paris nach Rouen betreffend, vor. Man ersah daraus, daß die Linie von Paris nach Havre über die Hochebenen aufgegeben ist. Die Regierung hätte zwar gewünscht, daß die Compagnie, welche die Concession dieser Linie erhalten, den Bau der Bahn bis Havre fortgesetzt hätte, auch wenn die Opfer noch größer gewesen wären; die Compagnie weigerte sich aber. Der Kostenanschlag der Bahn nach Havre beträgt 50 Millionen. Die Regierung wird für 7 Millionen Actien nehmen und der Compagnie weitere 7 Millionen vorschießen. Die Compagnie constituirt sich als anonyme Gesellschaft. Englische Capitalisten sind dabei betheiligt. Der Staat erhält eine Hypothek auf die Bahn zur Sicherstellung seiner Anleihe und Actien. – Den übrigen Theil der Sitzung füllten Verhandlungen über Localinteressen betreffende Gegenstände aus.

Ein Journal sagt: „Wenn wir gut unterrichtet sind, so hatte die Commission einstimmig das Project der Niederlegung der Gebeine Napoleons unter dem Invalidendom verworfen. Zwei Meinungen standen sich gegenüber: die eine verlangte für den „legitimen Souverän“ Frankreichs ein königliches Grab in der Kirche von St. Denis; die andere schlug die Errichtung des Monuments des großen Feldherrn im „Tempel des Ruhms“ vor. Das Ministerium bekämpfte beide. Graf Las Cases, der wegen des Zustandes seiner Gesundheit bisher den Versammlungen seiner Collegen nicht beiwohnen konnte, hatte der Commission die Abschrift eines kaiserlichen Decrets zugeschickt, das eine Gruft von St. Denis als den Begräbnißort der Napoleonischen Legitimität anweist. Dieß war ein kräftiges Argument, und die Mehrheit schien zu dessen Annahme geneigt. Darauf machte Hr. Thiers, mit Preisgebung der aus dem monumentalen Charakter und der topographischen Lage der Invaliden hergenommenen Gründe, mit jenem bewundernswürdigen Wortreichthum, der ihm beständig zu Gebot steht, eine mysteriöse Auseinandersetzung dynastischer Rücksichten und gouvernementaler Nothwendigkeiten, die sich auf Folgendes reduciren lassen: daß das Ministerium nicht für die öffentliche Ruhe stehen könne, wenn sein Gesetzesentwurf nicht ganz angenommen würde. Er gab selbst zu verstehen, daß die Regierung Kunde von bonapartistischen Umtrieben hätte, die ihre ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen. Von diesem Augenblick an widerstand die Commission nicht mehr, und man vereinigte sich darüber, daß die Asche Napoleons bei den Invaliden beigesetzt werden solle.“

(Commerce.) „Es heißt, man wolle Paris das Schauspiel eines Manöuvre-Lagers geben. Dieses soll nach der Ernte in der Ebene von Besons gehalten werden. Um diese Zeit können auch die Reste Napoleons in Paris ankommen, so daß die Truppen des Lagers dann zu der Cerimonie gebraucht werden können.“ – Das Capitole fügt bei: „Am 21 Mai Abends hat sich eine Deputation der 14 Legionen der Nationalgarde versammelt, um eine Petition aufzusetzen, welche den Wunsch aller bewaffneten Classen der Pariser Bevölkerung ausdrückt, bei der Fahrt nach St. Helena repräsentirt zu seyn, und im Namen Frankreichs die glorreichen Ueberreste Napoleons des Großen zu begleiten.“

Man schreibt aus Toulon vom 19 Mai: „Zu den Schiffen, welche bestimmt sind, die Flottille zur Abholung der Asche Napoleons von St. Helena zu bilden, gehört auch das Dampfboot Papin, Cap. Delestang. Alle Schiffe müssen am 5 Jun. bereit seyn und werden wahrscheinlich am 10 absegeln.“

Aus Arzew vom 12 Mai bringt der Constitutionnel ein Schreiben, demzufolge in der Provinz Oran, seitdem die Horden Buhamedis und des Khalifa's von Maskara sich entfernt haben, die größte Ruhe herrscht. Die Stadt Miliana soll von ihren Einwohnern verlassen worden, der Commandant derselben aber von Abd-El-Kader beauftragt seyn, den Gebirgsweg, der von Medeah dorthin führt, zu vertheidigen. Das schönste

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[1187/0003] Haus der Lords. Sitzung vom 19 Mai. Der Bischof von Norwich reicht eine Petition ein gegen Kirchensteuern, und unterstützt sie theilweise mit der Aeußerung, daß er allerdings die Dissenters nicht für verpflichtet halte, zu allem unnöthigen Aufwand in der herrschenden Kirche beizusteuern, obwohl er sie auf der andern Seite keineswegs von aller und jeder Steuer loszusprechen meine. – Der Erzbischof von Dublin reicht eine Petition ein um Abschaffung der Deportationsstrafe, die er mit ähnlichen Gründen als Sir W. Molesworth im Hause der Gemeinen durch eine besondere Motion unterstützt; doch willigt er, auf die Gegenbemerkungen des Marquis v. Normanby, in die einstweilige Beseitigung. Das M. Chronicle vom 20 Mai enthält eine kurze Biographie des in den Mord Lord William Russells scheinbar so tief verwickelten Courvoisier. Wir ersehen daraus, daß C., geboren 1816 in der französischen Schweiz, erst 24 Jahre alt ist. Er verließ sein Vaterland, wo er bis dahin seinem Vater, einem kleinen Landeigenthümer, beim Landbau half, erst vor fünf Jahren, und kam nach England, besonders rechnend auf die Unterstützung seines Oheims, Kellner im Hause eines würdigen Baronets. Durch dessen Einfluß erlangte er denn auch bald eine Stelle als Lakai zuerst bei Lady Julie Lockwood in London, dann bei Hrn. Fector (Parlamentsmitglied); dem Lord William ward er von seinen beiden frühern Herrschaften aufs wärmste empfohlen, und trat ein für einen Gehalt von 45, oder wenn sein neuer Herr nach 6 Monaten mit ihm zufrieden wäre, 50 Pf. jährlich. Von dieser Summe, die vierteljährlich bezahlt werden sollte, hatte Courvoisier nach 5 wöchentlichem Aufenthalt bis zum Tage des Mords noch nichts empfangen. – Er soll in seiner Haft (zu Westminster Bridewell) fortwährend ruhig und heiter seyn. Frankreich. _ Paris, 23 Mai. Deputirtenkammersitzung vom 22 Mai. Die Deputirten fanden sich nur langsam und in geringer Zahl ein. 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In den Bureaux wurde derselbe verlesen. Außer den bereits erwähnten Anträgen schlägt die Commission auch vor, daß die Fregatte Belle Poule von noch zwei andern Kriegsschiffen begleitet werden und eine ganze Escadre den mit den Gebeinen des Kaisers heimkehrenden Schiffen entgegenfahren soll. Der Minister der öffentlichen Arbeiten, Graf Jaubert, legte einen Gesetzesentwurf, den Bau der Eisenbahn von Paris nach Rouen betreffend, vor. Man ersah daraus, daß die Linie von Paris nach Havre über die Hochebenen aufgegeben ist. Die Regierung hätte zwar gewünscht, daß die Compagnie, welche die Concession dieser Linie erhalten, den Bau der Bahn bis Havre fortgesetzt hätte, auch wenn die Opfer noch größer gewesen wären; die Compagnie weigerte sich aber. Der Kostenanschlag der Bahn nach Havre beträgt 50 Millionen. Die Regierung wird für 7 Millionen Actien nehmen und der Compagnie weitere 7 Millionen vorschießen. Die Compagnie constituirt sich als anonyme Gesellschaft. Englische Capitalisten sind dabei betheiligt. Der Staat erhält eine Hypothek auf die Bahn zur Sicherstellung seiner Anleihe und Actien. – Den übrigen Theil der Sitzung füllten Verhandlungen über Localinteressen betreffende Gegenstände aus. Ein Journal sagt: „Wenn wir gut unterrichtet sind, so hatte die Commission einstimmig das Project der Niederlegung der Gebeine Napoleons unter dem Invalidendom verworfen. Zwei Meinungen standen sich gegenüber: die eine verlangte für den „legitimen Souverän“ Frankreichs ein königliches Grab in der Kirche von St. Denis; die andere schlug die Errichtung des Monuments des großen Feldherrn im „Tempel des Ruhms“ vor. Das Ministerium bekämpfte beide. Graf Las Cases, der wegen des Zustandes seiner Gesundheit bisher den Versammlungen seiner Collegen nicht beiwohnen konnte, hatte der Commission die Abschrift eines kaiserlichen Decrets zugeschickt, das eine Gruft von St. Denis als den Begräbnißort der Napoleonischen Legitimität anweist. Dieß war ein kräftiges Argument, und die Mehrheit schien zu dessen Annahme geneigt. Darauf machte Hr. Thiers, mit Preisgebung der aus dem monumentalen Charakter und der topographischen Lage der Invaliden hergenommenen Gründe, mit jenem bewundernswürdigen Wortreichthum, der ihm beständig zu Gebot steht, eine mysteriöse Auseinandersetzung dynastischer Rücksichten und gouvernementaler Nothwendigkeiten, die sich auf Folgendes reduciren lassen: daß das Ministerium nicht für die öffentliche Ruhe stehen könne, wenn sein Gesetzesentwurf nicht ganz angenommen würde. Er gab selbst zu verstehen, daß die Regierung Kunde von bonapartistischen Umtrieben hätte, die ihre ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen. Von diesem Augenblick an widerstand die Commission nicht mehr, und man vereinigte sich darüber, daß die Asche Napoleons bei den Invaliden beigesetzt werden solle.“ (Commerce.) „Es heißt, man wolle Paris das Schauspiel eines Manöuvre-Lagers geben. Dieses soll nach der Ernte in der Ebene von Besons gehalten werden. Um diese Zeit können auch die Reste Napoleons in Paris ankommen, so daß die Truppen des Lagers dann zu der Cerimonie gebraucht werden können.“ – Das Capitole fügt bei: „Am 21 Mai Abends hat sich eine Deputation der 14 Legionen der Nationalgarde versammelt, um eine Petition aufzusetzen, welche den Wunsch aller bewaffneten Classen der Pariser Bevölkerung ausdrückt, bei der Fahrt nach St. Helena repräsentirt zu seyn, und im Namen Frankreichs die glorreichen Ueberreste Napoleons des Großen zu begleiten.“ Man schreibt aus Toulon vom 19 Mai: „Zu den Schiffen, welche bestimmt sind, die Flottille zur Abholung der Asche Napoleons von St. Helena zu bilden, gehört auch das Dampfboot Papin, Cap. Delestang. 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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 149. Augsburg, 28. Mai 1840, S. 1187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_149_18400528/3>, abgerufen am 18.04.2024.