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Allgemeine Zeitung. Nr. 127. Augsburg, 6. Mai 1840.

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wissenschaftliche Studien und wahrhaft gelehrte Kenntnisse ausgezeichnet; einige sind zugleich bei dem König und dem Kronprinzen angestellt, z. B. der Graf Liljencrantz, wirklicher Hofmarschall im Dienste des Kronprinzen und Adjutant des Königs, der Frhr. Wrede, Kammerherr des Kronprinzen und Adjutant des Königs etc. Durch die ganze schwedische Armee herrscht, mit sehr wenigen Ausnahmen, eine sehr loyale Stimmung; während dieses Reichstags sind wenigstens keine in wirklichen Diensten stehenden Officiere als Opponenten gegen die Regierung aufgetreten. Unter den zum Hofe des Kronprinzen gehörigen Civilpersonen ragt besonders hervor der Graf Sparre, jetziger Assessor im Hofgericht von Swea, wie es heißt, vom König zum Mitglied des höchsten Gerichts bestimmt. Immer wurden die übrigen zum Hofe des Kronprinzen gehörigen Personen vom König ausgezeichnet und begünstigt. Der neuerdings verstorbene Graf Adelswärd z. B., welcher seit vielen Jahren Chef des Hofes des Kronprinzen gewesen, war zugleich ein Mitglied des Staatsraths des Königs. Der Chef des Generalstabs des Prinzen, General Lefren, ist neulich vom König zum Chef des Geniecorps ernannt worden. Der General Lefren ist auch, sowohl bei diesem als bei den vorhergehenden Reichstagen, einer der Redner gewesen, welche das System und die Maaßregeln der Regierung am eifrigsten und glücklichsten vertheidigt haben. Diese allgemein bekannten Thatsachen dürften hinreichen, die Ungereimtheit der Insinuation, daß die Umgebung des Prinzen zur Opposition geneigt sey, darzulegen. Der Umstand endlich, worauf der Briefsteller seine Vorspiegelung eigentlich hat begründen wollen, beweist nur seine Unbekanntschaft mit den Verhältnissen des Hofes. Er sagt, daß am Namenstage der Kronprinzessin (soll heißen Geburtstage, dem 14 März) nur der Hof der Prinzessin, nicht aber der des Prinzen bei Ihren Majestäten eingeladen gewesen. Dieß ist wahr, und wurde in der Staatszeitung berichtet, wo es heißt, daß die Reichsherren, die höhern Beamten, der Landmarschall, die Wortführer der Reichsstände mit andern Mitgliedern, so wie der Hof der Prinzessin, insgesammt hundert Personen, eingeladen gewesen. Die Staatszeitung erwähnt aber nicht die Ursache, warum der Hof des Kronprinzen nicht mit geladen worden, weil diese Ursache von selbst zu errathen war. *)*) Es ist nämlich immer so gehalten worden, daß wenn am Namenstag oder Geburtstag des Kronprinzen eine Feierlichkeit stattfand, nur der Hof des Prinzen, und an einem Festtage für die Prinzessin nur der Hof der letzteren geladen ward. Nur bei größeren Festlichkeiten, wo mehrere hundert oder tausend Personen geladen werden, sind die beiden Hofpersonale zugleich anwesend. - Was schließlich das Gerede von möglicher Abdication betrifft, so ist eben so gewiß, daß der König nie daran gedacht hat, als daß kein Schwede dieß Wort auszusprechen wagen würde, weil man sich nur allzuwohl bewußt ist, wie hoch der König, trotz allen, oft übereilten Tadels über gewisse Regierungsmaaßregeln, vom ganzen Volke geliebt, verehrt und geschätzt wird. Hinsichtlich der unangenehmen Lage, in welcher der König sich befinden soll, kann ich Sie versichern, daß der König einer eben so guten Gesundheit genießt, und eben so guter Laune ist, als er früher immer gewesen, und daß die thörichten oder unziemlichen Fragen, welche bei diesem Reichstage von einigen excentrischen oder übelwollenden Personen angeregt worden, nicht den mindesten Eindruck auf den Monarchen gemacht haben, weil er recht gut weiß, daß die schwedische Nation, im Ganzen genommen, zu viel Besonnenheit besitzt, als daß das Resultat ein anderes werden könnte, als es das wahre Beste des Landes fordert. Wollte man hingegen mit der vorgeblichen unangenehmen Lage des Königs etwa darauf hindeuten, als ob er nunmehr nicht eben so viel Gewalt besäße, oder in seinen Regierungsmaaßregeln nicht eben so unabhängig wäre, als vormals, so hat man erst neulich einen einleuchtenden Beweis vom Gegentheil erhalten durch den königlichen Beschluß in Bezug auf die Herabsetzung des Ausfuhrzolles auf Eisen, welcher Beschluß schon in allen Zeitungen mitgetheilt worden. Dieser Beschluß, den der König selbst veranlaßte, mit Gründen begleitete, und seinem Staatsrathe kund gab, in Gemäßheit des 4ten §. der Constitution, wo es heißt: "der König solle allein das Reich regieren" machte in der That nicht wenig Sensation, und mißfiel aufs höchste gewissen Personen, die schon wähnten auf gutem Wege zu seyn, eine Ministerialregierung ohne Theilnahme des Königs herbeiführen zu können. - In einer andern Nummer der Allg. Zeitung trifft man einen Artikel über den schwedischen Adel, worin mehrere irrige Ansichten enthalten sind, welche uns jedoch zu weit führen würden, wenn wir sie alle widerlegen wollten; wir beschränken uns deßhalb auf Folgendes. Es ist nicht zu läugnen, daß der schwedische Adel vieles von seinem Ansehen verloren hatte, weil er weniger als vormals um die Erwerbung gründlicher Kenntnisse bemüht war. Dieses Verhältniß hat sich indessen nunmehr wesentlich geändert, so daß sowohl auf den Universitäten, als sonst mehrere unter den Söhnen des alten Adels sich gerade durch Gründlichkeit der Kenntnisse auszeichnen. Es scheint, als ob der Adelsstand entschlossen wäre, sich auf diesem Wege wieder zu erheben. Man erzählt sich mehrere Züge, die darauf hindeuten. So hat man von adeligen Jünglingen gehört, die von ihren Vätern die Vorschrift erhalten haben, daß sie kein Examen machen dürften, bevor sie gewiß wären, daß sie das höchste Zeugniß (Laudatur) erlangen. Auf die Frage, warum denn dieses als so nothwendig betrachtet würde, hätten dieselben Jünglinge geantwortet: "Wir müssen wohl, wir haben die Geburt wider uns." Der Baron Sprengtporten hat neulich seinen dreizehnjährigen Sohn, den einzigen Erben seines Namens, verloren, und als Ursache dieses frühen Hinscheidens des hoffnungsvollen Jünglings wird angegeben, er sey zu eifrig zum Studiren angehalten worden. - Was in gedachter Nummer gesagt worden von Personen, welche gegen ihren Willen in den Adelsstand erhoben seyen, ist so grundlos als möglich. Es ist außer Zweifel, daß unter der Regierung des jetzigen Königs Niemand in den Adelsstand aufgenommen worden, der es nicht selbst gewünscht hätte. Was namentlich den Baron Berzelius betrifft, so sind es schon viele Jahre her, daß er die adelige Würde empfing, und als er vor einigen Jahren die Tochter eines Staatsraths - der, wohl zu bemerken, selbst kein Edelmann war - heirathete, wurde er zum Baron gemacht. Bei keiner dieser Gelegenheiten weigerte er sich. Dem Professor Gejer ist die adelige Würde niemals angeboten worden; er hat sie also nicht ausschlagen können.

Das Ministerium thut nichts und äußert sich nicht, aber die alte Hofpartei ist ausnehmend thätig; sie verstärkt namentlich ihr Zeitungspersonal, und verschickt ihre Blätter mit dem Aftonblad zu Tausenden von Exemplaren aufs Land. Billig fragt das Aftonblad: wer bezahlt dieß? Was thut inzwischen Graf Posse? Das ist schwer zu sagen. Er ist durch seine Antecedentien an das alte Regierungssystem gebunden, dessen Vertheidiger auf dem vorigen Reichstag er war; er mag einsehen, daß sich dieß System nicht mehr fortführen läßt, aber seine ganze bisherige Laufbahn spricht dagegen, daß er das Uebel an der Wurzel fassen sollte, auch wenn er den Muth und die Entschlossenheit dazu hätte,

*) Es ist zu bemerken, daß das Aftonblad aus jener Nichteinladung denselben Schluß gezogen hatte, was den Irrthum des Correspondenten veranlaßt haben mag.

wissenschaftliche Studien und wahrhaft gelehrte Kenntnisse ausgezeichnet; einige sind zugleich bei dem König und dem Kronprinzen angestellt, z. B. der Graf Liljencrantz, wirklicher Hofmarschall im Dienste des Kronprinzen und Adjutant des Königs, der Frhr. Wrede, Kammerherr des Kronprinzen und Adjutant des Königs etc. Durch die ganze schwedische Armee herrscht, mit sehr wenigen Ausnahmen, eine sehr loyale Stimmung; während dieses Reichstags sind wenigstens keine in wirklichen Diensten stehenden Officiere als Opponenten gegen die Regierung aufgetreten. Unter den zum Hofe des Kronprinzen gehörigen Civilpersonen ragt besonders hervor der Graf Sparre, jetziger Assessor im Hofgericht von Swea, wie es heißt, vom König zum Mitglied des höchsten Gerichts bestimmt. Immer wurden die übrigen zum Hofe des Kronprinzen gehörigen Personen vom König ausgezeichnet und begünstigt. Der neuerdings verstorbene Graf Adelswärd z. B., welcher seit vielen Jahren Chef des Hofes des Kronprinzen gewesen, war zugleich ein Mitglied des Staatsraths des Königs. Der Chef des Generalstabs des Prinzen, General Lefren, ist neulich vom König zum Chef des Geniecorps ernannt worden. Der General Lefren ist auch, sowohl bei diesem als bei den vorhergehenden Reichstagen, einer der Redner gewesen, welche das System und die Maaßregeln der Regierung am eifrigsten und glücklichsten vertheidigt haben. Diese allgemein bekannten Thatsachen dürften hinreichen, die Ungereimtheit der Insinuation, daß die Umgebung des Prinzen zur Opposition geneigt sey, darzulegen. Der Umstand endlich, worauf der Briefsteller seine Vorspiegelung eigentlich hat begründen wollen, beweist nur seine Unbekanntschaft mit den Verhältnissen des Hofes. Er sagt, daß am Namenstage der Kronprinzessin (soll heißen Geburtstage, dem 14 März) nur der Hof der Prinzessin, nicht aber der des Prinzen bei Ihren Majestäten eingeladen gewesen. Dieß ist wahr, und wurde in der Staatszeitung berichtet, wo es heißt, daß die Reichsherren, die höhern Beamten, der Landmarschall, die Wortführer der Reichsstände mit andern Mitgliedern, so wie der Hof der Prinzessin, insgesammt hundert Personen, eingeladen gewesen. Die Staatszeitung erwähnt aber nicht die Ursache, warum der Hof des Kronprinzen nicht mit geladen worden, weil diese Ursache von selbst zu errathen war. *)*) Es ist nämlich immer so gehalten worden, daß wenn am Namenstag oder Geburtstag des Kronprinzen eine Feierlichkeit stattfand, nur der Hof des Prinzen, und an einem Festtage für die Prinzessin nur der Hof der letzteren geladen ward. Nur bei größeren Festlichkeiten, wo mehrere hundert oder tausend Personen geladen werden, sind die beiden Hofpersonale zugleich anwesend. – Was schließlich das Gerede von möglicher Abdication betrifft, so ist eben so gewiß, daß der König nie daran gedacht hat, als daß kein Schwede dieß Wort auszusprechen wagen würde, weil man sich nur allzuwohl bewußt ist, wie hoch der König, trotz allen, oft übereilten Tadels über gewisse Regierungsmaaßregeln, vom ganzen Volke geliebt, verehrt und geschätzt wird. Hinsichtlich der unangenehmen Lage, in welcher der König sich befinden soll, kann ich Sie versichern, daß der König einer eben so guten Gesundheit genießt, und eben so guter Laune ist, als er früher immer gewesen, und daß die thörichten oder unziemlichen Fragen, welche bei diesem Reichstage von einigen excentrischen oder übelwollenden Personen angeregt worden, nicht den mindesten Eindruck auf den Monarchen gemacht haben, weil er recht gut weiß, daß die schwedische Nation, im Ganzen genommen, zu viel Besonnenheit besitzt, als daß das Resultat ein anderes werden könnte, als es das wahre Beste des Landes fordert. Wollte man hingegen mit der vorgeblichen unangenehmen Lage des Königs etwa darauf hindeuten, als ob er nunmehr nicht eben so viel Gewalt besäße, oder in seinen Regierungsmaaßregeln nicht eben so unabhängig wäre, als vormals, so hat man erst neulich einen einleuchtenden Beweis vom Gegentheil erhalten durch den königlichen Beschluß in Bezug auf die Herabsetzung des Ausfuhrzolles auf Eisen, welcher Beschluß schon in allen Zeitungen mitgetheilt worden. Dieser Beschluß, den der König selbst veranlaßte, mit Gründen begleitete, und seinem Staatsrathe kund gab, in Gemäßheit des 4ten §. der Constitution, wo es heißt: „der König solle allein das Reich regieren“ machte in der That nicht wenig Sensation, und mißfiel aufs höchste gewissen Personen, die schon wähnten auf gutem Wege zu seyn, eine Ministerialregierung ohne Theilnahme des Königs herbeiführen zu können. – In einer andern Nummer der Allg. Zeitung trifft man einen Artikel über den schwedischen Adel, worin mehrere irrige Ansichten enthalten sind, welche uns jedoch zu weit führen würden, wenn wir sie alle widerlegen wollten; wir beschränken uns deßhalb auf Folgendes. Es ist nicht zu läugnen, daß der schwedische Adel vieles von seinem Ansehen verloren hatte, weil er weniger als vormals um die Erwerbung gründlicher Kenntnisse bemüht war. Dieses Verhältniß hat sich indessen nunmehr wesentlich geändert, so daß sowohl auf den Universitäten, als sonst mehrere unter den Söhnen des alten Adels sich gerade durch Gründlichkeit der Kenntnisse auszeichnen. Es scheint, als ob der Adelsstand entschlossen wäre, sich auf diesem Wege wieder zu erheben. Man erzählt sich mehrere Züge, die darauf hindeuten. So hat man von adeligen Jünglingen gehört, die von ihren Vätern die Vorschrift erhalten haben, daß sie kein Examen machen dürften, bevor sie gewiß wären, daß sie das höchste Zeugniß (Laudatur) erlangen. Auf die Frage, warum denn dieses als so nothwendig betrachtet würde, hätten dieselben Jünglinge geantwortet: „Wir müssen wohl, wir haben die Geburt wider uns.“ Der Baron Sprengtporten hat neulich seinen dreizehnjährigen Sohn, den einzigen Erben seines Namens, verloren, und als Ursache dieses frühen Hinscheidens des hoffnungsvollen Jünglings wird angegeben, er sey zu eifrig zum Studiren angehalten worden. – Was in gedachter Nummer gesagt worden von Personen, welche gegen ihren Willen in den Adelsstand erhoben seyen, ist so grundlos als möglich. Es ist außer Zweifel, daß unter der Regierung des jetzigen Königs Niemand in den Adelsstand aufgenommen worden, der es nicht selbst gewünscht hätte. Was namentlich den Baron Berzelius betrifft, so sind es schon viele Jahre her, daß er die adelige Würde empfing, und als er vor einigen Jahren die Tochter eines Staatsraths – der, wohl zu bemerken, selbst kein Edelmann war – heirathete, wurde er zum Baron gemacht. Bei keiner dieser Gelegenheiten weigerte er sich. Dem Professor Gejer ist die adelige Würde niemals angeboten worden; er hat sie also nicht ausschlagen können.

Das Ministerium thut nichts und äußert sich nicht, aber die alte Hofpartei ist ausnehmend thätig; sie verstärkt namentlich ihr Zeitungspersonal, und verschickt ihre Blätter mit dem Aftonblad zu Tausenden von Exemplaren aufs Land. Billig fragt das Aftonblad: wer bezahlt dieß? Was thut inzwischen Graf Posse? Das ist schwer zu sagen. Er ist durch seine Antecedentien an das alte Regierungssystem gebunden, dessen Vertheidiger auf dem vorigen Reichstag er war; er mag einsehen, daß sich dieß System nicht mehr fortführen läßt, aber seine ganze bisherige Laufbahn spricht dagegen, daß er das Uebel an der Wurzel fassen sollte, auch wenn er den Muth und die Entschlossenheit dazu hätte,

*) Es ist zu bemerken, daß das Aftonblad aus jener Nichteinladung denselben Schluß gezogen hatte, was den Irrthum des Correspondenten veranlaßt haben mag.
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wissenschaftliche Studien und wahrhaft gelehrte Kenntnisse ausgezeichnet; einige sind zugleich bei dem König und dem Kronprinzen angestellt, z. B. der Graf Liljencrantz, wirklicher Hofmarschall im Dienste des Kronprinzen und Adjutant des Königs, der Frhr. Wrede, Kammerherr des Kronprinzen und Adjutant des Königs etc. Durch die ganze schwedische Armee herrscht, mit sehr wenigen Ausnahmen, eine sehr loyale Stimmung; während dieses Reichstags sind wenigstens keine in wirklichen Diensten stehenden Officiere als Opponenten gegen die Regierung aufgetreten. Unter den zum Hofe des Kronprinzen gehörigen Civilpersonen ragt besonders hervor der Graf Sparre, jetziger Assessor im Hofgericht von Swea, wie es heißt, vom König zum Mitglied des höchsten Gerichts bestimmt. Immer wurden die übrigen zum Hofe des Kronprinzen gehörigen Personen vom König ausgezeichnet und begünstigt. Der neuerdings verstorbene Graf Adelswärd z. B., welcher seit vielen Jahren Chef des Hofes des Kronprinzen gewesen, war zugleich ein Mitglied des Staatsraths des Königs. Der Chef des Generalstabs des Prinzen, General Lefren, ist neulich vom König zum Chef des Geniecorps ernannt worden. Der General Lefren ist auch, sowohl bei diesem als bei den vorhergehenden Reichstagen, einer der Redner gewesen, welche das System und die Maaßregeln der Regierung am eifrigsten und glücklichsten vertheidigt haben. Diese allgemein bekannten Thatsachen dürften hinreichen, die Ungereimtheit der Insinuation, daß die Umgebung des Prinzen zur Opposition geneigt sey, darzulegen. Der Umstand endlich, worauf der Briefsteller seine Vorspiegelung eigentlich hat begründen wollen, beweist nur seine Unbekanntschaft mit den Verhältnissen des Hofes. Er sagt, daß am Namenstage der Kronprinzessin (soll heißen Geburtstage, dem 14 März) nur der Hof der Prinzessin, nicht aber der des Prinzen bei Ihren Majestäten eingeladen gewesen. Dieß ist wahr, und wurde in der Staatszeitung berichtet, wo es heißt, daß die Reichsherren, die höhern Beamten, der Landmarschall, die Wortführer der Reichsstände mit andern Mitgliedern, so wie der Hof der Prinzessin, insgesammt hundert Personen, eingeladen gewesen. Die Staatszeitung erwähnt aber nicht die Ursache, warum der Hof des Kronprinzen nicht mit geladen worden, weil diese Ursache von selbst zu errathen war. <hi rendition="#sup">*)</hi><note place="foot" n="*)"><p>Es ist zu bemerken, daß das Aftonblad aus jener Nichteinladung denselben Schluß gezogen hatte, was den Irrthum des Correspondenten veranlaßt haben mag.</p></note> Es ist nämlich immer so gehalten worden, daß wenn am Namenstag oder Geburtstag des Kronprinzen eine Feierlichkeit stattfand, nur der Hof des Prinzen, und an einem Festtage für die Prinzessin nur der Hof der letzteren geladen ward. Nur bei größeren Festlichkeiten, wo mehrere hundert oder tausend Personen geladen werden, sind die beiden Hofpersonale zugleich anwesend. &#x2013; Was schließlich das Gerede von möglicher Abdication betrifft, so ist eben so gewiß, daß der König nie daran gedacht hat, als daß kein Schwede dieß Wort auszusprechen wagen würde, weil man sich nur allzuwohl bewußt ist, wie hoch der König, trotz allen, oft übereilten Tadels über gewisse Regierungsmaaßregeln, vom ganzen Volke geliebt, verehrt und geschätzt wird. Hinsichtlich der unangenehmen Lage, in welcher der König sich befinden soll, kann ich Sie versichern, daß der König einer eben so guten Gesundheit genießt, und eben so guter Laune ist, als er früher immer gewesen, und daß die thörichten oder unziemlichen Fragen, welche bei diesem Reichstage von einigen excentrischen oder übelwollenden Personen angeregt worden, nicht den mindesten Eindruck auf den Monarchen gemacht haben, weil er recht gut weiß, daß die schwedische Nation, im Ganzen genommen, zu viel Besonnenheit besitzt, als daß das Resultat ein anderes werden könnte, als es das wahre Beste des Landes fordert. Wollte man hingegen mit der vorgeblichen unangenehmen Lage des Königs etwa darauf hindeuten, als ob er nunmehr nicht eben so viel Gewalt besäße, oder in seinen Regierungsmaaßregeln nicht eben so unabhängig wäre, als vormals, so hat man erst neulich einen einleuchtenden Beweis vom Gegentheil erhalten durch den königlichen Beschluß in Bezug auf die Herabsetzung des Ausfuhrzolles auf Eisen, welcher Beschluß schon in allen Zeitungen mitgetheilt worden. Dieser Beschluß, den der König selbst veranlaßte, mit Gründen begleitete, und seinem Staatsrathe kund gab, in Gemäßheit des 4ten §. der Constitution, wo es heißt: &#x201E;der König solle allein das Reich regieren&#x201C; machte in der That nicht wenig Sensation, und mißfiel aufs höchste gewissen Personen, die schon wähnten auf gutem Wege zu seyn, eine Ministerialregierung ohne Theilnahme des Königs herbeiführen zu können. &#x2013; In einer andern Nummer der Allg. Zeitung trifft man einen Artikel über den schwedischen Adel, worin mehrere irrige Ansichten enthalten sind, welche uns jedoch zu weit führen würden, wenn wir sie alle widerlegen wollten; wir beschränken uns deßhalb auf Folgendes. Es ist nicht zu läugnen, daß der schwedische Adel vieles von seinem Ansehen verloren hatte, weil er weniger als vormals um die Erwerbung gründlicher Kenntnisse bemüht war. Dieses Verhältniß hat sich indessen nunmehr wesentlich geändert, so daß sowohl auf den Universitäten, als sonst mehrere unter den Söhnen des alten Adels sich gerade durch Gründlichkeit der Kenntnisse auszeichnen. Es scheint, als ob der Adelsstand entschlossen wäre, sich auf diesem Wege wieder zu erheben. Man erzählt sich mehrere Züge, die darauf hindeuten. So hat man von adeligen Jünglingen gehört, die von ihren Vätern die Vorschrift erhalten haben, daß sie kein Examen machen dürften, bevor sie gewiß wären, daß sie das höchste Zeugniß (Laudatur) erlangen. Auf die Frage, warum denn dieses als so nothwendig betrachtet würde, hätten dieselben Jünglinge geantwortet: &#x201E;Wir müssen wohl, wir haben die Geburt wider uns.&#x201C; Der Baron Sprengtporten hat neulich seinen dreizehnjährigen Sohn, den einzigen Erben seines Namens, verloren, und als Ursache dieses frühen Hinscheidens des hoffnungsvollen Jünglings wird angegeben, er sey zu eifrig zum Studiren angehalten worden. &#x2013; Was in gedachter Nummer gesagt worden von Personen, welche gegen ihren Willen in den Adelsstand erhoben seyen, ist so grundlos als möglich. Es ist außer Zweifel, daß unter der Regierung des jetzigen Königs Niemand in den Adelsstand aufgenommen worden, der es nicht selbst gewünscht hätte. Was namentlich den Baron Berzelius betrifft, so sind es schon viele Jahre her, daß er die adelige Würde empfing, und als er vor einigen Jahren die Tochter eines Staatsraths &#x2013; der, wohl zu bemerken, selbst kein Edelmann war &#x2013; heirathete, wurde er zum Baron gemacht. 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[1015/0007] wissenschaftliche Studien und wahrhaft gelehrte Kenntnisse ausgezeichnet; einige sind zugleich bei dem König und dem Kronprinzen angestellt, z. B. der Graf Liljencrantz, wirklicher Hofmarschall im Dienste des Kronprinzen und Adjutant des Königs, der Frhr. Wrede, Kammerherr des Kronprinzen und Adjutant des Königs etc. Durch die ganze schwedische Armee herrscht, mit sehr wenigen Ausnahmen, eine sehr loyale Stimmung; während dieses Reichstags sind wenigstens keine in wirklichen Diensten stehenden Officiere als Opponenten gegen die Regierung aufgetreten. Unter den zum Hofe des Kronprinzen gehörigen Civilpersonen ragt besonders hervor der Graf Sparre, jetziger Assessor im Hofgericht von Swea, wie es heißt, vom König zum Mitglied des höchsten Gerichts bestimmt. Immer wurden die übrigen zum Hofe des Kronprinzen gehörigen Personen vom König ausgezeichnet und begünstigt. Der neuerdings verstorbene Graf Adelswärd z. B., welcher seit vielen Jahren Chef des Hofes des Kronprinzen gewesen, war zugleich ein Mitglied des Staatsraths des Königs. Der Chef des Generalstabs des Prinzen, General Lefren, ist neulich vom König zum Chef des Geniecorps ernannt worden. Der General Lefren ist auch, sowohl bei diesem als bei den vorhergehenden Reichstagen, einer der Redner gewesen, welche das System und die Maaßregeln der Regierung am eifrigsten und glücklichsten vertheidigt haben. Diese allgemein bekannten Thatsachen dürften hinreichen, die Ungereimtheit der Insinuation, daß die Umgebung des Prinzen zur Opposition geneigt sey, darzulegen. Der Umstand endlich, worauf der Briefsteller seine Vorspiegelung eigentlich hat begründen wollen, beweist nur seine Unbekanntschaft mit den Verhältnissen des Hofes. Er sagt, daß am Namenstage der Kronprinzessin (soll heißen Geburtstage, dem 14 März) nur der Hof der Prinzessin, nicht aber der des Prinzen bei Ihren Majestäten eingeladen gewesen. Dieß ist wahr, und wurde in der Staatszeitung berichtet, wo es heißt, daß die Reichsherren, die höhern Beamten, der Landmarschall, die Wortführer der Reichsstände mit andern Mitgliedern, so wie der Hof der Prinzessin, insgesammt hundert Personen, eingeladen gewesen. Die Staatszeitung erwähnt aber nicht die Ursache, warum der Hof des Kronprinzen nicht mit geladen worden, weil diese Ursache von selbst zu errathen war. *) *) Es ist nämlich immer so gehalten worden, daß wenn am Namenstag oder Geburtstag des Kronprinzen eine Feierlichkeit stattfand, nur der Hof des Prinzen, und an einem Festtage für die Prinzessin nur der Hof der letzteren geladen ward. Nur bei größeren Festlichkeiten, wo mehrere hundert oder tausend Personen geladen werden, sind die beiden Hofpersonale zugleich anwesend. – Was schließlich das Gerede von möglicher Abdication betrifft, so ist eben so gewiß, daß der König nie daran gedacht hat, als daß kein Schwede dieß Wort auszusprechen wagen würde, weil man sich nur allzuwohl bewußt ist, wie hoch der König, trotz allen, oft übereilten Tadels über gewisse Regierungsmaaßregeln, vom ganzen Volke geliebt, verehrt und geschätzt wird. Hinsichtlich der unangenehmen Lage, in welcher der König sich befinden soll, kann ich Sie versichern, daß der König einer eben so guten Gesundheit genießt, und eben so guter Laune ist, als er früher immer gewesen, und daß die thörichten oder unziemlichen Fragen, welche bei diesem Reichstage von einigen excentrischen oder übelwollenden Personen angeregt worden, nicht den mindesten Eindruck auf den Monarchen gemacht haben, weil er recht gut weiß, daß die schwedische Nation, im Ganzen genommen, zu viel Besonnenheit besitzt, als daß das Resultat ein anderes werden könnte, als es das wahre Beste des Landes fordert. Wollte man hingegen mit der vorgeblichen unangenehmen Lage des Königs etwa darauf hindeuten, als ob er nunmehr nicht eben so viel Gewalt besäße, oder in seinen Regierungsmaaßregeln nicht eben so unabhängig wäre, als vormals, so hat man erst neulich einen einleuchtenden Beweis vom Gegentheil erhalten durch den königlichen Beschluß in Bezug auf die Herabsetzung des Ausfuhrzolles auf Eisen, welcher Beschluß schon in allen Zeitungen mitgetheilt worden. Dieser Beschluß, den der König selbst veranlaßte, mit Gründen begleitete, und seinem Staatsrathe kund gab, in Gemäßheit des 4ten §. der Constitution, wo es heißt: „der König solle allein das Reich regieren“ machte in der That nicht wenig Sensation, und mißfiel aufs höchste gewissen Personen, die schon wähnten auf gutem Wege zu seyn, eine Ministerialregierung ohne Theilnahme des Königs herbeiführen zu können. – In einer andern Nummer der Allg. Zeitung trifft man einen Artikel über den schwedischen Adel, worin mehrere irrige Ansichten enthalten sind, welche uns jedoch zu weit führen würden, wenn wir sie alle widerlegen wollten; wir beschränken uns deßhalb auf Folgendes. Es ist nicht zu läugnen, daß der schwedische Adel vieles von seinem Ansehen verloren hatte, weil er weniger als vormals um die Erwerbung gründlicher Kenntnisse bemüht war. Dieses Verhältniß hat sich indessen nunmehr wesentlich geändert, so daß sowohl auf den Universitäten, als sonst mehrere unter den Söhnen des alten Adels sich gerade durch Gründlichkeit der Kenntnisse auszeichnen. Es scheint, als ob der Adelsstand entschlossen wäre, sich auf diesem Wege wieder zu erheben. Man erzählt sich mehrere Züge, die darauf hindeuten. So hat man von adeligen Jünglingen gehört, die von ihren Vätern die Vorschrift erhalten haben, daß sie kein Examen machen dürften, bevor sie gewiß wären, daß sie das höchste Zeugniß (Laudatur) erlangen. Auf die Frage, warum denn dieses als so nothwendig betrachtet würde, hätten dieselben Jünglinge geantwortet: „Wir müssen wohl, wir haben die Geburt wider uns.“ Der Baron Sprengtporten hat neulich seinen dreizehnjährigen Sohn, den einzigen Erben seines Namens, verloren, und als Ursache dieses frühen Hinscheidens des hoffnungsvollen Jünglings wird angegeben, er sey zu eifrig zum Studiren angehalten worden. – Was in gedachter Nummer gesagt worden von Personen, welche gegen ihren Willen in den Adelsstand erhoben seyen, ist so grundlos als möglich. Es ist außer Zweifel, daß unter der Regierung des jetzigen Königs Niemand in den Adelsstand aufgenommen worden, der es nicht selbst gewünscht hätte. Was namentlich den Baron Berzelius betrifft, so sind es schon viele Jahre her, daß er die adelige Würde empfing, und als er vor einigen Jahren die Tochter eines Staatsraths – der, wohl zu bemerken, selbst kein Edelmann war – heirathete, wurde er zum Baron gemacht. Bei keiner dieser Gelegenheiten weigerte er sich. Dem Professor Gejer ist die adelige Würde niemals angeboten worden; er hat sie also nicht ausschlagen können. _ Stockholm, 21 April. Das Ministerium thut nichts und äußert sich nicht, aber die alte Hofpartei ist ausnehmend thätig; sie verstärkt namentlich ihr Zeitungspersonal, und verschickt ihre Blätter mit dem Aftonblad zu Tausenden von Exemplaren aufs Land. Billig fragt das Aftonblad: wer bezahlt dieß? Was thut inzwischen Graf Posse? Das ist schwer zu sagen. Er ist durch seine Antecedentien an das alte Regierungssystem gebunden, dessen Vertheidiger auf dem vorigen Reichstag er war; er mag einsehen, daß sich dieß System nicht mehr fortführen läßt, aber seine ganze bisherige Laufbahn spricht dagegen, daß er das Uebel an der Wurzel fassen sollte, auch wenn er den Muth und die Entschlossenheit dazu hätte, *) Es ist zu bemerken, daß das Aftonblad aus jener Nichteinladung denselben Schluß gezogen hatte, was den Irrthum des Correspondenten veranlaßt haben mag.

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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 127. Augsburg, 6. Mai 1840, S. 1015. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_127_18400506/7>, abgerufen am 24.04.2024.