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Allgemeine Zeitung. Nr. 127. Augsburg, 6. Mai 1840.

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ist der Detailhandel mit Salz frei. Nur für zehn Departemente, die das östliche Frankreich bilden, und wozu das Elsaß gehört, bestand seit ungefähr 20 Jahren eine Ausnahme. Unter der Restauration hatte ein specielles Gesetz einer Gesellschaft die ausschließliche Concession ertheilt, in diesem Bezirk das Steinsalz (sel gemme) zu graben, während dem Eigenthümer des Bodens nur die Befugniß blieb, die Salzquellen auszubeuten. Für diese Concession bezahlte die Gesellschaft eine jährliche Pachtsumme an den Staat; dagegen hielt sie das Salz auf einem so hohen Preise, daß die Einwohner jener salzreichen Gegenden solches höher bezahlten, als die Bewohner des übrigen Frankreichs. Dieser Zustand veranlaßte eine Menge Klagen von Seite der Einwohner; auch entstanden jeden Augenblick Processe zwischen den Grundeigenthümern und der Gesellschaft, indem erstere erklärten, Salzquellen zu besitzen, während letztere behaupteten, sie hätten Wasser auf Lager von Steinsalz geleitet. Die Gesellschaft hatte zuletzt sich selbst bereit erklärt, jenen Vertrag gegen eine Entschädigung aufzuheben. Der gestern angenommene Gesetzesentwurf ermächtigt diese Aufhebung und die Zahlung der Entschädigung; jeder Eigenthümer von Grund und Boden erhält auf Verlangen und ohne Verbindlichkeit einer jährlichen Rente die Concession zur Ausbeutung des flüssigen oder festen Salzes, sobald er sich verpflichtet, jährlich wenigstens 500,000 Kilogramme Salz auszubeuten oder zu fabriciren, jedoch kann eine königliche Ordonnanz dieses Minimum noch herabsetzen. Die Concessionen können auch Personen ertheilt werden, die nicht Eigenthümer der Oberfläche sind; letztere sind aber alsdann zu einer Entschädigung berechtigt.

Marschall Valee ist nicht nach Dellys gegangen, wie man allgemein glaubte. Er beschränkte sich auf eine Recognoscirung an den Ufern des Uad-el-Kaddara, auf der äußersten Ostgränze der Metidscha. Abd-El-Kader stand dort mit etwa 3000 Mann und verbrannte einige Duars. Nur ein kleiner Theil seiner Truppen wechselte mit den französischen Tirailleurs Flintenschüsse. Wir hatten nur fünf Verwundete, worunter der Capitän vom Generalstab Villeneuve, dessen Wunde tödlich seyn soll. Drei Tage nach dieser Recognoscirung wurde das Lager El-Arbah geräumt. Da der ursprüngliche Zweck dieses Lagers war, die Niederlassungen der Colonisten zwischen El-Arbah und dem Sahel zu schützen, so that man wohl daran, es zu räumen, denn alle die Landgüter sind seit dem letzten Einfall der Araber zerstört oder verlassen, und die Occupation kleiner unnützer Lager wäre um so lästiger, als Abd-El-Kader entschlossen zu seyn scheint, unsere Armee ruhig nach Medeah und Miliana ziehen zu lassen und in der Metidscha zu bleiben, während wir ins Innere vorrücken. - Marschall Valeee ist heute abgereist. Uebermorgen wird eine große Heerschau in Buffarik stattfinden; dann bricht die Armee auf. Gott gebe ein glückliches Resultat, denn sonst würden die Araber der Deputirtenkammer, die weit mehr zu fürchten sind als die Araber Algeriens, die "beschränkte Occupation" durchsetzen, deren nächste Folge eine gänzliche Räumung des Landes seyn würde.

Niederlande.

Die Bedenken der Kammer über die fünf Gesetzesentwürfe und die Antworten der Regierung darauf sind an die Generalstaaten vertheilt worden, und wenn sie auch auf den Stand der Sachen kein besonders neues Licht werfen, so zeigen sie doch die weite Kluft zwischen den Forderungen, die man an die Regierung macht, und dem Maaß dessen, was diese zugeben will. Zugleich scheint daraus hervorzugehen, daß die Regierung die Uneinigkeit der Ansichten über das Maaß der Veränderungen zu ihrem Vortheil benützen will. Sie spricht nämlich aus, es sey ihr durch die Bedenken der Kammer nicht klar geworden, ob diese eine gänzliche Veränderung des Grundgesetzes oder bloß Veränderung einiger Punkte verlange. Die Kammer zeigt sich verwundert darüber, wie die Regierung in dieser Hinsicht im Zweifel seyn könne. Dagegen antwortet diese: die Anträge zur Aufhebung der drei Stände (Adel, Städte und Land), die Einführung directer Wahlen, die Aufhebung der ersten Kammer, die Abschaffung des Staatsraths, die Beschränkung des königlichen Rechts hinsichtlich des Abschlusses von Verträgen, diese Forderungen - die, wenn nicht von allen Mitgliedern der Kammer, doch von sehr vielen ausgesprochen worden - seyen einer gänzlichen Veränderung des Grundgesetzes gleich. Hier tritt die Spaltung in den Generalstaaten und im Volke selbst hervor: die gemäßigtere Partei, d. h. hauptsächlich die vornehmen Capitalisten- und Handelswelt, verlangt im Grunde bloß eine Aenderung und Sicherheit im Finanzwesen, und da der König nach der bisherigen Verfassung dieses allein geleitet hat, so will sie nur diejenigen Aenderungen im Grundgesetz, welche durch eine Aenderung im Finanzwesen nothwendig gemacht werden, nämlich Specialität der Ausgaben und Ministerverantwortlichkeit, damit man nicht mehr den König angreifen muß, wenn man den Zustand des Finanzwesens angreift. Hier scheiden sich die Parteien: die vornehme Finanzwelt verliert wenig bei den hohen Abgaben, aber auf den Mittelstand und die niedern Classen drücken sie auf eine furchtbare Weise; darum wollen diese weiter gehen, verlangen auch directe Wahlen zu den Generalstaaten und Aufhebung der ersten Kammer, die in ihrer jetzigen Gestalt nichts als ein Werkzeug der Regierung seyn kann. Als ein Mittelweg ist hinsichtlich des letztern Punktes vorgeschlagen worden, daß die erste Kammer für Reise- und Aufenthaltskosten im Haag nur 2500 fl. wie die zweite Kammer erhalten, und keine andern Stellen, Pensionen oder Besoldungen damit cumuliren soll. So wie dieß angenommen würde, könnten nur noch Leute von unabhängigem Vermögen in der ersten Kammer sitzen, und diese wäre nicht mehr bloß eine Art Staatsrath, aus hohen Beamten zusammengesetzt, sondern ein Senat, welcher der Krone und dem Volke gegenüber unabhängig dastünde. Die Regierung hat sich in ihren Antworten sowohl gegen die Aufhebung der ersten Kammer, als gegen den letztern Vorschlag, sie indirect zu einem unabhängigen Senat zu machen, ausgesprochen. - Die andern Gegenstände sind für jetzt von untergeordnetem Interesse. Das Verlangen, daß die Verträge mit andern Mächten, namentlich in so weit sie Abtretungen oder Vermehrungen des Gebiets betreffen, den Generalstaaten zur Bestätigung vorgelegt werden sollen, ist mehr von formeller als von praktischer Bedeutung. Ebenso hat das Begehren der Generalstaaten, daß die Deputirten von Limburg mit zu den Verhandlungen über die Revision des Grundgesetzes zugezogen werden sollten, bloß ein temporäres Interesse, auf welches die Regierung hinweist, indem sie sagt, "es handle sich hier von einer Bevölkerung, die durch die politischen Ereignisse der letzten zehn Jahre in einem von den Niederlanden ganz getrennten Zustand sich befunden habe." Die Regierung befürchtet nämlich wohl, daß die Deputirten von Limburg die radicale Opposition nur noch verstärken würden. Von bleibenderem Interesse ist der Umstand, daß die Regierung auf das mehrfach geäußerte Verlangen, die Repräsentation nach der Volkszahl zu regeln, nicht eingehen zu können erklärt.

In der gestrigen Sitzung der zweiten Kammer der Generalstaaten stattete die Centralabtheilung noch keinen Bericht über die Budgets ab. Die Centralabtheilung

ist der Detailhandel mit Salz frei. Nur für zehn Departemente, die das östliche Frankreich bilden, und wozu das Elsaß gehört, bestand seit ungefähr 20 Jahren eine Ausnahme. Unter der Restauration hatte ein specielles Gesetz einer Gesellschaft die ausschließliche Concession ertheilt, in diesem Bezirk das Steinsalz (sel gemme) zu graben, während dem Eigenthümer des Bodens nur die Befugniß blieb, die Salzquellen auszubeuten. Für diese Concession bezahlte die Gesellschaft eine jährliche Pachtsumme an den Staat; dagegen hielt sie das Salz auf einem so hohen Preise, daß die Einwohner jener salzreichen Gegenden solches höher bezahlten, als die Bewohner des übrigen Frankreichs. Dieser Zustand veranlaßte eine Menge Klagen von Seite der Einwohner; auch entstanden jeden Augenblick Processe zwischen den Grundeigenthümern und der Gesellschaft, indem erstere erklärten, Salzquellen zu besitzen, während letztere behaupteten, sie hätten Wasser auf Lager von Steinsalz geleitet. Die Gesellschaft hatte zuletzt sich selbst bereit erklärt, jenen Vertrag gegen eine Entschädigung aufzuheben. Der gestern angenommene Gesetzesentwurf ermächtigt diese Aufhebung und die Zahlung der Entschädigung; jeder Eigenthümer von Grund und Boden erhält auf Verlangen und ohne Verbindlichkeit einer jährlichen Rente die Concession zur Ausbeutung des flüssigen oder festen Salzes, sobald er sich verpflichtet, jährlich wenigstens 500,000 Kilogramme Salz auszubeuten oder zu fabriciren, jedoch kann eine königliche Ordonnanz dieses Minimum noch herabsetzen. Die Concessionen können auch Personen ertheilt werden, die nicht Eigenthümer der Oberfläche sind; letztere sind aber alsdann zu einer Entschädigung berechtigt.

Marschall Valée ist nicht nach Dellys gegangen, wie man allgemein glaubte. Er beschränkte sich auf eine Recognoscirung an den Ufern des Uad-el-Kaddara, auf der äußersten Ostgränze der Metidscha. Abd-El-Kader stand dort mit etwa 3000 Mann und verbrannte einige Duars. Nur ein kleiner Theil seiner Truppen wechselte mit den französischen Tirailleurs Flintenschüsse. Wir hatten nur fünf Verwundete, worunter der Capitän vom Generalstab Villeneuve, dessen Wunde tödlich seyn soll. Drei Tage nach dieser Recognoscirung wurde das Lager El-Arbah geräumt. Da der ursprüngliche Zweck dieses Lagers war, die Niederlassungen der Colonisten zwischen El-Arbah und dem Sahel zu schützen, so that man wohl daran, es zu räumen, denn alle die Landgüter sind seit dem letzten Einfall der Araber zerstört oder verlassen, und die Occupation kleiner unnützer Lager wäre um so lästiger, als Abd-El-Kader entschlossen zu seyn scheint, unsere Armee ruhig nach Medeah und Miliana ziehen zu lassen und in der Metidscha zu bleiben, während wir ins Innere vorrücken. – Marschall Valéee ist heute abgereist. Uebermorgen wird eine große Heerschau in Buffarik stattfinden; dann bricht die Armee auf. Gott gebe ein glückliches Resultat, denn sonst würden die Araber der Deputirtenkammer, die weit mehr zu fürchten sind als die Araber Algeriens, die „beschränkte Occupation“ durchsetzen, deren nächste Folge eine gänzliche Räumung des Landes seyn würde.

Niederlande.

Die Bedenken der Kammer über die fünf Gesetzesentwürfe und die Antworten der Regierung darauf sind an die Generalstaaten vertheilt worden, und wenn sie auch auf den Stand der Sachen kein besonders neues Licht werfen, so zeigen sie doch die weite Kluft zwischen den Forderungen, die man an die Regierung macht, und dem Maaß dessen, was diese zugeben will. Zugleich scheint daraus hervorzugehen, daß die Regierung die Uneinigkeit der Ansichten über das Maaß der Veränderungen zu ihrem Vortheil benützen will. Sie spricht nämlich aus, es sey ihr durch die Bedenken der Kammer nicht klar geworden, ob diese eine gänzliche Veränderung des Grundgesetzes oder bloß Veränderung einiger Punkte verlange. Die Kammer zeigt sich verwundert darüber, wie die Regierung in dieser Hinsicht im Zweifel seyn könne. Dagegen antwortet diese: die Anträge zur Aufhebung der drei Stände (Adel, Städte und Land), die Einführung directer Wahlen, die Aufhebung der ersten Kammer, die Abschaffung des Staatsraths, die Beschränkung des königlichen Rechts hinsichtlich des Abschlusses von Verträgen, diese Forderungen – die, wenn nicht von allen Mitgliedern der Kammer, doch von sehr vielen ausgesprochen worden – seyen einer gänzlichen Veränderung des Grundgesetzes gleich. Hier tritt die Spaltung in den Generalstaaten und im Volke selbst hervor: die gemäßigtere Partei, d. h. hauptsächlich die vornehmen Capitalisten- und Handelswelt, verlangt im Grunde bloß eine Aenderung und Sicherheit im Finanzwesen, und da der König nach der bisherigen Verfassung dieses allein geleitet hat, so will sie nur diejenigen Aenderungen im Grundgesetz, welche durch eine Aenderung im Finanzwesen nothwendig gemacht werden, nämlich Specialität der Ausgaben und Ministerverantwortlichkeit, damit man nicht mehr den König angreifen muß, wenn man den Zustand des Finanzwesens angreift. Hier scheiden sich die Parteien: die vornehme Finanzwelt verliert wenig bei den hohen Abgaben, aber auf den Mittelstand und die niedern Classen drücken sie auf eine furchtbare Weise; darum wollen diese weiter gehen, verlangen auch directe Wahlen zu den Generalstaaten und Aufhebung der ersten Kammer, die in ihrer jetzigen Gestalt nichts als ein Werkzeug der Regierung seyn kann. Als ein Mittelweg ist hinsichtlich des letztern Punktes vorgeschlagen worden, daß die erste Kammer für Reise- und Aufenthaltskosten im Haag nur 2500 fl. wie die zweite Kammer erhalten, und keine andern Stellen, Pensionen oder Besoldungen damit cumuliren soll. So wie dieß angenommen würde, könnten nur noch Leute von unabhängigem Vermögen in der ersten Kammer sitzen, und diese wäre nicht mehr bloß eine Art Staatsrath, aus hohen Beamten zusammengesetzt, sondern ein Senat, welcher der Krone und dem Volke gegenüber unabhängig dastünde. Die Regierung hat sich in ihren Antworten sowohl gegen die Aufhebung der ersten Kammer, als gegen den letztern Vorschlag, sie indirect zu einem unabhängigen Senat zu machen, ausgesprochen. – Die andern Gegenstände sind für jetzt von untergeordnetem Interesse. Das Verlangen, daß die Verträge mit andern Mächten, namentlich in so weit sie Abtretungen oder Vermehrungen des Gebiets betreffen, den Generalstaaten zur Bestätigung vorgelegt werden sollen, ist mehr von formeller als von praktischer Bedeutung. Ebenso hat das Begehren der Generalstaaten, daß die Deputirten von Limburg mit zu den Verhandlungen über die Revision des Grundgesetzes zugezogen werden sollten, bloß ein temporäres Interesse, auf welches die Regierung hinweist, indem sie sagt, „es handle sich hier von einer Bevölkerung, die durch die politischen Ereignisse der letzten zehn Jahre in einem von den Niederlanden ganz getrennten Zustand sich befunden habe.“ Die Regierung befürchtet nämlich wohl, daß die Deputirten von Limburg die radicale Opposition nur noch verstärken würden. Von bleibenderem Interesse ist der Umstand, daß die Regierung auf das mehrfach geäußerte Verlangen, die Repräsentation nach der Volkszahl zu regeln, nicht eingehen zu können erklärt.

In der gestrigen Sitzung der zweiten Kammer der Generalstaaten stattete die Centralabtheilung noch keinen Bericht über die Budgets ab. Die Centralabtheilung

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ist der Detailhandel mit Salz frei. Nur für zehn Departemente, die das östliche Frankreich bilden, und wozu das Elsaß gehört, bestand seit ungefähr 20 Jahren eine Ausnahme. Unter der Restauration hatte ein specielles Gesetz einer Gesellschaft die ausschließliche Concession ertheilt, in diesem Bezirk das Steinsalz (sel gemme) zu graben, während dem Eigenthümer des Bodens nur die Befugniß blieb, die Salzquellen auszubeuten. Für diese Concession bezahlte die Gesellschaft eine jährliche Pachtsumme an den Staat; dagegen hielt sie das Salz auf einem so hohen Preise, daß die Einwohner jener salzreichen Gegenden solches höher bezahlten, als die Bewohner des übrigen Frankreichs. Dieser Zustand veranlaßte eine Menge Klagen von Seite der Einwohner; auch entstanden jeden Augenblick Processe zwischen den Grundeigenthümern und der Gesellschaft, indem erstere erklärten, Salzquellen zu besitzen, während letztere behaupteten, sie hätten Wasser auf Lager von Steinsalz geleitet. Die Gesellschaft hatte zuletzt sich selbst bereit erklärt, jenen Vertrag gegen eine Entschädigung aufzuheben. Der gestern angenommene Gesetzesentwurf ermächtigt diese Aufhebung und die Zahlung der Entschädigung; jeder Eigenthümer von Grund und Boden erhält auf Verlangen und ohne Verbindlichkeit einer jährlichen Rente die Concession zur Ausbeutung des flüssigen oder festen Salzes, sobald er sich verpflichtet, jährlich wenigstens 500,000 Kilogramme Salz auszubeuten oder zu fabriciren, jedoch kann eine königliche Ordonnanz dieses Minimum noch herabsetzen. Die Concessionen können auch Personen ertheilt werden, die nicht Eigenthümer der Oberfläche sind; letztere sind aber alsdann zu einer Entschädigung berechtigt.</p>
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[1012/0004] ist der Detailhandel mit Salz frei. Nur für zehn Departemente, die das östliche Frankreich bilden, und wozu das Elsaß gehört, bestand seit ungefähr 20 Jahren eine Ausnahme. Unter der Restauration hatte ein specielles Gesetz einer Gesellschaft die ausschließliche Concession ertheilt, in diesem Bezirk das Steinsalz (sel gemme) zu graben, während dem Eigenthümer des Bodens nur die Befugniß blieb, die Salzquellen auszubeuten. Für diese Concession bezahlte die Gesellschaft eine jährliche Pachtsumme an den Staat; dagegen hielt sie das Salz auf einem so hohen Preise, daß die Einwohner jener salzreichen Gegenden solches höher bezahlten, als die Bewohner des übrigen Frankreichs. Dieser Zustand veranlaßte eine Menge Klagen von Seite der Einwohner; auch entstanden jeden Augenblick Processe zwischen den Grundeigenthümern und der Gesellschaft, indem erstere erklärten, Salzquellen zu besitzen, während letztere behaupteten, sie hätten Wasser auf Lager von Steinsalz geleitet. Die Gesellschaft hatte zuletzt sich selbst bereit erklärt, jenen Vertrag gegen eine Entschädigung aufzuheben. Der gestern angenommene Gesetzesentwurf ermächtigt diese Aufhebung und die Zahlung der Entschädigung; jeder Eigenthümer von Grund und Boden erhält auf Verlangen und ohne Verbindlichkeit einer jährlichen Rente die Concession zur Ausbeutung des flüssigen oder festen Salzes, sobald er sich verpflichtet, jährlich wenigstens 500,000 Kilogramme Salz auszubeuten oder zu fabriciren, jedoch kann eine königliche Ordonnanz dieses Minimum noch herabsetzen. Die Concessionen können auch Personen ertheilt werden, die nicht Eigenthümer der Oberfläche sind; letztere sind aber alsdann zu einer Entschädigung berechtigt. _ Algier, 25 April. Marschall Valée ist nicht nach Dellys gegangen, wie man allgemein glaubte. Er beschränkte sich auf eine Recognoscirung an den Ufern des Uad-el-Kaddara, auf der äußersten Ostgränze der Metidscha. Abd-El-Kader stand dort mit etwa 3000 Mann und verbrannte einige Duars. Nur ein kleiner Theil seiner Truppen wechselte mit den französischen Tirailleurs Flintenschüsse. Wir hatten nur fünf Verwundete, worunter der Capitän vom Generalstab Villeneuve, dessen Wunde tödlich seyn soll. Drei Tage nach dieser Recognoscirung wurde das Lager El-Arbah geräumt. Da der ursprüngliche Zweck dieses Lagers war, die Niederlassungen der Colonisten zwischen El-Arbah und dem Sahel zu schützen, so that man wohl daran, es zu räumen, denn alle die Landgüter sind seit dem letzten Einfall der Araber zerstört oder verlassen, und die Occupation kleiner unnützer Lager wäre um so lästiger, als Abd-El-Kader entschlossen zu seyn scheint, unsere Armee ruhig nach Medeah und Miliana ziehen zu lassen und in der Metidscha zu bleiben, während wir ins Innere vorrücken. – Marschall Valéee ist heute abgereist. Uebermorgen wird eine große Heerschau in Buffarik stattfinden; dann bricht die Armee auf. Gott gebe ein glückliches Resultat, denn sonst würden die Araber der Deputirtenkammer, die weit mehr zu fürchten sind als die Araber Algeriens, die „beschränkte Occupation“ durchsetzen, deren nächste Folge eine gänzliche Räumung des Landes seyn würde. Niederlande. _ Vom Niederrhein, 29 April. Die Bedenken der Kammer über die fünf Gesetzesentwürfe und die Antworten der Regierung darauf sind an die Generalstaaten vertheilt worden, und wenn sie auch auf den Stand der Sachen kein besonders neues Licht werfen, so zeigen sie doch die weite Kluft zwischen den Forderungen, die man an die Regierung macht, und dem Maaß dessen, was diese zugeben will. Zugleich scheint daraus hervorzugehen, daß die Regierung die Uneinigkeit der Ansichten über das Maaß der Veränderungen zu ihrem Vortheil benützen will. Sie spricht nämlich aus, es sey ihr durch die Bedenken der Kammer nicht klar geworden, ob diese eine gänzliche Veränderung des Grundgesetzes oder bloß Veränderung einiger Punkte verlange. Die Kammer zeigt sich verwundert darüber, wie die Regierung in dieser Hinsicht im Zweifel seyn könne. Dagegen antwortet diese: die Anträge zur Aufhebung der drei Stände (Adel, Städte und Land), die Einführung directer Wahlen, die Aufhebung der ersten Kammer, die Abschaffung des Staatsraths, die Beschränkung des königlichen Rechts hinsichtlich des Abschlusses von Verträgen, diese Forderungen – die, wenn nicht von allen Mitgliedern der Kammer, doch von sehr vielen ausgesprochen worden – seyen einer gänzlichen Veränderung des Grundgesetzes gleich. Hier tritt die Spaltung in den Generalstaaten und im Volke selbst hervor: die gemäßigtere Partei, d. h. hauptsächlich die vornehmen Capitalisten- und Handelswelt, verlangt im Grunde bloß eine Aenderung und Sicherheit im Finanzwesen, und da der König nach der bisherigen Verfassung dieses allein geleitet hat, so will sie nur diejenigen Aenderungen im Grundgesetz, welche durch eine Aenderung im Finanzwesen nothwendig gemacht werden, nämlich Specialität der Ausgaben und Ministerverantwortlichkeit, damit man nicht mehr den König angreifen muß, wenn man den Zustand des Finanzwesens angreift. Hier scheiden sich die Parteien: die vornehme Finanzwelt verliert wenig bei den hohen Abgaben, aber auf den Mittelstand und die niedern Classen drücken sie auf eine furchtbare Weise; darum wollen diese weiter gehen, verlangen auch directe Wahlen zu den Generalstaaten und Aufhebung der ersten Kammer, die in ihrer jetzigen Gestalt nichts als ein Werkzeug der Regierung seyn kann. Als ein Mittelweg ist hinsichtlich des letztern Punktes vorgeschlagen worden, daß die erste Kammer für Reise- und Aufenthaltskosten im Haag nur 2500 fl. wie die zweite Kammer erhalten, und keine andern Stellen, Pensionen oder Besoldungen damit cumuliren soll. So wie dieß angenommen würde, könnten nur noch Leute von unabhängigem Vermögen in der ersten Kammer sitzen, und diese wäre nicht mehr bloß eine Art Staatsrath, aus hohen Beamten zusammengesetzt, sondern ein Senat, welcher der Krone und dem Volke gegenüber unabhängig dastünde. Die Regierung hat sich in ihren Antworten sowohl gegen die Aufhebung der ersten Kammer, als gegen den letztern Vorschlag, sie indirect zu einem unabhängigen Senat zu machen, ausgesprochen. – Die andern Gegenstände sind für jetzt von untergeordnetem Interesse. Das Verlangen, daß die Verträge mit andern Mächten, namentlich in so weit sie Abtretungen oder Vermehrungen des Gebiets betreffen, den Generalstaaten zur Bestätigung vorgelegt werden sollen, ist mehr von formeller als von praktischer Bedeutung. Ebenso hat das Begehren der Generalstaaten, daß die Deputirten von Limburg mit zu den Verhandlungen über die Revision des Grundgesetzes zugezogen werden sollten, bloß ein temporäres Interesse, auf welches die Regierung hinweist, indem sie sagt, „es handle sich hier von einer Bevölkerung, die durch die politischen Ereignisse der letzten zehn Jahre in einem von den Niederlanden ganz getrennten Zustand sich befunden habe.“ Die Regierung befürchtet nämlich wohl, daß die Deputirten von Limburg die radicale Opposition nur noch verstärken würden. Von bleibenderem Interesse ist der Umstand, daß die Regierung auf das mehrfach geäußerte Verlangen, die Repräsentation nach der Volkszahl zu regeln, nicht eingehen zu können erklärt. _ Aus dem Haag, 29 April. In der gestrigen Sitzung der zweiten Kammer der Generalstaaten stattete die Centralabtheilung noch keinen Bericht über die Budgets ab. Die Centralabtheilung

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 127. Augsburg, 6. Mai 1840, S. 1012. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_127_18400506/4>, abgerufen am 29.03.2024.