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Allgemeine Zeitung. Nr. 120. Augsburg, 29. April 1840.

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des Königs Vertrauter, Del Carretto, als Alter Ego, für die Valli di Messina, Catania und Syrakus mit unbeschränkter Vollmacht bekleidet. Der wackere General Sonnenberg führte seine Schweizer zuerst gegen Catania, dann nach Syrakus. Als besonders treu erwies sich das Städtchen Acireale unweit Catania, welches mit den Catanesen, den muthigen Sindaco an der Spitze, mehrmals in offener Schlacht zusammentraf, und die weit zahlreicheren Independisten aus dem Felde schlug. Endlich kam die Pacification zu Stande. Es fehlte nicht an Hinrichtungen und Deportationen nach den benachbarten Inseln, indeß war ohne Strenge wenig auszurichten, und wenn del Carretto der Grausamkeit angeklagt wird, so ist diese Beschuldigung ungerecht. Am härtesten büßte die Stadt Syrakus, welche ihres Vorrechtes, als Sitz der Regierung des Valle, der nunmehr nach Noto verlegt ward, verlustig ging. Merkwürdig genug ist nie, trotz der vielen Untersuchungscommissionen, mit Bestimmtheit ermittelt worden, ob jene Schilderhebung das Werk einer Verschwörung oder der äußeren Veranlassung gewesen. Ich meines Theils bin zu letzterer Annahme geneigt, denn neben den unläugbaren Umtrieben der Propaganda in revolutionär-propagandistischem Sinne ist der Localgeist das vorherrschende Element in Sicilien. Nach vollendeter Pacification erschienen nunmehr am 8 Nov. 1837 die erwähnten 19 Decrete vom 31 Oct.: das 1ste dieser Decrete unterdrückt das Ministerium der sicilianischen Angelegenheiten in Neapel, und theilt diese Geschäfte nach ihrer Beschaffenheit unter die übrigen Ministerien, das 4te Decret hebt die Segretaria Reale des Kriegsstatthalters in Sicilien auf, und gibt diesem dafür einen Consultore und Generalsecretär an die Seite, das 17te Decret führt die promisenita de' impieglie ein, kraft welcher in Zukunft die öffentlichen Aemter in beiden Ländern ohne Rücksicht auf Nationalität (ob Neapolitaner, ob Sicilianer) vergeben werden sollen. Dieß ist heute das administrative Verhältniß Siciliens zu Neapel. Das Vorstehende enthält den historischen Hergang, denn um die Gegenwart zu begreifen, muß man sich die Vergangenheit zur Klarheit gebracht haben. Wenn ein längerer Aufenthalt in einem Lande das Recht gibt, ein Urtheil auszusprechen, so halte ich die Dinge auf jener herrlichen Insel nicht für so verzweifelt, als man ziemlich allgemein annimmt, wenigstens ist das revolutionäre Gift dort nicht so allgemein verbreitet, noch hat es so tiefe Wurzeln geschlagen, wie in Neapel. Auch besteht die Anhänglichkeit an das Herrscherhaus noch immer fort, und die wohlwollenden Absichten des Königs wurden wenigstens zu meiner Zeit in Sicilien von Niemanden verkannt."

Frankreich.

Das Anerbieten der französischen Regierung, in dem Schwefelstreit zwischen England und Neapel die Vermittlerin zu machen, wird von den Oppositionsblättern, ganz besonders von der Gazette de France, scharf angegriffen, während die Blätter der gemäßigten Linken sich zwar billigend, aber doch wie gewöhnlich mit einiger Zurückhaltung darüber äußern. "Wir haben, sagt der Courrier francais, den Schritt nicht angerathen. Frankreich könnte wohl ein Abweisen seines Anerbietens von Seite des Königs von Neapel hinnehmen, ohne daß seine Würde dabei litte, anders aber wäre dieß bei einer Weigerung Englands gewesen. Es war eine glückliche Kühnheit, welche diese Unterhandlung unternahm, die mit großer Gewandtheit geleitet wurde. In solchen Fällen rechtfertigt immer der Erfolg, und der des Hrn. Thiers und unsers Botschafters Hrn. Guizot ist vollständig. Wir sehen mit Vergnügen in dem Benehmen des Lords Palmerston das Symptom einer Wiederannäherung an Frankreich. Es wäre jetzt eine Thorheit von Seite der neapolitanischen Regierung, wenn sie die Vermittlung Frankreich von sich wiese. Sie muß vor Allem eine Lösung wünschen, die ihre Ehre nicht verletzt und ihr weder durch Gewalt noch durch Furcht abgedrungen wird. Gewiß denkt sie nicht daran, über das Princip der Sache zu streiten. Die Regierung von Neapel hat die Ungerechtigkeit des Schwefelmonopols selbst zugestanden (?); es bleibt nur noch übrig, die Entschädigung zu reguliren, welche der Compagnie für die Auflösung des Contracts, und den englischen Kaufleuten, die durch diesen Contract beeinträchtigt werden, zukommen sollte. Ueber solche Nebenpunkte läßt sich wohl unterhandeln. Die englische Regierung, welche Geschäftserfahrung besitzt, wird zweifelsohne von ihren Forderungen, die Jedermann übertrieben findet, etwas nachlassen, und der König von Neapel wird klug genug seyn, einige Millionen zu opfern, um die Störung seines Handels, die Blokade seiner Häfen, den Krieg und vielleicht einen Aufstand seiner Unterthanen zu vermeiden. England und der Hof von Neapel haben sich in dieser Angelegenheit gleich voreilig benommen; das Bedauern hierüber muß auf beiden Seiten dasselbe seyn. In den Verhältnissen zwischen Nationen aber, wie zwischen Individuen, folgt einem Bruch, den man bedauert, eine Versöhnung auf dem Fuße, sobald ein gemeinschaftlicher Freund zu rechter Zeit als Vermittler zwischen beide tritt." - "Das Benehmen Englands gegen Neapel, urtheilt die Gazette de France, zeugt von einer Unredlichkeit, von einem Mißbrauch der Gewalt, den man man nicht genug tadeln kann. Wenn alle Souveräne, alle Völker, die durch den Handelsdespotismus Englands leiden, den König von Neapel und den Kaiser von China nachahmen würden, wäre die Welt von der unverschämten Unterdrückung jener geldgierigen und hochmüthigen Insulaner bald befreit. Man versichert, Hr. Thiers habe seine Vermittelung in dem Schwefelstreit angeboten, welche Lord Palmerston angenommen. Was kann aber der König von Neapel, nach den übertriebenen Erklärungen des Hrn. Thiers zu Gunsten Englands, von dessen Schiedsrichteramt erwarten? Es würde uns keineswegs wundern, wenn die Vermittelung des Hrn. Thiers von einem Fürsten, der bis jetzt einen so edlen und festen Charakter gezeigt hat, abgelehnt würde. Denn die Stellung des Hrn. Thiers, der die Interessen seiner Nation zu den Füßen der englischen Allianz gelegt, der für Frankreich auf die Rolle einer Seemacht zu Gunsten Englands verzichtet hat, bietet nicht hinreichende Garantien für eine unparteiische Entscheidung. Frankreich ist übrigens auch bei der Sache betheiligt, und England selbst würde es nicht zum Vermittler angenommen haben, wäre es nicht im voraus versichert, an diesem Vermittler einen gefälligen Freund zu finden. Hinsichtlich der französischen Interessen ist das vorgeschlagene Schiedsrichteramt eine Inconsequenz."

Neu-Seeland.

Am 15 April fand, unter dem Vorsitz des Lordmayors von London, in der Guildhall eine sehr zahlreiche Versammlung statt, um Resolutionen in Bezug auf die "Colonisation Neu-Seelands" zu fassen und eine Petition an das Parlament darauf zu gründen. Eine ziemliche Anzahl torystischer Unterhausmitglieder war anwesend, von den Liberalen Hr. Ward und Sir W. Molesworth. Eine Reihe Beschlüsse ward einmüthig angenommen, nur ein anwesender Arbeiter, Namens Richard Spurse, widersetzte sich, und ward in seiner heftigen Rede vom Lordmayor mehrmals zur Ordnung gerufen. Die brittische Krone, behauptete er, habe kein Souveränetätsrecht auf Neu-Seeland,

des Königs Vertrauter, Del Carretto, als Alter Ego, für die Valli di Messina, Catania und Syrakus mit unbeschränkter Vollmacht bekleidet. Der wackere General Sonnenberg führte seine Schweizer zuerst gegen Catania, dann nach Syrakus. Als besonders treu erwies sich das Städtchen Acireale unweit Catania, welches mit den Catanesen, den muthigen Sindaco an der Spitze, mehrmals in offener Schlacht zusammentraf, und die weit zahlreicheren Independisten aus dem Felde schlug. Endlich kam die Pacification zu Stande. Es fehlte nicht an Hinrichtungen und Deportationen nach den benachbarten Inseln, indeß war ohne Strenge wenig auszurichten, und wenn del Carretto der Grausamkeit angeklagt wird, so ist diese Beschuldigung ungerecht. Am härtesten büßte die Stadt Syrakus, welche ihres Vorrechtes, als Sitz der Regierung des Valle, der nunmehr nach Noto verlegt ward, verlustig ging. Merkwürdig genug ist nie, trotz der vielen Untersuchungscommissionen, mit Bestimmtheit ermittelt worden, ob jene Schilderhebung das Werk einer Verschwörung oder der äußeren Veranlassung gewesen. Ich meines Theils bin zu letzterer Annahme geneigt, denn neben den unläugbaren Umtrieben der Propaganda in revolutionär-propagandistischem Sinne ist der Localgeist das vorherrschende Element in Sicilien. Nach vollendeter Pacification erschienen nunmehr am 8 Nov. 1837 die erwähnten 19 Decrete vom 31 Oct.: das 1ste dieser Decrete unterdrückt das Ministerium der sicilianischen Angelegenheiten in Neapel, und theilt diese Geschäfte nach ihrer Beschaffenheit unter die übrigen Ministerien, das 4te Decret hebt die Segretaria Reale des Kriegsstatthalters in Sicilien auf, und gibt diesem dafür einen Consultore und Generalsecretär an die Seite, das 17te Decret führt die promisenità de' impieglie ein, kraft welcher in Zukunft die öffentlichen Aemter in beiden Ländern ohne Rücksicht auf Nationalität (ob Neapolitaner, ob Sicilianer) vergeben werden sollen. Dieß ist heute das administrative Verhältniß Siciliens zu Neapel. Das Vorstehende enthält den historischen Hergang, denn um die Gegenwart zu begreifen, muß man sich die Vergangenheit zur Klarheit gebracht haben. Wenn ein längerer Aufenthalt in einem Lande das Recht gibt, ein Urtheil auszusprechen, so halte ich die Dinge auf jener herrlichen Insel nicht für so verzweifelt, als man ziemlich allgemein annimmt, wenigstens ist das revolutionäre Gift dort nicht so allgemein verbreitet, noch hat es so tiefe Wurzeln geschlagen, wie in Neapel. Auch besteht die Anhänglichkeit an das Herrscherhaus noch immer fort, und die wohlwollenden Absichten des Königs wurden wenigstens zu meiner Zeit in Sicilien von Niemanden verkannt.“

Frankreich.

Das Anerbieten der französischen Regierung, in dem Schwefelstreit zwischen England und Neapel die Vermittlerin zu machen, wird von den Oppositionsblättern, ganz besonders von der Gazette de France, scharf angegriffen, während die Blätter der gemäßigten Linken sich zwar billigend, aber doch wie gewöhnlich mit einiger Zurückhaltung darüber äußern. „Wir haben, sagt der Courrier français, den Schritt nicht angerathen. Frankreich könnte wohl ein Abweisen seines Anerbietens von Seite des Königs von Neapel hinnehmen, ohne daß seine Würde dabei litte, anders aber wäre dieß bei einer Weigerung Englands gewesen. Es war eine glückliche Kühnheit, welche diese Unterhandlung unternahm, die mit großer Gewandtheit geleitet wurde. In solchen Fällen rechtfertigt immer der Erfolg, und der des Hrn. Thiers und unsers Botschafters Hrn. Guizot ist vollständig. Wir sehen mit Vergnügen in dem Benehmen des Lords Palmerston das Symptom einer Wiederannäherung an Frankreich. Es wäre jetzt eine Thorheit von Seite der neapolitanischen Regierung, wenn sie die Vermittlung Frankreich von sich wiese. Sie muß vor Allem eine Lösung wünschen, die ihre Ehre nicht verletzt und ihr weder durch Gewalt noch durch Furcht abgedrungen wird. Gewiß denkt sie nicht daran, über das Princip der Sache zu streiten. Die Regierung von Neapel hat die Ungerechtigkeit des Schwefelmonopols selbst zugestanden (?); es bleibt nur noch übrig, die Entschädigung zu reguliren, welche der Compagnie für die Auflösung des Contracts, und den englischen Kaufleuten, die durch diesen Contract beeinträchtigt werden, zukommen sollte. Ueber solche Nebenpunkte läßt sich wohl unterhandeln. Die englische Regierung, welche Geschäftserfahrung besitzt, wird zweifelsohne von ihren Forderungen, die Jedermann übertrieben findet, etwas nachlassen, und der König von Neapel wird klug genug seyn, einige Millionen zu opfern, um die Störung seines Handels, die Blokade seiner Häfen, den Krieg und vielleicht einen Aufstand seiner Unterthanen zu vermeiden. England und der Hof von Neapel haben sich in dieser Angelegenheit gleich voreilig benommen; das Bedauern hierüber muß auf beiden Seiten dasselbe seyn. In den Verhältnissen zwischen Nationen aber, wie zwischen Individuen, folgt einem Bruch, den man bedauert, eine Versöhnung auf dem Fuße, sobald ein gemeinschaftlicher Freund zu rechter Zeit als Vermittler zwischen beide tritt.“ – „Das Benehmen Englands gegen Neapel, urtheilt die Gazette de France, zeugt von einer Unredlichkeit, von einem Mißbrauch der Gewalt, den man man nicht genug tadeln kann. Wenn alle Souveräne, alle Völker, die durch den Handelsdespotismus Englands leiden, den König von Neapel und den Kaiser von China nachahmen würden, wäre die Welt von der unverschämten Unterdrückung jener geldgierigen und hochmüthigen Insulaner bald befreit. Man versichert, Hr. Thiers habe seine Vermittelung in dem Schwefelstreit angeboten, welche Lord Palmerston angenommen. Was kann aber der König von Neapel, nach den übertriebenen Erklärungen des Hrn. Thiers zu Gunsten Englands, von dessen Schiedsrichteramt erwarten? Es würde uns keineswegs wundern, wenn die Vermittelung des Hrn. Thiers von einem Fürsten, der bis jetzt einen so edlen und festen Charakter gezeigt hat, abgelehnt würde. Denn die Stellung des Hrn. Thiers, der die Interessen seiner Nation zu den Füßen der englischen Allianz gelegt, der für Frankreich auf die Rolle einer Seemacht zu Gunsten Englands verzichtet hat, bietet nicht hinreichende Garantien für eine unparteiische Entscheidung. Frankreich ist übrigens auch bei der Sache betheiligt, und England selbst würde es nicht zum Vermittler angenommen haben, wäre es nicht im voraus versichert, an diesem Vermittler einen gefälligen Freund zu finden. Hinsichtlich der französischen Interessen ist das vorgeschlagene Schiedsrichteramt eine Inconsequenz.“

Neu-Seeland.

Am 15 April fand, unter dem Vorsitz des Lordmayors von London, in der Guildhall eine sehr zahlreiche Versammlung statt, um Resolutionen in Bezug auf die „Colonisation Neu-Seelands“ zu fassen und eine Petition an das Parlament darauf zu gründen. Eine ziemliche Anzahl torystischer Unterhausmitglieder war anwesend, von den Liberalen Hr. Ward und Sir W. Molesworth. Eine Reihe Beschlüsse ward einmüthig angenommen, nur ein anwesender Arbeiter, Namens Richard Spurse, widersetzte sich, und ward in seiner heftigen Rede vom Lordmayor mehrmals zur Ordnung gerufen. Die brittische Krone, behauptete er, habe kein Souveränetätsrecht auf Neu-Seeland,

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[0956/0012] des Königs Vertrauter, Del Carretto, als Alter Ego, für die Valli di Messina, Catania und Syrakus mit unbeschränkter Vollmacht bekleidet. Der wackere General Sonnenberg führte seine Schweizer zuerst gegen Catania, dann nach Syrakus. Als besonders treu erwies sich das Städtchen Acireale unweit Catania, welches mit den Catanesen, den muthigen Sindaco an der Spitze, mehrmals in offener Schlacht zusammentraf, und die weit zahlreicheren Independisten aus dem Felde schlug. Endlich kam die Pacification zu Stande. Es fehlte nicht an Hinrichtungen und Deportationen nach den benachbarten Inseln, indeß war ohne Strenge wenig auszurichten, und wenn del Carretto der Grausamkeit angeklagt wird, so ist diese Beschuldigung ungerecht. Am härtesten büßte die Stadt Syrakus, welche ihres Vorrechtes, als Sitz der Regierung des Valle, der nunmehr nach Noto verlegt ward, verlustig ging. Merkwürdig genug ist nie, trotz der vielen Untersuchungscommissionen, mit Bestimmtheit ermittelt worden, ob jene Schilderhebung das Werk einer Verschwörung oder der äußeren Veranlassung gewesen. Ich meines Theils bin zu letzterer Annahme geneigt, denn neben den unläugbaren Umtrieben der Propaganda in revolutionär-propagandistischem Sinne ist der Localgeist das vorherrschende Element in Sicilien. Nach vollendeter Pacification erschienen nunmehr am 8 Nov. 1837 die erwähnten 19 Decrete vom 31 Oct.: das 1ste dieser Decrete unterdrückt das Ministerium der sicilianischen Angelegenheiten in Neapel, und theilt diese Geschäfte nach ihrer Beschaffenheit unter die übrigen Ministerien, das 4te Decret hebt die Segretaria Reale des Kriegsstatthalters in Sicilien auf, und gibt diesem dafür einen Consultore und Generalsecretär an die Seite, das 17te Decret führt die promisenità de' impieglie ein, kraft welcher in Zukunft die öffentlichen Aemter in beiden Ländern ohne Rücksicht auf Nationalität (ob Neapolitaner, ob Sicilianer) vergeben werden sollen. Dieß ist heute das administrative Verhältniß Siciliens zu Neapel. Das Vorstehende enthält den historischen Hergang, denn um die Gegenwart zu begreifen, muß man sich die Vergangenheit zur Klarheit gebracht haben. Wenn ein längerer Aufenthalt in einem Lande das Recht gibt, ein Urtheil auszusprechen, so halte ich die Dinge auf jener herrlichen Insel nicht für so verzweifelt, als man ziemlich allgemein annimmt, wenigstens ist das revolutionäre Gift dort nicht so allgemein verbreitet, noch hat es so tiefe Wurzeln geschlagen, wie in Neapel. Auch besteht die Anhänglichkeit an das Herrscherhaus noch immer fort, und die wohlwollenden Absichten des Königs wurden wenigstens zu meiner Zeit in Sicilien von Niemanden verkannt.“ Frankreich. Das Anerbieten der französischen Regierung, in dem Schwefelstreit zwischen England und Neapel die Vermittlerin zu machen, wird von den Oppositionsblättern, ganz besonders von der Gazette de France, scharf angegriffen, während die Blätter der gemäßigten Linken sich zwar billigend, aber doch wie gewöhnlich mit einiger Zurückhaltung darüber äußern. „Wir haben, sagt der Courrier français, den Schritt nicht angerathen. Frankreich könnte wohl ein Abweisen seines Anerbietens von Seite des Königs von Neapel hinnehmen, ohne daß seine Würde dabei litte, anders aber wäre dieß bei einer Weigerung Englands gewesen. Es war eine glückliche Kühnheit, welche diese Unterhandlung unternahm, die mit großer Gewandtheit geleitet wurde. In solchen Fällen rechtfertigt immer der Erfolg, und der des Hrn. Thiers und unsers Botschafters Hrn. Guizot ist vollständig. Wir sehen mit Vergnügen in dem Benehmen des Lords Palmerston das Symptom einer Wiederannäherung an Frankreich. Es wäre jetzt eine Thorheit von Seite der neapolitanischen Regierung, wenn sie die Vermittlung Frankreich von sich wiese. Sie muß vor Allem eine Lösung wünschen, die ihre Ehre nicht verletzt und ihr weder durch Gewalt noch durch Furcht abgedrungen wird. Gewiß denkt sie nicht daran, über das Princip der Sache zu streiten. Die Regierung von Neapel hat die Ungerechtigkeit des Schwefelmonopols selbst zugestanden (?); es bleibt nur noch übrig, die Entschädigung zu reguliren, welche der Compagnie für die Auflösung des Contracts, und den englischen Kaufleuten, die durch diesen Contract beeinträchtigt werden, zukommen sollte. Ueber solche Nebenpunkte läßt sich wohl unterhandeln. Die englische Regierung, welche Geschäftserfahrung besitzt, wird zweifelsohne von ihren Forderungen, die Jedermann übertrieben findet, etwas nachlassen, und der König von Neapel wird klug genug seyn, einige Millionen zu opfern, um die Störung seines Handels, die Blokade seiner Häfen, den Krieg und vielleicht einen Aufstand seiner Unterthanen zu vermeiden. England und der Hof von Neapel haben sich in dieser Angelegenheit gleich voreilig benommen; das Bedauern hierüber muß auf beiden Seiten dasselbe seyn. In den Verhältnissen zwischen Nationen aber, wie zwischen Individuen, folgt einem Bruch, den man bedauert, eine Versöhnung auf dem Fuße, sobald ein gemeinschaftlicher Freund zu rechter Zeit als Vermittler zwischen beide tritt.“ – „Das Benehmen Englands gegen Neapel, urtheilt die Gazette de France, zeugt von einer Unredlichkeit, von einem Mißbrauch der Gewalt, den man man nicht genug tadeln kann. Wenn alle Souveräne, alle Völker, die durch den Handelsdespotismus Englands leiden, den König von Neapel und den Kaiser von China nachahmen würden, wäre die Welt von der unverschämten Unterdrückung jener geldgierigen und hochmüthigen Insulaner bald befreit. Man versichert, Hr. Thiers habe seine Vermittelung in dem Schwefelstreit angeboten, welche Lord Palmerston angenommen. Was kann aber der König von Neapel, nach den übertriebenen Erklärungen des Hrn. Thiers zu Gunsten Englands, von dessen Schiedsrichteramt erwarten? Es würde uns keineswegs wundern, wenn die Vermittelung des Hrn. Thiers von einem Fürsten, der bis jetzt einen so edlen und festen Charakter gezeigt hat, abgelehnt würde. Denn die Stellung des Hrn. Thiers, der die Interessen seiner Nation zu den Füßen der englischen Allianz gelegt, der für Frankreich auf die Rolle einer Seemacht zu Gunsten Englands verzichtet hat, bietet nicht hinreichende Garantien für eine unparteiische Entscheidung. Frankreich ist übrigens auch bei der Sache betheiligt, und England selbst würde es nicht zum Vermittler angenommen haben, wäre es nicht im voraus versichert, an diesem Vermittler einen gefälligen Freund zu finden. Hinsichtlich der französischen Interessen ist das vorgeschlagene Schiedsrichteramt eine Inconsequenz.“ Neu-Seeland. Am 15 April fand, unter dem Vorsitz des Lordmayors von London, in der Guildhall eine sehr zahlreiche Versammlung statt, um Resolutionen in Bezug auf die „Colonisation Neu-Seelands“ zu fassen und eine Petition an das Parlament darauf zu gründen. Eine ziemliche Anzahl torystischer Unterhausmitglieder war anwesend, von den Liberalen Hr. Ward und Sir W. Molesworth. Eine Reihe Beschlüsse ward einmüthig angenommen, nur ein anwesender Arbeiter, Namens Richard Spurse, widersetzte sich, und ward in seiner heftigen Rede vom Lordmayor mehrmals zur Ordnung gerufen. Die brittische Krone, behauptete er, habe kein Souveränetätsrecht auf Neu-Seeland,

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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 120. Augsburg, 29. April 1840, S. 0956. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_120_18400429/12>, abgerufen am 19.04.2024.