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Allgemeine Zeitung. Nr. 114. Augsburg, 23. April 1840.

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ist: Lebeau die auswärtigen Angelegenheiten mit der Präsidentschaft; Rogier, Inneres; Liedts, Justiz; Mercier, Handel und öffentliche Arbeiten; Dumon-Dumortier, Finanzen; Buzen, Krieg.

Niederlande.

Die Verbalprocesse der Berathungen in den einzelnen Abtheilungen der Kammer sind jetzt vertheilt und bekannt. Es ist unnütz, Ihnen Auszüge daraus zu liefern, da die Einzelheiten des Finanzwesens für das Ausland kein Interesse darbieten: es ist die alte Klage, daß die Regierung nicht offen zu Werke gehe, und daß in keinem Zweige des Staatshaushalts eine irgend erhebliche Ersparniß eingetreten sey, als im Kriegsdepartment. Der Ton und die Haltung dieser Bemerkungen läßt über die Verwerfung des Budgets, falls die Regierung es nicht noch wesentlich ändert, keinen Zweifel; bemerkenswerth aber ist, daß sich gleich jetzt wieder Stimmen geäußert haben, man solle vor dem Budget die Verfassung ändern. Hr. Warin hat in dieser Beziehung folgende Note eingereicht: "Die zweite Kammer hat am 28 Dec. v. J. die nöthigen Gelder verwilligt, um die Regierung bis zum letzten Junius d. J. im Gang zu erhalten. Sie hat dieß gethan, um während der Zeit, die man auf die Revision des Grundgesetzes und die grundgesetzliche Befestigung der für nöthig erachteten Verbesserungen zu verwenden wünschte, keine Störung zu veranlassen. Man konnte nicht vermuthen, daß die billigen Erwartungen fast der ganzen Nation auf eine so harte Weise getäuscht werden würden, als es durch die k. Botschaft vom 28 Dec. und durch die fünf am 30 Dec. in die Kammer gebrachten Gesetzesentwürfe geschehen ist. Fünf Mitglieder der Kammer begriffen damals schon, daß alle weiteren Bemühungen, von der Regierung gute Vorschläge zu erhalten, fruchtlos seyn würden, und machten den Vorschlag, daß die Kammer in Gemäßheit des Art. 113 des Grundgesetzes über die aus ihrem eigenen Schooße hervorgegangenen Gesetzesentwürfe berathen solle. Doch die Geduld der Kammer war noch so groß, daß man die Berathung über den Vorschlag der fünf Mitglieder abbrach, und zur Behandlung der fünf nichts sagenden, durch die Regierung vorgelegten Gesetzesentwürfe überging, und Ansichten über die Verbesserung des Grundgesetzes aussprach, welche man von Seite der Regierung vorgeschlagen wünschte. Meiner Ansicht nach ist durch unsre Langmuth das Uebel nur ärger geworden, denn wenn ich das Gewebe der sieben jetzt vorgelegten Gesetzesentwürfe recht verstehe, soll durch die Annahme derselben die Alleinherrschaft, deren wirkliches Bestehen in unserm Vaterlande schon so viel Unglück angerichtet hat, zugleich befestigt werden. Heute sollen wir berathschlagen über das Budget, das, einmal zum Gesetz geworden, die unglückliche Lage der Sachen, worin wir uns befinden, wiederum bis ans Ende des Jahrs ausdehnen soll. Hierzu kann ich meine Zustimmung nicht geben. Ich trage darauf an, daß vor Allem die Revision des Grundgesetzes berathen werde. Dann wird man in den Abtheilungen sich aussprechen können, ob man wieder, wie im Januar, sich auf die Untersuchung der sieben Entwürfe und auf das Aussprechen von Wünschen beschränken, oder noch einen Schritt weiter gehen soll. Unterz. Warin. Das heißt mit andern Worten, die Kammer soll sich zur Constituante machen; es ist dieß derselbe Vorschlag, wie der von Corver Hoost und seinen Freunden, aber in härterer Form.

Italien.

Die Nachrichten aus Neapel lauten in den letzten Tagen zu widersprechend, als daß man etwas mit Gewißheit darüber berichten könnte. Nach einigen Mittheilungen soll die Schwefelfrage so gut als ins Reine gebracht seyn; andere, und diese wohl mit mehr Grund, melden, die Antwort der neapolitanischen Regierung auf die letzte Note des englischen Ministers, Hrn. Temple, sey endlich erfolgt, und in dem Sinn abgefaßt, daß man direct in London mit dem Cabinet die Sache abmachen werde, und daß von dorther eine Uebereinkunft zu erwarten sey. Wird Lord Palmerston damit zufrieden seyn, daß man seinen Bruder, den Repräsentanten von Großbritannien, welcher mit allen Vollmachten und Instructionen versehen ist, so zur Seite schiebt? Die Regierung fährt fort, ihre Anstalten zur Vertheidigung der Küsten zu treffen, und alles Militär ist auf den Kriegsfuß gestellt. Die englischen Familien in Neapel haben durch ihren Gesandten die Warnung bekommen, sich mit Abschließung von neuen Miethcontracten für den Sommer nicht zu übereilen. Viele von diesen Familien sind bereits hier eingetroffen, wie denn die Fremden in ganzen Schaaren zur heiligen Woche herbei strömen, wobei die zahlreichen Dampfboote, die fast täglich in Civitavecchia anlegen, nicht wenig beitragen. Unter den ausgezeichneten Fremden, die für den Augenblick hier sind, nennen wir den General Baron v. Appel, Generaladjutanten den verstorbenen Kaisers von Oesterreich, so wie den General Grafen v. Auersperg. Der General der Cavallerie, Graf v. Walmoden, ist von Sicilien hierdurch nach Mailand gereist. - Aus Ancona vernimmt man, daß einer der päpstlichen Mauthsoldaten, der bei der kürzlich gemeldeten Verhaftung französischer Matrosen unziemliche Worte gegen Frankreich ausgestoßen haben soll, die als Nationalbeleidigung aufgenommen wurden, dafür von dem dortigen Delegaten zu 24stündigem Gefängniß verurtheilt wurde.

Deutschland.

Der neuernannte Bischof von Würzburg, Dr. Stahl, ist geboren im Jahre 1805 zu Stadtprozelten am Main und Sohn eines Schiffers. Hr. Stahl machte seine theologischen Studien theils in Aschaffenburg und Würzburg, theils zu Rom im deutschen Collegium, und trat in die Seelsorge als Caplan der St. Agatha-Pfarrei zu Aschaffenburg, woselbst er auch das Amt eines Religionslehrers am k. Gymnasium bekleidete, bis er einem höheren Rufe nach Würzburg folgte (Frk. Bl.)

In der heutigen Sitzung der ersten Kammer wurde ad §. 85 (betreffend die Composition zweiter Kammer) der Antrag erneuert, für die Residenzstadt Hannover zwei Deputirte zuzulassen (während der Entwurf nur einen gestattet), weil dieselbe nach dem Staatsgrundgesetz auch zwei gehabt und in Erwägung ihrer statistischen Verhältnisse im Vergleiche zu den kleinern Städten wohl billigen Anspruch darauf habe, endlich auch weil man gerade jetzt lieber versöhnende, als aufregende Maaßregeln nehmen müsse, und es sicherlich das Vertrauen im Lande bedeutend erhöhen werde, wenn gerade von hier aus der Antrag auf Zulassung jenes zweiten Deputirten erfolge. Obgleich entgegnet ward, daß die Stadt Hannover vor dem Staatsgrundgesetz auch nur durch Einen Deputirten vertreten, durch den Entwurf also nicht beeinträchtigt werde, daß auch andere große Städte nur einen Deputirten schickten, und daß man jene Reclamation als reine res domestica besser der zweiten Kammer überlasse, damit ein solcher Antrag von hier aus nicht etwa als eine politische Manifestation angesehen werde, so genehmigten doch 20 gegen 16 Stimmen den Antrag. Ad §. 106, die Mitwirkung der allgemeinen Ständeversammlung zu der Gesetzgebung betreffend, war laut Beschlusses erster Berathung die ständische Zustimmung generell in Anspruch genommen, so daß dieselbe

ist: Lebeau die auswärtigen Angelegenheiten mit der Präsidentschaft; Rogier, Inneres; Liedts, Justiz; Mercier, Handel und öffentliche Arbeiten; Dumon-Dumortier, Finanzen; Buzen, Krieg.

Niederlande.

Die Verbalprocesse der Berathungen in den einzelnen Abtheilungen der Kammer sind jetzt vertheilt und bekannt. Es ist unnütz, Ihnen Auszüge daraus zu liefern, da die Einzelheiten des Finanzwesens für das Ausland kein Interesse darbieten: es ist die alte Klage, daß die Regierung nicht offen zu Werke gehe, und daß in keinem Zweige des Staatshaushalts eine irgend erhebliche Ersparniß eingetreten sey, als im Kriegsdepartment. Der Ton und die Haltung dieser Bemerkungen läßt über die Verwerfung des Budgets, falls die Regierung es nicht noch wesentlich ändert, keinen Zweifel; bemerkenswerth aber ist, daß sich gleich jetzt wieder Stimmen geäußert haben, man solle vor dem Budget die Verfassung ändern. Hr. Warin hat in dieser Beziehung folgende Note eingereicht: „Die zweite Kammer hat am 28 Dec. v. J. die nöthigen Gelder verwilligt, um die Regierung bis zum letzten Junius d. J. im Gang zu erhalten. Sie hat dieß gethan, um während der Zeit, die man auf die Revision des Grundgesetzes und die grundgesetzliche Befestigung der für nöthig erachteten Verbesserungen zu verwenden wünschte, keine Störung zu veranlassen. Man konnte nicht vermuthen, daß die billigen Erwartungen fast der ganzen Nation auf eine so harte Weise getäuscht werden würden, als es durch die k. Botschaft vom 28 Dec. und durch die fünf am 30 Dec. in die Kammer gebrachten Gesetzesentwürfe geschehen ist. Fünf Mitglieder der Kammer begriffen damals schon, daß alle weiteren Bemühungen, von der Regierung gute Vorschläge zu erhalten, fruchtlos seyn würden, und machten den Vorschlag, daß die Kammer in Gemäßheit des Art. 113 des Grundgesetzes über die aus ihrem eigenen Schooße hervorgegangenen Gesetzesentwürfe berathen solle. Doch die Geduld der Kammer war noch so groß, daß man die Berathung über den Vorschlag der fünf Mitglieder abbrach, und zur Behandlung der fünf nichts sagenden, durch die Regierung vorgelegten Gesetzesentwürfe überging, und Ansichten über die Verbesserung des Grundgesetzes aussprach, welche man von Seite der Regierung vorgeschlagen wünschte. Meiner Ansicht nach ist durch unsre Langmuth das Uebel nur ärger geworden, denn wenn ich das Gewebe der sieben jetzt vorgelegten Gesetzesentwürfe recht verstehe, soll durch die Annahme derselben die Alleinherrschaft, deren wirkliches Bestehen in unserm Vaterlande schon so viel Unglück angerichtet hat, zugleich befestigt werden. Heute sollen wir berathschlagen über das Budget, das, einmal zum Gesetz geworden, die unglückliche Lage der Sachen, worin wir uns befinden, wiederum bis ans Ende des Jahrs ausdehnen soll. Hierzu kann ich meine Zustimmung nicht geben. Ich trage darauf an, daß vor Allem die Revision des Grundgesetzes berathen werde. Dann wird man in den Abtheilungen sich aussprechen können, ob man wieder, wie im Januar, sich auf die Untersuchung der sieben Entwürfe und auf das Aussprechen von Wünschen beschränken, oder noch einen Schritt weiter gehen soll. Unterz. Warin. Das heißt mit andern Worten, die Kammer soll sich zur Constituante machen; es ist dieß derselbe Vorschlag, wie der von Corver Hoost und seinen Freunden, aber in härterer Form.

Italien.

Die Nachrichten aus Neapel lauten in den letzten Tagen zu widersprechend, als daß man etwas mit Gewißheit darüber berichten könnte. Nach einigen Mittheilungen soll die Schwefelfrage so gut als ins Reine gebracht seyn; andere, und diese wohl mit mehr Grund, melden, die Antwort der neapolitanischen Regierung auf die letzte Note des englischen Ministers, Hrn. Temple, sey endlich erfolgt, und in dem Sinn abgefaßt, daß man direct in London mit dem Cabinet die Sache abmachen werde, und daß von dorther eine Uebereinkunft zu erwarten sey. Wird Lord Palmerston damit zufrieden seyn, daß man seinen Bruder, den Repräsentanten von Großbritannien, welcher mit allen Vollmachten und Instructionen versehen ist, so zur Seite schiebt? Die Regierung fährt fort, ihre Anstalten zur Vertheidigung der Küsten zu treffen, und alles Militär ist auf den Kriegsfuß gestellt. Die englischen Familien in Neapel haben durch ihren Gesandten die Warnung bekommen, sich mit Abschließung von neuen Miethcontracten für den Sommer nicht zu übereilen. Viele von diesen Familien sind bereits hier eingetroffen, wie denn die Fremden in ganzen Schaaren zur heiligen Woche herbei strömen, wobei die zahlreichen Dampfboote, die fast täglich in Civitavecchia anlegen, nicht wenig beitragen. Unter den ausgezeichneten Fremden, die für den Augenblick hier sind, nennen wir den General Baron v. Appel, Generaladjutanten den verstorbenen Kaisers von Oesterreich, so wie den General Grafen v. Auersperg. Der General der Cavallerie, Graf v. Walmoden, ist von Sicilien hierdurch nach Mailand gereist. – Aus Ancona vernimmt man, daß einer der päpstlichen Mauthsoldaten, der bei der kürzlich gemeldeten Verhaftung französischer Matrosen unziemliche Worte gegen Frankreich ausgestoßen haben soll, die als Nationalbeleidigung aufgenommen wurden, dafür von dem dortigen Delegaten zu 24stündigem Gefängniß verurtheilt wurde.

Deutschland.

Der neuernannte Bischof von Würzburg, Dr. Stahl, ist geboren im Jahre 1805 zu Stadtprozelten am Main und Sohn eines Schiffers. Hr. Stahl machte seine theologischen Studien theils in Aschaffenburg und Würzburg, theils zu Rom im deutschen Collegium, und trat in die Seelsorge als Caplan der St. Agatha-Pfarrei zu Aschaffenburg, woselbst er auch das Amt eines Religionslehrers am k. Gymnasium bekleidete, bis er einem höheren Rufe nach Würzburg folgte (Frk. Bl.)

In der heutigen Sitzung der ersten Kammer wurde ad §. 85 (betreffend die Composition zweiter Kammer) der Antrag erneuert, für die Residenzstadt Hannover zwei Deputirte zuzulassen (während der Entwurf nur einen gestattet), weil dieselbe nach dem Staatsgrundgesetz auch zwei gehabt und in Erwägung ihrer statistischen Verhältnisse im Vergleiche zu den kleinern Städten wohl billigen Anspruch darauf habe, endlich auch weil man gerade jetzt lieber versöhnende, als aufregende Maaßregeln nehmen müsse, und es sicherlich das Vertrauen im Lande bedeutend erhöhen werde, wenn gerade von hier aus der Antrag auf Zulassung jenes zweiten Deputirten erfolge. Obgleich entgegnet ward, daß die Stadt Hannover vor dem Staatsgrundgesetz auch nur durch Einen Deputirten vertreten, durch den Entwurf also nicht beeinträchtigt werde, daß auch andere große Städte nur einen Deputirten schickten, und daß man jene Reclamation als reine res domestica besser der zweiten Kammer überlasse, damit ein solcher Antrag von hier aus nicht etwa als eine politische Manifestation angesehen werde, so genehmigten doch 20 gegen 16 Stimmen den Antrag. Ad §. 106, die Mitwirkung der allgemeinen Ständeversammlung zu der Gesetzgebung betreffend, war laut Beschlusses erster Berathung die ständische Zustimmung generell in Anspruch genommen, so daß dieselbe

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[0910/0006] ist: Lebeau die auswärtigen Angelegenheiten mit der Präsidentschaft; Rogier, Inneres; Liedts, Justiz; Mercier, Handel und öffentliche Arbeiten; Dumon-Dumortier, Finanzen; Buzen, Krieg. Niederlande. _ Vom Niederrhein, 26 April. Die Verbalprocesse der Berathungen in den einzelnen Abtheilungen der Kammer sind jetzt vertheilt und bekannt. Es ist unnütz, Ihnen Auszüge daraus zu liefern, da die Einzelheiten des Finanzwesens für das Ausland kein Interesse darbieten: es ist die alte Klage, daß die Regierung nicht offen zu Werke gehe, und daß in keinem Zweige des Staatshaushalts eine irgend erhebliche Ersparniß eingetreten sey, als im Kriegsdepartment. Der Ton und die Haltung dieser Bemerkungen läßt über die Verwerfung des Budgets, falls die Regierung es nicht noch wesentlich ändert, keinen Zweifel; bemerkenswerth aber ist, daß sich gleich jetzt wieder Stimmen geäußert haben, man solle vor dem Budget die Verfassung ändern. Hr. Warin hat in dieser Beziehung folgende Note eingereicht: „Die zweite Kammer hat am 28 Dec. v. J. die nöthigen Gelder verwilligt, um die Regierung bis zum letzten Junius d. J. im Gang zu erhalten. Sie hat dieß gethan, um während der Zeit, die man auf die Revision des Grundgesetzes und die grundgesetzliche Befestigung der für nöthig erachteten Verbesserungen zu verwenden wünschte, keine Störung zu veranlassen. Man konnte nicht vermuthen, daß die billigen Erwartungen fast der ganzen Nation auf eine so harte Weise getäuscht werden würden, als es durch die k. Botschaft vom 28 Dec. und durch die fünf am 30 Dec. in die Kammer gebrachten Gesetzesentwürfe geschehen ist. Fünf Mitglieder der Kammer begriffen damals schon, daß alle weiteren Bemühungen, von der Regierung gute Vorschläge zu erhalten, fruchtlos seyn würden, und machten den Vorschlag, daß die Kammer in Gemäßheit des Art. 113 des Grundgesetzes über die aus ihrem eigenen Schooße hervorgegangenen Gesetzesentwürfe berathen solle. Doch die Geduld der Kammer war noch so groß, daß man die Berathung über den Vorschlag der fünf Mitglieder abbrach, und zur Behandlung der fünf nichts sagenden, durch die Regierung vorgelegten Gesetzesentwürfe überging, und Ansichten über die Verbesserung des Grundgesetzes aussprach, welche man von Seite der Regierung vorgeschlagen wünschte. Meiner Ansicht nach ist durch unsre Langmuth das Uebel nur ärger geworden, denn wenn ich das Gewebe der sieben jetzt vorgelegten Gesetzesentwürfe recht verstehe, soll durch die Annahme derselben die Alleinherrschaft, deren wirkliches Bestehen in unserm Vaterlande schon so viel Unglück angerichtet hat, zugleich befestigt werden. Heute sollen wir berathschlagen über das Budget, das, einmal zum Gesetz geworden, die unglückliche Lage der Sachen, worin wir uns befinden, wiederum bis ans Ende des Jahrs ausdehnen soll. Hierzu kann ich meine Zustimmung nicht geben. Ich trage darauf an, daß vor Allem die Revision des Grundgesetzes berathen werde. Dann wird man in den Abtheilungen sich aussprechen können, ob man wieder, wie im Januar, sich auf die Untersuchung der sieben Entwürfe und auf das Aussprechen von Wünschen beschränken, oder noch einen Schritt weiter gehen soll. Unterz. Warin. Das heißt mit andern Worten, die Kammer soll sich zur Constituante machen; es ist dieß derselbe Vorschlag, wie der von Corver Hoost und seinen Freunden, aber in härterer Form. Italien. _ Rom, 13 April. Die Nachrichten aus Neapel lauten in den letzten Tagen zu widersprechend, als daß man etwas mit Gewißheit darüber berichten könnte. Nach einigen Mittheilungen soll die Schwefelfrage so gut als ins Reine gebracht seyn; andere, und diese wohl mit mehr Grund, melden, die Antwort der neapolitanischen Regierung auf die letzte Note des englischen Ministers, Hrn. Temple, sey endlich erfolgt, und in dem Sinn abgefaßt, daß man direct in London mit dem Cabinet die Sache abmachen werde, und daß von dorther eine Uebereinkunft zu erwarten sey. Wird Lord Palmerston damit zufrieden seyn, daß man seinen Bruder, den Repräsentanten von Großbritannien, welcher mit allen Vollmachten und Instructionen versehen ist, so zur Seite schiebt? Die Regierung fährt fort, ihre Anstalten zur Vertheidigung der Küsten zu treffen, und alles Militär ist auf den Kriegsfuß gestellt. Die englischen Familien in Neapel haben durch ihren Gesandten die Warnung bekommen, sich mit Abschließung von neuen Miethcontracten für den Sommer nicht zu übereilen. Viele von diesen Familien sind bereits hier eingetroffen, wie denn die Fremden in ganzen Schaaren zur heiligen Woche herbei strömen, wobei die zahlreichen Dampfboote, die fast täglich in Civitavecchia anlegen, nicht wenig beitragen. Unter den ausgezeichneten Fremden, die für den Augenblick hier sind, nennen wir den General Baron v. Appel, Generaladjutanten den verstorbenen Kaisers von Oesterreich, so wie den General Grafen v. Auersperg. Der General der Cavallerie, Graf v. Walmoden, ist von Sicilien hierdurch nach Mailand gereist. – Aus Ancona vernimmt man, daß einer der päpstlichen Mauthsoldaten, der bei der kürzlich gemeldeten Verhaftung französischer Matrosen unziemliche Worte gegen Frankreich ausgestoßen haben soll, die als Nationalbeleidigung aufgenommen wurden, dafür von dem dortigen Delegaten zu 24stündigem Gefängniß verurtheilt wurde. Deutschland. _ Würzburg. Der neuernannte Bischof von Würzburg, Dr. Stahl, ist geboren im Jahre 1805 zu Stadtprozelten am Main und Sohn eines Schiffers. Hr. Stahl machte seine theologischen Studien theils in Aschaffenburg und Würzburg, theils zu Rom im deutschen Collegium, und trat in die Seelsorge als Caplan der St. Agatha-Pfarrei zu Aschaffenburg, woselbst er auch das Amt eines Religionslehrers am k. Gymnasium bekleidete, bis er einem höheren Rufe nach Würzburg folgte (Frk. Bl.) _ Hannover, 10 April. In der heutigen Sitzung der ersten Kammer wurde ad §. 85 (betreffend die Composition zweiter Kammer) der Antrag erneuert, für die Residenzstadt Hannover zwei Deputirte zuzulassen (während der Entwurf nur einen gestattet), weil dieselbe nach dem Staatsgrundgesetz auch zwei gehabt und in Erwägung ihrer statistischen Verhältnisse im Vergleiche zu den kleinern Städten wohl billigen Anspruch darauf habe, endlich auch weil man gerade jetzt lieber versöhnende, als aufregende Maaßregeln nehmen müsse, und es sicherlich das Vertrauen im Lande bedeutend erhöhen werde, wenn gerade von hier aus der Antrag auf Zulassung jenes zweiten Deputirten erfolge. Obgleich entgegnet ward, daß die Stadt Hannover vor dem Staatsgrundgesetz auch nur durch Einen Deputirten vertreten, durch den Entwurf also nicht beeinträchtigt werde, daß auch andere große Städte nur einen Deputirten schickten, und daß man jene Reclamation als reine res domestica besser der zweiten Kammer überlasse, damit ein solcher Antrag von hier aus nicht etwa als eine politische Manifestation angesehen werde, so genehmigten doch 20 gegen 16 Stimmen den Antrag. Ad §. 106, die Mitwirkung der allgemeinen Ständeversammlung zu der Gesetzgebung betreffend, war laut Beschlusses erster Berathung die ständische Zustimmung generell in Anspruch genommen, so daß dieselbe

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 114. Augsburg, 23. April 1840, S. 0910. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_114_18400423/6>, abgerufen am 23.04.2024.