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Allgemeine Zeitung. Nr. 109. Augsburg, 18. April 1840.

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die Ländereien in Ober-Canada bestimmt worden, andere als die anglicanische meine. Die Frage dreht sich eigentlich nur um den Punkt, ob die Geistlichkeit der schottischen Kirche gemeint sey, die, wie der Bischof sagte, er wenigstens als keine Kirche anerkennen könne! Es ist nun zwar keine Parteifrage; aber es fügte sich doch, daß die Mehrheit gänzlich aus Tories bestand, und es steht daher zu befürchten, daß dieselben den verzweifelten Schritt thun werden, die Königin um die Verwerfung der von der ober-canadischen Legislatur überschickten Bill aufzufordern. Da nur sechs Richter in der Stadt sind, so haben diese es abgelehnt, eine Erklärung zu geben; und folglich muß das Haus warten bis nach Ostern. Die Tories aber, welche sich gern auf den Ausspruch der Richter stützen möchten, wünschen, daß der Erzbischof von Canterbury seinen Vorschlag verschiebe. Da aber unterdessen die gesetzliche Frist von dreißig Tagen vorübergehen würde, während welcher eine solche Bill vor dem Parlament zu liegen hat, ehe die Krone darüber entscheiden kann, so forderte Lord Ellenborough gestern Abend den Lord Melbourne auf, das Versprechen zu geben, daß die Krone vor der Wiederversammlung des Parlaments ihre Einwilligung nicht geben solle, und nicht nur dieses, sondern auch, daß sie sich dessen ganz und gar enthalten wolle, wenn das Haus in diesem Sinne entscheiden würde. Melbourne weigerte sich jedoch fürs erste ein solches Versprechen zu geben. (S. oben.) - Die Privilegienbill ist durch den Ausschuß gegangen, und soll morgen zum drittenmal verlesen werden. Die Frage ist aber, ob das Unterhaus die angebrachten Veränderungen sich wird gefallen lassen. Wahrscheinlich aber sind die Mitglieder desselben auch des Streites müde.

Frankreich.

Der neue Botschafter von Neapel, Herzog von Serra Capriola, ist in Paris eingetroffen, und hat sogleich das Botschaftshotel, rue las Cases, Faubourg St. Germain, bezogen.

[irrelevantes Material] In der Sitzung der Pairskammer am 13 April erstattete zuerst Graf Mosbourg Bericht über den verlangten Zuschußcredit für Militärpensionen. Sodann erhielt Hr. v. Castellane das Wort über den Gesetzesentwurf der Berufung von 80,000 Mann aus der Classe von 1839. Er machte tadelnde Bemerkungen in Bezug auf die Revisionsconseils, in denen er eine größere Zahl von Militären eingeführt wünschte, so wie über die Zulassung zum Dienste mit 18 Jahren, statt mit 16, wie früher der Fall gewesen. Der Kriegsminister erwiederte, die Regierung habe dem Gegenstand ihre ganze Aufmerksamkeit zugewandt, und er verspreche über einige der aufgeworfenen Fragen nach Verfluß einiger Zeit einen besondern Gesetzesentwurf vorzulegen. Uebrigens würde das Annehmen von 16jährigen Recruten die ganze gegenwärtige Gesetzgebung umstoßen. Der Minister rechtfertigt bei diesem Anlaß die militärischen Ersatzmänner gegen Vorwürfe, die man diesen gemacht habe, und sagt, daß die tapfern Vertheidiger von Masagran großentheils Ersatzmänner gewesen seyen. Hr. de la Place erneuert die Angriffe gegen die Ersatzmänner, besonders wegen ihrer Indisciplin, während sie doch mehr als ein Viertheil des Ganzen im Jahre ausmachen. Hr. d'Ambrugeac will große Vorsicht bei Aenderung des Gesetzes. Der Entwurf ward hierauf mit 116 weißen ohne eine schwarze Kugel angenommen. Ein Gesetzesentwurf zur Eröffnung eines Credits von 800,000 Fr. für Arbeiten in der Pairskammer ging ohne Erörterung mit 97 weißen gegen 2 schwarze Kugeln durch.

(Messager.) Am 12 April Abends hatte sich noch kein Deputirter zu Gunsten des Conversionsentwurfs einschreiben lassen, nur vier stehen bis jetzt auf der Liste, und diese vier sind gegen den Entwurf eingeschrieben; es sind die HH. v. Laborde, Liadieres, Lamartine und Fould.

Der Bischof von Algier ist von Paris nach Bordeaux abgereist, wo er einige Tage verweilen und dann nach Afrika zurückkehren wird.

Der berühmte dänische Archäolog, Hr. Brönsted, ist von London in Paris angekommen.

(Echo du Nord.) Die Carlistischen Generale Ellio und Alzaa sind mit der Pariser Diligence, in Begleitung mehrerer Gendarmen, in Lille angekommen. Die Polizei erwartete sie im Hofe der Messagerien; sie wurden sogleich in einem Fiacre nach der Citadelle gebracht, wo sie eingeschlossen sind.

Die Reform der auf das Wahlrecht zur Deputirtenkammer bezüglichen Gesetze bildete bekanntlich den Gegenstand einer Menge Bittschriften, die im Laufe der vorjährigen Session einkamen, und dem Vernehmen nach im Ganzen über 200,000 Unterschriften zählten. Jede der verschiedenen Fractionen der Kammer bildete damals ein Comite zur Prüfung dieser Frage und jedes dieser Comite's veröffentlichte nachher seinen Vorschlag durch den Druck. Die Frage erhält jetzt ihre Lösung in einer Weise, daß alle jene Bittschriften und Arbeiten ohne Erfolg bleiben, oder wenigstens der Erfolg in weite Ferne gerückt wird. Die Unterzeichner der Bittschriften und die Comites hatten entweder für jeden Franzosen, oder doch für alle zum Dienste der Nationalgarde verpflichteten Personen das Wahlrecht gefordert, und zugleich in beiden Fällen die Abschaffung des den Wählern jetzt obliegenden Eides der Treue gegen den König beantragt; oder waren sie auf einem der folgenden Punkte bestanden: 1) zwei Grade von Wählern (Urwahlen zur Bezeichnung der eigentlichen Wähler); 2) daß gewisse Personen, die wegen ihrer Kenntnisse oder Aemter ohne weitern Census auf der Liste der Geschwornen figuriren, auch auf die der Wähler gebracht werden. 3) Daß der Wahlcensus (jetzt 200 Fr.) auf 100 herabgesetzt werde; 4) daß jeder Wähler auch zum Deputirten gewählt werden könne, mit Abschaffung des jetzt hierzu erforderlichen Census von 500 Fr. Die Commission der Bittschriften, bestehend aus fünf gemäßigten Reformisten und vier Anti-Reformisten, hat nunmehr ihren Entschluß gefaßt, der vermuthlich in der Kammersitzung vom 18 d. vorgelesen und genehmigt werden wird. Sie schlägt vor, zur Tagesordnung überzugehen (d. h. gänzlich zu verwerfen) über das Petitum des Wahlrechts für alle Franzosen sowohl als für die Nationalgarde und über den Eid; sie verweist die übrigen Punkte vor den Präsidenten des Cabinets und den Minister des Innern, um solche näher prüfen zu lassen. - Der Bericht der Commission über den Streit zwischen den beiden Arten von Zucker ist nunmehr ebenfalls beschlossen. Nach dem Gesetz von 1837 bezahlte der Colonialzucker 45 Fr., der Runkelrübenzucker 15 Fr.; eine königliche Ordonnanz von 1839 hatte provisorisch die Auflage auf letztern bis zu 27 Fr. erhöht; der vom vorigen Ministerium vorgelegte Entwurf machte diese Erhöhung zum Gesetz, sicherte indessen den Runkelrüben-Fabricanten eine Entschädigung von 40 Millionen zu. Die Commission verwirft diesen letztern Antrag gänzlich, und will die Auflage auf den inländischen Zucker auf 15 Fr. reducirt wissen, wobei der Colonialzucker auf 45 Fr. bliebe. Der Finanzminister weigert sich in diesen Vorschlag einzugehen; er hat in den Conferenzen mit der Commission auf 27 Fr. für den inländischen Zucker bestanden. Mehrere Mitglieder der Commission hätten 20 oder gar 25 Fr. zugestanden; allein der Minister erklärte, keine weitere Herabsetzung zugeben zu können. In dieser Lage wird die Frage vor die Kammer kommen.

die Ländereien in Ober-Canada bestimmt worden, andere als die anglicanische meine. Die Frage dreht sich eigentlich nur um den Punkt, ob die Geistlichkeit der schottischen Kirche gemeint sey, die, wie der Bischof sagte, er wenigstens als keine Kirche anerkennen könne! Es ist nun zwar keine Parteifrage; aber es fügte sich doch, daß die Mehrheit gänzlich aus Tories bestand, und es steht daher zu befürchten, daß dieselben den verzweifelten Schritt thun werden, die Königin um die Verwerfung der von der ober-canadischen Legislatur überschickten Bill aufzufordern. Da nur sechs Richter in der Stadt sind, so haben diese es abgelehnt, eine Erklärung zu geben; und folglich muß das Haus warten bis nach Ostern. Die Tories aber, welche sich gern auf den Ausspruch der Richter stützen möchten, wünschen, daß der Erzbischof von Canterbury seinen Vorschlag verschiebe. Da aber unterdessen die gesetzliche Frist von dreißig Tagen vorübergehen würde, während welcher eine solche Bill vor dem Parlament zu liegen hat, ehe die Krone darüber entscheiden kann, so forderte Lord Ellenborough gestern Abend den Lord Melbourne auf, das Versprechen zu geben, daß die Krone vor der Wiederversammlung des Parlaments ihre Einwilligung nicht geben solle, und nicht nur dieses, sondern auch, daß sie sich dessen ganz und gar enthalten wolle, wenn das Haus in diesem Sinne entscheiden würde. Melbourne weigerte sich jedoch fürs erste ein solches Versprechen zu geben. (S. oben.) – Die Privilegienbill ist durch den Ausschuß gegangen, und soll morgen zum drittenmal verlesen werden. Die Frage ist aber, ob das Unterhaus die angebrachten Veränderungen sich wird gefallen lassen. Wahrscheinlich aber sind die Mitglieder desselben auch des Streites müde.

Frankreich.

Der neue Botschafter von Neapel, Herzog von Serra Capriola, ist in Paris eingetroffen, und hat sogleich das Botschaftshotel, rue las Cases, Faubourg St. Germain, bezogen.

[irrelevantes Material] In der Sitzung der Pairskammer am 13 April erstattete zuerst Graf Mosbourg Bericht über den verlangten Zuschußcredit für Militärpensionen. Sodann erhielt Hr. v. Castellane das Wort über den Gesetzesentwurf der Berufung von 80,000 Mann aus der Classe von 1839. Er machte tadelnde Bemerkungen in Bezug auf die Revisionsconseils, in denen er eine größere Zahl von Militären eingeführt wünschte, so wie über die Zulassung zum Dienste mit 18 Jahren, statt mit 16, wie früher der Fall gewesen. Der Kriegsminister erwiederte, die Regierung habe dem Gegenstand ihre ganze Aufmerksamkeit zugewandt, und er verspreche über einige der aufgeworfenen Fragen nach Verfluß einiger Zeit einen besondern Gesetzesentwurf vorzulegen. Uebrigens würde das Annehmen von 16jährigen Recruten die ganze gegenwärtige Gesetzgebung umstoßen. Der Minister rechtfertigt bei diesem Anlaß die militärischen Ersatzmänner gegen Vorwürfe, die man diesen gemacht habe, und sagt, daß die tapfern Vertheidiger von Masagran großentheils Ersatzmänner gewesen seyen. Hr. de la Place erneuert die Angriffe gegen die Ersatzmänner, besonders wegen ihrer Indisciplin, während sie doch mehr als ein Viertheil des Ganzen im Jahre ausmachen. Hr. d'Ambrugeac will große Vorsicht bei Aenderung des Gesetzes. Der Entwurf ward hierauf mit 116 weißen ohne eine schwarze Kugel angenommen. Ein Gesetzesentwurf zur Eröffnung eines Credits von 800,000 Fr. für Arbeiten in der Pairskammer ging ohne Erörterung mit 97 weißen gegen 2 schwarze Kugeln durch.

(Messager.) Am 12 April Abends hatte sich noch kein Deputirter zu Gunsten des Conversionsentwurfs einschreiben lassen, nur vier stehen bis jetzt auf der Liste, und diese vier sind gegen den Entwurf eingeschrieben; es sind die HH. v. Laborde, Liadières, Lamartine und Fould.

Der Bischof von Algier ist von Paris nach Bordeaux abgereist, wo er einige Tage verweilen und dann nach Afrika zurückkehren wird.

Der berühmte dänische Archäolog, Hr. Brönsted, ist von London in Paris angekommen.

(Echo du Nord.) Die Carlistischen Generale Ellio und Alzaa sind mit der Pariser Diligence, in Begleitung mehrerer Gendarmen, in Lille angekommen. Die Polizei erwartete sie im Hofe der Messagerien; sie wurden sogleich in einem Fiacre nach der Citadelle gebracht, wo sie eingeschlossen sind.

Die Reform der auf das Wahlrecht zur Deputirtenkammer bezüglichen Gesetze bildete bekanntlich den Gegenstand einer Menge Bittschriften, die im Laufe der vorjährigen Session einkamen, und dem Vernehmen nach im Ganzen über 200,000 Unterschriften zählten. Jede der verschiedenen Fractionen der Kammer bildete damals ein Comité zur Prüfung dieser Frage und jedes dieser Comité's veröffentlichte nachher seinen Vorschlag durch den Druck. Die Frage erhält jetzt ihre Lösung in einer Weise, daß alle jene Bittschriften und Arbeiten ohne Erfolg bleiben, oder wenigstens der Erfolg in weite Ferne gerückt wird. Die Unterzeichner der Bittschriften und die Comités hatten entweder für jeden Franzosen, oder doch für alle zum Dienste der Nationalgarde verpflichteten Personen das Wahlrecht gefordert, und zugleich in beiden Fällen die Abschaffung des den Wählern jetzt obliegenden Eides der Treue gegen den König beantragt; oder waren sie auf einem der folgenden Punkte bestanden: 1) zwei Grade von Wählern (Urwahlen zur Bezeichnung der eigentlichen Wähler); 2) daß gewisse Personen, die wegen ihrer Kenntnisse oder Aemter ohne weitern Census auf der Liste der Geschwornen figuriren, auch auf die der Wähler gebracht werden. 3) Daß der Wahlcensus (jetzt 200 Fr.) auf 100 herabgesetzt werde; 4) daß jeder Wähler auch zum Deputirten gewählt werden könne, mit Abschaffung des jetzt hierzu erforderlichen Census von 500 Fr. Die Commission der Bittschriften, bestehend aus fünf gemäßigten Reformisten und vier Anti-Reformisten, hat nunmehr ihren Entschluß gefaßt, der vermuthlich in der Kammersitzung vom 18 d. vorgelesen und genehmigt werden wird. Sie schlägt vor, zur Tagesordnung überzugehen (d. h. gänzlich zu verwerfen) über das Petitum des Wahlrechts für alle Franzosen sowohl als für die Nationalgarde und über den Eid; sie verweist die übrigen Punkte vor den Präsidenten des Cabinets und den Minister des Innern, um solche näher prüfen zu lassen. – Der Bericht der Commission über den Streit zwischen den beiden Arten von Zucker ist nunmehr ebenfalls beschlossen. Nach dem Gesetz von 1837 bezahlte der Colonialzucker 45 Fr., der Runkelrübenzucker 15 Fr.; eine königliche Ordonnanz von 1839 hatte provisorisch die Auflage auf letztern bis zu 27 Fr. erhöht; der vom vorigen Ministerium vorgelegte Entwurf machte diese Erhöhung zum Gesetz, sicherte indessen den Runkelrüben-Fabricanten eine Entschädigung von 40 Millionen zu. Die Commission verwirft diesen letztern Antrag gänzlich, und will die Auflage auf den inländischen Zucker auf 15 Fr. reducirt wissen, wobei der Colonialzucker auf 45 Fr. bliebe. Der Finanzminister weigert sich in diesen Vorschlag einzugehen; er hat in den Conferenzen mit der Commission auf 27 Fr. für den inländischen Zucker bestanden. Mehrere Mitglieder der Commission hätten 20 oder gar 25 Fr. zugestanden; allein der Minister erklärte, keine weitere Herabsetzung zugeben zu können. In dieser Lage wird die Frage vor die Kammer kommen.

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[0868/0004] die Ländereien in Ober-Canada bestimmt worden, andere als die anglicanische meine. Die Frage dreht sich eigentlich nur um den Punkt, ob die Geistlichkeit der schottischen Kirche gemeint sey, die, wie der Bischof sagte, er wenigstens als keine Kirche anerkennen könne! Es ist nun zwar keine Parteifrage; aber es fügte sich doch, daß die Mehrheit gänzlich aus Tories bestand, und es steht daher zu befürchten, daß dieselben den verzweifelten Schritt thun werden, die Königin um die Verwerfung der von der ober-canadischen Legislatur überschickten Bill aufzufordern. Da nur sechs Richter in der Stadt sind, so haben diese es abgelehnt, eine Erklärung zu geben; und folglich muß das Haus warten bis nach Ostern. Die Tories aber, welche sich gern auf den Ausspruch der Richter stützen möchten, wünschen, daß der Erzbischof von Canterbury seinen Vorschlag verschiebe. Da aber unterdessen die gesetzliche Frist von dreißig Tagen vorübergehen würde, während welcher eine solche Bill vor dem Parlament zu liegen hat, ehe die Krone darüber entscheiden kann, so forderte Lord Ellenborough gestern Abend den Lord Melbourne auf, das Versprechen zu geben, daß die Krone vor der Wiederversammlung des Parlaments ihre Einwilligung nicht geben solle, und nicht nur dieses, sondern auch, daß sie sich dessen ganz und gar enthalten wolle, wenn das Haus in diesem Sinne entscheiden würde. Melbourne weigerte sich jedoch fürs erste ein solches Versprechen zu geben. (S. oben.) – Die Privilegienbill ist durch den Ausschuß gegangen, und soll morgen zum drittenmal verlesen werden. Die Frage ist aber, ob das Unterhaus die angebrachten Veränderungen sich wird gefallen lassen. Wahrscheinlich aber sind die Mitglieder desselben auch des Streites müde. Frankreich. _ Paris, 13 April. Der neue Botschafter von Neapel, Herzog von Serra Capriola, ist in Paris eingetroffen, und hat sogleich das Botschaftshotel, rue las Cases, Faubourg St. Germain, bezogen. _ In der Sitzung der Pairskammer am 13 April erstattete zuerst Graf Mosbourg Bericht über den verlangten Zuschußcredit für Militärpensionen. Sodann erhielt Hr. v. Castellane das Wort über den Gesetzesentwurf der Berufung von 80,000 Mann aus der Classe von 1839. Er machte tadelnde Bemerkungen in Bezug auf die Revisionsconseils, in denen er eine größere Zahl von Militären eingeführt wünschte, so wie über die Zulassung zum Dienste mit 18 Jahren, statt mit 16, wie früher der Fall gewesen. Der Kriegsminister erwiederte, die Regierung habe dem Gegenstand ihre ganze Aufmerksamkeit zugewandt, und er verspreche über einige der aufgeworfenen Fragen nach Verfluß einiger Zeit einen besondern Gesetzesentwurf vorzulegen. Uebrigens würde das Annehmen von 16jährigen Recruten die ganze gegenwärtige Gesetzgebung umstoßen. Der Minister rechtfertigt bei diesem Anlaß die militärischen Ersatzmänner gegen Vorwürfe, die man diesen gemacht habe, und sagt, daß die tapfern Vertheidiger von Masagran großentheils Ersatzmänner gewesen seyen. Hr. de la Place erneuert die Angriffe gegen die Ersatzmänner, besonders wegen ihrer Indisciplin, während sie doch mehr als ein Viertheil des Ganzen im Jahre ausmachen. Hr. d'Ambrugeac will große Vorsicht bei Aenderung des Gesetzes. Der Entwurf ward hierauf mit 116 weißen ohne eine schwarze Kugel angenommen. Ein Gesetzesentwurf zur Eröffnung eines Credits von 800,000 Fr. für Arbeiten in der Pairskammer ging ohne Erörterung mit 97 weißen gegen 2 schwarze Kugeln durch. (Messager.) Am 12 April Abends hatte sich noch kein Deputirter zu Gunsten des Conversionsentwurfs einschreiben lassen, nur vier stehen bis jetzt auf der Liste, und diese vier sind gegen den Entwurf eingeschrieben; es sind die HH. v. Laborde, Liadières, Lamartine und Fould. Der Bischof von Algier ist von Paris nach Bordeaux abgereist, wo er einige Tage verweilen und dann nach Afrika zurückkehren wird. Der berühmte dänische Archäolog, Hr. Brönsted, ist von London in Paris angekommen. (Echo du Nord.) Die Carlistischen Generale Ellio und Alzaa sind mit der Pariser Diligence, in Begleitung mehrerer Gendarmen, in Lille angekommen. Die Polizei erwartete sie im Hofe der Messagerien; sie wurden sogleich in einem Fiacre nach der Citadelle gebracht, wo sie eingeschlossen sind. _ Paris, 12 April. Die Reform der auf das Wahlrecht zur Deputirtenkammer bezüglichen Gesetze bildete bekanntlich den Gegenstand einer Menge Bittschriften, die im Laufe der vorjährigen Session einkamen, und dem Vernehmen nach im Ganzen über 200,000 Unterschriften zählten. Jede der verschiedenen Fractionen der Kammer bildete damals ein Comité zur Prüfung dieser Frage und jedes dieser Comité's veröffentlichte nachher seinen Vorschlag durch den Druck. Die Frage erhält jetzt ihre Lösung in einer Weise, daß alle jene Bittschriften und Arbeiten ohne Erfolg bleiben, oder wenigstens der Erfolg in weite Ferne gerückt wird. Die Unterzeichner der Bittschriften und die Comités hatten entweder für jeden Franzosen, oder doch für alle zum Dienste der Nationalgarde verpflichteten Personen das Wahlrecht gefordert, und zugleich in beiden Fällen die Abschaffung des den Wählern jetzt obliegenden Eides der Treue gegen den König beantragt; oder waren sie auf einem der folgenden Punkte bestanden: 1) zwei Grade von Wählern (Urwahlen zur Bezeichnung der eigentlichen Wähler); 2) daß gewisse Personen, die wegen ihrer Kenntnisse oder Aemter ohne weitern Census auf der Liste der Geschwornen figuriren, auch auf die der Wähler gebracht werden. 3) Daß der Wahlcensus (jetzt 200 Fr.) auf 100 herabgesetzt werde; 4) daß jeder Wähler auch zum Deputirten gewählt werden könne, mit Abschaffung des jetzt hierzu erforderlichen Census von 500 Fr. Die Commission der Bittschriften, bestehend aus fünf gemäßigten Reformisten und vier Anti-Reformisten, hat nunmehr ihren Entschluß gefaßt, der vermuthlich in der Kammersitzung vom 18 d. vorgelesen und genehmigt werden wird. Sie schlägt vor, zur Tagesordnung überzugehen (d. h. gänzlich zu verwerfen) über das Petitum des Wahlrechts für alle Franzosen sowohl als für die Nationalgarde und über den Eid; sie verweist die übrigen Punkte vor den Präsidenten des Cabinets und den Minister des Innern, um solche näher prüfen zu lassen. – Der Bericht der Commission über den Streit zwischen den beiden Arten von Zucker ist nunmehr ebenfalls beschlossen. Nach dem Gesetz von 1837 bezahlte der Colonialzucker 45 Fr., der Runkelrübenzucker 15 Fr.; eine königliche Ordonnanz von 1839 hatte provisorisch die Auflage auf letztern bis zu 27 Fr. erhöht; der vom vorigen Ministerium vorgelegte Entwurf machte diese Erhöhung zum Gesetz, sicherte indessen den Runkelrüben-Fabricanten eine Entschädigung von 40 Millionen zu. Die Commission verwirft diesen letztern Antrag gänzlich, und will die Auflage auf den inländischen Zucker auf 15 Fr. reducirt wissen, wobei der Colonialzucker auf 45 Fr. bliebe. Der Finanzminister weigert sich in diesen Vorschlag einzugehen; er hat in den Conferenzen mit der Commission auf 27 Fr. für den inländischen Zucker bestanden. Mehrere Mitglieder der Commission hätten 20 oder gar 25 Fr. zugestanden; allein der Minister erklärte, keine weitere Herabsetzung zugeben zu können. In dieser Lage wird die Frage vor die Kammer kommen.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 109. Augsburg, 18. April 1840, S. 0868. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_109_18400418/4>, abgerufen am 25.04.2024.