Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Allgemeine Zeitung. Nr. 107. Augsburg, 16. April 1840.

Bild:
<< vorherige Seite
Frankreich.

(Moniteur.) Telegraphische Depesche. Toulon, 10 April. Die Prinzen sind heute um 3 Uhr nach Algier abgereist, nachdem sie die auf der Rhede befindlichen Kriegsschiffe besucht hatten.

Hr. Martin Laffitte, einer der drei Geranten der Handels- und Industriecasse, Bruder des Hrn. Jacques Laffitte, ist am 10 April an einem apoplektischen Anfall gestorben.

[irrelevantes Material] In der Sitzung der Deputirtenkammer am 11 April erhielt Hr. Rivet im Namen des Hrn. Muret de Bort das Wort zur Verlesung des Berichts über den Gesetzesentwurf der Renten. Die Kammer verlangt nicht den Bericht, sondern nur den Gesetzesentwurf anzuhören. Dieser besteht darin, daß die Regierung ermächtigt werden soll, die Heimzahlung der fünfprocentigen Renten im Verhältniß zu 100 Fr. für 5proc. Renten zu bewerkstelligen. Die Rentiers, welche die Conversion vorziehen sollten, sollen nach ihrer Wahl einen Titel von 4 1/2 oder 3 1/2 Proc. empfangen. Die Erklärung der Conversion, oder der Heimzahlung soll in drei Monaten geschehen. Wenn die Maaßregel einmal vollzogen sey, so könne die Regierung von diesem Tage an zehn Jahre lang keinen Gebrauch mehr von ihrem Rechte der Heimzahlung machen. Die Kammer setzt die Erörterung des Entwurfs auf nächsten Donnerstag fest. - Hr. Fould trägt darauf an, daß das Verzeichniß der außer dem Budget verlangten Credite aufgesetzt und gedruckt werde. Der Finanzminister, Hr. Pelet, bemerkt, daß er noch in dieser Sitzung eine solche Creditforderung der Kammer vorzulegen habe. Sein Antrag zu einem Zuschußcredit für 1840für die verschiedenen Ministerien beträgt im Ganzen die Summe von 30,733,000 Fr. Der Conseilpräsident: "Ich unterlege Ihnen hiermit einen in unserm Verhältniß zum Ausland unvorhergesehenen Umstand. Sie erinnern sich, daß in den letzten Jahren ein Conflict zwischen Frankreich und einigen Republiken von Südamerika stattgefunden hat. Die Gerechtigkeit unserer Sache war unbestreitbar, und bald darauf endigte eine für unsere Marine glorreiche Waffenthat unsern Zwist mit Mexico. Die Republik von Buenos-Ayres leistete längern Widerstand. Ihr befremdliches Betragen würde sicher eine Repression gefordert haben, wenn Frankreich nicht zu hoch gestellt wäre, als daß es sich für den Augenblick von wichtigern Interessen hätte abwenden sollen. (Beifall.) Inzwischen ward die Blokade verstärkt und soll ferner verstärkt werden. Unsere Waffen haben Verbündete gefunden; denn wir sind nicht die Einzigen, welche die Regierung von Buenos-Ayres in ihren Interessen verletzt hat. Montevideo und die argentinischen Staaten haben das Föderativband abgeschüttelt. Buenos-Ayres wird bald genöthigt seyn, ihre Ansprüche ebenso, wie die unsrigen, anzuerkennen. Inzwischen wurden unsere Agenten ermächtigt, die zur Vertheidigung unserer Rechte in jenen Gegenden nothwendigen Ausgaben zu machen. Die Ausgaben mögen sich bereits auf 15 bis 16 Millionen Fr. belaufen. Die Tratten sind auf den Schatz gezogen und müssen unverzüglich ankommen. Wir können unsere Agenten nicht desavouiren; da aber die Kammern versammelt sind, so hielten wir es für Pflicht, vor der Annahme der Tratten den nöthigen Credit dafür und für weitere unvorherzusehende Ausgaben (die er vorläufig auf 1,500,000 Fr. annahm) zu verlangen." (Abgang der Post.)

(Courrier francais.) Die Petitionscommission hat sich eute (10) auf ihrem Bureau versammelt, um die Verlesung des Berichts des Hrn. Golbery über die Wahlreform zu hören. Die Debatten dauerten lang und waren sehr lebhaft. Die Abwesenheit eines Mitglieds der reformistischen Meinung konnte die Frage durch Herbeiführung einer Theilung compromittiren, als ein durch ehrenwerthe Loyalität geleitetes Mitglied der entgegengesetzten Meinung erklärte, daß es aus einem zufälligen Umstande keinen Vortheil ziehen wolle und keinen Nachtheil dabei sehe, den Bericht so, wie er verfaßt sey, anzunehmen. Die angenommenen Anträge sollen folgende seyn: Verwerfung des directen allgemeinen Stimmrechts, so wie des Wahlrechts der Nationalgarde, und der vorgeschlagenen Abschaffung des politischen Eides. Alle andern Fragen, mit Inbegriff des Votums in zwei Graden, so wie es von der constituirenden Versammlung beschlossen ward, sollen an die Minister verwiesen und zugleich auf dem Bureau der Nachweisungen niedergelegt werden, indem die Wahlfragen hauptsächlich Fragen seyen, deren Initiative der Kammer gebühre.

(Quotidienne.) Die Carlistischen Generale Elio und Alzaa, die sich seit einiger Zeit in Paris auf Ehrenwort aufhielten, wurden gestern von der Polizei verhaftet, ohne daß man wußte, nach welchem Depot von Flüchtlingen sie gebracht worden wären. Man glaubt inzwischen, daß sie getrennt worden und General Elio nach Amiens abgereist sey.

(Presse.) Die Eisenbahnunternehmungen scheinen auf dem Punkt, einen neuen Aufschwung zu nehmen. Hr. Guizot hat von London an den Minister der öffentlichen Arbeiten geschrieben, daß die Directoren der verschiedenen englischen Compagnien sich in seiner Gegenwart verpflichtet haben, bis zum Betrage von 25 Millionen bei der Ausgabe, die durch die Anlegung einer Eisenbahn von Paris nach Rouen veranlaßt werden könnte, mitzuwirken. Andrerseits meldet man, daß das Haus Rothschild die Absicht habe, den Bau der Linie von Paris nach Valenciennes zu übernehmen. Es hat bereits in dieser Beziehung eine Conferenz zwischen diesem Hause und dem Conseilpräsidenten stattgefunden.

Man läßt den guten Absichten des Ministeriums und seiner außerordentlichen Thätigkeit in Betreff der öffentlichen Arbeiten Gerechtigkeit widerfahren, aber Jedermann findet die Eisenbahnvorschläge unzureichend, ungeachtet von Verwendung einer Summe von 50 bis 60 Millionen für das laufende Jahr die Rede ist. Auch scheint es in der That, das Ministerium habe dieß vorausgesehen, und es sey in seiner Absicht gelegen, das Publicum und die Kammer in dieser Sache die Initiative ergreifen zu lassen. Es wollte sich wohl nicht dem Tadel der Conservativen bloßstellen, als wolle es sich Hals über Kopf in die öffentlichen Unternehmungen und in die Schuldenvermehrung stürzen, in der Absicht eine große Clientel zu gewinnen. Daß es so kommen werde, wie es kam, daß Jedermann noch mehr Canäle und Eisenbahnen werde haben wollen, war leicht vorherzusehen, und das Ministerium ist nicht so sehr aller Einsichten bar, um nicht zu wissen, daß der Staat durch kräftige Unterstützung dieser Unternehmungen nicht nur nichts verliert, sondern im Lauf der Zeit gewinnen, und zwar sehr ansehnlich gewinnen muß. Die Erfahrung von England hat zur Genüge bewiesen, wie sehr die productiven Kräfte und die Erträgnisse der Consumtionsauflagen durch Canäle und Eisenbahnen gehoben werden. Dazu kommt, daß in Frankreich die Auflage bei Güterveräußerungen auf den Betrag der Kaufssumme sehr bedeutend ist, und daß bekanntlich die Canäle und Eisenbahnen auf die Vermehrung des Werthes von Grund und Boden außerordentlichen Einfluß

Frankreich.

(Moniteur.) Telegraphische Depesche. Toulon, 10 April. Die Prinzen sind heute um 3 Uhr nach Algier abgereist, nachdem sie die auf der Rhede befindlichen Kriegsschiffe besucht hatten.

Hr. Martin Laffitte, einer der drei Géranten der Handels- und Industriecasse, Bruder des Hrn. Jacques Laffitte, ist am 10 April an einem apoplektischen Anfall gestorben.

[irrelevantes Material] In der Sitzung der Deputirtenkammer am 11 April erhielt Hr. Rivet im Namen des Hrn. Muret de Bort das Wort zur Verlesung des Berichts über den Gesetzesentwurf der Renten. Die Kammer verlangt nicht den Bericht, sondern nur den Gesetzesentwurf anzuhören. Dieser besteht darin, daß die Regierung ermächtigt werden soll, die Heimzahlung der fünfprocentigen Renten im Verhältniß zu 100 Fr. für 5proc. Renten zu bewerkstelligen. Die Rentiers, welche die Conversion vorziehen sollten, sollen nach ihrer Wahl einen Titel von 4 1/2 oder 3 1/2 Proc. empfangen. Die Erklärung der Conversion, oder der Heimzahlung soll in drei Monaten geschehen. Wenn die Maaßregel einmal vollzogen sey, so könne die Regierung von diesem Tage an zehn Jahre lang keinen Gebrauch mehr von ihrem Rechte der Heimzahlung machen. Die Kammer setzt die Erörterung des Entwurfs auf nächsten Donnerstag fest. – Hr. Fould trägt darauf an, daß das Verzeichniß der außer dem Budget verlangten Credite aufgesetzt und gedruckt werde. Der Finanzminister, Hr. Pelet, bemerkt, daß er noch in dieser Sitzung eine solche Creditforderung der Kammer vorzulegen habe. Sein Antrag zu einem Zuschußcredit für 1840für die verschiedenen Ministerien beträgt im Ganzen die Summe von 30,733,000 Fr. Der Conseilpräsident: „Ich unterlege Ihnen hiermit einen in unserm Verhältniß zum Ausland unvorhergesehenen Umstand. Sie erinnern sich, daß in den letzten Jahren ein Conflict zwischen Frankreich und einigen Republiken von Südamerika stattgefunden hat. Die Gerechtigkeit unserer Sache war unbestreitbar, und bald darauf endigte eine für unsere Marine glorreiche Waffenthat unsern Zwist mit Mexico. Die Republik von Buenos-Ayres leistete längern Widerstand. Ihr befremdliches Betragen würde sicher eine Repression gefordert haben, wenn Frankreich nicht zu hoch gestellt wäre, als daß es sich für den Augenblick von wichtigern Interessen hätte abwenden sollen. (Beifall.) Inzwischen ward die Blokade verstärkt und soll ferner verstärkt werden. Unsere Waffen haben Verbündete gefunden; denn wir sind nicht die Einzigen, welche die Regierung von Buenos-Ayres in ihren Interessen verletzt hat. Montevideo und die argentinischen Staaten haben das Föderativband abgeschüttelt. Buenos-Ayres wird bald genöthigt seyn, ihre Ansprüche ebenso, wie die unsrigen, anzuerkennen. Inzwischen wurden unsere Agenten ermächtigt, die zur Vertheidigung unserer Rechte in jenen Gegenden nothwendigen Ausgaben zu machen. Die Ausgaben mögen sich bereits auf 15 bis 16 Millionen Fr. belaufen. Die Tratten sind auf den Schatz gezogen und müssen unverzüglich ankommen. Wir können unsere Agenten nicht desavouiren; da aber die Kammern versammelt sind, so hielten wir es für Pflicht, vor der Annahme der Tratten den nöthigen Credit dafür und für weitere unvorherzusehende Ausgaben (die er vorläufig auf 1,500,000 Fr. annahm) zu verlangen.“ (Abgang der Post.)

(Courrier français.) Die Petitionscommission hat sich eute (10) auf ihrem Bureau versammelt, um die Verlesung des Berichts des Hrn. Golbéry über die Wahlreform zu hören. Die Debatten dauerten lang und waren sehr lebhaft. Die Abwesenheit eines Mitglieds der reformistischen Meinung konnte die Frage durch Herbeiführung einer Theilung compromittiren, als ein durch ehrenwerthe Loyalität geleitetes Mitglied der entgegengesetzten Meinung erklärte, daß es aus einem zufälligen Umstande keinen Vortheil ziehen wolle und keinen Nachtheil dabei sehe, den Bericht so, wie er verfaßt sey, anzunehmen. Die angenommenen Anträge sollen folgende seyn: Verwerfung des directen allgemeinen Stimmrechts, so wie des Wahlrechts der Nationalgarde, und der vorgeschlagenen Abschaffung des politischen Eides. Alle andern Fragen, mit Inbegriff des Votums in zwei Graden, so wie es von der constituirenden Versammlung beschlossen ward, sollen an die Minister verwiesen und zugleich auf dem Bureau der Nachweisungen niedergelegt werden, indem die Wahlfragen hauptsächlich Fragen seyen, deren Initiative der Kammer gebühre.

(Quotidienne.) Die Carlistischen Generale Elio und Alzaa, die sich seit einiger Zeit in Paris auf Ehrenwort aufhielten, wurden gestern von der Polizei verhaftet, ohne daß man wußte, nach welchem Depot von Flüchtlingen sie gebracht worden wären. Man glaubt inzwischen, daß sie getrennt worden und General Elio nach Amiens abgereist sey.

(Presse.) Die Eisenbahnunternehmungen scheinen auf dem Punkt, einen neuen Aufschwung zu nehmen. Hr. Guizot hat von London an den Minister der öffentlichen Arbeiten geschrieben, daß die Directoren der verschiedenen englischen Compagnien sich in seiner Gegenwart verpflichtet haben, bis zum Betrage von 25 Millionen bei der Ausgabe, die durch die Anlegung einer Eisenbahn von Paris nach Rouen veranlaßt werden könnte, mitzuwirken. Andrerseits meldet man, daß das Haus Rothschild die Absicht habe, den Bau der Linie von Paris nach Valenciennes zu übernehmen. Es hat bereits in dieser Beziehung eine Conferenz zwischen diesem Hause und dem Conseilpräsidenten stattgefunden.

Man läßt den guten Absichten des Ministeriums und seiner außerordentlichen Thätigkeit in Betreff der öffentlichen Arbeiten Gerechtigkeit widerfahren, aber Jedermann findet die Eisenbahnvorschläge unzureichend, ungeachtet von Verwendung einer Summe von 50 bis 60 Millionen für das laufende Jahr die Rede ist. Auch scheint es in der That, das Ministerium habe dieß vorausgesehen, und es sey in seiner Absicht gelegen, das Publicum und die Kammer in dieser Sache die Initiative ergreifen zu lassen. Es wollte sich wohl nicht dem Tadel der Conservativen bloßstellen, als wolle es sich Hals über Kopf in die öffentlichen Unternehmungen und in die Schuldenvermehrung stürzen, in der Absicht eine große Clientel zu gewinnen. Daß es so kommen werde, wie es kam, daß Jedermann noch mehr Canäle und Eisenbahnen werde haben wollen, war leicht vorherzusehen, und das Ministerium ist nicht so sehr aller Einsichten bar, um nicht zu wissen, daß der Staat durch kräftige Unterstützung dieser Unternehmungen nicht nur nichts verliert, sondern im Lauf der Zeit gewinnen, und zwar sehr ansehnlich gewinnen muß. Die Erfahrung von England hat zur Genüge bewiesen, wie sehr die productiven Kräfte und die Erträgnisse der Consumtionsauflagen durch Canäle und Eisenbahnen gehoben werden. Dazu kommt, daß in Frankreich die Auflage bei Güterveräußerungen auf den Betrag der Kaufssumme sehr bedeutend ist, und daß bekanntlich die Canäle und Eisenbahnen auf die Vermehrung des Werthes von Grund und Boden außerordentlichen Einfluß

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0004" n="0852"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Frankreich.</hi> </head><lb/>
        <div n="2">
          <byline>
            <docAuthor>
              <gap reason="insignificant"/>
            </docAuthor>
          </byline>
          <dateline><hi rendition="#b">Paris,</hi> 11 April.</dateline><lb/>
          <p>(<hi rendition="#g">Moniteur</hi>.) Telegraphische Depesche. <hi rendition="#b">Toulon</hi>, 10 April. Die Prinzen sind heute um 3 Uhr nach Algier abgereist, nachdem sie die auf der Rhede befindlichen Kriegsschiffe besucht hatten.</p><lb/>
          <p>Hr. Martin Laffitte, einer der drei Géranten der Handels- und Industriecasse, Bruder des Hrn. Jacques Laffitte, ist am 10 April an einem apoplektischen Anfall gestorben.</p><lb/>
          <p><bibl><gap reason="insignificant"/></bibl> In der Sitzung der <hi rendition="#g">Deputirtenkammer</hi> am 11 April erhielt Hr. Rivet im Namen des Hrn. Muret de Bort das Wort zur Verlesung des Berichts über den Gesetzesentwurf der Renten. Die Kammer verlangt nicht den Bericht, sondern nur den Gesetzesentwurf anzuhören. Dieser besteht darin, daß die Regierung ermächtigt werden soll, die Heimzahlung der fünfprocentigen Renten im Verhältniß zu 100 Fr. für 5proc. Renten zu bewerkstelligen. Die Rentiers, welche die Conversion vorziehen sollten, sollen nach ihrer Wahl einen Titel von 4 1/2 oder 3 1/2 Proc. empfangen. Die Erklärung der Conversion, oder der Heimzahlung soll in drei Monaten geschehen. Wenn die Maaßregel einmal vollzogen sey, so könne die Regierung von diesem Tage an zehn Jahre lang keinen Gebrauch mehr von ihrem Rechte der Heimzahlung machen. Die Kammer setzt die Erörterung des Entwurfs auf nächsten Donnerstag fest. &#x2013; Hr. <hi rendition="#g">Fould</hi> trägt darauf an, daß das Verzeichniß der außer dem Budget verlangten Credite aufgesetzt und gedruckt werde. Der Finanzminister, Hr. <hi rendition="#g">Pelet</hi>, bemerkt, daß er noch in dieser Sitzung eine solche Creditforderung der Kammer vorzulegen habe. Sein Antrag zu einem Zuschußcredit für 1840für die verschiedenen Ministerien beträgt im Ganzen die Summe von 30,733,000 Fr. Der <hi rendition="#g">Conseilpräsident</hi>: &#x201E;Ich unterlege Ihnen hiermit einen in unserm Verhältniß zum Ausland unvorhergesehenen Umstand. Sie erinnern sich, daß in den letzten Jahren ein Conflict zwischen Frankreich und einigen Republiken von Südamerika stattgefunden hat. Die Gerechtigkeit unserer Sache war unbestreitbar, und bald darauf endigte eine für unsere Marine glorreiche Waffenthat unsern Zwist mit Mexico. Die Republik von Buenos-Ayres leistete längern Widerstand. Ihr befremdliches Betragen würde sicher eine Repression gefordert haben, wenn Frankreich nicht zu hoch gestellt wäre, als daß es sich für den Augenblick von wichtigern Interessen hätte abwenden sollen. (Beifall.) Inzwischen ward die Blokade verstärkt und soll ferner verstärkt werden. Unsere Waffen haben Verbündete gefunden; denn wir sind nicht die Einzigen, welche die Regierung von Buenos-Ayres in ihren Interessen verletzt hat. Montevideo und die argentinischen Staaten haben das Föderativband abgeschüttelt. Buenos-Ayres wird bald genöthigt seyn, ihre Ansprüche ebenso, wie die unsrigen, anzuerkennen. Inzwischen wurden unsere Agenten ermächtigt, die zur Vertheidigung unserer Rechte in jenen Gegenden nothwendigen Ausgaben zu machen. Die Ausgaben mögen sich bereits auf 15 bis 16 Millionen Fr. belaufen. Die Tratten sind auf den Schatz gezogen und müssen unverzüglich ankommen. Wir können unsere Agenten nicht desavouiren; da aber die Kammern versammelt sind, so hielten wir es für Pflicht, vor der Annahme der Tratten den nöthigen Credit dafür und für weitere unvorherzusehende Ausgaben (die er vorläufig auf 1,500,000 Fr. annahm) zu verlangen.&#x201C; (Abgang der Post.)</p><lb/>
          <p>(<hi rendition="#g">Courrier français</hi>.) Die Petitionscommission hat sich eute (10) auf ihrem Bureau versammelt, um die Verlesung des Berichts des Hrn. Golbéry über die Wahlreform zu hören. Die Debatten dauerten lang und waren sehr lebhaft. Die Abwesenheit eines Mitglieds der reformistischen Meinung konnte die Frage durch Herbeiführung einer Theilung compromittiren, als ein durch ehrenwerthe Loyalität geleitetes Mitglied der entgegengesetzten Meinung erklärte, daß es aus einem zufälligen Umstande keinen Vortheil ziehen wolle und keinen Nachtheil dabei sehe, den Bericht so, wie er verfaßt sey, anzunehmen. Die angenommenen Anträge sollen folgende seyn: Verwerfung des directen allgemeinen Stimmrechts, so wie des Wahlrechts der Nationalgarde, und der vorgeschlagenen Abschaffung des politischen Eides. Alle andern Fragen, mit Inbegriff des Votums in zwei Graden, so wie es von der constituirenden Versammlung beschlossen ward, sollen an die Minister verwiesen und zugleich auf dem Bureau der Nachweisungen niedergelegt werden, indem die Wahlfragen hauptsächlich Fragen seyen, deren Initiative der Kammer gebühre.</p><lb/>
          <p>(<hi rendition="#g">Quotidienne</hi>.) Die Carlistischen Generale Elio und Alzaa, die sich seit einiger Zeit in Paris auf Ehrenwort aufhielten, wurden gestern von der Polizei verhaftet, ohne daß man wußte, nach welchem Depot von Flüchtlingen sie gebracht worden wären. Man glaubt inzwischen, daß sie getrennt worden und General Elio nach Amiens abgereist sey.</p><lb/>
          <p>(<hi rendition="#g">Presse</hi>.) Die Eisenbahnunternehmungen scheinen auf dem Punkt, einen neuen Aufschwung zu nehmen. Hr. Guizot hat von London an den Minister der öffentlichen Arbeiten geschrieben, daß die Directoren der verschiedenen englischen Compagnien sich in seiner Gegenwart verpflichtet haben, bis zum Betrage von 25 Millionen bei der Ausgabe, die durch die Anlegung einer Eisenbahn von Paris nach Rouen veranlaßt werden könnte, mitzuwirken. Andrerseits meldet man, daß das Haus Rothschild die Absicht habe, den Bau der Linie von Paris nach Valenciennes zu übernehmen. Es hat bereits in dieser Beziehung eine Conferenz zwischen diesem Hause und dem Conseilpräsidenten stattgefunden.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <byline>
            <gap reason="insignificant" unit="chars" quantity="1"/>
          </byline>
          <dateline><hi rendition="#b">Paris,</hi> 10 April.</dateline>
          <p> Man läßt den guten Absichten des Ministeriums und seiner außerordentlichen Thätigkeit in Betreff der öffentlichen Arbeiten Gerechtigkeit widerfahren, aber Jedermann findet die Eisenbahnvorschläge unzureichend, ungeachtet von Verwendung einer Summe von 50 bis 60 Millionen für das laufende Jahr die Rede ist. Auch scheint es in der That, das Ministerium habe dieß vorausgesehen, und es sey in seiner Absicht gelegen, das Publicum und die Kammer in dieser Sache die Initiative ergreifen zu lassen. Es wollte sich wohl nicht dem Tadel der Conservativen bloßstellen, als wolle es sich Hals über Kopf in die öffentlichen Unternehmungen und in die Schuldenvermehrung stürzen, in der Absicht eine große Clientel zu gewinnen. Daß es so kommen werde, wie es kam, daß Jedermann noch mehr Canäle und Eisenbahnen werde haben wollen, war leicht vorherzusehen, und das Ministerium ist nicht so sehr aller Einsichten bar, um nicht zu wissen, daß der Staat durch kräftige Unterstützung dieser Unternehmungen nicht nur nichts verliert, sondern im Lauf der Zeit gewinnen, und zwar sehr ansehnlich gewinnen muß. Die Erfahrung von England hat zur Genüge bewiesen, wie sehr die productiven Kräfte und die Erträgnisse der Consumtionsauflagen durch Canäle und Eisenbahnen gehoben werden. Dazu kommt, daß in Frankreich die Auflage bei Güterveräußerungen auf den Betrag der Kaufssumme sehr bedeutend ist, und daß bekanntlich die Canäle und Eisenbahnen auf die Vermehrung des Werthes von Grund und Boden außerordentlichen Einfluß<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0852/0004] Frankreich. _ Paris, 11 April. (Moniteur.) Telegraphische Depesche. Toulon, 10 April. Die Prinzen sind heute um 3 Uhr nach Algier abgereist, nachdem sie die auf der Rhede befindlichen Kriegsschiffe besucht hatten. Hr. Martin Laffitte, einer der drei Géranten der Handels- und Industriecasse, Bruder des Hrn. Jacques Laffitte, ist am 10 April an einem apoplektischen Anfall gestorben. _ In der Sitzung der Deputirtenkammer am 11 April erhielt Hr. Rivet im Namen des Hrn. Muret de Bort das Wort zur Verlesung des Berichts über den Gesetzesentwurf der Renten. Die Kammer verlangt nicht den Bericht, sondern nur den Gesetzesentwurf anzuhören. Dieser besteht darin, daß die Regierung ermächtigt werden soll, die Heimzahlung der fünfprocentigen Renten im Verhältniß zu 100 Fr. für 5proc. Renten zu bewerkstelligen. Die Rentiers, welche die Conversion vorziehen sollten, sollen nach ihrer Wahl einen Titel von 4 1/2 oder 3 1/2 Proc. empfangen. Die Erklärung der Conversion, oder der Heimzahlung soll in drei Monaten geschehen. Wenn die Maaßregel einmal vollzogen sey, so könne die Regierung von diesem Tage an zehn Jahre lang keinen Gebrauch mehr von ihrem Rechte der Heimzahlung machen. Die Kammer setzt die Erörterung des Entwurfs auf nächsten Donnerstag fest. – Hr. Fould trägt darauf an, daß das Verzeichniß der außer dem Budget verlangten Credite aufgesetzt und gedruckt werde. Der Finanzminister, Hr. Pelet, bemerkt, daß er noch in dieser Sitzung eine solche Creditforderung der Kammer vorzulegen habe. Sein Antrag zu einem Zuschußcredit für 1840für die verschiedenen Ministerien beträgt im Ganzen die Summe von 30,733,000 Fr. Der Conseilpräsident: „Ich unterlege Ihnen hiermit einen in unserm Verhältniß zum Ausland unvorhergesehenen Umstand. Sie erinnern sich, daß in den letzten Jahren ein Conflict zwischen Frankreich und einigen Republiken von Südamerika stattgefunden hat. Die Gerechtigkeit unserer Sache war unbestreitbar, und bald darauf endigte eine für unsere Marine glorreiche Waffenthat unsern Zwist mit Mexico. Die Republik von Buenos-Ayres leistete längern Widerstand. Ihr befremdliches Betragen würde sicher eine Repression gefordert haben, wenn Frankreich nicht zu hoch gestellt wäre, als daß es sich für den Augenblick von wichtigern Interessen hätte abwenden sollen. (Beifall.) Inzwischen ward die Blokade verstärkt und soll ferner verstärkt werden. Unsere Waffen haben Verbündete gefunden; denn wir sind nicht die Einzigen, welche die Regierung von Buenos-Ayres in ihren Interessen verletzt hat. Montevideo und die argentinischen Staaten haben das Föderativband abgeschüttelt. Buenos-Ayres wird bald genöthigt seyn, ihre Ansprüche ebenso, wie die unsrigen, anzuerkennen. Inzwischen wurden unsere Agenten ermächtigt, die zur Vertheidigung unserer Rechte in jenen Gegenden nothwendigen Ausgaben zu machen. Die Ausgaben mögen sich bereits auf 15 bis 16 Millionen Fr. belaufen. Die Tratten sind auf den Schatz gezogen und müssen unverzüglich ankommen. Wir können unsere Agenten nicht desavouiren; da aber die Kammern versammelt sind, so hielten wir es für Pflicht, vor der Annahme der Tratten den nöthigen Credit dafür und für weitere unvorherzusehende Ausgaben (die er vorläufig auf 1,500,000 Fr. annahm) zu verlangen.“ (Abgang der Post.) (Courrier français.) Die Petitionscommission hat sich eute (10) auf ihrem Bureau versammelt, um die Verlesung des Berichts des Hrn. Golbéry über die Wahlreform zu hören. Die Debatten dauerten lang und waren sehr lebhaft. Die Abwesenheit eines Mitglieds der reformistischen Meinung konnte die Frage durch Herbeiführung einer Theilung compromittiren, als ein durch ehrenwerthe Loyalität geleitetes Mitglied der entgegengesetzten Meinung erklärte, daß es aus einem zufälligen Umstande keinen Vortheil ziehen wolle und keinen Nachtheil dabei sehe, den Bericht so, wie er verfaßt sey, anzunehmen. Die angenommenen Anträge sollen folgende seyn: Verwerfung des directen allgemeinen Stimmrechts, so wie des Wahlrechts der Nationalgarde, und der vorgeschlagenen Abschaffung des politischen Eides. Alle andern Fragen, mit Inbegriff des Votums in zwei Graden, so wie es von der constituirenden Versammlung beschlossen ward, sollen an die Minister verwiesen und zugleich auf dem Bureau der Nachweisungen niedergelegt werden, indem die Wahlfragen hauptsächlich Fragen seyen, deren Initiative der Kammer gebühre. (Quotidienne.) Die Carlistischen Generale Elio und Alzaa, die sich seit einiger Zeit in Paris auf Ehrenwort aufhielten, wurden gestern von der Polizei verhaftet, ohne daß man wußte, nach welchem Depot von Flüchtlingen sie gebracht worden wären. Man glaubt inzwischen, daß sie getrennt worden und General Elio nach Amiens abgereist sey. (Presse.) Die Eisenbahnunternehmungen scheinen auf dem Punkt, einen neuen Aufschwung zu nehmen. Hr. Guizot hat von London an den Minister der öffentlichen Arbeiten geschrieben, daß die Directoren der verschiedenen englischen Compagnien sich in seiner Gegenwart verpflichtet haben, bis zum Betrage von 25 Millionen bei der Ausgabe, die durch die Anlegung einer Eisenbahn von Paris nach Rouen veranlaßt werden könnte, mitzuwirken. Andrerseits meldet man, daß das Haus Rothschild die Absicht habe, den Bau der Linie von Paris nach Valenciennes zu übernehmen. Es hat bereits in dieser Beziehung eine Conferenz zwischen diesem Hause und dem Conseilpräsidenten stattgefunden. _ Paris, 10 April. Man läßt den guten Absichten des Ministeriums und seiner außerordentlichen Thätigkeit in Betreff der öffentlichen Arbeiten Gerechtigkeit widerfahren, aber Jedermann findet die Eisenbahnvorschläge unzureichend, ungeachtet von Verwendung einer Summe von 50 bis 60 Millionen für das laufende Jahr die Rede ist. Auch scheint es in der That, das Ministerium habe dieß vorausgesehen, und es sey in seiner Absicht gelegen, das Publicum und die Kammer in dieser Sache die Initiative ergreifen zu lassen. Es wollte sich wohl nicht dem Tadel der Conservativen bloßstellen, als wolle es sich Hals über Kopf in die öffentlichen Unternehmungen und in die Schuldenvermehrung stürzen, in der Absicht eine große Clientel zu gewinnen. Daß es so kommen werde, wie es kam, daß Jedermann noch mehr Canäle und Eisenbahnen werde haben wollen, war leicht vorherzusehen, und das Ministerium ist nicht so sehr aller Einsichten bar, um nicht zu wissen, daß der Staat durch kräftige Unterstützung dieser Unternehmungen nicht nur nichts verliert, sondern im Lauf der Zeit gewinnen, und zwar sehr ansehnlich gewinnen muß. Die Erfahrung von England hat zur Genüge bewiesen, wie sehr die productiven Kräfte und die Erträgnisse der Consumtionsauflagen durch Canäle und Eisenbahnen gehoben werden. Dazu kommt, daß in Frankreich die Auflage bei Güterveräußerungen auf den Betrag der Kaufssumme sehr bedeutend ist, und daß bekanntlich die Canäle und Eisenbahnen auf die Vermehrung des Werthes von Grund und Boden außerordentlichen Einfluß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_107_18400416
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_107_18400416/4
Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 107. Augsburg, 16. April 1840, S. 0852. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_107_18400416/4>, abgerufen am 29.03.2024.